Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Salzburg und die Tauernxässe Osten in wirtschaftlicher wie in kirchlicher Verbindung. Doch beweist die Fort¬ Da faßte das Christentum, nachdem sich ihm das bayrische Herzogshaus Da in dieser Zeit der Naturalwirtschaft und einer für moderne Begriffe Salzburg und die Tauernxässe Osten in wirtschaftlicher wie in kirchlicher Verbindung. Doch beweist die Fort¬ Da faßte das Christentum, nachdem sich ihm das bayrische Herzogshaus Da in dieser Zeit der Naturalwirtschaft und einer für moderne Begriffe <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0184" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296195"/> <fw type="header" place="top"> Salzburg und die Tauernxässe</fw><lb/> <p xml:id="ID_1110" prev="#ID_1109"> Osten in wirtschaftlicher wie in kirchlicher Verbindung. Doch beweist die Fort¬<lb/> dauer einzelner romanischer Fluß- und Ortsnamen auch hier die Fortdauer<lb/> schwacher Reste der alten Bevölkerung, die erst nach und nach in den ringsum<lb/> wohnenden Slawen aufgingen. So breiteten diese ihre Niederlassungen west¬<lb/> wärts im Drautcil aus bis zur Rienz und ins Glocknergebiet (Windisch-Matrei),<lb/> nordwärts bis an die Hohen Tauern und bis ins Tal der obern Enns, ja<lb/> über dieses hinaus bis zum salzreichen Aussee und im Donaulande bis zur<lb/> Traun (Windisch-Garsten); einzelne slawische Vorposten schoben sich sogar bis<lb/> ins Salzachtal und seine Umgebung vor. Mit dem Untergange des Nomanen-<lb/> tums und der Begründung der slawischen Herrschaft ging auch das Christentum<lb/> in den Ostalpen zugrunde, so gut wie drüben in Bayern. Fortgesetzte Fehden<lb/> zwischen beiden Stämmen schon seit dem Ende des sechsten Jahrhunderts ver¬<lb/> heerten immer wieder die Alpcutäler, besonders dort, wo das Gebiet beider<lb/> zusammenstieß. Noch 725 zerstörte eine slawische Naubschar das Maximilians¬<lb/> kloster im Pongau.</p><lb/> <p xml:id="ID_1111"> Da faßte das Christentum, nachdem sich ihm das bayrische Herzogshaus<lb/> der Agilolfinger zugewandt hatte, zuerst wieder unter der romanischen Bevöl¬<lb/> kerung um Salzburg festen Fuß. Denn hier errichtete Ruprecht von Worms<lb/> um 700 seine erste Kirche am Wallersee (d. i. Römersee, Seekirchen) und auf<lb/> den waldüberwachsnen Ruinen des alten Juvavum am Fuße des Mönchsbergs<lb/> das Se. Petersstift, auf dem Nonuberge ein Nonnenkloster, beides im Anschluß<lb/> an die durch den Mürtyrertod des heiligen Maximus geweihten Stätten. So<lb/> wurde das alte Juvavum uuter dem neuen Namen Salzburg von neuem wieder<lb/> zum Mittelpunkte der Kultur, an die sich gerade die benachbarten Romanen<lb/> eifrig anschlössen, und indem sich Bayern unter dem Herzog Odilo (geht. 748)<lb/> dem fränkischen Reich einordnete, gewann es auch die Kraft, sich die Slawen<lb/> der Ostalpen (wahrscheinlich wenigstens teilweise durch Vertrag) zu unterwerfen<lb/> und ihnen das Christentum zu bringen. Auch dafür wurde Salzburg der Aus¬<lb/> gangspunkt. Denn es war seit Bonifatius als Bischofssitz anerkannt, wenn¬<lb/> gleich sich der Jrländer Virgil (743 bis 784) seiner römischen Kirchenordnung<lb/> noch nicht fügen wollte, und wurde, als der Herzog Tassilo, eiuer der ver¬<lb/> dientesten Förderer deutsch-christlicher Kultur im Ostalpenlande, 788 entsetzt<lb/> worden war, nach dem Falle des Awarenreichs (795) von Karl dem Großen<lb/> zum bayrischen Erzbistum erhoben. Sein unmittelbarer Sprengel umfaßte die<lb/> Ostalpenländer südlich bis zur Dram, die nach den Bestimmungen von 811 die<lb/> Grenze gegen das Patriarchat Aquileja bildete, nördlich bis an den untern<lb/> Jnn und bis an die österreichisch-steirischen Grenzgebirge, westlich bis tief nach<lb/> Südtirol hinein, östlich noch ganz Unterpcmnonien (Westuugarn zwischen Rand<lb/> und Drau), während das Donauland bis zu der wechselnden Ostgrenze dem<lb/> Suffraganbistum Passau, das sich gern als Rechtsnachfolger des römischen<lb/> Bistums Lauricicum betrachtete, zugewiesen wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1112" next="#ID_1113"> Da in dieser Zeit der Naturalwirtschaft und einer für moderne Begriffe<lb/> unerträglichen Rechtsunsicherheit nur der Grundbesitz sichere Einkünfte und ge¬<lb/> nügende Verteidigungsmittel gewährte, so war es das natürliche Bestreben der<lb/> Kirche, solchen zu erwerben und ihn zugleich von den weltlichen Gewalten mög¬<lb/> lichst unabhängig zu machen. Der fromme Sinn wie das eigne Interesse der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0184]
Salzburg und die Tauernxässe
Osten in wirtschaftlicher wie in kirchlicher Verbindung. Doch beweist die Fort¬
dauer einzelner romanischer Fluß- und Ortsnamen auch hier die Fortdauer
schwacher Reste der alten Bevölkerung, die erst nach und nach in den ringsum
wohnenden Slawen aufgingen. So breiteten diese ihre Niederlassungen west¬
wärts im Drautcil aus bis zur Rienz und ins Glocknergebiet (Windisch-Matrei),
nordwärts bis an die Hohen Tauern und bis ins Tal der obern Enns, ja
über dieses hinaus bis zum salzreichen Aussee und im Donaulande bis zur
Traun (Windisch-Garsten); einzelne slawische Vorposten schoben sich sogar bis
ins Salzachtal und seine Umgebung vor. Mit dem Untergange des Nomanen-
tums und der Begründung der slawischen Herrschaft ging auch das Christentum
in den Ostalpen zugrunde, so gut wie drüben in Bayern. Fortgesetzte Fehden
zwischen beiden Stämmen schon seit dem Ende des sechsten Jahrhunderts ver¬
heerten immer wieder die Alpcutäler, besonders dort, wo das Gebiet beider
zusammenstieß. Noch 725 zerstörte eine slawische Naubschar das Maximilians¬
kloster im Pongau.
Da faßte das Christentum, nachdem sich ihm das bayrische Herzogshaus
der Agilolfinger zugewandt hatte, zuerst wieder unter der romanischen Bevöl¬
kerung um Salzburg festen Fuß. Denn hier errichtete Ruprecht von Worms
um 700 seine erste Kirche am Wallersee (d. i. Römersee, Seekirchen) und auf
den waldüberwachsnen Ruinen des alten Juvavum am Fuße des Mönchsbergs
das Se. Petersstift, auf dem Nonuberge ein Nonnenkloster, beides im Anschluß
an die durch den Mürtyrertod des heiligen Maximus geweihten Stätten. So
wurde das alte Juvavum uuter dem neuen Namen Salzburg von neuem wieder
zum Mittelpunkte der Kultur, an die sich gerade die benachbarten Romanen
eifrig anschlössen, und indem sich Bayern unter dem Herzog Odilo (geht. 748)
dem fränkischen Reich einordnete, gewann es auch die Kraft, sich die Slawen
der Ostalpen (wahrscheinlich wenigstens teilweise durch Vertrag) zu unterwerfen
und ihnen das Christentum zu bringen. Auch dafür wurde Salzburg der Aus¬
gangspunkt. Denn es war seit Bonifatius als Bischofssitz anerkannt, wenn¬
gleich sich der Jrländer Virgil (743 bis 784) seiner römischen Kirchenordnung
noch nicht fügen wollte, und wurde, als der Herzog Tassilo, eiuer der ver¬
dientesten Förderer deutsch-christlicher Kultur im Ostalpenlande, 788 entsetzt
worden war, nach dem Falle des Awarenreichs (795) von Karl dem Großen
zum bayrischen Erzbistum erhoben. Sein unmittelbarer Sprengel umfaßte die
Ostalpenländer südlich bis zur Dram, die nach den Bestimmungen von 811 die
Grenze gegen das Patriarchat Aquileja bildete, nördlich bis an den untern
Jnn und bis an die österreichisch-steirischen Grenzgebirge, westlich bis tief nach
Südtirol hinein, östlich noch ganz Unterpcmnonien (Westuugarn zwischen Rand
und Drau), während das Donauland bis zu der wechselnden Ostgrenze dem
Suffraganbistum Passau, das sich gern als Rechtsnachfolger des römischen
Bistums Lauricicum betrachtete, zugewiesen wurde.
Da in dieser Zeit der Naturalwirtschaft und einer für moderne Begriffe
unerträglichen Rechtsunsicherheit nur der Grundbesitz sichere Einkünfte und ge¬
nügende Verteidigungsmittel gewährte, so war es das natürliche Bestreben der
Kirche, solchen zu erwerben und ihn zugleich von den weltlichen Gewalten mög¬
lichst unabhängig zu machen. Der fromme Sinn wie das eigne Interesse der
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