Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches licher Mittel illusorisch zu macheu. Ähnliche Anträge waren von den Gemeinde- Eine Beschwerde des Grafen Hoensbroech. In einer nochmaligen "Dieser derben Unwahrheit gegenüber erwarte ich von Ihrer Loyalität, daß Die vierte Auflage des Werkes kenne ich nicht. In der ersten stehn jedoch Maßgebliches und Unmaßgebliches licher Mittel illusorisch zu macheu. Ähnliche Anträge waren von den Gemeinde- Eine Beschwerde des Grafen Hoensbroech. In einer nochmaligen „Dieser derben Unwahrheit gegenüber erwarte ich von Ihrer Loyalität, daß Die vierte Auflage des Werkes kenne ich nicht. In der ersten stehn jedoch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0177" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296188"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1090" prev="#ID_1089"> licher Mittel illusorisch zu macheu. Ähnliche Anträge waren von den Gemeinde-<lb/> vertretungen einzelner Berliner Vororte schon abgelehnt worden, der Antrag singers<lb/> hätte auch in der Stadtverordnetenversammlung, jedenfalls beim Magistrat, keine An¬<lb/> nahme gefunden und ist denn auch wohl aus Furcht vor einer präjndizierenden<lb/> Niederlage rechtzeitig zurückgezogen worden, nachdem er seinen eigentlichen Zweck,<lb/> den Arbeitern durch Zuwendungen aus andrer Leute Taschen zu imponieren, er¬<lb/> reicht hatte. Aber es ist wohl zu erwarten, daß die Staatsaufsichtsbehörden der<lb/> Frage einer solchen mißbräuchlichen Anwendung öffentlicher Gelder, wie der Antrag<lb/> s<note type="byline"/> ingers sie verlangte, gelegentlich näher trete».</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head> Eine Beschwerde des Grafen Hoensbroech.</head> <p xml:id="ID_1091"> In einer nochmaligen<lb/> kurzen Abfertigung Denifles (im 34. Heft, S. 445) habe ich gesagt: Katholiken<lb/> »Von solcher Blindheit dürfen sich nicht darüber wundern und beschweren, wenn<lb/> ein Hoensbroech in der ganzen Geschichte des Papsttums, ein Haeckel im ganzen<lb/> Christentum nichts als einen grenelvollen Unsinn findet." Der Herr Graf, dem<lb/> das Artikelchen erst kürzlich zu Gesicht gekommen ist, sieht sich dadurch veranlaßt, um<lb/> die Redaktion der Grenzboten ein Schreiben zu richten, dessen meritorischer Teil,<lb/> wie sich in Wien nennen, lautet:</p><lb/> <p xml:id="ID_1092"> „Dieser derben Unwahrheit gegenüber erwarte ich von Ihrer Loyalität, daß<lb/> Sie in Ihrer Zeitschrift feststellen, daß ich in der Einleitung zu meinem Werke:<lb/> »Das Papsttum in seiner sozial-kulturellen Wirksamkeit« (I. Bd., S. 7, 4. Aufl.)<lb/> schreibe: »Und in der Tat, das Papsttum als sozial-kulturelle Großmacht<lb/> verdient Staunen und Bewunderung. Es ist die älteste aller jetzt be¬<lb/> stehenden Kulturmächte, alle übrigen sind ihm gegenüber Kinder; ein gutes Stück<lb/> ihres Lebens haben sie von ihm. Es hat in die Barbarei und in die sitt¬<lb/> liche Fäulnis des Heidentums christliche Aufklärung und christliche<lb/> Reinheit hineingetragen. Wissenschaft und Kunst haben am Papsttum<lb/> ihren tatkräftigen Schützer und Beförderer gefunden. Gewiß, unter<lb/> Währung geschichtlicher Treue kann man auf das Papsttum als sozialen<lb/> und kulturellen Segensspender eine Lobrede schreiben.« Eine vollere<lb/> Anerkennung der guten Seiten des Papsttums ist nicht denkbar. Diese ausführlich<lb/> darzulegen, lag aber bei Abfassung meines Werkes nicht in meiner Absicht, wie ich<lb/> in Vorwort und Einleitung klar hervorhebe, sondern ich beabsichtigte, die behauptete<lb/> Göttlichkeit des Papsttums dadurch zu entkräften, daß ich die Schattenseiten seines<lb/> Wirkens hervorhob. Aber, wie gesagt, die guten Seiten habe ich als Vorhäute»<lb/> voll anerkannt."</p><lb/> <p xml:id="ID_1093"> Die vierte Auflage des Werkes kenne ich nicht. In der ersten stehn jedoch<lb/> die hier zitierten Sätze ebenfalls auf Seite 7. Ich bekenne, daß ich an sie nicht<lb/> gedacht habe. Aber wer wird noch an eine solche Verwahrung in der Einleitung<lb/> denken, wenn sich ihn: das schreckliche Bild der Geschichte des Papsttums eingeprägt<lb/> hat, das die beiden rund 1300 Seiten starken Bande des Werkes entrollen, die<lb/> schon durch ihre Untertitel: „Inquisition, Aberglaube, Teufelsspuk und Hexeuwahn"<lb/> und „Die ultramontane Moral" jedem Kenner der heutigen konfessionellen Polemik<lb/> im voraus fügen, was er zu erwarten hat, und seine Erwartung sogar noch über¬<lb/> treffen. Die Verwahrung in der Einleitung kann an meiner Überzeugung nichts<lb/> ändern, daß ein solches Verfahren den Grundsätzen einer gewissenhaften Wissenschaft<lb/> widerspricht. Es ist genau so, wie wenn ich das, was ich gelegentlich über die<lb/> Schattenseiten der neuern englischen Geschichte gesagt habe, zu einem zweibändigen<lb/> Werke ausspinnen, den ersten Band: „Kolonial-, Fabrik- und Grubengreuel," den<lb/> zweiten: , Der englische Carl," das Ganze aber: „England in seiner sozial-kulturellen<lb/> Wirksamkeit" betiteln wollte. Alle Historiker würden mir entrüstet zurufen: Du<lb/> hast dein Publikum belogen, und daran kann auch deine Bemerkung in der Ein¬<lb/> leitung nichts ändern, neben der scheußlichen Seite habe die neuere englische Ge¬<lb/> schichte auch ihre gute und löbliche. Der richtige, nicht irreführende Titel würde<lb/> lauten: „Die Verbrechen des englischen Kapitalismus."</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0177]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
licher Mittel illusorisch zu macheu. Ähnliche Anträge waren von den Gemeinde-
vertretungen einzelner Berliner Vororte schon abgelehnt worden, der Antrag singers
hätte auch in der Stadtverordnetenversammlung, jedenfalls beim Magistrat, keine An¬
nahme gefunden und ist denn auch wohl aus Furcht vor einer präjndizierenden
Niederlage rechtzeitig zurückgezogen worden, nachdem er seinen eigentlichen Zweck,
den Arbeitern durch Zuwendungen aus andrer Leute Taschen zu imponieren, er¬
reicht hatte. Aber es ist wohl zu erwarten, daß die Staatsaufsichtsbehörden der
Frage einer solchen mißbräuchlichen Anwendung öffentlicher Gelder, wie der Antrag
s ingers sie verlangte, gelegentlich näher trete».
Eine Beschwerde des Grafen Hoensbroech. In einer nochmaligen
kurzen Abfertigung Denifles (im 34. Heft, S. 445) habe ich gesagt: Katholiken
»Von solcher Blindheit dürfen sich nicht darüber wundern und beschweren, wenn
ein Hoensbroech in der ganzen Geschichte des Papsttums, ein Haeckel im ganzen
Christentum nichts als einen grenelvollen Unsinn findet." Der Herr Graf, dem
das Artikelchen erst kürzlich zu Gesicht gekommen ist, sieht sich dadurch veranlaßt, um
die Redaktion der Grenzboten ein Schreiben zu richten, dessen meritorischer Teil,
wie sich in Wien nennen, lautet:
„Dieser derben Unwahrheit gegenüber erwarte ich von Ihrer Loyalität, daß
Sie in Ihrer Zeitschrift feststellen, daß ich in der Einleitung zu meinem Werke:
»Das Papsttum in seiner sozial-kulturellen Wirksamkeit« (I. Bd., S. 7, 4. Aufl.)
schreibe: »Und in der Tat, das Papsttum als sozial-kulturelle Großmacht
verdient Staunen und Bewunderung. Es ist die älteste aller jetzt be¬
stehenden Kulturmächte, alle übrigen sind ihm gegenüber Kinder; ein gutes Stück
ihres Lebens haben sie von ihm. Es hat in die Barbarei und in die sitt¬
liche Fäulnis des Heidentums christliche Aufklärung und christliche
Reinheit hineingetragen. Wissenschaft und Kunst haben am Papsttum
ihren tatkräftigen Schützer und Beförderer gefunden. Gewiß, unter
Währung geschichtlicher Treue kann man auf das Papsttum als sozialen
und kulturellen Segensspender eine Lobrede schreiben.« Eine vollere
Anerkennung der guten Seiten des Papsttums ist nicht denkbar. Diese ausführlich
darzulegen, lag aber bei Abfassung meines Werkes nicht in meiner Absicht, wie ich
in Vorwort und Einleitung klar hervorhebe, sondern ich beabsichtigte, die behauptete
Göttlichkeit des Papsttums dadurch zu entkräften, daß ich die Schattenseiten seines
Wirkens hervorhob. Aber, wie gesagt, die guten Seiten habe ich als Vorhäute»
voll anerkannt."
Die vierte Auflage des Werkes kenne ich nicht. In der ersten stehn jedoch
die hier zitierten Sätze ebenfalls auf Seite 7. Ich bekenne, daß ich an sie nicht
gedacht habe. Aber wer wird noch an eine solche Verwahrung in der Einleitung
denken, wenn sich ihn: das schreckliche Bild der Geschichte des Papsttums eingeprägt
hat, das die beiden rund 1300 Seiten starken Bande des Werkes entrollen, die
schon durch ihre Untertitel: „Inquisition, Aberglaube, Teufelsspuk und Hexeuwahn"
und „Die ultramontane Moral" jedem Kenner der heutigen konfessionellen Polemik
im voraus fügen, was er zu erwarten hat, und seine Erwartung sogar noch über¬
treffen. Die Verwahrung in der Einleitung kann an meiner Überzeugung nichts
ändern, daß ein solches Verfahren den Grundsätzen einer gewissenhaften Wissenschaft
widerspricht. Es ist genau so, wie wenn ich das, was ich gelegentlich über die
Schattenseiten der neuern englischen Geschichte gesagt habe, zu einem zweibändigen
Werke ausspinnen, den ersten Band: „Kolonial-, Fabrik- und Grubengreuel," den
zweiten: , Der englische Carl," das Ganze aber: „England in seiner sozial-kulturellen
Wirksamkeit" betiteln wollte. Alle Historiker würden mir entrüstet zurufen: Du
hast dein Publikum belogen, und daran kann auch deine Bemerkung in der Ein¬
leitung nichts ändern, neben der scheußlichen Seite habe die neuere englische Ge¬
schichte auch ihre gute und löbliche. Der richtige, nicht irreführende Titel würde
lauten: „Die Verbrechen des englischen Kapitalismus."
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