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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

panzerstärke von 22,9 Zentimeter auf 30,5 Zentimeter, vor allem aber in der
weitern Verstärkung der Mittelartillerie. Eine gewaltige Steigerung der Kampf¬
kraft ist dadurch herbeigeführt worden. Das kann man recht ermessen, wenn man
bedenkt, daß die vierundfünfzig englischen Linienschiffe, die vom Jahre 1881 an
bis 1901 vom Stapel gelaufen sind, ausnahmlos das 15-Zentimetergeschütz als
mittleres Kaliber führen. Dieses Geschütz ist zwar im Laufe der zwanzig Jahre
bedeutend vervollkommnet worden, aber man hat doch am Kaliber festgehalten.
Eine wesentliche Verstärkung erfuhr dann die Mittelartillerie auf den Schiffen der
King Edwardklasse, die der Lord Nelsonklasse an Größe nur wenig nachstehn, und
von deuen acht gebaut werden. Sie sollen zwar auch noch zehn 15-Zentimeter¬
geschütze sichren, daneben aber schon vier von 23,4 Zentimeter Kaliber. Die Zahl
dieser Geschütze wird nun auf den Linienschiffen der Lord Nelsonklasse auf zehn
erhöht, unter Fortfall sämtlicher 15-Zeutimeterkanonen. Kein Zweifel, daß diese
Schiffe zur Zeit ihrer Fertigstellung die stärksten Schlachtschiffe der Welt sein werden.
In der französischen, der russischen und der italienischen Marine hat man sich auch
zur Einführung eines schwerern Geschützes für die Mittelartillerie entschlossen, doch
ist man vorläufig beim Kaliber von 19 und 20 Zentimeter stehn geblieben. Die
Amerikaner führen das 20-Zentimetergeschütz schon längst als mittleres Kaliber auf
ihren Linienschiffen. Jetzt schicken sie sich an, die Engländer noch zu übertrumpfen.
Dem Kongreß wird nämlich, wie das Novemberheft der Marine-Rundschau mit¬
teilt, für Neubauten ein Liuienschiffstyp empfohlen werden, der zwölf Türme für
schwere Geschütze, vier von 30,5 Zentimeter und keins unter 25,3 Zentimeter Kaliber,
erhalten soll. Und Deutschland? Am 19. November ist das erste Linienschiff der
neuen U-Klasse zu Wasser gelassen worden.*) Diese Klasse ist eine etwas ver¬
besserte Wiederholung des Braunschweigtyps. Die leichte Artillerie wird verstärkt,
die Panzerung vervollkommnet, vier 17-Zentimetergeschütze erhalten eine bessere
Aufstellung. Im übrigen stimmt N mit der Braunschweig und ihren Geschwistern
vollkommen überein. Die Schiffe sind also 13 200 Tonnen groß, laufen 18 Knoten
und erhalten als schwere und mittelschwere Armierung vier Geschütze von 28 Zenti¬
meter und vierzehn von 17 Zentimeter Kaliber. Die Gürtelpanzerstärke, die bei
der Braunschweigklasse 22,5 Zentimeter beträgt, ist bei Zis auf 24 Zentimeter erhöht
worden. Verglichen mit den zehn Schiffen der Kaiser- und der Wittelsbachklasse,
aus denen unsre verwendungsbereite Schlachtflotte jetzt in der Hauptsache besteht,
zeigen Braunschweig und 5l allerdings einen bedeutenden Fortschritt. Namentlich
muß auf jenen zehn ältern Schiffen, von denen übrigens das letzte, die Schwaben,
eben erst von der Marine übernommen worden ist, das Kaliber der vier Haupt¬
geschütze von 24 Zentimeter als durchaus ungenügend bezeichnet werden (die englische
Lord Nelsonklasse führt als Mittelartillerie zehn 23,4-Zentimetergeschütze!). Aber
den neuesten englischen und amerikanischen Schlachtschiffen kann unsre N-Klasse nicht
als gleichwertig an die Seite gestellt werden. Die Güte des Kruppschen Panzers
und der Kruppschen Gußstahlgeschütze mag manches ausgleichen, aber unsre Schiff¬
bauer können, so hoch man auch den Stand der deutschen Technik bewerten mag,
einem 13000 Tonnenschiff nicht dieselbe Gefechtskraft verleihen wie die Engländer
oder Amerikaner einem Linienschiff von 16000 Tonnen und darüber. Ob es die
deutsche Marineverwaltung noch länger wird verantworten können, den Tonnen¬
gehalt unsrer Schiffe so weit hinter dem der fremden Kriegsschiffe zurückbleiben
zu lassen? Noch schlechter steht es um unsre Panzerkreuzer. An Geschwindigkeit,
Stärke des Panzers und der Bewaffnung werden unsre neuesten sich noch im Bau
befindenden Schiffe dieser Art von ihren viel größern englischen, amerikanischen und
französischen Altersgenossen ganz bedeutend übertroffen. Früher wurde eine Wasser¬
verdrängung von 10000 Tonnen als das äußerste Maß angesehen, bis zu dem
unsre Kriegsschiffe zu vergrößern die heimischen Küstenverhältnisse erlaubten. Jetzt



*) Es hat beim Stapellauf den Namen Deutschland erhalten.
Maßgebliches und Unmaßgebliches

panzerstärke von 22,9 Zentimeter auf 30,5 Zentimeter, vor allem aber in der
weitern Verstärkung der Mittelartillerie. Eine gewaltige Steigerung der Kampf¬
kraft ist dadurch herbeigeführt worden. Das kann man recht ermessen, wenn man
bedenkt, daß die vierundfünfzig englischen Linienschiffe, die vom Jahre 1881 an
bis 1901 vom Stapel gelaufen sind, ausnahmlos das 15-Zentimetergeschütz als
mittleres Kaliber führen. Dieses Geschütz ist zwar im Laufe der zwanzig Jahre
bedeutend vervollkommnet worden, aber man hat doch am Kaliber festgehalten.
Eine wesentliche Verstärkung erfuhr dann die Mittelartillerie auf den Schiffen der
King Edwardklasse, die der Lord Nelsonklasse an Größe nur wenig nachstehn, und
von deuen acht gebaut werden. Sie sollen zwar auch noch zehn 15-Zentimeter¬
geschütze sichren, daneben aber schon vier von 23,4 Zentimeter Kaliber. Die Zahl
dieser Geschütze wird nun auf den Linienschiffen der Lord Nelsonklasse auf zehn
erhöht, unter Fortfall sämtlicher 15-Zeutimeterkanonen. Kein Zweifel, daß diese
Schiffe zur Zeit ihrer Fertigstellung die stärksten Schlachtschiffe der Welt sein werden.
In der französischen, der russischen und der italienischen Marine hat man sich auch
zur Einführung eines schwerern Geschützes für die Mittelartillerie entschlossen, doch
ist man vorläufig beim Kaliber von 19 und 20 Zentimeter stehn geblieben. Die
Amerikaner führen das 20-Zentimetergeschütz schon längst als mittleres Kaliber auf
ihren Linienschiffen. Jetzt schicken sie sich an, die Engländer noch zu übertrumpfen.
Dem Kongreß wird nämlich, wie das Novemberheft der Marine-Rundschau mit¬
teilt, für Neubauten ein Liuienschiffstyp empfohlen werden, der zwölf Türme für
schwere Geschütze, vier von 30,5 Zentimeter und keins unter 25,3 Zentimeter Kaliber,
erhalten soll. Und Deutschland? Am 19. November ist das erste Linienschiff der
neuen U-Klasse zu Wasser gelassen worden.*) Diese Klasse ist eine etwas ver¬
besserte Wiederholung des Braunschweigtyps. Die leichte Artillerie wird verstärkt,
die Panzerung vervollkommnet, vier 17-Zentimetergeschütze erhalten eine bessere
Aufstellung. Im übrigen stimmt N mit der Braunschweig und ihren Geschwistern
vollkommen überein. Die Schiffe sind also 13 200 Tonnen groß, laufen 18 Knoten
und erhalten als schwere und mittelschwere Armierung vier Geschütze von 28 Zenti¬
meter und vierzehn von 17 Zentimeter Kaliber. Die Gürtelpanzerstärke, die bei
der Braunschweigklasse 22,5 Zentimeter beträgt, ist bei Zis auf 24 Zentimeter erhöht
worden. Verglichen mit den zehn Schiffen der Kaiser- und der Wittelsbachklasse,
aus denen unsre verwendungsbereite Schlachtflotte jetzt in der Hauptsache besteht,
zeigen Braunschweig und 5l allerdings einen bedeutenden Fortschritt. Namentlich
muß auf jenen zehn ältern Schiffen, von denen übrigens das letzte, die Schwaben,
eben erst von der Marine übernommen worden ist, das Kaliber der vier Haupt¬
geschütze von 24 Zentimeter als durchaus ungenügend bezeichnet werden (die englische
Lord Nelsonklasse führt als Mittelartillerie zehn 23,4-Zentimetergeschütze!). Aber
den neuesten englischen und amerikanischen Schlachtschiffen kann unsre N-Klasse nicht
als gleichwertig an die Seite gestellt werden. Die Güte des Kruppschen Panzers
und der Kruppschen Gußstahlgeschütze mag manches ausgleichen, aber unsre Schiff¬
bauer können, so hoch man auch den Stand der deutschen Technik bewerten mag,
einem 13000 Tonnenschiff nicht dieselbe Gefechtskraft verleihen wie die Engländer
oder Amerikaner einem Linienschiff von 16000 Tonnen und darüber. Ob es die
deutsche Marineverwaltung noch länger wird verantworten können, den Tonnen¬
gehalt unsrer Schiffe so weit hinter dem der fremden Kriegsschiffe zurückbleiben
zu lassen? Noch schlechter steht es um unsre Panzerkreuzer. An Geschwindigkeit,
Stärke des Panzers und der Bewaffnung werden unsre neuesten sich noch im Bau
befindenden Schiffe dieser Art von ihren viel größern englischen, amerikanischen und
französischen Altersgenossen ganz bedeutend übertroffen. Früher wurde eine Wasser¬
verdrängung von 10000 Tonnen als das äußerste Maß angesehen, bis zu dem
unsre Kriegsschiffe zu vergrößern die heimischen Küstenverhältnisse erlaubten. Jetzt



*) Es hat beim Stapellauf den Namen Deutschland erhalten.
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[0776] Maßgebliches und Unmaßgebliches panzerstärke von 22,9 Zentimeter auf 30,5 Zentimeter, vor allem aber in der weitern Verstärkung der Mittelartillerie. Eine gewaltige Steigerung der Kampf¬ kraft ist dadurch herbeigeführt worden. Das kann man recht ermessen, wenn man bedenkt, daß die vierundfünfzig englischen Linienschiffe, die vom Jahre 1881 an bis 1901 vom Stapel gelaufen sind, ausnahmlos das 15-Zentimetergeschütz als mittleres Kaliber führen. Dieses Geschütz ist zwar im Laufe der zwanzig Jahre bedeutend vervollkommnet worden, aber man hat doch am Kaliber festgehalten. Eine wesentliche Verstärkung erfuhr dann die Mittelartillerie auf den Schiffen der King Edwardklasse, die der Lord Nelsonklasse an Größe nur wenig nachstehn, und von deuen acht gebaut werden. Sie sollen zwar auch noch zehn 15-Zentimeter¬ geschütze sichren, daneben aber schon vier von 23,4 Zentimeter Kaliber. Die Zahl dieser Geschütze wird nun auf den Linienschiffen der Lord Nelsonklasse auf zehn erhöht, unter Fortfall sämtlicher 15-Zeutimeterkanonen. Kein Zweifel, daß diese Schiffe zur Zeit ihrer Fertigstellung die stärksten Schlachtschiffe der Welt sein werden. In der französischen, der russischen und der italienischen Marine hat man sich auch zur Einführung eines schwerern Geschützes für die Mittelartillerie entschlossen, doch ist man vorläufig beim Kaliber von 19 und 20 Zentimeter stehn geblieben. Die Amerikaner führen das 20-Zentimetergeschütz schon längst als mittleres Kaliber auf ihren Linienschiffen. Jetzt schicken sie sich an, die Engländer noch zu übertrumpfen. Dem Kongreß wird nämlich, wie das Novemberheft der Marine-Rundschau mit¬ teilt, für Neubauten ein Liuienschiffstyp empfohlen werden, der zwölf Türme für schwere Geschütze, vier von 30,5 Zentimeter und keins unter 25,3 Zentimeter Kaliber, erhalten soll. Und Deutschland? Am 19. November ist das erste Linienschiff der neuen U-Klasse zu Wasser gelassen worden.*) Diese Klasse ist eine etwas ver¬ besserte Wiederholung des Braunschweigtyps. Die leichte Artillerie wird verstärkt, die Panzerung vervollkommnet, vier 17-Zentimetergeschütze erhalten eine bessere Aufstellung. Im übrigen stimmt N mit der Braunschweig und ihren Geschwistern vollkommen überein. Die Schiffe sind also 13 200 Tonnen groß, laufen 18 Knoten und erhalten als schwere und mittelschwere Armierung vier Geschütze von 28 Zenti¬ meter und vierzehn von 17 Zentimeter Kaliber. Die Gürtelpanzerstärke, die bei der Braunschweigklasse 22,5 Zentimeter beträgt, ist bei Zis auf 24 Zentimeter erhöht worden. Verglichen mit den zehn Schiffen der Kaiser- und der Wittelsbachklasse, aus denen unsre verwendungsbereite Schlachtflotte jetzt in der Hauptsache besteht, zeigen Braunschweig und 5l allerdings einen bedeutenden Fortschritt. Namentlich muß auf jenen zehn ältern Schiffen, von denen übrigens das letzte, die Schwaben, eben erst von der Marine übernommen worden ist, das Kaliber der vier Haupt¬ geschütze von 24 Zentimeter als durchaus ungenügend bezeichnet werden (die englische Lord Nelsonklasse führt als Mittelartillerie zehn 23,4-Zentimetergeschütze!). Aber den neuesten englischen und amerikanischen Schlachtschiffen kann unsre N-Klasse nicht als gleichwertig an die Seite gestellt werden. Die Güte des Kruppschen Panzers und der Kruppschen Gußstahlgeschütze mag manches ausgleichen, aber unsre Schiff¬ bauer können, so hoch man auch den Stand der deutschen Technik bewerten mag, einem 13000 Tonnenschiff nicht dieselbe Gefechtskraft verleihen wie die Engländer oder Amerikaner einem Linienschiff von 16000 Tonnen und darüber. Ob es die deutsche Marineverwaltung noch länger wird verantworten können, den Tonnen¬ gehalt unsrer Schiffe so weit hinter dem der fremden Kriegsschiffe zurückbleiben zu lassen? Noch schlechter steht es um unsre Panzerkreuzer. An Geschwindigkeit, Stärke des Panzers und der Bewaffnung werden unsre neuesten sich noch im Bau befindenden Schiffe dieser Art von ihren viel größern englischen, amerikanischen und französischen Altersgenossen ganz bedeutend übertroffen. Früher wurde eine Wasser¬ verdrängung von 10000 Tonnen als das äußerste Maß angesehen, bis zu dem unsre Kriegsschiffe zu vergrößern die heimischen Küstenverhältnisse erlaubten. Jetzt *) Es hat beim Stapellauf den Namen Deutschland erhalten.

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/776>, abgerufen am 29.09.2024.