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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Der fromme Maier

machte, fing sie sofort an zu berichten: War das eine Nacht. Kein Auge hab ich
menn können. Und mitten im ärgsten Sturm stirbt das Kind da drüben. Ich
sag, das bedeutet etwas. Man kann nicht wissen, was. Aber das Wuotesheer war
heute Nacht in der Luft, das laß ich mir nicht nehmen. Jetzt sitzt die arme Person
drüben und weint sich die Augen aus dem Kopf. Nun ja; tot ist tot. Aber ich
sag, sie soll froh sein und Gott danken. Denn was hätt das Kind gehabt auf der
Welt? Zehn Jahre alt. und ein nettes Kind, alles, was wahr ist. Aber der Apfel
fällt nicht weit vom Stamm.

Die Wirtin hielt in ihrem Redefluß inne und sah mit erstaunten Allgen auf
ihren Mieter. Der war in einer offenbaren Erregung, und das war etwas so
Ungewohntes an dem steten Menschen, daß es einem wohl die Sprache rauben
konnte. Er öffnete das Fenster und hielt die Hand hinaus, so recht in den
plätschernden Regen, und als sie ganz unzweifelhaft naß war, schüttelte er den
Kopf und verzog das Gesicht, wie in einem innern Krampf.

Ein Vergnügen ists nicht, das sagte er zu sich selbst, es regnet den ganzen
Tag fort. Es kann mirs kein Mensch zumuten, das. Aber darum doch. Mir
tut das Naßwerden nichts. Und das Kind ist tot und muß einen Strauß haben.
Jawohl, und --

Da zog er die Stiefel an und stampfte dabei, laut und kräftig, als ob er
irgend einem unsichtbaren Feind eins zu versetzen habe.

Nun fand die Frau die Sprache wieder. Hören Sie, Maier, sagte sie, ich
red Ihnen nichts drein. Das sag ich immer: nnr nichts dreinreden; man muß
die Leut machen lassen. Aber bei dem Wetter hinaus, das ist doch mehr als --

Sie wußte nicht recht weiter; und inzwischen setzte ihr Mietmann den Hut
auf, den alten, grünlichen Werktagsfilz, und schlug den Rockkragen in die Höhe,
den Krage" des braunen, verschossenen Geschäftsrocks.

Und, erzählte sie nachher ihrer Flurnachbarin, gelacht hat er so leis vor sich
hin, und kein Wort mehr gesagt, und ist in den Regen hinaus gelaufen, weiß kein
Mensch, warum und wohin. Was der in sich drin hat, das weiß auch kein Mensch.

Aber es war auch nicht nötig, daß es irgend ein Mensch wußte. Da schob
er sich durch die Straßen, die vor Nässe glänzten, und hielt die Schultern etwas
nach vorn geneigt und nickte beim Gehen mit dem Kopfe, wie ein braver, gedul¬
diger Karrengaul. Von dem Hute lief bald ein schmales Rinnlein, einer Dach¬
traufe gleich, auf den braunen Rock. Aber dem Mann unter dem Hute war es
frei und froh zumute. Haiti, salto! Er hatte in seinem ganzen Leben nicht ge¬
jodelt, und er jodelte auch jetzt nicht; aber irgend etwas in seinem Innern klang
doch so. Er fragte nichts nach den Leuten, und nichts nach dem Regenwetter, und
nichts nach dem hellen Fräulein in der Villa; gar nichts fragte er nach irgendwem
und was. Er war ein Freiherr und wußte es. Er lachte, als es ihm einfiel.
Er ging hier durch den Regen, weil er wollte, und wußte warum. Das war das
Schöne daran.

Es war gerade auf der Höhe, von der aus man die ganze Stadt liegen sieht.
Sie war so recht in ein nasses Grau eingesponnen; in den Wolken saßen die
Spinnerinnen und zogen graue Fäden, unermüdlich, unermüdlich; es war schon ein
ganzes Gewebe daraus geworden. Aber ihm lachte doch das Herz. Es war ja
wohl traurig, daß das Kind gestorben war. Es ging ihm ein paarmal durch den
Sinn. Aber vielleicht war es ihm wirklich gut gegangen, da mochte die Frau
Recht haben. Und es sollte einen Strauß haben, umsonst, einen großen, schönen.
O, er wollte schon finden, was dazu gehörte. Einen ganzen Arm voll, Wenns sein
mußte. Er kannte ja den Wald, er war darin zuhause.

Da war er schon an seinen Toren, da wo die großen Eichen den Eingang
bilden. Er schüttelte den Hut aus, ehe er hineintrat, und schüttelte sich in den
Schultern, daß der Tropfenregen um ihn herstob. Dann ging er weiter. Und der
Sonntag grüßte ihn überall.


Der fromme Maier

machte, fing sie sofort an zu berichten: War das eine Nacht. Kein Auge hab ich
menn können. Und mitten im ärgsten Sturm stirbt das Kind da drüben. Ich
sag, das bedeutet etwas. Man kann nicht wissen, was. Aber das Wuotesheer war
heute Nacht in der Luft, das laß ich mir nicht nehmen. Jetzt sitzt die arme Person
drüben und weint sich die Augen aus dem Kopf. Nun ja; tot ist tot. Aber ich
sag, sie soll froh sein und Gott danken. Denn was hätt das Kind gehabt auf der
Welt? Zehn Jahre alt. und ein nettes Kind, alles, was wahr ist. Aber der Apfel
fällt nicht weit vom Stamm.

Die Wirtin hielt in ihrem Redefluß inne und sah mit erstaunten Allgen auf
ihren Mieter. Der war in einer offenbaren Erregung, und das war etwas so
Ungewohntes an dem steten Menschen, daß es einem wohl die Sprache rauben
konnte. Er öffnete das Fenster und hielt die Hand hinaus, so recht in den
plätschernden Regen, und als sie ganz unzweifelhaft naß war, schüttelte er den
Kopf und verzog das Gesicht, wie in einem innern Krampf.

Ein Vergnügen ists nicht, das sagte er zu sich selbst, es regnet den ganzen
Tag fort. Es kann mirs kein Mensch zumuten, das. Aber darum doch. Mir
tut das Naßwerden nichts. Und das Kind ist tot und muß einen Strauß haben.
Jawohl, und —

Da zog er die Stiefel an und stampfte dabei, laut und kräftig, als ob er
irgend einem unsichtbaren Feind eins zu versetzen habe.

Nun fand die Frau die Sprache wieder. Hören Sie, Maier, sagte sie, ich
red Ihnen nichts drein. Das sag ich immer: nnr nichts dreinreden; man muß
die Leut machen lassen. Aber bei dem Wetter hinaus, das ist doch mehr als —

Sie wußte nicht recht weiter; und inzwischen setzte ihr Mietmann den Hut
auf, den alten, grünlichen Werktagsfilz, und schlug den Rockkragen in die Höhe,
den Krage» des braunen, verschossenen Geschäftsrocks.

Und, erzählte sie nachher ihrer Flurnachbarin, gelacht hat er so leis vor sich
hin, und kein Wort mehr gesagt, und ist in den Regen hinaus gelaufen, weiß kein
Mensch, warum und wohin. Was der in sich drin hat, das weiß auch kein Mensch.

Aber es war auch nicht nötig, daß es irgend ein Mensch wußte. Da schob
er sich durch die Straßen, die vor Nässe glänzten, und hielt die Schultern etwas
nach vorn geneigt und nickte beim Gehen mit dem Kopfe, wie ein braver, gedul¬
diger Karrengaul. Von dem Hute lief bald ein schmales Rinnlein, einer Dach¬
traufe gleich, auf den braunen Rock. Aber dem Mann unter dem Hute war es
frei und froh zumute. Haiti, salto! Er hatte in seinem ganzen Leben nicht ge¬
jodelt, und er jodelte auch jetzt nicht; aber irgend etwas in seinem Innern klang
doch so. Er fragte nichts nach den Leuten, und nichts nach dem Regenwetter, und
nichts nach dem hellen Fräulein in der Villa; gar nichts fragte er nach irgendwem
und was. Er war ein Freiherr und wußte es. Er lachte, als es ihm einfiel.
Er ging hier durch den Regen, weil er wollte, und wußte warum. Das war das
Schöne daran.

Es war gerade auf der Höhe, von der aus man die ganze Stadt liegen sieht.
Sie war so recht in ein nasses Grau eingesponnen; in den Wolken saßen die
Spinnerinnen und zogen graue Fäden, unermüdlich, unermüdlich; es war schon ein
ganzes Gewebe daraus geworden. Aber ihm lachte doch das Herz. Es war ja
wohl traurig, daß das Kind gestorben war. Es ging ihm ein paarmal durch den
Sinn. Aber vielleicht war es ihm wirklich gut gegangen, da mochte die Frau
Recht haben. Und es sollte einen Strauß haben, umsonst, einen großen, schönen.
O, er wollte schon finden, was dazu gehörte. Einen ganzen Arm voll, Wenns sein
mußte. Er kannte ja den Wald, er war darin zuhause.

Da war er schon an seinen Toren, da wo die großen Eichen den Eingang
bilden. Er schüttelte den Hut aus, ehe er hineintrat, und schüttelte sich in den
Schultern, daß der Tropfenregen um ihn herstob. Dann ging er weiter. Und der
Sonntag grüßte ihn überall.


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[0770] Der fromme Maier machte, fing sie sofort an zu berichten: War das eine Nacht. Kein Auge hab ich menn können. Und mitten im ärgsten Sturm stirbt das Kind da drüben. Ich sag, das bedeutet etwas. Man kann nicht wissen, was. Aber das Wuotesheer war heute Nacht in der Luft, das laß ich mir nicht nehmen. Jetzt sitzt die arme Person drüben und weint sich die Augen aus dem Kopf. Nun ja; tot ist tot. Aber ich sag, sie soll froh sein und Gott danken. Denn was hätt das Kind gehabt auf der Welt? Zehn Jahre alt. und ein nettes Kind, alles, was wahr ist. Aber der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Die Wirtin hielt in ihrem Redefluß inne und sah mit erstaunten Allgen auf ihren Mieter. Der war in einer offenbaren Erregung, und das war etwas so Ungewohntes an dem steten Menschen, daß es einem wohl die Sprache rauben konnte. Er öffnete das Fenster und hielt die Hand hinaus, so recht in den plätschernden Regen, und als sie ganz unzweifelhaft naß war, schüttelte er den Kopf und verzog das Gesicht, wie in einem innern Krampf. Ein Vergnügen ists nicht, das sagte er zu sich selbst, es regnet den ganzen Tag fort. Es kann mirs kein Mensch zumuten, das. Aber darum doch. Mir tut das Naßwerden nichts. Und das Kind ist tot und muß einen Strauß haben. Jawohl, und — Da zog er die Stiefel an und stampfte dabei, laut und kräftig, als ob er irgend einem unsichtbaren Feind eins zu versetzen habe. Nun fand die Frau die Sprache wieder. Hören Sie, Maier, sagte sie, ich red Ihnen nichts drein. Das sag ich immer: nnr nichts dreinreden; man muß die Leut machen lassen. Aber bei dem Wetter hinaus, das ist doch mehr als — Sie wußte nicht recht weiter; und inzwischen setzte ihr Mietmann den Hut auf, den alten, grünlichen Werktagsfilz, und schlug den Rockkragen in die Höhe, den Krage» des braunen, verschossenen Geschäftsrocks. Und, erzählte sie nachher ihrer Flurnachbarin, gelacht hat er so leis vor sich hin, und kein Wort mehr gesagt, und ist in den Regen hinaus gelaufen, weiß kein Mensch, warum und wohin. Was der in sich drin hat, das weiß auch kein Mensch. Aber es war auch nicht nötig, daß es irgend ein Mensch wußte. Da schob er sich durch die Straßen, die vor Nässe glänzten, und hielt die Schultern etwas nach vorn geneigt und nickte beim Gehen mit dem Kopfe, wie ein braver, gedul¬ diger Karrengaul. Von dem Hute lief bald ein schmales Rinnlein, einer Dach¬ traufe gleich, auf den braunen Rock. Aber dem Mann unter dem Hute war es frei und froh zumute. Haiti, salto! Er hatte in seinem ganzen Leben nicht ge¬ jodelt, und er jodelte auch jetzt nicht; aber irgend etwas in seinem Innern klang doch so. Er fragte nichts nach den Leuten, und nichts nach dem Regenwetter, und nichts nach dem hellen Fräulein in der Villa; gar nichts fragte er nach irgendwem und was. Er war ein Freiherr und wußte es. Er lachte, als es ihm einfiel. Er ging hier durch den Regen, weil er wollte, und wußte warum. Das war das Schöne daran. Es war gerade auf der Höhe, von der aus man die ganze Stadt liegen sieht. Sie war so recht in ein nasses Grau eingesponnen; in den Wolken saßen die Spinnerinnen und zogen graue Fäden, unermüdlich, unermüdlich; es war schon ein ganzes Gewebe daraus geworden. Aber ihm lachte doch das Herz. Es war ja wohl traurig, daß das Kind gestorben war. Es ging ihm ein paarmal durch den Sinn. Aber vielleicht war es ihm wirklich gut gegangen, da mochte die Frau Recht haben. Und es sollte einen Strauß haben, umsonst, einen großen, schönen. O, er wollte schon finden, was dazu gehörte. Einen ganzen Arm voll, Wenns sein mußte. Er kannte ja den Wald, er war darin zuhause. Da war er schon an seinen Toren, da wo die großen Eichen den Eingang bilden. Er schüttelte den Hut aus, ehe er hineintrat, und schüttelte sich in den Schultern, daß der Tropfenregen um ihn herstob. Dann ging er weiter. Und der Sonntag grüßte ihn überall.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/770>, abgerufen am 23.07.2024.