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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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schickt hatte. Und Champagner -- dn meine Güte! bei so einem kleinen improvi¬
sierten Mittagessen! Ja, es war nicht einmal ganz eomms it taut, so viel Wesens
aus den Gästen zu machen, wenn diese, wie heute, nur in ihren Straßenkleidern
kamen und zu einem ganz einfachen Mahl geladen waren.

Und sie -- die Wirtin -- hatte noch nicht einmal ordentlich Bescheid be¬
kommen, ob Juliens Bräutigam und Erik Briare auch erscheinen würden oder
nicht. So mußte sie ganz aufs Geratewohl decken.

Da . . . nun kam Robert wahrhaftig schon mit der ganzen Schar! Sie hörte
das Lachen und das Plaudern, während er die Entreetür öffnete.

Evelina! Geh und hilf den Damen, ich komme sogleich!

Dies galt der Jungfer, n"d diese fuhr ordentlich zusammen, als sie den
scharfen Ton ihres Fräuleins hörte. Fräulein Gerda aber raffte die Blnmen-
abfälle zusammen und warf einen feldherrnmäßigen, im ganzen genommen recht be¬
friedigten Blick über den Tisch, der in elektrischer Beleuchtung strahlte.

Im Wohnzimmer, das mit Gobelinstickereien, Lcderplastik und gebrannten Holz¬
arbeiten so überfüllt war, daß man sich kaum rühren konnte, stand schon Frnnlein
Gerda und lächelte huldvoll, da Bibbi als Nummer eins ins Zimmer herein¬
marschierte.

Und dann kamen alle, eins nach dem andern; Olga und Julie in ihren
schwarzen Kleidern, Elu in dunkelgrün und Dagny in schottischen Sammet . . .
Nein, da sei doch eigentlich kein Grund vorhanden, Sekt zu spendieren, dachte
Fräulein Gerda noch einmal, während sie die Gäste begrüßte.

Robert strahlte förmlich -- er war fein frisiert, fein angezogen, und seine
Wangen waren nach den vielen Einkäufen etwas röter als gewöhnlich. Er rieb
sich die Hände und konnte sich nicht enthalten, Elu sogleich anzuvertrauen, wie
sehr er sich darauf freue, bis sie seineu Flügel, einen Steinway, prüfen werde;
zugleich schlug er wie vorstellend den Deckel ans, und Elu konnte der Versuchung
nicht widerstehn, wenigstens ihre Handschuhe auszuziehn.

Doch da kamen endlich die beiden, Erik Briare und der Hauptmann! "So
präzis!" . . - bekomplimentierte sie Fräulein Gerda etwas ironisch, denn sie stand
des Lachses wegen wie auf Kohlen.

Der Rechtsanwalt bat sich die Ehre ans, Fräulein Berkel zu Tisch zu führen,
und verbeugte sich alsdann auch noch vor Dagny. Erik führte Olga und Bibbi .. .
Es wurde gutmütig, aber nicht weiter originell darüber gescherzt, daß jeder Herr
zwei Damen hätte. Hauptmann Hall unterhielt sich sehr ernsthaft mit Gerda
Garde . . . Er sah Elu gar nicht an; aber so oft sie über den Tisch schaute, sah
sie sein Tempelritterprofil mit den schweren Augenlidern und dem kurzgeschnittnen
schwarzen Haar, das an den Schläfen schon etwas grau zu werden begann.

Und so oft sie über den Tisch schaute, verlor sie unfehlbar den Faden des
Gesprächs mit ihrem galanten Wirt, der natürlich dann unrettbar der unermüd-
lichen Dagny in die Händ fiel.

Julie war bei der Schneiderin gewesen und hatte ein Kleid anprobiert.
Über diese interessante Begebenheit sprach sie nun den ganzen Mittag mit Bibbi.
Der arme Tjö aber wartete darauf, daß sich die Stimmung mit dem Sekt heben
werde. Sogar Erik Briare, der doch sonst ein so zuverlässiger und gewandter
Tischgenosse war, zeigte sich heute unnatürlich langweilig. Und das wollte nun
ein vergnügter "junger Mittag" sein! Gott mochte wissen, was sie alle hatten!

Schließlich konzentrierter sich seine Ungeduld und sein Mißvergnügen auf die
unschuldige Gerda, deren Ungastlichkeit er die matte Stimmung zuschrieb. Sie war
übrigens, je weiter das Mittagessen fortschritt, immer mehr aufgetane und fühlte
sich nun froh und wohlwollend aufgelegt. Lustig und vergnügt saß sie oben am
Tisch und stieß huldvoll nach rechts und links mit ihren Gästen an, ja sogar mit
der gefürchteten Elu, die an diesem Abend wirklich sehr ruhig und zurückhaltend
war und sich durchaus passend benahm.


Ärenzboten IV 1904 54
Nie Damen auf Markby

schickt hatte. Und Champagner — dn meine Güte! bei so einem kleinen improvi¬
sierten Mittagessen! Ja, es war nicht einmal ganz eomms it taut, so viel Wesens
aus den Gästen zu machen, wenn diese, wie heute, nur in ihren Straßenkleidern
kamen und zu einem ganz einfachen Mahl geladen waren.

Und sie — die Wirtin — hatte noch nicht einmal ordentlich Bescheid be¬
kommen, ob Juliens Bräutigam und Erik Briare auch erscheinen würden oder
nicht. So mußte sie ganz aufs Geratewohl decken.

Da . . . nun kam Robert wahrhaftig schon mit der ganzen Schar! Sie hörte
das Lachen und das Plaudern, während er die Entreetür öffnete.

Evelina! Geh und hilf den Damen, ich komme sogleich!

Dies galt der Jungfer, n»d diese fuhr ordentlich zusammen, als sie den
scharfen Ton ihres Fräuleins hörte. Fräulein Gerda aber raffte die Blnmen-
abfälle zusammen und warf einen feldherrnmäßigen, im ganzen genommen recht be¬
friedigten Blick über den Tisch, der in elektrischer Beleuchtung strahlte.

Im Wohnzimmer, das mit Gobelinstickereien, Lcderplastik und gebrannten Holz¬
arbeiten so überfüllt war, daß man sich kaum rühren konnte, stand schon Frnnlein
Gerda und lächelte huldvoll, da Bibbi als Nummer eins ins Zimmer herein¬
marschierte.

Und dann kamen alle, eins nach dem andern; Olga und Julie in ihren
schwarzen Kleidern, Elu in dunkelgrün und Dagny in schottischen Sammet . . .
Nein, da sei doch eigentlich kein Grund vorhanden, Sekt zu spendieren, dachte
Fräulein Gerda noch einmal, während sie die Gäste begrüßte.

Robert strahlte förmlich — er war fein frisiert, fein angezogen, und seine
Wangen waren nach den vielen Einkäufen etwas röter als gewöhnlich. Er rieb
sich die Hände und konnte sich nicht enthalten, Elu sogleich anzuvertrauen, wie
sehr er sich darauf freue, bis sie seineu Flügel, einen Steinway, prüfen werde;
zugleich schlug er wie vorstellend den Deckel ans, und Elu konnte der Versuchung
nicht widerstehn, wenigstens ihre Handschuhe auszuziehn.

Doch da kamen endlich die beiden, Erik Briare und der Hauptmann! „So
präzis!" . . - bekomplimentierte sie Fräulein Gerda etwas ironisch, denn sie stand
des Lachses wegen wie auf Kohlen.

Der Rechtsanwalt bat sich die Ehre ans, Fräulein Berkel zu Tisch zu führen,
und verbeugte sich alsdann auch noch vor Dagny. Erik führte Olga und Bibbi .. .
Es wurde gutmütig, aber nicht weiter originell darüber gescherzt, daß jeder Herr
zwei Damen hätte. Hauptmann Hall unterhielt sich sehr ernsthaft mit Gerda
Garde . . . Er sah Elu gar nicht an; aber so oft sie über den Tisch schaute, sah
sie sein Tempelritterprofil mit den schweren Augenlidern und dem kurzgeschnittnen
schwarzen Haar, das an den Schläfen schon etwas grau zu werden begann.

Und so oft sie über den Tisch schaute, verlor sie unfehlbar den Faden des
Gesprächs mit ihrem galanten Wirt, der natürlich dann unrettbar der unermüd-
lichen Dagny in die Händ fiel.

Julie war bei der Schneiderin gewesen und hatte ein Kleid anprobiert.
Über diese interessante Begebenheit sprach sie nun den ganzen Mittag mit Bibbi.
Der arme Tjö aber wartete darauf, daß sich die Stimmung mit dem Sekt heben
werde. Sogar Erik Briare, der doch sonst ein so zuverlässiger und gewandter
Tischgenosse war, zeigte sich heute unnatürlich langweilig. Und das wollte nun
ein vergnügter „junger Mittag" sein! Gott mochte wissen, was sie alle hatten!

Schließlich konzentrierter sich seine Ungeduld und sein Mißvergnügen auf die
unschuldige Gerda, deren Ungastlichkeit er die matte Stimmung zuschrieb. Sie war
übrigens, je weiter das Mittagessen fortschritt, immer mehr aufgetane und fühlte
sich nun froh und wohlwollend aufgelegt. Lustig und vergnügt saß sie oben am
Tisch und stieß huldvoll nach rechts und links mit ihren Gästen an, ja sogar mit
der gefürchteten Elu, die an diesem Abend wirklich sehr ruhig und zurückhaltend
war und sich durchaus passend benahm.


Ärenzboten IV 1904 54
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[0403] Nie Damen auf Markby schickt hatte. Und Champagner — dn meine Güte! bei so einem kleinen improvi¬ sierten Mittagessen! Ja, es war nicht einmal ganz eomms it taut, so viel Wesens aus den Gästen zu machen, wenn diese, wie heute, nur in ihren Straßenkleidern kamen und zu einem ganz einfachen Mahl geladen waren. Und sie — die Wirtin — hatte noch nicht einmal ordentlich Bescheid be¬ kommen, ob Juliens Bräutigam und Erik Briare auch erscheinen würden oder nicht. So mußte sie ganz aufs Geratewohl decken. Da . . . nun kam Robert wahrhaftig schon mit der ganzen Schar! Sie hörte das Lachen und das Plaudern, während er die Entreetür öffnete. Evelina! Geh und hilf den Damen, ich komme sogleich! Dies galt der Jungfer, n»d diese fuhr ordentlich zusammen, als sie den scharfen Ton ihres Fräuleins hörte. Fräulein Gerda aber raffte die Blnmen- abfälle zusammen und warf einen feldherrnmäßigen, im ganzen genommen recht be¬ friedigten Blick über den Tisch, der in elektrischer Beleuchtung strahlte. Im Wohnzimmer, das mit Gobelinstickereien, Lcderplastik und gebrannten Holz¬ arbeiten so überfüllt war, daß man sich kaum rühren konnte, stand schon Frnnlein Gerda und lächelte huldvoll, da Bibbi als Nummer eins ins Zimmer herein¬ marschierte. Und dann kamen alle, eins nach dem andern; Olga und Julie in ihren schwarzen Kleidern, Elu in dunkelgrün und Dagny in schottischen Sammet . . . Nein, da sei doch eigentlich kein Grund vorhanden, Sekt zu spendieren, dachte Fräulein Gerda noch einmal, während sie die Gäste begrüßte. Robert strahlte förmlich — er war fein frisiert, fein angezogen, und seine Wangen waren nach den vielen Einkäufen etwas röter als gewöhnlich. Er rieb sich die Hände und konnte sich nicht enthalten, Elu sogleich anzuvertrauen, wie sehr er sich darauf freue, bis sie seineu Flügel, einen Steinway, prüfen werde; zugleich schlug er wie vorstellend den Deckel ans, und Elu konnte der Versuchung nicht widerstehn, wenigstens ihre Handschuhe auszuziehn. Doch da kamen endlich die beiden, Erik Briare und der Hauptmann! „So präzis!" . . - bekomplimentierte sie Fräulein Gerda etwas ironisch, denn sie stand des Lachses wegen wie auf Kohlen. Der Rechtsanwalt bat sich die Ehre ans, Fräulein Berkel zu Tisch zu führen, und verbeugte sich alsdann auch noch vor Dagny. Erik führte Olga und Bibbi .. . Es wurde gutmütig, aber nicht weiter originell darüber gescherzt, daß jeder Herr zwei Damen hätte. Hauptmann Hall unterhielt sich sehr ernsthaft mit Gerda Garde . . . Er sah Elu gar nicht an; aber so oft sie über den Tisch schaute, sah sie sein Tempelritterprofil mit den schweren Augenlidern und dem kurzgeschnittnen schwarzen Haar, das an den Schläfen schon etwas grau zu werden begann. Und so oft sie über den Tisch schaute, verlor sie unfehlbar den Faden des Gesprächs mit ihrem galanten Wirt, der natürlich dann unrettbar der unermüd- lichen Dagny in die Händ fiel. Julie war bei der Schneiderin gewesen und hatte ein Kleid anprobiert. Über diese interessante Begebenheit sprach sie nun den ganzen Mittag mit Bibbi. Der arme Tjö aber wartete darauf, daß sich die Stimmung mit dem Sekt heben werde. Sogar Erik Briare, der doch sonst ein so zuverlässiger und gewandter Tischgenosse war, zeigte sich heute unnatürlich langweilig. Und das wollte nun ein vergnügter „junger Mittag" sein! Gott mochte wissen, was sie alle hatten! Schließlich konzentrierter sich seine Ungeduld und sein Mißvergnügen auf die unschuldige Gerda, deren Ungastlichkeit er die matte Stimmung zuschrieb. Sie war übrigens, je weiter das Mittagessen fortschritt, immer mehr aufgetane und fühlte sich nun froh und wohlwollend aufgelegt. Lustig und vergnügt saß sie oben am Tisch und stieß huldvoll nach rechts und links mit ihren Gästen an, ja sogar mit der gefürchteten Elu, die an diesem Abend wirklich sehr ruhig und zurückhaltend war und sich durchaus passend benahm. Ärenzboten IV 1904 54

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/403>, abgerufen am 04.07.2024.