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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Napoleon der Erste in Dresden 1.807

Und nach dem Kriege? Ein paar Stichworte aus den unpatriotischen Äuße¬
rungen von sozialdemokratischer Seite mögen genügen. Die "Chemnitzer freie
Presse" schrieb beim Einzuge der siegreichen Truppen 1871: "Bürger, steckt
schwarze Fahnen heraus; eine Rotte von Mördern und Mordbrennern hält heute
den Einzug." Liebknechts "Volksstaat" nannte damals unsre Feldherren
"Gurgelabschneider" und unsre Soldaten, die Blüte des Volkes, gar "zweibeinige
Tiere, die Uniform tragen."

Ein harter Knochen waren dann für unsre lieben Sozialdemokraten die
Jubiläumsjahre 1895/96. In Erinnerung an die Großtaten der deutschen
Waffen vor einem Vierteljahrhundert flammte überall der Patriotismus auf und
ergriff sogar manchen der Sozialdemokratie schon halb anheim gefallnen Mit¬
kämpfer aus der Geburtszeit des Deutschen Reiches. Gerade deshalb lästerten
und logen die sozialdemokratischen Blätter um so erbitterter. Der "Vorwärts,"
der in seinen Kalendern als bemerkenswerte Gedenktage auch abscheuliche Blut¬
taten (sogar die Attentate Hotels und Nobilings!) aufführt, jammerte, daß man
den unschuldigen Kindern "Bösewichter" (gemeint waren unsre Kriegshelden) als
Vorbilder vorführe; er erklärte auch, daß Frankreich voll berechtigt sei, sich durch
die Feier der Gedenktage des Krieges verletzt zu fühlen. Von dem Geschmack
der im Jnbiläumsjahre verübten sozialdemokratischen Infamien mögen ein paar
Proben aus dem "Süddeutschen Postillon" zeugen. "Fanatiker") erklären, der
Krieg sei eine ewige Einrichtung. I, du meine liebe Güte! Läuse und Wanzen
sind von alters her da, aber man setzt ihnen doch keine Monumente." Und ferner:
"Man sagt: Der Krieg offenbart die herrlichsten Tugenden des Mannes. --
Jawohl, als da sind: Raub, Mord, Totschlag, Rotznase und gänzliche Ver¬
lierung."

Mau fühlt trotz allem Zwang zu kühler Ruhe das Blut in die Schläfen
emporsteigen, wenn man so die tapfern Männer verunglimpfen sieht, die ihr
Leben für Deutschlands Ehre und Einigung eingesetzt haben. Und so etwas
durfte auf deutschem Boden gedruckt werden!

(Schluß folgt)




Napoleon der Erste in Dresden ^807
i

er 17. Juli 1807 war ein gewöhnlicher Freitag. Aber die Un¬
ruhe, die seit Tagesanbruch in der sächsischen Residenz herrschte,
paßte nicht zu der üblichen Werktagsstimmung. Eine Menge
müßiger Menschen bewegte sich schon in den frühen Morgen¬
stunden durch die Straßen. Zum Teil waren es Dresdner
Bürger und Offiziere. Doch beinahe die Hälfte bestand aus zugereister Fremden,
die die Nacht in einem der vielen Gasthöfe zugebracht hatten. Und der



>') Wird irgendein Nichtsozialdeinokrat Moltke als "Fanatiker" ansprechen?
Napoleon der Erste in Dresden 1.807

Und nach dem Kriege? Ein paar Stichworte aus den unpatriotischen Äuße¬
rungen von sozialdemokratischer Seite mögen genügen. Die „Chemnitzer freie
Presse" schrieb beim Einzuge der siegreichen Truppen 1871: „Bürger, steckt
schwarze Fahnen heraus; eine Rotte von Mördern und Mordbrennern hält heute
den Einzug." Liebknechts „Volksstaat" nannte damals unsre Feldherren
„Gurgelabschneider" und unsre Soldaten, die Blüte des Volkes, gar „zweibeinige
Tiere, die Uniform tragen."

Ein harter Knochen waren dann für unsre lieben Sozialdemokraten die
Jubiläumsjahre 1895/96. In Erinnerung an die Großtaten der deutschen
Waffen vor einem Vierteljahrhundert flammte überall der Patriotismus auf und
ergriff sogar manchen der Sozialdemokratie schon halb anheim gefallnen Mit¬
kämpfer aus der Geburtszeit des Deutschen Reiches. Gerade deshalb lästerten
und logen die sozialdemokratischen Blätter um so erbitterter. Der „Vorwärts,"
der in seinen Kalendern als bemerkenswerte Gedenktage auch abscheuliche Blut¬
taten (sogar die Attentate Hotels und Nobilings!) aufführt, jammerte, daß man
den unschuldigen Kindern „Bösewichter" (gemeint waren unsre Kriegshelden) als
Vorbilder vorführe; er erklärte auch, daß Frankreich voll berechtigt sei, sich durch
die Feier der Gedenktage des Krieges verletzt zu fühlen. Von dem Geschmack
der im Jnbiläumsjahre verübten sozialdemokratischen Infamien mögen ein paar
Proben aus dem „Süddeutschen Postillon" zeugen. „Fanatiker") erklären, der
Krieg sei eine ewige Einrichtung. I, du meine liebe Güte! Läuse und Wanzen
sind von alters her da, aber man setzt ihnen doch keine Monumente." Und ferner:
„Man sagt: Der Krieg offenbart die herrlichsten Tugenden des Mannes. —
Jawohl, als da sind: Raub, Mord, Totschlag, Rotznase und gänzliche Ver¬
lierung."

Mau fühlt trotz allem Zwang zu kühler Ruhe das Blut in die Schläfen
emporsteigen, wenn man so die tapfern Männer verunglimpfen sieht, die ihr
Leben für Deutschlands Ehre und Einigung eingesetzt haben. Und so etwas
durfte auf deutschem Boden gedruckt werden!

(Schluß folgt)




Napoleon der Erste in Dresden ^807
i

er 17. Juli 1807 war ein gewöhnlicher Freitag. Aber die Un¬
ruhe, die seit Tagesanbruch in der sächsischen Residenz herrschte,
paßte nicht zu der üblichen Werktagsstimmung. Eine Menge
müßiger Menschen bewegte sich schon in den frühen Morgen¬
stunden durch die Straßen. Zum Teil waren es Dresdner
Bürger und Offiziere. Doch beinahe die Hälfte bestand aus zugereister Fremden,
die die Nacht in einem der vielen Gasthöfe zugebracht hatten. Und der



>') Wird irgendein Nichtsozialdeinokrat Moltke als „Fanatiker" ansprechen?
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[0373] Napoleon der Erste in Dresden 1.807 Und nach dem Kriege? Ein paar Stichworte aus den unpatriotischen Äuße¬ rungen von sozialdemokratischer Seite mögen genügen. Die „Chemnitzer freie Presse" schrieb beim Einzuge der siegreichen Truppen 1871: „Bürger, steckt schwarze Fahnen heraus; eine Rotte von Mördern und Mordbrennern hält heute den Einzug." Liebknechts „Volksstaat" nannte damals unsre Feldherren „Gurgelabschneider" und unsre Soldaten, die Blüte des Volkes, gar „zweibeinige Tiere, die Uniform tragen." Ein harter Knochen waren dann für unsre lieben Sozialdemokraten die Jubiläumsjahre 1895/96. In Erinnerung an die Großtaten der deutschen Waffen vor einem Vierteljahrhundert flammte überall der Patriotismus auf und ergriff sogar manchen der Sozialdemokratie schon halb anheim gefallnen Mit¬ kämpfer aus der Geburtszeit des Deutschen Reiches. Gerade deshalb lästerten und logen die sozialdemokratischen Blätter um so erbitterter. Der „Vorwärts," der in seinen Kalendern als bemerkenswerte Gedenktage auch abscheuliche Blut¬ taten (sogar die Attentate Hotels und Nobilings!) aufführt, jammerte, daß man den unschuldigen Kindern „Bösewichter" (gemeint waren unsre Kriegshelden) als Vorbilder vorführe; er erklärte auch, daß Frankreich voll berechtigt sei, sich durch die Feier der Gedenktage des Krieges verletzt zu fühlen. Von dem Geschmack der im Jnbiläumsjahre verübten sozialdemokratischen Infamien mögen ein paar Proben aus dem „Süddeutschen Postillon" zeugen. „Fanatiker") erklären, der Krieg sei eine ewige Einrichtung. I, du meine liebe Güte! Läuse und Wanzen sind von alters her da, aber man setzt ihnen doch keine Monumente." Und ferner: „Man sagt: Der Krieg offenbart die herrlichsten Tugenden des Mannes. — Jawohl, als da sind: Raub, Mord, Totschlag, Rotznase und gänzliche Ver¬ lierung." Mau fühlt trotz allem Zwang zu kühler Ruhe das Blut in die Schläfen emporsteigen, wenn man so die tapfern Männer verunglimpfen sieht, die ihr Leben für Deutschlands Ehre und Einigung eingesetzt haben. Und so etwas durfte auf deutschem Boden gedruckt werden! (Schluß folgt) Napoleon der Erste in Dresden ^807 i er 17. Juli 1807 war ein gewöhnlicher Freitag. Aber die Un¬ ruhe, die seit Tagesanbruch in der sächsischen Residenz herrschte, paßte nicht zu der üblichen Werktagsstimmung. Eine Menge müßiger Menschen bewegte sich schon in den frühen Morgen¬ stunden durch die Straßen. Zum Teil waren es Dresdner Bürger und Offiziere. Doch beinahe die Hälfte bestand aus zugereister Fremden, die die Nacht in einem der vielen Gasthöfe zugebracht hatten. Und der >') Wird irgendein Nichtsozialdeinokrat Moltke als „Fanatiker" ansprechen?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/373>, abgerufen am 23.07.2024.