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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

konnte. Wünschenswert bleibt es, daß euglischerseits alle Maßnahmen vermieden
werden, die unmittelbar oder in ihren weitern Folgen den Effekt haben, als sei
England im Interesse Japans Rußland in den Arm gefallen. Dies würde mit
jeder unnötigen Vermehrung der großen Schwierigkeiten, mit denen die Ausreise
der baltischen Flotte ohnehin verknüpft ist, der Fall sein. Die auf Seiten der
Japaner stehende öffentliche Meinung Englands hat die Ausfahrt dieser Flotte
ohnehin als nicht ini englischen Interesse liegend angesehen, und es ist begreiflich,
daß sie dem Zwischenfall den Charakter eines ernsten Mißverständnisses zwischen
beiden Nationen, eines nudo>?a,rS svonsmeut, beigelegt wissen wollte. Dem gegen¬
über ist die englische Regierung mit einer bei ihrer schwachen parlamentarischen
Stellung doppelt anerkennenswerten Geschicklichkeit Verfahren.

Wir Deutschen mögen aus diesem Vorgange ein neues Argument für die
bittere Notwendigkeit entnehmen, zur See stark zu sein, damit wir auch unvorher¬
gesehenen Ereignissen gegenüber die wohl bewehrten Hüter unsrer Interessen
bleiben können. Was es bedeutet, wenn ein großer Staat um irgend einer
schwachen Stelle nicht für hinreichende Sicherheit sorgt, zeigt uns Südwestafrika.
Nach zwanzig Jahren deutscher Herrschaft haben wir von der See her uoch immer
keinen genügenden Zugang; die zur Verstärkung bestimmten und dringend not¬
wendigen Transporte müssen wochenlang in der Heimat zurückgehalten werden,
weil sie auf unsrer südwestafrikanischen Küste nicht landen können, ebenso ist die
Bewegung im Jnnern auf das denkbarste erschwert, weil wir weder Bahnen noch
auch nur Straßen gebaut haben. Jetzt müssen die zwanzigjährigen Versäumnisse
binnen zwei Jahren mit großen Opfern nachgeholt werden, Opfern nicht nur an
Geld, sondern auch an Menschen, ganz abgesehen von der Zerstörung der ersten
Ergebnisse einer langwierigen und mühevollen Pionierarbeit. Der Tod der wackern
Männer, die den Hottentotten erlegen sind, kann nicht genug beklagt werden, aber
die zwingende Veranlassung, nun endlich mit der falschen Behandlung der Ein-
gebornen tabula rasa zu machen, sollen die aufrührerischen Stämme nicht umsonst
geboten haben.

Die große Enttäuschung und die blutige Lehre, die wir in Südwestafrika
erfahren, werden hoffentlich nicht nur für unsre gesamte Kolonialpolitik uicht ver¬
loren sein, sondern uns auch für das in unsern deutschen Grenzmarken inne zu
haltende Verfahren von Nutzen sein. Die größte Gefahr für uus Deutsche besteht
in unsrer Neigung, uns selbst Weihrauch zu streuen. In den Ostmarken ist das
in ganz ausgesprochnen Maße der Fall. Wir erschöpfen uus in Festreden und
Posauneublnsen, anstatt in stiller und geräuschloser Arbeit entschlossen zu handeln.
Weniger Ankündigung um das Polentum, daß und wie wir es bekämpfen wollen,
aber mehr wirkliche Bekämpfung nach einheitlichem, wohl durchdachten Plan, woran
alle Verwaltungsressorts gleichmäßig und geschlossen mitwirken. Die unaufhörlichen
Ankündigungen zeigen der polnischen Agitation nur vorzeitig die Stellen, wo sie
für Verstärkung zu sorgen hat.

Dasselbe gilt bis zu einem gewissen Grade für die Westmark, für Elsaß-
Lothringen. Dem Beschluß des dortigen Landesausschusses auf "bundesstaatliche
Gleichstellung" hat eine Anzahl meist demokratischer Blätter zugestimmt, die zum
Teil von den Verhältnissen in Elsaß-Lothringen, ja sogar von den Grundlagen
seiner Verfassung nicht die geringste Kenntnis haben. Alle Register der deutschen
Phraseologie werden aufgezogen -- um die Stellung Deutschlands an seiner ge-
fährdetsten Stelle zu schwächen, denn jede Schwächung der Reichsgewalt in
Elsaß-Lothringen ist eine Schwächung unsrer dortigen Stellung über¬
haupt. Auf den politischen Kleinkram, wie er von elsaß-lothringischen Kirchturms¬
politikern angestrebt wird, darf und kann sich das Reich nicht einlassen, wir haben
dort nicht politische Lustgärten anzulegen, sondern ein Glacis zu verteidigen. Gewiß
ist auch heute noch der alte bisinarckische Grundsatz giltig, daß man die Elsaß-
Lothringer zunächst zu Partikularisten machen muß, um dann aus ihnen gute Deutsche


Maßgebliches und Unmaßgebliches

konnte. Wünschenswert bleibt es, daß euglischerseits alle Maßnahmen vermieden
werden, die unmittelbar oder in ihren weitern Folgen den Effekt haben, als sei
England im Interesse Japans Rußland in den Arm gefallen. Dies würde mit
jeder unnötigen Vermehrung der großen Schwierigkeiten, mit denen die Ausreise
der baltischen Flotte ohnehin verknüpft ist, der Fall sein. Die auf Seiten der
Japaner stehende öffentliche Meinung Englands hat die Ausfahrt dieser Flotte
ohnehin als nicht ini englischen Interesse liegend angesehen, und es ist begreiflich,
daß sie dem Zwischenfall den Charakter eines ernsten Mißverständnisses zwischen
beiden Nationen, eines nudo>?a,rS svonsmeut, beigelegt wissen wollte. Dem gegen¬
über ist die englische Regierung mit einer bei ihrer schwachen parlamentarischen
Stellung doppelt anerkennenswerten Geschicklichkeit Verfahren.

Wir Deutschen mögen aus diesem Vorgange ein neues Argument für die
bittere Notwendigkeit entnehmen, zur See stark zu sein, damit wir auch unvorher¬
gesehenen Ereignissen gegenüber die wohl bewehrten Hüter unsrer Interessen
bleiben können. Was es bedeutet, wenn ein großer Staat um irgend einer
schwachen Stelle nicht für hinreichende Sicherheit sorgt, zeigt uns Südwestafrika.
Nach zwanzig Jahren deutscher Herrschaft haben wir von der See her uoch immer
keinen genügenden Zugang; die zur Verstärkung bestimmten und dringend not¬
wendigen Transporte müssen wochenlang in der Heimat zurückgehalten werden,
weil sie auf unsrer südwestafrikanischen Küste nicht landen können, ebenso ist die
Bewegung im Jnnern auf das denkbarste erschwert, weil wir weder Bahnen noch
auch nur Straßen gebaut haben. Jetzt müssen die zwanzigjährigen Versäumnisse
binnen zwei Jahren mit großen Opfern nachgeholt werden, Opfern nicht nur an
Geld, sondern auch an Menschen, ganz abgesehen von der Zerstörung der ersten
Ergebnisse einer langwierigen und mühevollen Pionierarbeit. Der Tod der wackern
Männer, die den Hottentotten erlegen sind, kann nicht genug beklagt werden, aber
die zwingende Veranlassung, nun endlich mit der falschen Behandlung der Ein-
gebornen tabula rasa zu machen, sollen die aufrührerischen Stämme nicht umsonst
geboten haben.

Die große Enttäuschung und die blutige Lehre, die wir in Südwestafrika
erfahren, werden hoffentlich nicht nur für unsre gesamte Kolonialpolitik uicht ver¬
loren sein, sondern uns auch für das in unsern deutschen Grenzmarken inne zu
haltende Verfahren von Nutzen sein. Die größte Gefahr für uus Deutsche besteht
in unsrer Neigung, uns selbst Weihrauch zu streuen. In den Ostmarken ist das
in ganz ausgesprochnen Maße der Fall. Wir erschöpfen uus in Festreden und
Posauneublnsen, anstatt in stiller und geräuschloser Arbeit entschlossen zu handeln.
Weniger Ankündigung um das Polentum, daß und wie wir es bekämpfen wollen,
aber mehr wirkliche Bekämpfung nach einheitlichem, wohl durchdachten Plan, woran
alle Verwaltungsressorts gleichmäßig und geschlossen mitwirken. Die unaufhörlichen
Ankündigungen zeigen der polnischen Agitation nur vorzeitig die Stellen, wo sie
für Verstärkung zu sorgen hat.

Dasselbe gilt bis zu einem gewissen Grade für die Westmark, für Elsaß-
Lothringen. Dem Beschluß des dortigen Landesausschusses auf „bundesstaatliche
Gleichstellung" hat eine Anzahl meist demokratischer Blätter zugestimmt, die zum
Teil von den Verhältnissen in Elsaß-Lothringen, ja sogar von den Grundlagen
seiner Verfassung nicht die geringste Kenntnis haben. Alle Register der deutschen
Phraseologie werden aufgezogen — um die Stellung Deutschlands an seiner ge-
fährdetsten Stelle zu schwächen, denn jede Schwächung der Reichsgewalt in
Elsaß-Lothringen ist eine Schwächung unsrer dortigen Stellung über¬
haupt. Auf den politischen Kleinkram, wie er von elsaß-lothringischen Kirchturms¬
politikern angestrebt wird, darf und kann sich das Reich nicht einlassen, wir haben
dort nicht politische Lustgärten anzulegen, sondern ein Glacis zu verteidigen. Gewiß
ist auch heute noch der alte bisinarckische Grundsatz giltig, daß man die Elsaß-
Lothringer zunächst zu Partikularisten machen muß, um dann aus ihnen gute Deutsche


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[0299] Maßgebliches und Unmaßgebliches konnte. Wünschenswert bleibt es, daß euglischerseits alle Maßnahmen vermieden werden, die unmittelbar oder in ihren weitern Folgen den Effekt haben, als sei England im Interesse Japans Rußland in den Arm gefallen. Dies würde mit jeder unnötigen Vermehrung der großen Schwierigkeiten, mit denen die Ausreise der baltischen Flotte ohnehin verknüpft ist, der Fall sein. Die auf Seiten der Japaner stehende öffentliche Meinung Englands hat die Ausfahrt dieser Flotte ohnehin als nicht ini englischen Interesse liegend angesehen, und es ist begreiflich, daß sie dem Zwischenfall den Charakter eines ernsten Mißverständnisses zwischen beiden Nationen, eines nudo>?a,rS svonsmeut, beigelegt wissen wollte. Dem gegen¬ über ist die englische Regierung mit einer bei ihrer schwachen parlamentarischen Stellung doppelt anerkennenswerten Geschicklichkeit Verfahren. Wir Deutschen mögen aus diesem Vorgange ein neues Argument für die bittere Notwendigkeit entnehmen, zur See stark zu sein, damit wir auch unvorher¬ gesehenen Ereignissen gegenüber die wohl bewehrten Hüter unsrer Interessen bleiben können. Was es bedeutet, wenn ein großer Staat um irgend einer schwachen Stelle nicht für hinreichende Sicherheit sorgt, zeigt uns Südwestafrika. Nach zwanzig Jahren deutscher Herrschaft haben wir von der See her uoch immer keinen genügenden Zugang; die zur Verstärkung bestimmten und dringend not¬ wendigen Transporte müssen wochenlang in der Heimat zurückgehalten werden, weil sie auf unsrer südwestafrikanischen Küste nicht landen können, ebenso ist die Bewegung im Jnnern auf das denkbarste erschwert, weil wir weder Bahnen noch auch nur Straßen gebaut haben. Jetzt müssen die zwanzigjährigen Versäumnisse binnen zwei Jahren mit großen Opfern nachgeholt werden, Opfern nicht nur an Geld, sondern auch an Menschen, ganz abgesehen von der Zerstörung der ersten Ergebnisse einer langwierigen und mühevollen Pionierarbeit. Der Tod der wackern Männer, die den Hottentotten erlegen sind, kann nicht genug beklagt werden, aber die zwingende Veranlassung, nun endlich mit der falschen Behandlung der Ein- gebornen tabula rasa zu machen, sollen die aufrührerischen Stämme nicht umsonst geboten haben. Die große Enttäuschung und die blutige Lehre, die wir in Südwestafrika erfahren, werden hoffentlich nicht nur für unsre gesamte Kolonialpolitik uicht ver¬ loren sein, sondern uns auch für das in unsern deutschen Grenzmarken inne zu haltende Verfahren von Nutzen sein. Die größte Gefahr für uus Deutsche besteht in unsrer Neigung, uns selbst Weihrauch zu streuen. In den Ostmarken ist das in ganz ausgesprochnen Maße der Fall. Wir erschöpfen uus in Festreden und Posauneublnsen, anstatt in stiller und geräuschloser Arbeit entschlossen zu handeln. Weniger Ankündigung um das Polentum, daß und wie wir es bekämpfen wollen, aber mehr wirkliche Bekämpfung nach einheitlichem, wohl durchdachten Plan, woran alle Verwaltungsressorts gleichmäßig und geschlossen mitwirken. Die unaufhörlichen Ankündigungen zeigen der polnischen Agitation nur vorzeitig die Stellen, wo sie für Verstärkung zu sorgen hat. Dasselbe gilt bis zu einem gewissen Grade für die Westmark, für Elsaß- Lothringen. Dem Beschluß des dortigen Landesausschusses auf „bundesstaatliche Gleichstellung" hat eine Anzahl meist demokratischer Blätter zugestimmt, die zum Teil von den Verhältnissen in Elsaß-Lothringen, ja sogar von den Grundlagen seiner Verfassung nicht die geringste Kenntnis haben. Alle Register der deutschen Phraseologie werden aufgezogen — um die Stellung Deutschlands an seiner ge- fährdetsten Stelle zu schwächen, denn jede Schwächung der Reichsgewalt in Elsaß-Lothringen ist eine Schwächung unsrer dortigen Stellung über¬ haupt. Auf den politischen Kleinkram, wie er von elsaß-lothringischen Kirchturms¬ politikern angestrebt wird, darf und kann sich das Reich nicht einlassen, wir haben dort nicht politische Lustgärten anzulegen, sondern ein Glacis zu verteidigen. Gewiß ist auch heute noch der alte bisinarckische Grundsatz giltig, daß man die Elsaß- Lothringer zunächst zu Partikularisten machen muß, um dann aus ihnen gute Deutsche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/299>, abgerufen am 23.07.2024.