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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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LNaßgebliches und Ünmaßgebliches

nicht Vorliege; 3. daß durch diesen Beschluß einer spätern Entscheidung über die
Wirksamkeit der Akte der Lippeschen Landesgesetzgebung gegenüber den von Schaum¬
burg-Lippe erhabnen Thronfolge- und Regentschaftsansprücheu nicht vorgegriffen
werde; 4. daß auf eine Würdigung aller weitern an den Bundesrat gelangten
Anträge, Erklärungen und Schriftsähe nicht einzugehn sei.

Hieraus geht hervor, daß auch nach der Auffassung des Bundesrath der
Lippesche Thronfolgestreit durch den Dresdner Schiedsspruch keineswegs endgiltig
erledigt ist. In dem Augenblick, wo der Grafregent Ernst die Augen schließt,
wird vielmehr die ganze Streitfrage wieder aufgerollt und dann durch den Bundes¬
rat zur Erledigung gebracht werden.

Inzwischen sind nun Umstände bekannt geworden, die die Thrvnfolgefähigkeit
der Linie Lippe-Biesterfeld überhaupt in Frage stellen.

Das Dresdner Schiedsgericht war auf Grund freier Beweisführung zu der
Überzeugung von der adlichen Abkunft der Modeste von Unruh, der Stammmutter
der gräflichen Linie Lippe-Biesterfeld, gekommen und damit zu der Ansicht von der
Agnatenqualitlit der Nachkommen aus der Ehe dieser Modeste von Unruh mit dem
Grafen Wilhelm Ernst zur Lippe-Biesterfeld, da zur Ebenbürtigkeit im Hause Lippe
nur einfacher, niederer Adel notwendig sei. Das Landgericht Detmold hat nun
aber bei der Prüfung einer gegen den Grafregenten Ernst erhobnen Klage ans
Aberkennung der Zugehörigkeit zur hochadlichen Lippeschen Familie, auf Aberkennung
des Rechts zur Führung des Gräflich Lippeschen Wappens usw. auf Grund von
Umständen, die dem Dresdner Schiedsgericht zum größten Teil unbekannt waren,
die Überzeugung gewonnen, daß Modeste von Unruh nicht adlicher Herkunft gewesen
ist, die Nachkommen aus ihrer Ehe mit dem Grafen Wilhelm Ernst zur Lippe-
Biesterfeld die Agnatenqnalität also nicht haben. Das Detmolder Landgericht hat
nun zwar am 10. Juni 1903 die Klage abgewiesen, weil dem Grafregenten der
Dresdner Schiedsspruch und ein Lippesches Landesgesetz, das das Ergebnis des
Schiedsspruchs mit gesetzlicher Kraft versieht, zur Seite steh", in der Begründung
des Urteils wird aber mit dürren Worten ausgesprochen, daß der Schiedsspruch
in bezug auf die tatsächliche Feststellung, der General Karl Philipp von Unruh
und seine Tochter Modeste von Unruh hätten dem niedern Adel angehört, geirrt
habe, daß somit Modeste von Unruh nicht einmal dem Ebenbürtigkeitserfordernis,
das der Schiedsspruch selbst als Mindesterfordernis bezeichnet hatte, nämlich eben
des niedern Adels, genügt, und daß somit der Klage hätte stattgegeben werden
müssen, wenn der Schiedsspruch und das dessen Ergebnis mit gesetzlicher Kraft
versehende Lippesche Landesgesetz nicht vorhanden wären.

Mit dieser eingehend begründeten Feststellung des Landgerichts Detmold wird
alles das hinfällig, was Professor Dr. Anschütz in seiner Schrift "Der Fall Friesen¬
hausen" ausführt, um darzutun, daß die Ebenbürtigkeit der gräflichen Linie Lippe-
Viesterfeld und des fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe, soweit sie für die
Thronfolgefähigkeit im Fürstentum Lippe in Frage kommt, durchaus auf derselbe"
Stufe stehe. Die Stammmutter des fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe, Philippine
Elisabeth geborne von Friesenhausen, Gemahlin des Grafen Friedrich Ernst
Lippe-Alverdissen, entstammte einer unstreitig dem niedern alten, wenngleich ein¬
fachen oder untitulierten Adel angehörenden, auch Stifts- und landtagsfähigen Familie!
ihrer Ehe mit dem Grafen Friedrich Ernst zur Lippe-Alverdissen ist also "eine
rechtlich fehlerfreie, suceessionsfähige Nachkommenschaft entsprossen." Auf die Nach/
kommenschaft aus der Ehe der Modeste von Unruh mit dem Grafen Wilhelm Errp
zur Lippe-Biesterfeld trifft dies nach der Feststellung des Landgerichts Detmold
nicht zu.¬

Ist es also richtig, daß durch den Dresdner Schiedsspruch der Lippesche Erv
folgestreit nicht endgiltig erledigt ist, daß seine Erledigung vielmehr erst nach dem
Ableben des Grafregenten Ernst durch den Bundesrat erfolgen kann, so wird d-e
Entscheidung über die Thronfolgefähigkeit der Linie Lippe-Biesterfeld davon av-


LNaßgebliches und Ünmaßgebliches

nicht Vorliege; 3. daß durch diesen Beschluß einer spätern Entscheidung über die
Wirksamkeit der Akte der Lippeschen Landesgesetzgebung gegenüber den von Schaum¬
burg-Lippe erhabnen Thronfolge- und Regentschaftsansprücheu nicht vorgegriffen
werde; 4. daß auf eine Würdigung aller weitern an den Bundesrat gelangten
Anträge, Erklärungen und Schriftsähe nicht einzugehn sei.

Hieraus geht hervor, daß auch nach der Auffassung des Bundesrath der
Lippesche Thronfolgestreit durch den Dresdner Schiedsspruch keineswegs endgiltig
erledigt ist. In dem Augenblick, wo der Grafregent Ernst die Augen schließt,
wird vielmehr die ganze Streitfrage wieder aufgerollt und dann durch den Bundes¬
rat zur Erledigung gebracht werden.

Inzwischen sind nun Umstände bekannt geworden, die die Thrvnfolgefähigkeit
der Linie Lippe-Biesterfeld überhaupt in Frage stellen.

Das Dresdner Schiedsgericht war auf Grund freier Beweisführung zu der
Überzeugung von der adlichen Abkunft der Modeste von Unruh, der Stammmutter
der gräflichen Linie Lippe-Biesterfeld, gekommen und damit zu der Ansicht von der
Agnatenqualitlit der Nachkommen aus der Ehe dieser Modeste von Unruh mit dem
Grafen Wilhelm Ernst zur Lippe-Biesterfeld, da zur Ebenbürtigkeit im Hause Lippe
nur einfacher, niederer Adel notwendig sei. Das Landgericht Detmold hat nun
aber bei der Prüfung einer gegen den Grafregenten Ernst erhobnen Klage ans
Aberkennung der Zugehörigkeit zur hochadlichen Lippeschen Familie, auf Aberkennung
des Rechts zur Führung des Gräflich Lippeschen Wappens usw. auf Grund von
Umständen, die dem Dresdner Schiedsgericht zum größten Teil unbekannt waren,
die Überzeugung gewonnen, daß Modeste von Unruh nicht adlicher Herkunft gewesen
ist, die Nachkommen aus ihrer Ehe mit dem Grafen Wilhelm Ernst zur Lippe-
Biesterfeld die Agnatenqnalität also nicht haben. Das Detmolder Landgericht hat
nun zwar am 10. Juni 1903 die Klage abgewiesen, weil dem Grafregenten der
Dresdner Schiedsspruch und ein Lippesches Landesgesetz, das das Ergebnis des
Schiedsspruchs mit gesetzlicher Kraft versieht, zur Seite steh», in der Begründung
des Urteils wird aber mit dürren Worten ausgesprochen, daß der Schiedsspruch
in bezug auf die tatsächliche Feststellung, der General Karl Philipp von Unruh
und seine Tochter Modeste von Unruh hätten dem niedern Adel angehört, geirrt
habe, daß somit Modeste von Unruh nicht einmal dem Ebenbürtigkeitserfordernis,
das der Schiedsspruch selbst als Mindesterfordernis bezeichnet hatte, nämlich eben
des niedern Adels, genügt, und daß somit der Klage hätte stattgegeben werden
müssen, wenn der Schiedsspruch und das dessen Ergebnis mit gesetzlicher Kraft
versehende Lippesche Landesgesetz nicht vorhanden wären.

Mit dieser eingehend begründeten Feststellung des Landgerichts Detmold wird
alles das hinfällig, was Professor Dr. Anschütz in seiner Schrift „Der Fall Friesen¬
hausen" ausführt, um darzutun, daß die Ebenbürtigkeit der gräflichen Linie Lippe-
Viesterfeld und des fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe, soweit sie für die
Thronfolgefähigkeit im Fürstentum Lippe in Frage kommt, durchaus auf derselbe»
Stufe stehe. Die Stammmutter des fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe, Philippine
Elisabeth geborne von Friesenhausen, Gemahlin des Grafen Friedrich Ernst
Lippe-Alverdissen, entstammte einer unstreitig dem niedern alten, wenngleich ein¬
fachen oder untitulierten Adel angehörenden, auch Stifts- und landtagsfähigen Familie!
ihrer Ehe mit dem Grafen Friedrich Ernst zur Lippe-Alverdissen ist also „eine
rechtlich fehlerfreie, suceessionsfähige Nachkommenschaft entsprossen." Auf die Nach/
kommenschaft aus der Ehe der Modeste von Unruh mit dem Grafen Wilhelm Errp
zur Lippe-Biesterfeld trifft dies nach der Feststellung des Landgerichts Detmold
nicht zu.¬

Ist es also richtig, daß durch den Dresdner Schiedsspruch der Lippesche Erv
folgestreit nicht endgiltig erledigt ist, daß seine Erledigung vielmehr erst nach dem
Ableben des Grafregenten Ernst durch den Bundesrat erfolgen kann, so wird d-e
Entscheidung über die Thronfolgefähigkeit der Linie Lippe-Biesterfeld davon av-


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[0732] LNaßgebliches und Ünmaßgebliches nicht Vorliege; 3. daß durch diesen Beschluß einer spätern Entscheidung über die Wirksamkeit der Akte der Lippeschen Landesgesetzgebung gegenüber den von Schaum¬ burg-Lippe erhabnen Thronfolge- und Regentschaftsansprücheu nicht vorgegriffen werde; 4. daß auf eine Würdigung aller weitern an den Bundesrat gelangten Anträge, Erklärungen und Schriftsähe nicht einzugehn sei. Hieraus geht hervor, daß auch nach der Auffassung des Bundesrath der Lippesche Thronfolgestreit durch den Dresdner Schiedsspruch keineswegs endgiltig erledigt ist. In dem Augenblick, wo der Grafregent Ernst die Augen schließt, wird vielmehr die ganze Streitfrage wieder aufgerollt und dann durch den Bundes¬ rat zur Erledigung gebracht werden. Inzwischen sind nun Umstände bekannt geworden, die die Thrvnfolgefähigkeit der Linie Lippe-Biesterfeld überhaupt in Frage stellen. Das Dresdner Schiedsgericht war auf Grund freier Beweisführung zu der Überzeugung von der adlichen Abkunft der Modeste von Unruh, der Stammmutter der gräflichen Linie Lippe-Biesterfeld, gekommen und damit zu der Ansicht von der Agnatenqualitlit der Nachkommen aus der Ehe dieser Modeste von Unruh mit dem Grafen Wilhelm Ernst zur Lippe-Biesterfeld, da zur Ebenbürtigkeit im Hause Lippe nur einfacher, niederer Adel notwendig sei. Das Landgericht Detmold hat nun aber bei der Prüfung einer gegen den Grafregenten Ernst erhobnen Klage ans Aberkennung der Zugehörigkeit zur hochadlichen Lippeschen Familie, auf Aberkennung des Rechts zur Führung des Gräflich Lippeschen Wappens usw. auf Grund von Umständen, die dem Dresdner Schiedsgericht zum größten Teil unbekannt waren, die Überzeugung gewonnen, daß Modeste von Unruh nicht adlicher Herkunft gewesen ist, die Nachkommen aus ihrer Ehe mit dem Grafen Wilhelm Ernst zur Lippe- Biesterfeld die Agnatenqnalität also nicht haben. Das Detmolder Landgericht hat nun zwar am 10. Juni 1903 die Klage abgewiesen, weil dem Grafregenten der Dresdner Schiedsspruch und ein Lippesches Landesgesetz, das das Ergebnis des Schiedsspruchs mit gesetzlicher Kraft versieht, zur Seite steh», in der Begründung des Urteils wird aber mit dürren Worten ausgesprochen, daß der Schiedsspruch in bezug auf die tatsächliche Feststellung, der General Karl Philipp von Unruh und seine Tochter Modeste von Unruh hätten dem niedern Adel angehört, geirrt habe, daß somit Modeste von Unruh nicht einmal dem Ebenbürtigkeitserfordernis, das der Schiedsspruch selbst als Mindesterfordernis bezeichnet hatte, nämlich eben des niedern Adels, genügt, und daß somit der Klage hätte stattgegeben werden müssen, wenn der Schiedsspruch und das dessen Ergebnis mit gesetzlicher Kraft versehende Lippesche Landesgesetz nicht vorhanden wären. Mit dieser eingehend begründeten Feststellung des Landgerichts Detmold wird alles das hinfällig, was Professor Dr. Anschütz in seiner Schrift „Der Fall Friesen¬ hausen" ausführt, um darzutun, daß die Ebenbürtigkeit der gräflichen Linie Lippe- Viesterfeld und des fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe, soweit sie für die Thronfolgefähigkeit im Fürstentum Lippe in Frage kommt, durchaus auf derselbe» Stufe stehe. Die Stammmutter des fürstlichen Hauses Schaumburg-Lippe, Philippine Elisabeth geborne von Friesenhausen, Gemahlin des Grafen Friedrich Ernst Lippe-Alverdissen, entstammte einer unstreitig dem niedern alten, wenngleich ein¬ fachen oder untitulierten Adel angehörenden, auch Stifts- und landtagsfähigen Familie! ihrer Ehe mit dem Grafen Friedrich Ernst zur Lippe-Alverdissen ist also „eine rechtlich fehlerfreie, suceessionsfähige Nachkommenschaft entsprossen." Auf die Nach/ kommenschaft aus der Ehe der Modeste von Unruh mit dem Grafen Wilhelm Errp zur Lippe-Biesterfeld trifft dies nach der Feststellung des Landgerichts Detmold nicht zu.¬ Ist es also richtig, daß durch den Dresdner Schiedsspruch der Lippesche Erv folgestreit nicht endgiltig erledigt ist, daß seine Erledigung vielmehr erst nach dem Ableben des Grafregenten Ernst durch den Bundesrat erfolgen kann, so wird d-e Entscheidung über die Thronfolgefähigkeit der Linie Lippe-Biesterfeld davon av-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/732>, abgerufen am 23.07.2024.