Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

burgischcn Truppen wiederholt an den großen Herbstmanövern der Garde und des
dritten Armeekorps, auch an den großen Kavallerieübungen bei Berlin unter
Wrangels Kommando teil. Sie waren auch in Berlin einquartiert, und die ältern
Berliner erinnern sich noch sehr Wohl der damaligen stattlichen schweren mecklen¬
burgischen Dragoner, mit Kürassierhelmen und -Pallasch ausgerüstet, und ihres
vorzüglichen aber schweren Pferdeschlages. Im Sinne dieser alten Beziehungen
hat Mecklenburg-Schwerin im Jahre 1866 treu und fest zu Preußen gestanden,
Großherzog Friedrich Franz der Zweite meldete sich in den ernsten Mittagsstunden
des 3. Juli auf dem Noskosberge bei König Wilhelm, der ihm das nie vergessen
hat, wurde fo Zeuge des Sieges von Königgrätz, und noch vom 3. Juli datiert
der Befehl, der ihn mit dem Kommando eines bei Leipzig zu formierenden
Neservekorps betraute. Im Siebziger Kriege war er dann bekanntlich Führer einer
Armeeabteilnng. In der Nacht nach Königgrätz hatte Bismarck anfangs kein andres
Nachtlager als das Straßenpflaster des Laubenganges von Horitz, ohne Stroh, mir
ein Wageukisseu unter dem Kopf. So fand ihn der Großherzog und nahm ihn
mit sich auf sein Zimmer, das er mich noch mit dem Prinzen Neuß und zwei
Adjutanten teilte. Ein hübscher Zug von kameradschaftlicher Gesinnung. Bismarck
berichtet darüber in einem Briefe an seine Gattin vom 11. Juli 1866. Der
Vater des jetzigen Großherzogs war als junger Prinz 1870 im königlichen Haupt-
quartier. Bismarck bezeichnete ihn gelegentlich in einem Tischgespräche als "einen
liebenswürdigen und angenehmen jungen Herrn." In der Nacht nach Gravelotte
hatte er mit dem Bundeskanzler und dem amerikanischen General Sheridan das
Iimmer geteilt.

In diesen treu nationalen Gesinnungen ist auch der jetzige Großherzog auf¬
gewachsen, seine Vermählung mit einer Prinzessin des Hauses Cumberland tut dem
keinen Eintrag. Die junge Großherzogin ist sowohl in Berlin wie in Altona gleich
tief in den Mittelpunkt der im Reiche wirksamen Kräfte hineingetaucht, ist von.
Kaiserpaare äußerst herzlich aufgenommen, in die enge traditionelle Verbindung des
mecklenburgischen Hauses zur preußischen Armee gebracht worden, kurzum ihr Ein¬
tritt in den deutscheu Reichsfürstenkreis hat sich unter den freundlichsten Auspizien
vollzogen. Der Besuch des Kaisers in Schwerin hat das von neuem bestätigt, der
Monarch hat uicht deu geringsten Anstoß daran genommen, daß der Kronprinz
durch seine Verlobung natürlich auch in enge verwandtschaftliche Beziehungen zu
der Großherzogin tritt. Was aber darüber hinaus in der Presse gefabelt worden
ist, in der welfischen wie in der nichtwelsischen, gehört in das Gebiet der Erfindung,
zumeist sogar in das einer recht plumpen. Wie zum Beispiel Zeitungen außerhalb
der Hundstagszeit drucken konnten, der Kaiser sei für die Idee gewonnen, dem
Herzog von Cumberland ein durch ehemalige hannoversche Gebietsteile vergrößertes
Braunschweig auszufolgen, ist geradezu unverständlich. An solches Zeug kann
doch kein Mensch glauben, der feine gesunden fünf Sinne beisammen hat. Sogar
für einen welfischen Fühler ist die Sache zu ungeschickt und zu dumm. Was sonst
noch welfische Blätter über das Thema des "Friedensschlusses" veröffentlicht haben,
gehört so sehr in das Rubrum der Absurditäten, daß darüber kein Wort weiter
verloren zu werden braucht; an sehr hoher Stelle sollen diese Leistungen der wel¬
fischen Druckerschwärze kurzweg als "Blech" charakterisiert worden sein. Zu einem
"Friedensschluß" fehlt, wie schon einmal an dieser Stelle hervorgehoben worden ist,
seit achtunddreißig Jahren das Objekt, und in der braunschweigischen Frage,
wenn man sie noch als offen gelten lassen will, wird ausschließlich das Reichs¬
inter es fe entscheiden. Im übrigen können die welfischen Faseleien, die niemand
ernst nimmt, die Freude an der Verlobung wie an der Wahl des Kronprinzen
nicht trüben, noch weniger haben sie die Deutschen abgehalten, dem jungen Herrn
und seiner fürstlichen Braut den reichsten Segen sür den fortan gemeinsamen Lebens¬
weg zu wünschen, der sich vor ihnen aufgetan hat.

In die nämliche Kategorie des höhern Blödsinns wie die oben gekennzeichneten


Grenzboten 111 1904
Maßgebliches und Unmaßgebliches

burgischcn Truppen wiederholt an den großen Herbstmanövern der Garde und des
dritten Armeekorps, auch an den großen Kavallerieübungen bei Berlin unter
Wrangels Kommando teil. Sie waren auch in Berlin einquartiert, und die ältern
Berliner erinnern sich noch sehr Wohl der damaligen stattlichen schweren mecklen¬
burgischen Dragoner, mit Kürassierhelmen und -Pallasch ausgerüstet, und ihres
vorzüglichen aber schweren Pferdeschlages. Im Sinne dieser alten Beziehungen
hat Mecklenburg-Schwerin im Jahre 1866 treu und fest zu Preußen gestanden,
Großherzog Friedrich Franz der Zweite meldete sich in den ernsten Mittagsstunden
des 3. Juli auf dem Noskosberge bei König Wilhelm, der ihm das nie vergessen
hat, wurde fo Zeuge des Sieges von Königgrätz, und noch vom 3. Juli datiert
der Befehl, der ihn mit dem Kommando eines bei Leipzig zu formierenden
Neservekorps betraute. Im Siebziger Kriege war er dann bekanntlich Führer einer
Armeeabteilnng. In der Nacht nach Königgrätz hatte Bismarck anfangs kein andres
Nachtlager als das Straßenpflaster des Laubenganges von Horitz, ohne Stroh, mir
ein Wageukisseu unter dem Kopf. So fand ihn der Großherzog und nahm ihn
mit sich auf sein Zimmer, das er mich noch mit dem Prinzen Neuß und zwei
Adjutanten teilte. Ein hübscher Zug von kameradschaftlicher Gesinnung. Bismarck
berichtet darüber in einem Briefe an seine Gattin vom 11. Juli 1866. Der
Vater des jetzigen Großherzogs war als junger Prinz 1870 im königlichen Haupt-
quartier. Bismarck bezeichnete ihn gelegentlich in einem Tischgespräche als „einen
liebenswürdigen und angenehmen jungen Herrn." In der Nacht nach Gravelotte
hatte er mit dem Bundeskanzler und dem amerikanischen General Sheridan das
Iimmer geteilt.

In diesen treu nationalen Gesinnungen ist auch der jetzige Großherzog auf¬
gewachsen, seine Vermählung mit einer Prinzessin des Hauses Cumberland tut dem
keinen Eintrag. Die junge Großherzogin ist sowohl in Berlin wie in Altona gleich
tief in den Mittelpunkt der im Reiche wirksamen Kräfte hineingetaucht, ist von.
Kaiserpaare äußerst herzlich aufgenommen, in die enge traditionelle Verbindung des
mecklenburgischen Hauses zur preußischen Armee gebracht worden, kurzum ihr Ein¬
tritt in den deutscheu Reichsfürstenkreis hat sich unter den freundlichsten Auspizien
vollzogen. Der Besuch des Kaisers in Schwerin hat das von neuem bestätigt, der
Monarch hat uicht deu geringsten Anstoß daran genommen, daß der Kronprinz
durch seine Verlobung natürlich auch in enge verwandtschaftliche Beziehungen zu
der Großherzogin tritt. Was aber darüber hinaus in der Presse gefabelt worden
ist, in der welfischen wie in der nichtwelsischen, gehört in das Gebiet der Erfindung,
zumeist sogar in das einer recht plumpen. Wie zum Beispiel Zeitungen außerhalb
der Hundstagszeit drucken konnten, der Kaiser sei für die Idee gewonnen, dem
Herzog von Cumberland ein durch ehemalige hannoversche Gebietsteile vergrößertes
Braunschweig auszufolgen, ist geradezu unverständlich. An solches Zeug kann
doch kein Mensch glauben, der feine gesunden fünf Sinne beisammen hat. Sogar
für einen welfischen Fühler ist die Sache zu ungeschickt und zu dumm. Was sonst
noch welfische Blätter über das Thema des „Friedensschlusses" veröffentlicht haben,
gehört so sehr in das Rubrum der Absurditäten, daß darüber kein Wort weiter
verloren zu werden braucht; an sehr hoher Stelle sollen diese Leistungen der wel¬
fischen Druckerschwärze kurzweg als „Blech" charakterisiert worden sein. Zu einem
„Friedensschluß" fehlt, wie schon einmal an dieser Stelle hervorgehoben worden ist,
seit achtunddreißig Jahren das Objekt, und in der braunschweigischen Frage,
wenn man sie noch als offen gelten lassen will, wird ausschließlich das Reichs¬
inter es fe entscheiden. Im übrigen können die welfischen Faseleien, die niemand
ernst nimmt, die Freude an der Verlobung wie an der Wahl des Kronprinzen
nicht trüben, noch weniger haben sie die Deutschen abgehalten, dem jungen Herrn
und seiner fürstlichen Braut den reichsten Segen sür den fortan gemeinsamen Lebens¬
weg zu wünschen, der sich vor ihnen aufgetan hat.

In die nämliche Kategorie des höhern Blödsinns wie die oben gekennzeichneten


Grenzboten 111 1904
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0673" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295090"/>
            <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_3300" prev="#ID_3299"> burgischcn Truppen wiederholt an den großen Herbstmanövern der Garde und des<lb/>
dritten Armeekorps, auch an den großen Kavallerieübungen bei Berlin unter<lb/>
Wrangels Kommando teil. Sie waren auch in Berlin einquartiert, und die ältern<lb/>
Berliner erinnern sich noch sehr Wohl der damaligen stattlichen schweren mecklen¬<lb/>
burgischen Dragoner, mit Kürassierhelmen und -Pallasch ausgerüstet, und ihres<lb/>
vorzüglichen aber schweren Pferdeschlages.  Im Sinne dieser alten Beziehungen<lb/>
hat Mecklenburg-Schwerin im Jahre 1866 treu und fest zu Preußen gestanden,<lb/>
Großherzog Friedrich Franz der Zweite meldete sich in den ernsten Mittagsstunden<lb/>
des 3. Juli auf dem Noskosberge bei König Wilhelm, der ihm das nie vergessen<lb/>
hat, wurde fo Zeuge des Sieges von Königgrätz, und noch vom 3. Juli datiert<lb/>
der Befehl, der ihn mit dem Kommando eines bei Leipzig zu formierenden<lb/>
Neservekorps betraute. Im Siebziger Kriege war er dann bekanntlich Führer einer<lb/>
Armeeabteilnng. In der Nacht nach Königgrätz hatte Bismarck anfangs kein andres<lb/>
Nachtlager als das Straßenpflaster des Laubenganges von Horitz, ohne Stroh, mir<lb/>
ein Wageukisseu unter dem Kopf.  So fand ihn der Großherzog und nahm ihn<lb/>
mit sich auf sein Zimmer, das er mich noch mit dem Prinzen Neuß und zwei<lb/>
Adjutanten teilte.  Ein hübscher Zug von kameradschaftlicher Gesinnung. Bismarck<lb/>
berichtet darüber in einem Briefe an seine Gattin vom 11. Juli 1866. Der<lb/>
Vater des jetzigen Großherzogs war als junger Prinz 1870 im königlichen Haupt-<lb/>
quartier.  Bismarck bezeichnete ihn gelegentlich in einem Tischgespräche als &#x201E;einen<lb/>
liebenswürdigen und angenehmen jungen Herrn."  In der Nacht nach Gravelotte<lb/>
hatte er mit dem Bundeskanzler und dem amerikanischen General Sheridan das<lb/>
Iimmer geteilt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_3301"> In diesen treu nationalen Gesinnungen ist auch der jetzige Großherzog auf¬<lb/>
gewachsen, seine Vermählung mit einer Prinzessin des Hauses Cumberland tut dem<lb/>
keinen Eintrag. Die junge Großherzogin ist sowohl in Berlin wie in Altona gleich<lb/>
tief in den Mittelpunkt der im Reiche wirksamen Kräfte hineingetaucht, ist von.<lb/>
Kaiserpaare äußerst herzlich aufgenommen, in die enge traditionelle Verbindung des<lb/>
mecklenburgischen Hauses zur preußischen Armee gebracht worden, kurzum ihr Ein¬<lb/>
tritt in den deutscheu Reichsfürstenkreis hat sich unter den freundlichsten Auspizien<lb/>
vollzogen. Der Besuch des Kaisers in Schwerin hat das von neuem bestätigt, der<lb/>
Monarch hat uicht deu geringsten Anstoß daran genommen, daß der Kronprinz<lb/>
durch seine Verlobung natürlich auch in enge verwandtschaftliche Beziehungen zu<lb/>
der Großherzogin tritt. Was aber darüber hinaus in der Presse gefabelt worden<lb/>
ist, in der welfischen wie in der nichtwelsischen, gehört in das Gebiet der Erfindung,<lb/>
zumeist sogar in das einer recht plumpen. Wie zum Beispiel Zeitungen außerhalb<lb/>
der Hundstagszeit drucken konnten, der Kaiser sei für die Idee gewonnen, dem<lb/>
Herzog von Cumberland ein durch ehemalige hannoversche Gebietsteile vergrößertes<lb/>
Braunschweig auszufolgen, ist geradezu unverständlich.  An solches Zeug kann<lb/>
doch kein Mensch glauben, der feine gesunden fünf Sinne beisammen hat. Sogar<lb/>
für einen welfischen Fühler ist die Sache zu ungeschickt und zu dumm. Was sonst<lb/>
noch welfische Blätter über das Thema des &#x201E;Friedensschlusses" veröffentlicht haben,<lb/>
gehört so sehr in das Rubrum der Absurditäten, daß darüber kein Wort weiter<lb/>
verloren zu werden braucht; an sehr hoher Stelle sollen diese Leistungen der wel¬<lb/>
fischen Druckerschwärze kurzweg als &#x201E;Blech" charakterisiert worden sein. Zu einem<lb/>
&#x201E;Friedensschluß" fehlt, wie schon einmal an dieser Stelle hervorgehoben worden ist,<lb/>
seit achtunddreißig Jahren das Objekt, und in der braunschweigischen Frage,<lb/>
wenn man sie noch als offen gelten lassen will, wird ausschließlich das Reichs¬<lb/>
inter es fe entscheiden.  Im übrigen können die welfischen Faseleien, die niemand<lb/>
ernst nimmt, die Freude an der Verlobung wie an der Wahl des Kronprinzen<lb/>
nicht trüben, noch weniger haben sie die Deutschen abgehalten, dem jungen Herrn<lb/>
und seiner fürstlichen Braut den reichsten Segen sür den fortan gemeinsamen Lebens¬<lb/>
weg zu wünschen, der sich vor ihnen aufgetan hat.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_3302" next="#ID_3303"> In die nämliche Kategorie des höhern Blödsinns wie die oben gekennzeichneten</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten 111 1904</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0673] Maßgebliches und Unmaßgebliches burgischcn Truppen wiederholt an den großen Herbstmanövern der Garde und des dritten Armeekorps, auch an den großen Kavallerieübungen bei Berlin unter Wrangels Kommando teil. Sie waren auch in Berlin einquartiert, und die ältern Berliner erinnern sich noch sehr Wohl der damaligen stattlichen schweren mecklen¬ burgischen Dragoner, mit Kürassierhelmen und -Pallasch ausgerüstet, und ihres vorzüglichen aber schweren Pferdeschlages. Im Sinne dieser alten Beziehungen hat Mecklenburg-Schwerin im Jahre 1866 treu und fest zu Preußen gestanden, Großherzog Friedrich Franz der Zweite meldete sich in den ernsten Mittagsstunden des 3. Juli auf dem Noskosberge bei König Wilhelm, der ihm das nie vergessen hat, wurde fo Zeuge des Sieges von Königgrätz, und noch vom 3. Juli datiert der Befehl, der ihn mit dem Kommando eines bei Leipzig zu formierenden Neservekorps betraute. Im Siebziger Kriege war er dann bekanntlich Führer einer Armeeabteilnng. In der Nacht nach Königgrätz hatte Bismarck anfangs kein andres Nachtlager als das Straßenpflaster des Laubenganges von Horitz, ohne Stroh, mir ein Wageukisseu unter dem Kopf. So fand ihn der Großherzog und nahm ihn mit sich auf sein Zimmer, das er mich noch mit dem Prinzen Neuß und zwei Adjutanten teilte. Ein hübscher Zug von kameradschaftlicher Gesinnung. Bismarck berichtet darüber in einem Briefe an seine Gattin vom 11. Juli 1866. Der Vater des jetzigen Großherzogs war als junger Prinz 1870 im königlichen Haupt- quartier. Bismarck bezeichnete ihn gelegentlich in einem Tischgespräche als „einen liebenswürdigen und angenehmen jungen Herrn." In der Nacht nach Gravelotte hatte er mit dem Bundeskanzler und dem amerikanischen General Sheridan das Iimmer geteilt. In diesen treu nationalen Gesinnungen ist auch der jetzige Großherzog auf¬ gewachsen, seine Vermählung mit einer Prinzessin des Hauses Cumberland tut dem keinen Eintrag. Die junge Großherzogin ist sowohl in Berlin wie in Altona gleich tief in den Mittelpunkt der im Reiche wirksamen Kräfte hineingetaucht, ist von. Kaiserpaare äußerst herzlich aufgenommen, in die enge traditionelle Verbindung des mecklenburgischen Hauses zur preußischen Armee gebracht worden, kurzum ihr Ein¬ tritt in den deutscheu Reichsfürstenkreis hat sich unter den freundlichsten Auspizien vollzogen. Der Besuch des Kaisers in Schwerin hat das von neuem bestätigt, der Monarch hat uicht deu geringsten Anstoß daran genommen, daß der Kronprinz durch seine Verlobung natürlich auch in enge verwandtschaftliche Beziehungen zu der Großherzogin tritt. Was aber darüber hinaus in der Presse gefabelt worden ist, in der welfischen wie in der nichtwelsischen, gehört in das Gebiet der Erfindung, zumeist sogar in das einer recht plumpen. Wie zum Beispiel Zeitungen außerhalb der Hundstagszeit drucken konnten, der Kaiser sei für die Idee gewonnen, dem Herzog von Cumberland ein durch ehemalige hannoversche Gebietsteile vergrößertes Braunschweig auszufolgen, ist geradezu unverständlich. An solches Zeug kann doch kein Mensch glauben, der feine gesunden fünf Sinne beisammen hat. Sogar für einen welfischen Fühler ist die Sache zu ungeschickt und zu dumm. Was sonst noch welfische Blätter über das Thema des „Friedensschlusses" veröffentlicht haben, gehört so sehr in das Rubrum der Absurditäten, daß darüber kein Wort weiter verloren zu werden braucht; an sehr hoher Stelle sollen diese Leistungen der wel¬ fischen Druckerschwärze kurzweg als „Blech" charakterisiert worden sein. Zu einem „Friedensschluß" fehlt, wie schon einmal an dieser Stelle hervorgehoben worden ist, seit achtunddreißig Jahren das Objekt, und in der braunschweigischen Frage, wenn man sie noch als offen gelten lassen will, wird ausschließlich das Reichs¬ inter es fe entscheiden. Im übrigen können die welfischen Faseleien, die niemand ernst nimmt, die Freude an der Verlobung wie an der Wahl des Kronprinzen nicht trüben, noch weniger haben sie die Deutschen abgehalten, dem jungen Herrn und seiner fürstlichen Braut den reichsten Segen sür den fortan gemeinsamen Lebens¬ weg zu wünschen, der sich vor ihnen aufgetan hat. In die nämliche Kategorie des höhern Blödsinns wie die oben gekennzeichneten Grenzboten 111 1904

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/673
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/673>, abgerufen am 23.07.2024.