Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.Nie private ^euerversichermlg Vielleicht sogar 6 Promille gefordert haben. Es gesellt sich also in diese"! Ver¬ Was endlich die Klagen der Industrie über zu hohe Prämien anlangt, Berichte des Zeiitralverbandes deutscher Industrieller, Auqust 18S2.
Nie private ^euerversichermlg Vielleicht sogar 6 Promille gefordert haben. Es gesellt sich also in diese»! Ver¬ Was endlich die Klagen der Industrie über zu hohe Prämien anlangt, Berichte des Zeiitralverbandes deutscher Industrieller, Auqust 18S2.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0631" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295048"/> <fw type="header" place="top"> Nie private ^euerversichermlg</fw><lb/> <p xml:id="ID_2921" prev="#ID_2920"> Vielleicht sogar 6 Promille gefordert haben. Es gesellt sich also in diese»! Ver¬<lb/> fahren der öffentlichen Anstalten zu einer Dosis Staatssozialismus auch ein<lb/> starres Stück Agrariertum, lind man begreift das Interesse der rechtsstehenden<lb/> Politischen Parteien an der Erhaltung der Sozietäten und ihrer Ausnahme¬<lb/> stellung. Aber die Sache hat auch ihre Kehrseite; denn abgesehen davon, das;<lb/> dieses Verfahren der gleichen Beitragsbemessung eigentlich eine Prämiieruug<lb/> der „baulichen Niickständigkeit" enthält, verwickelt es, indem es die Lasten eines<lb/> Zweiges der Lnndwirtschaft durch andre Zweige mittragen läßt, immer mehr<lb/> die Rentalnlitätsrechnuug und hat, wie es zum Beispiel in analoger Weise<lb/> infolge der Lasten der sozialen Versicherungsgesetzgebuug immer mehr zutage<lb/> tritt, eine zunehmende Unklarheit über die tatsächliche Höhe der Produktions¬<lb/> kosten zur Folge. Dagegen scheint das Bestreben der Privatgesellschaften, jedes<lb/> Risiko nach seiner Eigentümlichkeit zu erfassen und nur mit dem Prümien-<lb/> betrage zu belasten, der dieser Eigentümlichkeit entspricht, dem Grundsatz wirt¬<lb/> schaftlicher Gerechtigkeit angemessener zu sein, und es dürfte in ihm auch ein<lb/> nicht zu unterschätzender Antrieb zu Verbesserungen in bezug auf die Bauart<lb/> der Gebäude wie auch zur Beschaffung von Abwehrmitteln gegen Feuersgefahr,<lb/> wie Wasserleitung, Feuerwehr, Sprinklereinrichtungen usw., liegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2922" next="#ID_2923"> Was endlich die Klagen der Industrie über zu hohe Prämien anlangt,<lb/> so würde es hier zu weit führen, deren Berechtigung zu untersuchen oder viel¬<lb/> mehr — denn das würde das Ergebnis der Untersuchung sein — ihre Nicht-<lb/> berechtigung nachzuweisen. Es genügt hier, darauf hinzuweisen, daß die deutsche<lb/> Industrie den Feuerversicherungsgesellschaften in dem letzten Jahrzehnt des<lb/> vorigen Jahrhunderts so schwere Verluste gebracht hat, daß die Rückversicherer<lb/> einfach erklärten, nicht mehr mitspielen zu wollen, und nur durch die Zusage<lb/> schleimiger Prümicnerhvhung von der Ausführung ihres Entschlusses abgebracht<lb/> werden konnten. Hätten sich die Rückversicherer der deutschen Gesellschaften in<lb/> der Tat zurückgezogen, so wäre dadurch die volle Deckung vieler industrieller<lb/> Risiken in Frage gestellt und geradezu eine öffentliche Kalamität hervorgerufen<lb/> worden. Im Jahre 1899 brachte die Industrie den privaten Versicherungs¬<lb/> gesellschaften wiederum Schäden im Betrage von fast 100 Prozent der Prämie.<lb/> Da die Kosten etwa 30 Prozent betragen und die Gesamtindustrie'Deutschlands<lb/> (ohne die Zuckerfabriken) den Privatgesellschaften etwa 40 bis 45 Millionen<lb/> Mark Prämie einbrachte, bedeutete ihnen dieses Jahr einen Reinverlnst von<lb/> wehr als 12 Millionen Mark aus der Industrie. So konnte es doch unmög-<lb/> lich weitergehn, und es blieb den Gesellschaften nichts übrig, als durch eine<lb/> gemeinschaftliche Tarifabmachuug die Prämie» für gewisse besonders verlust¬<lb/> bringende Industriezweige festzusetzen und bei dieser Festsetzung zu erhöhen.<lb/> Natürlich rief das einen Sturm der Entrüstung hervor; aber die Prämien¬<lb/> erhöhung war nicht zu umgehn, und ihre Notwendigkeit ist auch von den Ver¬<lb/> treter» der Industrie in den überaus interessanten Verhandlungen, die zwischen<lb/> dem „Zentralverband deutscher Industrieller" und der „Vereinigung der in<lb/> Deutschland arbeitenden Privat-Feuerversicherungs-Gesellschafteii" Eude Mai<lb/> 1902 stattgefunden haben, größtenteils anerkannt worden.*) Übrigens ist es</p><lb/> <note xml:id="FID_79" place="foot"> Berichte des Zeiitralverbandes deutscher Industrieller, Auqust 18S2.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0631]
Nie private ^euerversichermlg
Vielleicht sogar 6 Promille gefordert haben. Es gesellt sich also in diese»! Ver¬
fahren der öffentlichen Anstalten zu einer Dosis Staatssozialismus auch ein
starres Stück Agrariertum, lind man begreift das Interesse der rechtsstehenden
Politischen Parteien an der Erhaltung der Sozietäten und ihrer Ausnahme¬
stellung. Aber die Sache hat auch ihre Kehrseite; denn abgesehen davon, das;
dieses Verfahren der gleichen Beitragsbemessung eigentlich eine Prämiieruug
der „baulichen Niickständigkeit" enthält, verwickelt es, indem es die Lasten eines
Zweiges der Lnndwirtschaft durch andre Zweige mittragen läßt, immer mehr
die Rentalnlitätsrechnuug und hat, wie es zum Beispiel in analoger Weise
infolge der Lasten der sozialen Versicherungsgesetzgebuug immer mehr zutage
tritt, eine zunehmende Unklarheit über die tatsächliche Höhe der Produktions¬
kosten zur Folge. Dagegen scheint das Bestreben der Privatgesellschaften, jedes
Risiko nach seiner Eigentümlichkeit zu erfassen und nur mit dem Prümien-
betrage zu belasten, der dieser Eigentümlichkeit entspricht, dem Grundsatz wirt¬
schaftlicher Gerechtigkeit angemessener zu sein, und es dürfte in ihm auch ein
nicht zu unterschätzender Antrieb zu Verbesserungen in bezug auf die Bauart
der Gebäude wie auch zur Beschaffung von Abwehrmitteln gegen Feuersgefahr,
wie Wasserleitung, Feuerwehr, Sprinklereinrichtungen usw., liegen.
Was endlich die Klagen der Industrie über zu hohe Prämien anlangt,
so würde es hier zu weit führen, deren Berechtigung zu untersuchen oder viel¬
mehr — denn das würde das Ergebnis der Untersuchung sein — ihre Nicht-
berechtigung nachzuweisen. Es genügt hier, darauf hinzuweisen, daß die deutsche
Industrie den Feuerversicherungsgesellschaften in dem letzten Jahrzehnt des
vorigen Jahrhunderts so schwere Verluste gebracht hat, daß die Rückversicherer
einfach erklärten, nicht mehr mitspielen zu wollen, und nur durch die Zusage
schleimiger Prümicnerhvhung von der Ausführung ihres Entschlusses abgebracht
werden konnten. Hätten sich die Rückversicherer der deutschen Gesellschaften in
der Tat zurückgezogen, so wäre dadurch die volle Deckung vieler industrieller
Risiken in Frage gestellt und geradezu eine öffentliche Kalamität hervorgerufen
worden. Im Jahre 1899 brachte die Industrie den privaten Versicherungs¬
gesellschaften wiederum Schäden im Betrage von fast 100 Prozent der Prämie.
Da die Kosten etwa 30 Prozent betragen und die Gesamtindustrie'Deutschlands
(ohne die Zuckerfabriken) den Privatgesellschaften etwa 40 bis 45 Millionen
Mark Prämie einbrachte, bedeutete ihnen dieses Jahr einen Reinverlnst von
wehr als 12 Millionen Mark aus der Industrie. So konnte es doch unmög-
lich weitergehn, und es blieb den Gesellschaften nichts übrig, als durch eine
gemeinschaftliche Tarifabmachuug die Prämie» für gewisse besonders verlust¬
bringende Industriezweige festzusetzen und bei dieser Festsetzung zu erhöhen.
Natürlich rief das einen Sturm der Entrüstung hervor; aber die Prämien¬
erhöhung war nicht zu umgehn, und ihre Notwendigkeit ist auch von den Ver¬
treter» der Industrie in den überaus interessanten Verhandlungen, die zwischen
dem „Zentralverband deutscher Industrieller" und der „Vereinigung der in
Deutschland arbeitenden Privat-Feuerversicherungs-Gesellschafteii" Eude Mai
1902 stattgefunden haben, größtenteils anerkannt worden.*) Übrigens ist es
Berichte des Zeiitralverbandes deutscher Industrieller, Auqust 18S2.
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