Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr."Ödland und Landeskultur im Herzogtum (Oldenburg Worden. Da, wo noch nicht Kanäle eine vollkommne Entwässerung und Ab- Besonders günstig haben sich die Moorkolonien an den Marschränderu Während bei den Fehnkolonien in der ersten Zeit, etwa für dreißig bis Ein Grundsatz unsrer heimischen Kolonisation ist von jeher der gewesen, «Ödland und Landeskultur im Herzogtum (Oldenburg Worden. Da, wo noch nicht Kanäle eine vollkommne Entwässerung und Ab- Besonders günstig haben sich die Moorkolonien an den Marschränderu Während bei den Fehnkolonien in der ersten Zeit, etwa für dreißig bis Ein Grundsatz unsrer heimischen Kolonisation ist von jeher der gewesen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0209" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/294626"/> <fw type="header" place="top"> «Ödland und Landeskultur im Herzogtum (Oldenburg</fw><lb/> <p xml:id="ID_832" prev="#ID_831"> Worden. Da, wo noch nicht Kanäle eine vollkommne Entwässerung und Ab-<lb/> torfung erlauben, vielmehr nur eine mäßige Entwässerung möglich ist, und der<lb/> Torfabsatz nicht durch eben diese Wasserwege erleichtert wird, da hat man sich<lb/> von jeher vorwiegend auf Hochmoorkultur angewiesen gesehen und diese unter<lb/> Benutzung der altbekannten Düngemittel auch mit Erfolg betrieben. Jedoch ist<lb/> man hierzulande auch in dieser Beziehung immer vorsichtig gewesen und hat<lb/> Kolonien dieser Art regelmüßig doch nur in solchen Gegenden angelegt, wo<lb/> entweder die Nähe der Marsch oder die Nähe der Stadt doch einen gewissen<lb/> Torfabsatz und auch verhältnismüßig günstigen Düngerbezug ermöglicht. Und<lb/> wo man durch besondre Umstünde dazu geführt wurde, ohne solche vorteilhafte<lb/> natürliche Bedingungen Kolonien anzulegen, da ists den Kolonisten meist in<lb/> der ersten Zeit auch schlecht genug ergangen, und ihre Lage hat sich erst ge¬<lb/> bessert, nachdem man ihnen in nutzbarer Nähe Grünland hergerichtet und zur<lb/> Verfügung gestellt hat, um eine bessere Viehhaltung und damit gesteigerte<lb/> Düngerproduktion zu ermöglichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_833"> Besonders günstig haben sich die Moorkolonien an den Marschränderu<lb/> entwickelt, wo die brennstoffarme Marsch nahen Torfabsatz gewährte, und man<lb/> bald dazu kam, den kalkhaltigen Marschboden ebensowohl auf dem hohen<lb/> wie auf dem abgetorften Moor — Untergrund — als außerordentlich wirk¬<lb/> sames Düngemittel zu nutzen, und zwar vielfach, indem man, nach dem Vorbilde<lb/> des „Wühlens" in der Marsch, den Kiel aus dem Untergrunde des Moores<lb/> „überzuschießen" lernte. Bei abgebauten Mooren hat man dazu eigens kon¬<lb/> struierte Kuhlmaschinen mit Erfolg verwandt.</p><lb/> <p xml:id="ID_834"> Während bei den Fehnkolonien in der ersten Zeit, etwa für dreißig bis<lb/> vierzig Jahre, der Torfabsatz dem Kolonisten das ökonomische Rückgrat gibt,<lb/> und der landwirtschaftliche Betrieb erst allmählich und in vollem Umfang erst<lb/> «ach Vollendung der Abtvrfungsperiode Bedeutung gewinnt, ist bei den Kolonien,<lb/> die nicht an schiffbaren Kannten angelegt sind, von Anfang an und dauernd<lb/> der landwirtschaftliche Betrieb die Grundlage für ihre wirtschaftliche Existenz.</p><lb/> <p xml:id="ID_835" next="#ID_836"> Ein Grundsatz unsrer heimischen Kolonisation ist von jeher der gewesen,<lb/> daß nur der Staat selbst als Unternehmer auftritt. Das versteht sich keines¬<lb/> wegs ohne weiteres von selbst. In Holland waren es Städte und Kom¬<lb/> pagnien, im Emsgebiet ein Großgrundbesitzer, in Ostfriesland ebenfalls Kom¬<lb/> pagnien und Aktiengesellschaften, die die bedeutendsten Fehnkolonien geschaffen<lb/> haben. Man kann anch nicht sagen, daß es notwendig im Zuge der modernen<lb/> 'seit liege, auf diesem Gebiet die Unternehmungslust und Fähigkeit des Privat-<lb/> kapitals auszuschließen. Zum Beispiel spricht sich Hugenberg in seinem aus¬<lb/> gezeichneten Werke: Innere Kolonisation im Nordwesten Deutschlands (S. 408,<lb/> ^ ff.) entschieden für dessen Zulassung und Heranziehung aus. Auch in<lb/> Preußen operiert man noch neuerdings mit Genossenschaften nach dem Gesetz<lb/> ^olu 1. UpM 187L. Aber auch Hugenberg erkennt an (a. a. O,, S. 411), daß<lb/> ^ fiskalischen Mooren der Staat schon deshalb der gegebne Kolonisator ist,<lb/> weil er seinen Kolonisten nicht den vollen Marktwert dieses überkommnen, bisher<lb/> Ziemlich ertraglosen Bodenbesitzes in Rechnung zu stellen braucht. Weiter dürfte<lb/> ^ aber auch kaum zu bestreiten sein, daß der Staat bei unsern kleinen Ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0209]
«Ödland und Landeskultur im Herzogtum (Oldenburg
Worden. Da, wo noch nicht Kanäle eine vollkommne Entwässerung und Ab-
torfung erlauben, vielmehr nur eine mäßige Entwässerung möglich ist, und der
Torfabsatz nicht durch eben diese Wasserwege erleichtert wird, da hat man sich
von jeher vorwiegend auf Hochmoorkultur angewiesen gesehen und diese unter
Benutzung der altbekannten Düngemittel auch mit Erfolg betrieben. Jedoch ist
man hierzulande auch in dieser Beziehung immer vorsichtig gewesen und hat
Kolonien dieser Art regelmüßig doch nur in solchen Gegenden angelegt, wo
entweder die Nähe der Marsch oder die Nähe der Stadt doch einen gewissen
Torfabsatz und auch verhältnismüßig günstigen Düngerbezug ermöglicht. Und
wo man durch besondre Umstünde dazu geführt wurde, ohne solche vorteilhafte
natürliche Bedingungen Kolonien anzulegen, da ists den Kolonisten meist in
der ersten Zeit auch schlecht genug ergangen, und ihre Lage hat sich erst ge¬
bessert, nachdem man ihnen in nutzbarer Nähe Grünland hergerichtet und zur
Verfügung gestellt hat, um eine bessere Viehhaltung und damit gesteigerte
Düngerproduktion zu ermöglichen.
Besonders günstig haben sich die Moorkolonien an den Marschränderu
entwickelt, wo die brennstoffarme Marsch nahen Torfabsatz gewährte, und man
bald dazu kam, den kalkhaltigen Marschboden ebensowohl auf dem hohen
wie auf dem abgetorften Moor — Untergrund — als außerordentlich wirk¬
sames Düngemittel zu nutzen, und zwar vielfach, indem man, nach dem Vorbilde
des „Wühlens" in der Marsch, den Kiel aus dem Untergrunde des Moores
„überzuschießen" lernte. Bei abgebauten Mooren hat man dazu eigens kon¬
struierte Kuhlmaschinen mit Erfolg verwandt.
Während bei den Fehnkolonien in der ersten Zeit, etwa für dreißig bis
vierzig Jahre, der Torfabsatz dem Kolonisten das ökonomische Rückgrat gibt,
und der landwirtschaftliche Betrieb erst allmählich und in vollem Umfang erst
«ach Vollendung der Abtvrfungsperiode Bedeutung gewinnt, ist bei den Kolonien,
die nicht an schiffbaren Kannten angelegt sind, von Anfang an und dauernd
der landwirtschaftliche Betrieb die Grundlage für ihre wirtschaftliche Existenz.
Ein Grundsatz unsrer heimischen Kolonisation ist von jeher der gewesen,
daß nur der Staat selbst als Unternehmer auftritt. Das versteht sich keines¬
wegs ohne weiteres von selbst. In Holland waren es Städte und Kom¬
pagnien, im Emsgebiet ein Großgrundbesitzer, in Ostfriesland ebenfalls Kom¬
pagnien und Aktiengesellschaften, die die bedeutendsten Fehnkolonien geschaffen
haben. Man kann anch nicht sagen, daß es notwendig im Zuge der modernen
'seit liege, auf diesem Gebiet die Unternehmungslust und Fähigkeit des Privat-
kapitals auszuschließen. Zum Beispiel spricht sich Hugenberg in seinem aus¬
gezeichneten Werke: Innere Kolonisation im Nordwesten Deutschlands (S. 408,
^ ff.) entschieden für dessen Zulassung und Heranziehung aus. Auch in
Preußen operiert man noch neuerdings mit Genossenschaften nach dem Gesetz
^olu 1. UpM 187L. Aber auch Hugenberg erkennt an (a. a. O,, S. 411), daß
^ fiskalischen Mooren der Staat schon deshalb der gegebne Kolonisator ist,
weil er seinen Kolonisten nicht den vollen Marktwert dieses überkommnen, bisher
Ziemlich ertraglosen Bodenbesitzes in Rechnung zu stellen braucht. Weiter dürfte
^ aber auch kaum zu bestreiten sein, daß der Staat bei unsern kleinen Ver-
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