Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.Der Hamburger Handel Ganz andrer Art sind die Einflüsse, mit denen der Importeur zu rechnen Der Terminhandel in Hamburg ist keineswegs auf die vier Produkte: Kaffee, Auch auf den Frachtenmarkt hat die Spekulation übergegriffen. Der Der Hamburger Handel Ganz andrer Art sind die Einflüsse, mit denen der Importeur zu rechnen Der Terminhandel in Hamburg ist keineswegs auf die vier Produkte: Kaffee, Auch auf den Frachtenmarkt hat die Spekulation übergegriffen. Der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0087" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/293706"/> <fw type="header" place="top"> Der Hamburger Handel</fw><lb/> <p xml:id="ID_280"> Ganz andrer Art sind die Einflüsse, mit denen der Importeur zu rechnen<lb/> hat. Hier hat die Spezialisierung der Einfuhrprodnkte die sogenannten Kon¬<lb/> junkturschwankungen hervorgerufen, die unberechenbar sind, weil der Importeur<lb/> beim Einkauf nicht wissen kann, wie sich der Verkauf gestalten wird, oder mit<lb/> andern Worten: weil er Angebot und Nachfrage trotz mancherlei statistischer<lb/> Aufstellungen und Ernteschätzungen nicht im voraus berechnen kann. Auf der<lb/> andern Seite zwingt die fortwährend zunehmende Konkurrenz der Importeure unter<lb/> sich den Kaufmann dazu, seinen Abnehmern Waren anzubieten, die er noch gar<lb/> nicht in Händen hat, zu deren Lieferung an einem bestimmten Termin zu einem<lb/> im voraus bestimmten Preise er sich aber kontraktlich verpflichtet. Für Fabrikanten<lb/> z. B. haben solche Kontrakte, die oft lange Zeit laufen, große Vorteile: sie<lb/> sind bei ihrem Einkauf während der Dauer des Kontrakts unabhängig von Kon¬<lb/> junkturschwankungen, da ihnen der Importeur dieses Risiko abgenommen hat,<lb/> und können den Preis ihres Fabrikats für diese Zeit auf derselben Höhe halten,<lb/> was ihnen wieder beim Verkauf von Vorteil ist. Hat der Importeur die Ware<lb/> schon billiger eingekauft, als er sie verkauft, d. h. hat er mit Glück ig, u-iusso<lb/> spekuliert, so ist ihm sein Gewinn sicher; muß er sich aber erst für seine Liefe¬<lb/> rungen eindecken, d. h. spekuliert er a l-Z. wisse, so muß er, um die kontraktlich<lb/> übernommnen Verpflichtungen erfüllen zu können, nach Mustern zu einem spätern<lb/> Lieferungstermin kaufen, und zwar zu dem jeweiligen Börsenpreise, den er vorher<lb/> nicht berechnen kann. Gelingt es ihm, vorteilhafte Abschlüsse zu machen, d. h.<lb/> billiger einzukaufen als zu verkaufen, so hat er die Differenz gewonnen; ist<lb/> es ihm aber nicht möglich, günstige Vorküufe zu machen, so verliert er die<lb/> Differenz.</p><lb/> <p xml:id="ID_281"> Der Terminhandel in Hamburg ist keineswegs auf die vier Produkte: Kaffee,<lb/> Zucker, Baumwolle und Spiritus, die zum Börsenterminhcmdel zugelassen sind,<lb/> beschränkt, sondern wird anch in andern Einfuhrartikeln, wie Getreide, Saaten,<lb/> Futtermitteln, Kartoffelmehl, Salpeter, Lein- und Terpentinöl sowie Harz gemacht.<lb/> Bekanntlich sollen sich die Firmen, die in den genannten vier Produkten ar¬<lb/> beiten, in das Börsenregistcr für Waren eintragen lassen; von den dabei in<lb/> Frage kommenden Hamburger Häusern hatten sich aber am 1. Januar 1904<lb/> nur 166 registrieren lassen, da noch eine ziemlich starke Aversion gegen das<lb/> Börsengesetz vorhanden ist. Diese Eintragungen sind für den Hamburger Kauf¬<lb/> mann nur eine Formalität, denn er würde sich an der Börse unmöglich machen,<lb/> wenn er sich seinen Verpflichtungen auf Grund des Umstandes, daß sein Name<lb/> in das Börsenregistcr nicht eingetragen ist. entziehen wollte. Die Hamburger<lb/> Handelskammer wacht streng sogar über kleine Verfehlungen, die strafrechtlich<lb/> oder handelsrechtlich nicht verfolgt werden können, sondern nur gegen die Uscmcen<lb/> verstoßen, und rügt solche Handlungen durch öffentlich in der Börse angeschlagne<lb/> Verweise oder durch den zeitweiligen oder gänzlichen Ausschluß vou der Börse.</p><lb/> <p xml:id="ID_282" next="#ID_283"> Auch auf den Frachtenmarkt hat die Spekulation übergegriffen. Der<lb/> Hamburger Spediteur und in jüngster Zeit auch der Schiffsmakler bieten ihrer<lb/> Kundschaft Frachtkontrakte an, die feste Frachtsätze ans lange Zeit hinaus ent¬<lb/> halten, obgleich sie nicht wisse», zu welchen Sätzen die Schiffahrt in der Zukunft<lb/> Frachten annimmt. Diese Sätze sind starken Schwankungen unterworfen, denn</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0087]
Der Hamburger Handel
Ganz andrer Art sind die Einflüsse, mit denen der Importeur zu rechnen
hat. Hier hat die Spezialisierung der Einfuhrprodnkte die sogenannten Kon¬
junkturschwankungen hervorgerufen, die unberechenbar sind, weil der Importeur
beim Einkauf nicht wissen kann, wie sich der Verkauf gestalten wird, oder mit
andern Worten: weil er Angebot und Nachfrage trotz mancherlei statistischer
Aufstellungen und Ernteschätzungen nicht im voraus berechnen kann. Auf der
andern Seite zwingt die fortwährend zunehmende Konkurrenz der Importeure unter
sich den Kaufmann dazu, seinen Abnehmern Waren anzubieten, die er noch gar
nicht in Händen hat, zu deren Lieferung an einem bestimmten Termin zu einem
im voraus bestimmten Preise er sich aber kontraktlich verpflichtet. Für Fabrikanten
z. B. haben solche Kontrakte, die oft lange Zeit laufen, große Vorteile: sie
sind bei ihrem Einkauf während der Dauer des Kontrakts unabhängig von Kon¬
junkturschwankungen, da ihnen der Importeur dieses Risiko abgenommen hat,
und können den Preis ihres Fabrikats für diese Zeit auf derselben Höhe halten,
was ihnen wieder beim Verkauf von Vorteil ist. Hat der Importeur die Ware
schon billiger eingekauft, als er sie verkauft, d. h. hat er mit Glück ig, u-iusso
spekuliert, so ist ihm sein Gewinn sicher; muß er sich aber erst für seine Liefe¬
rungen eindecken, d. h. spekuliert er a l-Z. wisse, so muß er, um die kontraktlich
übernommnen Verpflichtungen erfüllen zu können, nach Mustern zu einem spätern
Lieferungstermin kaufen, und zwar zu dem jeweiligen Börsenpreise, den er vorher
nicht berechnen kann. Gelingt es ihm, vorteilhafte Abschlüsse zu machen, d. h.
billiger einzukaufen als zu verkaufen, so hat er die Differenz gewonnen; ist
es ihm aber nicht möglich, günstige Vorküufe zu machen, so verliert er die
Differenz.
Der Terminhandel in Hamburg ist keineswegs auf die vier Produkte: Kaffee,
Zucker, Baumwolle und Spiritus, die zum Börsenterminhcmdel zugelassen sind,
beschränkt, sondern wird anch in andern Einfuhrartikeln, wie Getreide, Saaten,
Futtermitteln, Kartoffelmehl, Salpeter, Lein- und Terpentinöl sowie Harz gemacht.
Bekanntlich sollen sich die Firmen, die in den genannten vier Produkten ar¬
beiten, in das Börsenregistcr für Waren eintragen lassen; von den dabei in
Frage kommenden Hamburger Häusern hatten sich aber am 1. Januar 1904
nur 166 registrieren lassen, da noch eine ziemlich starke Aversion gegen das
Börsengesetz vorhanden ist. Diese Eintragungen sind für den Hamburger Kauf¬
mann nur eine Formalität, denn er würde sich an der Börse unmöglich machen,
wenn er sich seinen Verpflichtungen auf Grund des Umstandes, daß sein Name
in das Börsenregistcr nicht eingetragen ist. entziehen wollte. Die Hamburger
Handelskammer wacht streng sogar über kleine Verfehlungen, die strafrechtlich
oder handelsrechtlich nicht verfolgt werden können, sondern nur gegen die Uscmcen
verstoßen, und rügt solche Handlungen durch öffentlich in der Börse angeschlagne
Verweise oder durch den zeitweiligen oder gänzlichen Ausschluß vou der Börse.
Auch auf den Frachtenmarkt hat die Spekulation übergegriffen. Der
Hamburger Spediteur und in jüngster Zeit auch der Schiffsmakler bieten ihrer
Kundschaft Frachtkontrakte an, die feste Frachtsätze ans lange Zeit hinaus ent¬
halten, obgleich sie nicht wisse», zu welchen Sätzen die Schiffahrt in der Zukunft
Frachten annimmt. Diese Sätze sind starken Schwankungen unterworfen, denn
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