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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Erinnerungen

Graf Matuschka und ich empfingen die Kaiserin am Eingange. Ich wurde ihr
durch Direktor Greiff vorgestellt. Dann ging sie unter unsrer Führung durch alle
Räume der chirurgischen Klinik und durch die Küche. Sie war befriedigt von der
Schönheit der neuen Räume und sprach sehr gütig und teilnehmend mit den ein¬
zelnen Kranken und Diakonissen. Ihre Leutseligkeit, Sachkenntnis und Ausdauer
-- sie blieb über eine Stunde -- waren bewundernswert und herzgewinnend.
Sie sprach sich sehr anerkennend aus und wünschte der Anstalt Gottes Segen.




Aus diesen Tagebuchnotizen wird ersichtlich, wie sich mein amtliches Leben bet
dem Staatsministerium gestaltet hatte. Im allgemeinen war die Arbeit dort leicht,
und meine Stellung -- dank der sich immer gleich bleibenden freundlichen Gunst
des Grafen Stolberg -- befriedigend. Nur das Maß der mir obliegenden Arbeit
reichte -- wenigstens zeitweise -- nicht aus, um mir volle Beschäftigung zu ge¬
währen. Ich habe das damals oft als einen Mangel empfunden. Später, als
mich die kaum zu bewältigende Fülle von Amtsgeschäften zu erdrücken drohte, habe
ich mich oft genug nach der schönen beim Staatsministerium zugebrachten Zeit und
nach der Möglichkeit, neben den dienstlichen Geschäften auch einmal ein größeres
geschichtliches oder sonst wissenschaftliches Werk zu studieren, zurückgesehnt.

Graf Stolberg ging im Frühjahr 1881 damit um, aus seiner Stellung im
Reichsdienst und als Vizepräsident des Staatsministeriums zurückzutreten. Meine
Berufung war im Jahre 1879 auf seinen persönlichen Wunsch erfolgt, und es war
anch in dieser Beziehung ein glückliches Zusammentreffen, daß die Aussichten, die
sich für mich im Reichsamt des Innern eröffneten, zeitlich mit dem bevorstehenden
Rücktritte des Grafen Stolberg zusammentrafen. Freilich war ein verantwortliches
Amt mit vorwiegend wirtschaftlicher und sozialpolitischer Arbeit bis dahin als für
mich wünschenswert mir noch nie in den Sinn gekommen. Allein die sozialpoli¬
tischen Gedanken der Arbeiterversicherung und positiven Fürsorge für die Arbeiter
entsprachen ja durchaus den Wegen, denen ich während der letzten Jahre sowohl
bei dem Grafen Stolberg als auch sonst das Wort geredet hatte. Ich sah also
meinem weitern Schicksal mit Gelassenheit entgegen.

Über meine Ernennung war noch nicht entschieden, als der Staatssekretär
v. Boetticher mich schon aufforderte, ein Votum des Fürsten Bismarck an das
Staatsministerium zu entwerfen, worin darauf hingewiesen werden sollte, daß wir
für die wirtschaftliche Vor- und Ausbildung junger, befähigter Beamten neue Wege
eröffnen müßten, ein von mir gesprächsweise längst und oft erörterter Gedanke.
Ich entwarf das gewünschte Votum unter Hinweis darauf, wie leicht sich junge
Assessoren im Konsulatsdienst, bet großen Banken, in großen Handelshäusern, in
industriellen Unternehmungen, auch in großen landwirtschaftlichen Betrieben be¬
schäftigen und dadurch für handelspolitische, wirtschaftspolitische oder gewerbliche
Fragen an der Hand praktischer Anschauung ausbilden ließen. Bisher war der¬
artiges ausschließlich dem einzelnen überlassen, während doch der Staat das größte
Interesse daran hat, daß möglichst zahlreichen jüngern Beamten Gelegenheit geboten
wird, auf diesen praktischen Gebieten ein selbständiges Urteil zu gewinnen. Die
alte preußische Bureaukratie hatte für diese Gedanken kein Ohr. Jeder Preuße,
der sein Staatsexamen gemacht hat, muß nun nach alter preußischer Prätension
alles können. Allein wir sind aus unsern frühern engen Verhältnissen herausge¬
wachsen, und mit diesen engherzigen Anschauungen ist nicht mehr auszukommen.
Mit der Überschätzung der bloß durch Staatsprüfungen dargetanen Befähigung muß
ohnehin gebrochen werden. Gerade aus diesen rein chausseemäßig vorgebildeten
Assessoren werden später nur zu leicht unpraktische, doktrinäre Geheimräte, über die
Fürst Bismarck sich so oft mit verdienter Geringschätzigkeit geäußert hat. Genug,
ich habe das Votum gemacht, und allmählich sind die damals noch vielfach unver¬
standen gebliebner Gedanken Bismarcks durchgedrungen. Heute ist die Elite unsrer


Erinnerungen

Graf Matuschka und ich empfingen die Kaiserin am Eingange. Ich wurde ihr
durch Direktor Greiff vorgestellt. Dann ging sie unter unsrer Führung durch alle
Räume der chirurgischen Klinik und durch die Küche. Sie war befriedigt von der
Schönheit der neuen Räume und sprach sehr gütig und teilnehmend mit den ein¬
zelnen Kranken und Diakonissen. Ihre Leutseligkeit, Sachkenntnis und Ausdauer
— sie blieb über eine Stunde — waren bewundernswert und herzgewinnend.
Sie sprach sich sehr anerkennend aus und wünschte der Anstalt Gottes Segen.




Aus diesen Tagebuchnotizen wird ersichtlich, wie sich mein amtliches Leben bet
dem Staatsministerium gestaltet hatte. Im allgemeinen war die Arbeit dort leicht,
und meine Stellung — dank der sich immer gleich bleibenden freundlichen Gunst
des Grafen Stolberg — befriedigend. Nur das Maß der mir obliegenden Arbeit
reichte — wenigstens zeitweise — nicht aus, um mir volle Beschäftigung zu ge¬
währen. Ich habe das damals oft als einen Mangel empfunden. Später, als
mich die kaum zu bewältigende Fülle von Amtsgeschäften zu erdrücken drohte, habe
ich mich oft genug nach der schönen beim Staatsministerium zugebrachten Zeit und
nach der Möglichkeit, neben den dienstlichen Geschäften auch einmal ein größeres
geschichtliches oder sonst wissenschaftliches Werk zu studieren, zurückgesehnt.

Graf Stolberg ging im Frühjahr 1881 damit um, aus seiner Stellung im
Reichsdienst und als Vizepräsident des Staatsministeriums zurückzutreten. Meine
Berufung war im Jahre 1879 auf seinen persönlichen Wunsch erfolgt, und es war
anch in dieser Beziehung ein glückliches Zusammentreffen, daß die Aussichten, die
sich für mich im Reichsamt des Innern eröffneten, zeitlich mit dem bevorstehenden
Rücktritte des Grafen Stolberg zusammentrafen. Freilich war ein verantwortliches
Amt mit vorwiegend wirtschaftlicher und sozialpolitischer Arbeit bis dahin als für
mich wünschenswert mir noch nie in den Sinn gekommen. Allein die sozialpoli¬
tischen Gedanken der Arbeiterversicherung und positiven Fürsorge für die Arbeiter
entsprachen ja durchaus den Wegen, denen ich während der letzten Jahre sowohl
bei dem Grafen Stolberg als auch sonst das Wort geredet hatte. Ich sah also
meinem weitern Schicksal mit Gelassenheit entgegen.

Über meine Ernennung war noch nicht entschieden, als der Staatssekretär
v. Boetticher mich schon aufforderte, ein Votum des Fürsten Bismarck an das
Staatsministerium zu entwerfen, worin darauf hingewiesen werden sollte, daß wir
für die wirtschaftliche Vor- und Ausbildung junger, befähigter Beamten neue Wege
eröffnen müßten, ein von mir gesprächsweise längst und oft erörterter Gedanke.
Ich entwarf das gewünschte Votum unter Hinweis darauf, wie leicht sich junge
Assessoren im Konsulatsdienst, bet großen Banken, in großen Handelshäusern, in
industriellen Unternehmungen, auch in großen landwirtschaftlichen Betrieben be¬
schäftigen und dadurch für handelspolitische, wirtschaftspolitische oder gewerbliche
Fragen an der Hand praktischer Anschauung ausbilden ließen. Bisher war der¬
artiges ausschließlich dem einzelnen überlassen, während doch der Staat das größte
Interesse daran hat, daß möglichst zahlreichen jüngern Beamten Gelegenheit geboten
wird, auf diesen praktischen Gebieten ein selbständiges Urteil zu gewinnen. Die
alte preußische Bureaukratie hatte für diese Gedanken kein Ohr. Jeder Preuße,
der sein Staatsexamen gemacht hat, muß nun nach alter preußischer Prätension
alles können. Allein wir sind aus unsern frühern engen Verhältnissen herausge¬
wachsen, und mit diesen engherzigen Anschauungen ist nicht mehr auszukommen.
Mit der Überschätzung der bloß durch Staatsprüfungen dargetanen Befähigung muß
ohnehin gebrochen werden. Gerade aus diesen rein chausseemäßig vorgebildeten
Assessoren werden später nur zu leicht unpraktische, doktrinäre Geheimräte, über die
Fürst Bismarck sich so oft mit verdienter Geringschätzigkeit geäußert hat. Genug,
ich habe das Votum gemacht, und allmählich sind die damals noch vielfach unver¬
standen gebliebner Gedanken Bismarcks durchgedrungen. Heute ist die Elite unsrer


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[0766] Erinnerungen Graf Matuschka und ich empfingen die Kaiserin am Eingange. Ich wurde ihr durch Direktor Greiff vorgestellt. Dann ging sie unter unsrer Führung durch alle Räume der chirurgischen Klinik und durch die Küche. Sie war befriedigt von der Schönheit der neuen Räume und sprach sehr gütig und teilnehmend mit den ein¬ zelnen Kranken und Diakonissen. Ihre Leutseligkeit, Sachkenntnis und Ausdauer — sie blieb über eine Stunde — waren bewundernswert und herzgewinnend. Sie sprach sich sehr anerkennend aus und wünschte der Anstalt Gottes Segen. Aus diesen Tagebuchnotizen wird ersichtlich, wie sich mein amtliches Leben bet dem Staatsministerium gestaltet hatte. Im allgemeinen war die Arbeit dort leicht, und meine Stellung — dank der sich immer gleich bleibenden freundlichen Gunst des Grafen Stolberg — befriedigend. Nur das Maß der mir obliegenden Arbeit reichte — wenigstens zeitweise — nicht aus, um mir volle Beschäftigung zu ge¬ währen. Ich habe das damals oft als einen Mangel empfunden. Später, als mich die kaum zu bewältigende Fülle von Amtsgeschäften zu erdrücken drohte, habe ich mich oft genug nach der schönen beim Staatsministerium zugebrachten Zeit und nach der Möglichkeit, neben den dienstlichen Geschäften auch einmal ein größeres geschichtliches oder sonst wissenschaftliches Werk zu studieren, zurückgesehnt. Graf Stolberg ging im Frühjahr 1881 damit um, aus seiner Stellung im Reichsdienst und als Vizepräsident des Staatsministeriums zurückzutreten. Meine Berufung war im Jahre 1879 auf seinen persönlichen Wunsch erfolgt, und es war anch in dieser Beziehung ein glückliches Zusammentreffen, daß die Aussichten, die sich für mich im Reichsamt des Innern eröffneten, zeitlich mit dem bevorstehenden Rücktritte des Grafen Stolberg zusammentrafen. Freilich war ein verantwortliches Amt mit vorwiegend wirtschaftlicher und sozialpolitischer Arbeit bis dahin als für mich wünschenswert mir noch nie in den Sinn gekommen. Allein die sozialpoli¬ tischen Gedanken der Arbeiterversicherung und positiven Fürsorge für die Arbeiter entsprachen ja durchaus den Wegen, denen ich während der letzten Jahre sowohl bei dem Grafen Stolberg als auch sonst das Wort geredet hatte. Ich sah also meinem weitern Schicksal mit Gelassenheit entgegen. Über meine Ernennung war noch nicht entschieden, als der Staatssekretär v. Boetticher mich schon aufforderte, ein Votum des Fürsten Bismarck an das Staatsministerium zu entwerfen, worin darauf hingewiesen werden sollte, daß wir für die wirtschaftliche Vor- und Ausbildung junger, befähigter Beamten neue Wege eröffnen müßten, ein von mir gesprächsweise längst und oft erörterter Gedanke. Ich entwarf das gewünschte Votum unter Hinweis darauf, wie leicht sich junge Assessoren im Konsulatsdienst, bet großen Banken, in großen Handelshäusern, in industriellen Unternehmungen, auch in großen landwirtschaftlichen Betrieben be¬ schäftigen und dadurch für handelspolitische, wirtschaftspolitische oder gewerbliche Fragen an der Hand praktischer Anschauung ausbilden ließen. Bisher war der¬ artiges ausschließlich dem einzelnen überlassen, während doch der Staat das größte Interesse daran hat, daß möglichst zahlreichen jüngern Beamten Gelegenheit geboten wird, auf diesen praktischen Gebieten ein selbständiges Urteil zu gewinnen. Die alte preußische Bureaukratie hatte für diese Gedanken kein Ohr. Jeder Preuße, der sein Staatsexamen gemacht hat, muß nun nach alter preußischer Prätension alles können. Allein wir sind aus unsern frühern engen Verhältnissen herausge¬ wachsen, und mit diesen engherzigen Anschauungen ist nicht mehr auszukommen. Mit der Überschätzung der bloß durch Staatsprüfungen dargetanen Befähigung muß ohnehin gebrochen werden. Gerade aus diesen rein chausseemäßig vorgebildeten Assessoren werden später nur zu leicht unpraktische, doktrinäre Geheimräte, über die Fürst Bismarck sich so oft mit verdienter Geringschätzigkeit geäußert hat. Genug, ich habe das Votum gemacht, und allmählich sind die damals noch vielfach unver¬ standen gebliebner Gedanken Bismarcks durchgedrungen. Heute ist die Elite unsrer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/766>, abgerufen am 25.07.2024.