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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Erinnerungen

Haus hatte das erstemal die Regierungsvorlage wieder hergestellt, das Abgeordneten¬
haus hat aber auch bei wiederholter Beratung deu Kreisausschuß festgehalten.

Am Donnerstag war eine Staatsmintsterialsitzung gewesen, in der der Minister
des Innern die Differenzpunkte hervorgehoben und in bezug auf obigen nur ge¬
sagt hatte, er werde wohl keine Schwierigkeiten bereiten und durch ein Nachgeben
des Herrenhauses, dem die Regierung zustimmen könne, erledigt werden. Damit
war mau im Staatsministerium über die Sache Hinweggegaugen, ohne daß ein
förmlicher Beschluß darüber gefaßt und protokolliert worden ist. Immerhin konnte
Graf Eulenburg annehmen, daß man im Staatsministerium, da kein Widerspruch
ersolgt war, seine Auffassung teile. Da erscheint in der Herrenhaussitzung am
Sonnabend plötzlich der Geheime Oberregierungsrat Rommel aus dem Handels¬
ministerium mit einem von dem Fürsten Bismarck diktierten Skriptum, worin dieser
als Handelsminister und Ministerpräsident erklärt, er sei entschieden gegen die
Aufsicht durch ein unverantwortliches Kollegium (deu Kreisausschuß). Er könne
zwar, falls diese Aufsicht nach deu Beschlüssen des Abgeordnetenhauses jetzt ange¬
nommen werde, jetzt die Sanktionierung des Gesetzes durch den König nicht mehr
hindern; er werde aber, sobald es sich um die Ausdehnung des Gesetzes auf die
übrigen Provinzen handle, eine Revision dieser und der die Aufsicht über die
Standesbeamten betreffenden Bestimmung beantragen. Rommel war im Herren¬
hause als Kommissar des Handelsministers angemeldet und hatte das Schriftstück
zunächst dem anwesenden Minister Grafen zu Eulenburg zum Durchlesen gegeben.
Dieser hat es nur flüchtig gelesen und dann an Rommel zurückgegeben. Inzwischen
hatte der Berichterstatter von Winterfeldt, den der Fürst Bismarck tags zuvor hatte
zu sich kommen lassen, als Antrag der Herrenhauskommissiou vorgetragen, man
möge sich dem Abgeordnetenhaus anschließen, als seiue persönliche Meinung aber
hinzugefügt, daß die Aufsicht über die Landgemeinden dem Landrate und nicht dem
Kreisausschusse gebühre. Dann hatte für die Aufsicht des Lmidrats Kleist-Retzow
sehr heftig gesprochen und die Aufsicht des Kreisnusschusses als Nonsens bezeichnet.
Auch dies schrieb man Bismarcks Einflüssen zu. Da erhob sich der Minister des
Innern und sprach, obwohl er jeues Skriptum und also Bismarcks abweichende
Ansicht kannte, sehr scharf und schlagend gegen Kleist und für ein Eingehn auf die
Aufsicht des Kreisausschusses. Und nun las Rommel die vou Bismarck diktierte,
dem Minister des Jnnern stracks widersprechende Erklärung vor. Ungehenerste
Sensation. Suspendierung der Sitzung auf eine halbe Stunde und Zurückvcr-
weisung des Gesetzes an die Kommission. Der Justizminister hatte sich gleich ge¬
drückt und war zu Graf Stolberg gelaufen, um diesen, ganz flüchtig die Sache "zu
erzählen. Graf Stolberg ließ mich rufen und bat mich gleich ins Herrenhaus zu
geh", um den genauen Hergang zu erfahren. Durch Oberbürgermeister Brüning
aus Osnabrück erfuhr ich den Hergang, wie oben angegeben. Das ganze Herren¬
haus war in großer Erregung. Man sah den Vorgang allgemein als ein wohl¬
überlegtes Brüskieren Eulenburgs durch den Fürsten an, das nnr darauf zielen
könne, Eulenburg zu beseitigen. So faßte auch Graf Stolberg die Sache auf, als
ich sie ihm berichtet hatte.

Graf Eulenburg ist an? Sonnabend uoch beim Kronprinzen gewesen, der sich
die Sache von ihm hat vortragen lassen. Am Sonnabend Abend hat Graf Eulen¬
burg dem Kaiser sein Entlasfnngsgcsuch eingereicht.

Gestern, am Sonntag, ist der Kaiser selbst bei Bismarck gewesen, da dieser er¬
kältet war.

Heute Mittag war das Zuständigkeitsgcsetz wieder auf die Tagesordnung des
Herrenhauses gesetzt, und zwar auf deu Wunsch des Fürsten Bismarck, der selbst
gekommen war. Er ergriff gleich zu Anfang das Wort und bedauerte, daß am
Sonnabend durch ein Versehen die nur für seinen Kommissar bestimmte Information
und Instruktion wörtlich vorgelesen sei. Jeder Angriff auf deu Minister des
Innern habe ihm fern gelegen. Er sei auch mit diesem ganz einverstanden, daß


Erinnerungen

Haus hatte das erstemal die Regierungsvorlage wieder hergestellt, das Abgeordneten¬
haus hat aber auch bei wiederholter Beratung deu Kreisausschuß festgehalten.

Am Donnerstag war eine Staatsmintsterialsitzung gewesen, in der der Minister
des Innern die Differenzpunkte hervorgehoben und in bezug auf obigen nur ge¬
sagt hatte, er werde wohl keine Schwierigkeiten bereiten und durch ein Nachgeben
des Herrenhauses, dem die Regierung zustimmen könne, erledigt werden. Damit
war mau im Staatsministerium über die Sache Hinweggegaugen, ohne daß ein
förmlicher Beschluß darüber gefaßt und protokolliert worden ist. Immerhin konnte
Graf Eulenburg annehmen, daß man im Staatsministerium, da kein Widerspruch
ersolgt war, seine Auffassung teile. Da erscheint in der Herrenhaussitzung am
Sonnabend plötzlich der Geheime Oberregierungsrat Rommel aus dem Handels¬
ministerium mit einem von dem Fürsten Bismarck diktierten Skriptum, worin dieser
als Handelsminister und Ministerpräsident erklärt, er sei entschieden gegen die
Aufsicht durch ein unverantwortliches Kollegium (deu Kreisausschuß). Er könne
zwar, falls diese Aufsicht nach deu Beschlüssen des Abgeordnetenhauses jetzt ange¬
nommen werde, jetzt die Sanktionierung des Gesetzes durch den König nicht mehr
hindern; er werde aber, sobald es sich um die Ausdehnung des Gesetzes auf die
übrigen Provinzen handle, eine Revision dieser und der die Aufsicht über die
Standesbeamten betreffenden Bestimmung beantragen. Rommel war im Herren¬
hause als Kommissar des Handelsministers angemeldet und hatte das Schriftstück
zunächst dem anwesenden Minister Grafen zu Eulenburg zum Durchlesen gegeben.
Dieser hat es nur flüchtig gelesen und dann an Rommel zurückgegeben. Inzwischen
hatte der Berichterstatter von Winterfeldt, den der Fürst Bismarck tags zuvor hatte
zu sich kommen lassen, als Antrag der Herrenhauskommissiou vorgetragen, man
möge sich dem Abgeordnetenhaus anschließen, als seiue persönliche Meinung aber
hinzugefügt, daß die Aufsicht über die Landgemeinden dem Landrate und nicht dem
Kreisausschusse gebühre. Dann hatte für die Aufsicht des Lmidrats Kleist-Retzow
sehr heftig gesprochen und die Aufsicht des Kreisnusschusses als Nonsens bezeichnet.
Auch dies schrieb man Bismarcks Einflüssen zu. Da erhob sich der Minister des
Innern und sprach, obwohl er jeues Skriptum und also Bismarcks abweichende
Ansicht kannte, sehr scharf und schlagend gegen Kleist und für ein Eingehn auf die
Aufsicht des Kreisausschusses. Und nun las Rommel die vou Bismarck diktierte,
dem Minister des Jnnern stracks widersprechende Erklärung vor. Ungehenerste
Sensation. Suspendierung der Sitzung auf eine halbe Stunde und Zurückvcr-
weisung des Gesetzes an die Kommission. Der Justizminister hatte sich gleich ge¬
drückt und war zu Graf Stolberg gelaufen, um diesen, ganz flüchtig die Sache "zu
erzählen. Graf Stolberg ließ mich rufen und bat mich gleich ins Herrenhaus zu
geh», um den genauen Hergang zu erfahren. Durch Oberbürgermeister Brüning
aus Osnabrück erfuhr ich den Hergang, wie oben angegeben. Das ganze Herren¬
haus war in großer Erregung. Man sah den Vorgang allgemein als ein wohl¬
überlegtes Brüskieren Eulenburgs durch den Fürsten an, das nnr darauf zielen
könne, Eulenburg zu beseitigen. So faßte auch Graf Stolberg die Sache auf, als
ich sie ihm berichtet hatte.

Graf Eulenburg ist an? Sonnabend uoch beim Kronprinzen gewesen, der sich
die Sache von ihm hat vortragen lassen. Am Sonnabend Abend hat Graf Eulen¬
burg dem Kaiser sein Entlasfnngsgcsuch eingereicht.

Gestern, am Sonntag, ist der Kaiser selbst bei Bismarck gewesen, da dieser er¬
kältet war.

Heute Mittag war das Zuständigkeitsgcsetz wieder auf die Tagesordnung des
Herrenhauses gesetzt, und zwar auf deu Wunsch des Fürsten Bismarck, der selbst
gekommen war. Er ergriff gleich zu Anfang das Wort und bedauerte, daß am
Sonnabend durch ein Versehen die nur für seinen Kommissar bestimmte Information
und Instruktion wörtlich vorgelesen sei. Jeder Angriff auf deu Minister des
Innern habe ihm fern gelegen. Er sei auch mit diesem ganz einverstanden, daß


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[0763] Erinnerungen Haus hatte das erstemal die Regierungsvorlage wieder hergestellt, das Abgeordneten¬ haus hat aber auch bei wiederholter Beratung deu Kreisausschuß festgehalten. Am Donnerstag war eine Staatsmintsterialsitzung gewesen, in der der Minister des Innern die Differenzpunkte hervorgehoben und in bezug auf obigen nur ge¬ sagt hatte, er werde wohl keine Schwierigkeiten bereiten und durch ein Nachgeben des Herrenhauses, dem die Regierung zustimmen könne, erledigt werden. Damit war mau im Staatsministerium über die Sache Hinweggegaugen, ohne daß ein förmlicher Beschluß darüber gefaßt und protokolliert worden ist. Immerhin konnte Graf Eulenburg annehmen, daß man im Staatsministerium, da kein Widerspruch ersolgt war, seine Auffassung teile. Da erscheint in der Herrenhaussitzung am Sonnabend plötzlich der Geheime Oberregierungsrat Rommel aus dem Handels¬ ministerium mit einem von dem Fürsten Bismarck diktierten Skriptum, worin dieser als Handelsminister und Ministerpräsident erklärt, er sei entschieden gegen die Aufsicht durch ein unverantwortliches Kollegium (deu Kreisausschuß). Er könne zwar, falls diese Aufsicht nach deu Beschlüssen des Abgeordnetenhauses jetzt ange¬ nommen werde, jetzt die Sanktionierung des Gesetzes durch den König nicht mehr hindern; er werde aber, sobald es sich um die Ausdehnung des Gesetzes auf die übrigen Provinzen handle, eine Revision dieser und der die Aufsicht über die Standesbeamten betreffenden Bestimmung beantragen. Rommel war im Herren¬ hause als Kommissar des Handelsministers angemeldet und hatte das Schriftstück zunächst dem anwesenden Minister Grafen zu Eulenburg zum Durchlesen gegeben. Dieser hat es nur flüchtig gelesen und dann an Rommel zurückgegeben. Inzwischen hatte der Berichterstatter von Winterfeldt, den der Fürst Bismarck tags zuvor hatte zu sich kommen lassen, als Antrag der Herrenhauskommissiou vorgetragen, man möge sich dem Abgeordnetenhaus anschließen, als seiue persönliche Meinung aber hinzugefügt, daß die Aufsicht über die Landgemeinden dem Landrate und nicht dem Kreisausschusse gebühre. Dann hatte für die Aufsicht des Lmidrats Kleist-Retzow sehr heftig gesprochen und die Aufsicht des Kreisnusschusses als Nonsens bezeichnet. Auch dies schrieb man Bismarcks Einflüssen zu. Da erhob sich der Minister des Innern und sprach, obwohl er jeues Skriptum und also Bismarcks abweichende Ansicht kannte, sehr scharf und schlagend gegen Kleist und für ein Eingehn auf die Aufsicht des Kreisausschusses. Und nun las Rommel die vou Bismarck diktierte, dem Minister des Jnnern stracks widersprechende Erklärung vor. Ungehenerste Sensation. Suspendierung der Sitzung auf eine halbe Stunde und Zurückvcr- weisung des Gesetzes an die Kommission. Der Justizminister hatte sich gleich ge¬ drückt und war zu Graf Stolberg gelaufen, um diesen, ganz flüchtig die Sache "zu erzählen. Graf Stolberg ließ mich rufen und bat mich gleich ins Herrenhaus zu geh», um den genauen Hergang zu erfahren. Durch Oberbürgermeister Brüning aus Osnabrück erfuhr ich den Hergang, wie oben angegeben. Das ganze Herren¬ haus war in großer Erregung. Man sah den Vorgang allgemein als ein wohl¬ überlegtes Brüskieren Eulenburgs durch den Fürsten an, das nnr darauf zielen könne, Eulenburg zu beseitigen. So faßte auch Graf Stolberg die Sache auf, als ich sie ihm berichtet hatte. Graf Eulenburg ist an? Sonnabend uoch beim Kronprinzen gewesen, der sich die Sache von ihm hat vortragen lassen. Am Sonnabend Abend hat Graf Eulen¬ burg dem Kaiser sein Entlasfnngsgcsuch eingereicht. Gestern, am Sonntag, ist der Kaiser selbst bei Bismarck gewesen, da dieser er¬ kältet war. Heute Mittag war das Zuständigkeitsgcsetz wieder auf die Tagesordnung des Herrenhauses gesetzt, und zwar auf deu Wunsch des Fürsten Bismarck, der selbst gekommen war. Er ergriff gleich zu Anfang das Wort und bedauerte, daß am Sonnabend durch ein Versehen die nur für seinen Kommissar bestimmte Information und Instruktion wörtlich vorgelesen sei. Jeder Angriff auf deu Minister des Innern habe ihm fern gelegen. Er sei auch mit diesem ganz einverstanden, daß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/763>, abgerufen am 25.07.2024.