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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

3. Juli 1880 zu denselben Rechten mit England, Frankreich, Italien, den Ver¬
einigten Staaten usw. teilnimmt. Diese internationale Konvention wird durch das
englisch-französische Abkommen überhaupt nicht berührt. Hieraus erhellt, daß der
erste Teil der Resolution, weil er selbstverständlich ist, eine offne Tür einstößt.

Man kann heute noch gar nicht absehen, wann und ob überhaupt Frankreich
jemals dazu gelangen wird, seine Herrschaft in Marokko so aufzurichten, daß
sich alle Kontrahenten der Konsularkonvention von 1880 entschließen könnten,
auf diese Abmachung zu verzichten, oder Deutschland auf seinen Handelsvertrag.
Denn zunächst bereitet sich Spanien vor, seine alten verbrieften Ansprüche geltend
zu machen, und Herr Delcassc- hat schon erklärt, ihnen Rechnung tragen zu wollen.
Erst dann, wenn Frankreich, vielleicht nach Jahrzehnten, sein auf lange Sicht hin
gestecktes Ziel "ohne Anstrengungen und ohne unnütze Opfer," wie Herr Delccisse
unter dem 12. April dieses Jahres schreibt, erreicht haben sollte, würde der zweite
Teil der Stettiner Resolution praktisch werden können, wenn er nicht gar so un¬
praktisch wäre. Da der Zeitpunkt, wo der jetzige Zustand der Dinge zugunsten
Frankreichs abgeändert werden könnte, noch gar nicht abzusehen ist, so läßt sich
doch auch die Größe unsrer Interessen in Marokko, wie sie sich zu diesem Zeit¬
punkte vielleicht gestaltet haben wird, noch gar nicht abschätzen. Über den Handel
Marokkos liegen für das Jahr 1901 folgende Zahlen (in Tausenden Pfund
Sterling) vor: - r in r^

Einfuhr Ausfuhr
Großbritannien ... 967 480
Frankreich.....427 237
Deutschland . ... 133 162
Andre Länder ... 213 443
1740 1322

Deutschland steht hier mit seinen Interessen hinter England und Frankreich
an dritter Stelle. Von einem Handelsumsatz von sechzig Millionen Mark entfällt
auf Deutschland ungefähr der zehnte Teil; unsre Einfuhr nach Marokko belief sich
1901, also nach Vollzug des Handelsvertrags, auf etwa 26(50 0 00 Mark, die
Ausfuhr von dort nach Deutschland auf etwa 3240000 Mark. Unter dem Einfluß
der fortgesetzten Unruhen während der letzten Jahre werden sich diese Zahlen kaum
stark gehoben haben, falls überhaupt genaue Ausschreibungen vorliegen.

Um dieser sechs Millionen Mark willen, von denen im wesentlichen ja doch
nur die deutsche Ausfuhr nach Marokko in Frage kommt, einen Konflikt mit Frank¬
reich vom Zaune brechen, würde eine so leichtsinnige Politik sein, daß die Reso¬
lution das unmöglich verlangen kann. Die englischen Interessen in Marokko be¬
tragen ungefähr das fünffache der deutschen, und doch hat England auf jede
"Kompensation" und auf jeden Flottenstützpunkt, den es sich doch mit Leichtigkeit
hätte ausbedingen können, verzichtet, sondern sich nur die Respektierung seiner alten
Abmachungen mit Marokko vorbehalten. Frankreichs kommerzielle Interessen in
Marokko sind heute schon mehr als doppelt so groß wie die Deutschlands; wir
würden deshalb auch nach dem Wortlaut der Resolution nicht den "mindestens
gleichen" Machtzuwachs verlangen können, sondern doch höchstens ein Drittel, wenn
Frankreich zwei Drittel zufallen. Aber auch das liegt noch keineswegs so einfach-
England hat eine Abmachung über Marokko mit Frankreich getroffen. Ob es
geneigt wäre, auch zugunsten Deutschlands auf jede Kompensation und' auf jeden
Flottenstützpunkt zu verzichten, falls Deutschland solche erhielte, erscheint zunächst etwas
zweifelhaft und bleibt jedenfalls abzuwarten. Hierzu kommt, daß Marokko eine
sehr fanatische, in hohem Maße fremdenfeindliche Bevölkerung hat. Gesetzt den
Fall, Frankreich würde uns mit Englands Zustimmung bereitwillig ein Stück an
der atlantischen Küste von Marokko abtreten -- auch Spaniens Zustimmung käme
dabei noch in Frage --, so würde Deutschland eine dorthin dirigierte Aus¬
wanderung wahrscheinlich mit einem Mcichtaufwande decken müssen, neben dem ve
Hereroaufstand ein Kinderspiel wäre. Hierzu kommt, daß unsre Marine aus
irgend einen Stützpunkt an der Küste von Morokko nicht den geringsten Wert legt,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

3. Juli 1880 zu denselben Rechten mit England, Frankreich, Italien, den Ver¬
einigten Staaten usw. teilnimmt. Diese internationale Konvention wird durch das
englisch-französische Abkommen überhaupt nicht berührt. Hieraus erhellt, daß der
erste Teil der Resolution, weil er selbstverständlich ist, eine offne Tür einstößt.

Man kann heute noch gar nicht absehen, wann und ob überhaupt Frankreich
jemals dazu gelangen wird, seine Herrschaft in Marokko so aufzurichten, daß
sich alle Kontrahenten der Konsularkonvention von 1880 entschließen könnten,
auf diese Abmachung zu verzichten, oder Deutschland auf seinen Handelsvertrag.
Denn zunächst bereitet sich Spanien vor, seine alten verbrieften Ansprüche geltend
zu machen, und Herr Delcassc- hat schon erklärt, ihnen Rechnung tragen zu wollen.
Erst dann, wenn Frankreich, vielleicht nach Jahrzehnten, sein auf lange Sicht hin
gestecktes Ziel „ohne Anstrengungen und ohne unnütze Opfer," wie Herr Delccisse
unter dem 12. April dieses Jahres schreibt, erreicht haben sollte, würde der zweite
Teil der Stettiner Resolution praktisch werden können, wenn er nicht gar so un¬
praktisch wäre. Da der Zeitpunkt, wo der jetzige Zustand der Dinge zugunsten
Frankreichs abgeändert werden könnte, noch gar nicht abzusehen ist, so läßt sich
doch auch die Größe unsrer Interessen in Marokko, wie sie sich zu diesem Zeit¬
punkte vielleicht gestaltet haben wird, noch gar nicht abschätzen. Über den Handel
Marokkos liegen für das Jahr 1901 folgende Zahlen (in Tausenden Pfund
Sterling) vor: - r in r^

Einfuhr Ausfuhr
Großbritannien ... 967 480
Frankreich.....427 237
Deutschland . ... 133 162
Andre Länder ... 213 443
1740 1322

Deutschland steht hier mit seinen Interessen hinter England und Frankreich
an dritter Stelle. Von einem Handelsumsatz von sechzig Millionen Mark entfällt
auf Deutschland ungefähr der zehnte Teil; unsre Einfuhr nach Marokko belief sich
1901, also nach Vollzug des Handelsvertrags, auf etwa 26(50 0 00 Mark, die
Ausfuhr von dort nach Deutschland auf etwa 3240000 Mark. Unter dem Einfluß
der fortgesetzten Unruhen während der letzten Jahre werden sich diese Zahlen kaum
stark gehoben haben, falls überhaupt genaue Ausschreibungen vorliegen.

Um dieser sechs Millionen Mark willen, von denen im wesentlichen ja doch
nur die deutsche Ausfuhr nach Marokko in Frage kommt, einen Konflikt mit Frank¬
reich vom Zaune brechen, würde eine so leichtsinnige Politik sein, daß die Reso¬
lution das unmöglich verlangen kann. Die englischen Interessen in Marokko be¬
tragen ungefähr das fünffache der deutschen, und doch hat England auf jede
„Kompensation" und auf jeden Flottenstützpunkt, den es sich doch mit Leichtigkeit
hätte ausbedingen können, verzichtet, sondern sich nur die Respektierung seiner alten
Abmachungen mit Marokko vorbehalten. Frankreichs kommerzielle Interessen in
Marokko sind heute schon mehr als doppelt so groß wie die Deutschlands; wir
würden deshalb auch nach dem Wortlaut der Resolution nicht den „mindestens
gleichen" Machtzuwachs verlangen können, sondern doch höchstens ein Drittel, wenn
Frankreich zwei Drittel zufallen. Aber auch das liegt noch keineswegs so einfach-
England hat eine Abmachung über Marokko mit Frankreich getroffen. Ob es
geneigt wäre, auch zugunsten Deutschlands auf jede Kompensation und' auf jeden
Flottenstützpunkt zu verzichten, falls Deutschland solche erhielte, erscheint zunächst etwas
zweifelhaft und bleibt jedenfalls abzuwarten. Hierzu kommt, daß Marokko eine
sehr fanatische, in hohem Maße fremdenfeindliche Bevölkerung hat. Gesetzt den
Fall, Frankreich würde uns mit Englands Zustimmung bereitwillig ein Stück an
der atlantischen Küste von Marokko abtreten — auch Spaniens Zustimmung käme
dabei noch in Frage —, so würde Deutschland eine dorthin dirigierte Aus¬
wanderung wahrscheinlich mit einem Mcichtaufwande decken müssen, neben dem ve
Hereroaufstand ein Kinderspiel wäre. Hierzu kommt, daß unsre Marine aus
irgend einen Stützpunkt an der Küste von Morokko nicht den geringsten Wert legt,


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[0550] Maßgebliches und Unmaßgebliches 3. Juli 1880 zu denselben Rechten mit England, Frankreich, Italien, den Ver¬ einigten Staaten usw. teilnimmt. Diese internationale Konvention wird durch das englisch-französische Abkommen überhaupt nicht berührt. Hieraus erhellt, daß der erste Teil der Resolution, weil er selbstverständlich ist, eine offne Tür einstößt. Man kann heute noch gar nicht absehen, wann und ob überhaupt Frankreich jemals dazu gelangen wird, seine Herrschaft in Marokko so aufzurichten, daß sich alle Kontrahenten der Konsularkonvention von 1880 entschließen könnten, auf diese Abmachung zu verzichten, oder Deutschland auf seinen Handelsvertrag. Denn zunächst bereitet sich Spanien vor, seine alten verbrieften Ansprüche geltend zu machen, und Herr Delcassc- hat schon erklärt, ihnen Rechnung tragen zu wollen. Erst dann, wenn Frankreich, vielleicht nach Jahrzehnten, sein auf lange Sicht hin gestecktes Ziel „ohne Anstrengungen und ohne unnütze Opfer," wie Herr Delccisse unter dem 12. April dieses Jahres schreibt, erreicht haben sollte, würde der zweite Teil der Stettiner Resolution praktisch werden können, wenn er nicht gar so un¬ praktisch wäre. Da der Zeitpunkt, wo der jetzige Zustand der Dinge zugunsten Frankreichs abgeändert werden könnte, noch gar nicht abzusehen ist, so läßt sich doch auch die Größe unsrer Interessen in Marokko, wie sie sich zu diesem Zeit¬ punkte vielleicht gestaltet haben wird, noch gar nicht abschätzen. Über den Handel Marokkos liegen für das Jahr 1901 folgende Zahlen (in Tausenden Pfund Sterling) vor: - r in r^ Einfuhr Ausfuhr Großbritannien ... 967 480 Frankreich.....427 237 Deutschland . ... 133 162 Andre Länder ... 213 443 1740 1322 Deutschland steht hier mit seinen Interessen hinter England und Frankreich an dritter Stelle. Von einem Handelsumsatz von sechzig Millionen Mark entfällt auf Deutschland ungefähr der zehnte Teil; unsre Einfuhr nach Marokko belief sich 1901, also nach Vollzug des Handelsvertrags, auf etwa 26(50 0 00 Mark, die Ausfuhr von dort nach Deutschland auf etwa 3240000 Mark. Unter dem Einfluß der fortgesetzten Unruhen während der letzten Jahre werden sich diese Zahlen kaum stark gehoben haben, falls überhaupt genaue Ausschreibungen vorliegen. Um dieser sechs Millionen Mark willen, von denen im wesentlichen ja doch nur die deutsche Ausfuhr nach Marokko in Frage kommt, einen Konflikt mit Frank¬ reich vom Zaune brechen, würde eine so leichtsinnige Politik sein, daß die Reso¬ lution das unmöglich verlangen kann. Die englischen Interessen in Marokko be¬ tragen ungefähr das fünffache der deutschen, und doch hat England auf jede „Kompensation" und auf jeden Flottenstützpunkt, den es sich doch mit Leichtigkeit hätte ausbedingen können, verzichtet, sondern sich nur die Respektierung seiner alten Abmachungen mit Marokko vorbehalten. Frankreichs kommerzielle Interessen in Marokko sind heute schon mehr als doppelt so groß wie die Deutschlands; wir würden deshalb auch nach dem Wortlaut der Resolution nicht den „mindestens gleichen" Machtzuwachs verlangen können, sondern doch höchstens ein Drittel, wenn Frankreich zwei Drittel zufallen. Aber auch das liegt noch keineswegs so einfach- England hat eine Abmachung über Marokko mit Frankreich getroffen. Ob es geneigt wäre, auch zugunsten Deutschlands auf jede Kompensation und' auf jeden Flottenstützpunkt zu verzichten, falls Deutschland solche erhielte, erscheint zunächst etwas zweifelhaft und bleibt jedenfalls abzuwarten. Hierzu kommt, daß Marokko eine sehr fanatische, in hohem Maße fremdenfeindliche Bevölkerung hat. Gesetzt den Fall, Frankreich würde uns mit Englands Zustimmung bereitwillig ein Stück an der atlantischen Küste von Marokko abtreten — auch Spaniens Zustimmung käme dabei noch in Frage —, so würde Deutschland eine dorthin dirigierte Aus¬ wanderung wahrscheinlich mit einem Mcichtaufwande decken müssen, neben dem ve Hereroaufstand ein Kinderspiel wäre. Hierzu kommt, daß unsre Marine aus irgend einen Stützpunkt an der Küste von Morokko nicht den geringsten Wert legt,

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/550>, abgerufen am 25.07.2024.