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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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die Schweiz oder nach Frankreich oder suchen sie hier oder in der Umgegend in
den Klosterschulen unterzubringen, wo sie wieder dem Deutschtum fast ganz ent¬
fremdet werden. Deshalb sollte die Forderung vieler Einheimischer, in den Volks¬
schulen fakultativen französischen Unterricht einzuführen, der sich auch die im Straß"
burger Gemeinderat ziemlich stark vertretne sozialistische Partei angeschlossen hat,
gerade vom Standpunkt des Deutschtums aus nicht ohne weiteres von der Hand
gewiesen werden.

Die Sprache des Durchschuittssteckelburjers, dem wir vorhin auf dem Broglie
begegneten, ist "Elsässisch," d. h. also der Dialekt mit einem starken Einschlag
französischer Brocken. Nun klagte mir neulich ein alter Straßburger Herr, der
im "Elsässischen Theater" neben mir saß, daß das richtige alte Steckelburgische
immer mehr abkomme. Die Sprache verändre sich ungemein schnell, und kein
Mensch rede heute mehr so, wie man vor dreißig Jahren geredet habe. Namentlich
der Mischmasch mit französischen Worten habe seit der "Okkupation" arg zuge¬
nommen. Das habe ich auch anderweitig bestätigen hören. Der Einschlag fran¬
zösischer Worte ist sehr verschieden stark, aber er fehlt nie, auch bei denen nicht,
die absolut kein Französisch versteh". Wie erwähnt worden ist, verschmähen auch
die gebildetsten, den sogenannten besten Kreisen angehörenden Elsässer, die, wenn
nicht die Anwesenheit eines "Deutschen" sie dazu nötigt, kein Wort Schriftdeutsch
reden, unter sich keineswegs den Gebrauch des Elsässer "Dietsch." Die Unterhaltung
geht vielleicht eine halbe Stunde lang im besten Französisch fort, bis der eine,
wenn die Sache besonders gemütlich geworden ist, mit einem "Welsch un drno" --
beginnt und so der einheimische Dialekt auf längere oder kürzere Zeit in seine
Rechte tritt. In den Kreisen, in denen mehr auf Deutlichkeit als Eleganz der
Sprache Wert gelegt wird, wechselt das Französische mit dem Elsässischen oft satz¬
weise ab, ja derselbe Satz ist teilweise deutsch, teilweise französisch. Man könnte
fast sagen, je gemütlicher es zugeht, um so mehr werden beide Sprachen durch¬
einander gebraucht. Das ist psychologisch ganz erklärlich; gerade im engern Kreise,
wo man sich gehn läßt, zieht der "Zweisprachige" seinen Gedanken eben das Kleid
an, das ihm just am besten zu Passen scheint, ohne lange daran herumzumodeln,
und wenn einmal ein Ausdruck in der andern Sprache charakteristischer oder schneller
zur Hand ist, so greift man halt danach, unbekümmert darum, ob das Ganze bunt¬
scheckig aussieht wie ein Narrenkleid. "Schön wars, San ich Jhre. v'soll uns
vis.lo noch; non8 sowmss rsntrös 5, trois usurss nu matin se nous avons sillis
Wie die Bäckerbuewel" erzählte mir neulich ein Bekannter über einen vergnügten
Abend. Und umgekehrt sagt der, der das Französische bevorzugt: A kalt,
Mihir a, notis Aut-rss visux as ig, vitis, ze sehe, daß 's noch Männer hätt, wie sich
nicht ferichte as s'oxxossr pour Isnrs i66og su äauxsr ästrs mis su xrison.
(Brunner in E Demonstration von Stoßkopf.) Auch geschäftliche Anzeigen sind
bisweilen ähnlich abgefaßt; so las ich kürzlich auf dem Umschlagbogen zu den
"Neuen Elsässischen Bilderbogen"*) folgende Anzeige: "Kinderspielgasse 54 Stross-
burri "Zum Fischer." Ins. Henri Wolff. D'allerältscht Brasserie our d'r ganze
Stadt. Spezialität: Cervila-, Eier-, Käs-, Mut- und Fuchs-Salcidle; Süri un
gebacheni Fischte. Alleon am Dunnerschdaa: rrixss K 1s. woäs as vasn. VHsuusrs
se Diners K doues bsurs. D' befehle-n-elsässer un franzeesche Win kumme zum
Ausschank." Ein nettes Sprachsalädlc, aber echt!

Auch in den Schichten, die man nicht mehr als zweisprachig bezeichnen kann,
ist der Sprachschatz reich an Worten, die aus dem Französischen kommen und mehr
oder weniger mund- oder schriftgerecht gemacht sind. Es nimmt sich höchst drollig
aus, wenn z. B. in einem bäurischen Inventarverzeichnis zu jedem Bett ein Sumje



*) Das Abonnement dieser Bilderbogen, die von H. Loux und W. Schenermcmn (Stra߬
burg, Molsheimerstraße 6) herausgegeben werden -- jährlich zehn Mark ---, möchte ich jedem,
der Interesse und ein Herz für unsre wiedergewonnenen Stammesgenossen hat, warm empfehlen.
Straßburger Bilder

die Schweiz oder nach Frankreich oder suchen sie hier oder in der Umgegend in
den Klosterschulen unterzubringen, wo sie wieder dem Deutschtum fast ganz ent¬
fremdet werden. Deshalb sollte die Forderung vieler Einheimischer, in den Volks¬
schulen fakultativen französischen Unterricht einzuführen, der sich auch die im Straß«
burger Gemeinderat ziemlich stark vertretne sozialistische Partei angeschlossen hat,
gerade vom Standpunkt des Deutschtums aus nicht ohne weiteres von der Hand
gewiesen werden.

Die Sprache des Durchschuittssteckelburjers, dem wir vorhin auf dem Broglie
begegneten, ist „Elsässisch," d. h. also der Dialekt mit einem starken Einschlag
französischer Brocken. Nun klagte mir neulich ein alter Straßburger Herr, der
im „Elsässischen Theater" neben mir saß, daß das richtige alte Steckelburgische
immer mehr abkomme. Die Sprache verändre sich ungemein schnell, und kein
Mensch rede heute mehr so, wie man vor dreißig Jahren geredet habe. Namentlich
der Mischmasch mit französischen Worten habe seit der „Okkupation" arg zuge¬
nommen. Das habe ich auch anderweitig bestätigen hören. Der Einschlag fran¬
zösischer Worte ist sehr verschieden stark, aber er fehlt nie, auch bei denen nicht,
die absolut kein Französisch versteh». Wie erwähnt worden ist, verschmähen auch
die gebildetsten, den sogenannten besten Kreisen angehörenden Elsässer, die, wenn
nicht die Anwesenheit eines „Deutschen" sie dazu nötigt, kein Wort Schriftdeutsch
reden, unter sich keineswegs den Gebrauch des Elsässer „Dietsch." Die Unterhaltung
geht vielleicht eine halbe Stunde lang im besten Französisch fort, bis der eine,
wenn die Sache besonders gemütlich geworden ist, mit einem „Welsch un drno" —
beginnt und so der einheimische Dialekt auf längere oder kürzere Zeit in seine
Rechte tritt. In den Kreisen, in denen mehr auf Deutlichkeit als Eleganz der
Sprache Wert gelegt wird, wechselt das Französische mit dem Elsässischen oft satz¬
weise ab, ja derselbe Satz ist teilweise deutsch, teilweise französisch. Man könnte
fast sagen, je gemütlicher es zugeht, um so mehr werden beide Sprachen durch¬
einander gebraucht. Das ist psychologisch ganz erklärlich; gerade im engern Kreise,
wo man sich gehn läßt, zieht der „Zweisprachige" seinen Gedanken eben das Kleid
an, das ihm just am besten zu Passen scheint, ohne lange daran herumzumodeln,
und wenn einmal ein Ausdruck in der andern Sprache charakteristischer oder schneller
zur Hand ist, so greift man halt danach, unbekümmert darum, ob das Ganze bunt¬
scheckig aussieht wie ein Narrenkleid. „Schön wars, San ich Jhre. v'soll uns
vis.lo noch; non8 sowmss rsntrös 5, trois usurss nu matin se nous avons sillis
Wie die Bäckerbuewel" erzählte mir neulich ein Bekannter über einen vergnügten
Abend. Und umgekehrt sagt der, der das Französische bevorzugt: A kalt,
Mihir a, notis Aut-rss visux as ig, vitis, ze sehe, daß 's noch Männer hätt, wie sich
nicht ferichte as s'oxxossr pour Isnrs i66og su äauxsr ästrs mis su xrison.
(Brunner in E Demonstration von Stoßkopf.) Auch geschäftliche Anzeigen sind
bisweilen ähnlich abgefaßt; so las ich kürzlich auf dem Umschlagbogen zu den
„Neuen Elsässischen Bilderbogen"*) folgende Anzeige: „Kinderspielgasse 54 Stross-
burri „Zum Fischer." Ins. Henri Wolff. D'allerältscht Brasserie our d'r ganze
Stadt. Spezialität: Cervila-, Eier-, Käs-, Mut- und Fuchs-Salcidle; Süri un
gebacheni Fischte. Alleon am Dunnerschdaa: rrixss K 1s. woäs as vasn. VHsuusrs
se Diners K doues bsurs. D' befehle-n-elsässer un franzeesche Win kumme zum
Ausschank." Ein nettes Sprachsalädlc, aber echt!

Auch in den Schichten, die man nicht mehr als zweisprachig bezeichnen kann,
ist der Sprachschatz reich an Worten, die aus dem Französischen kommen und mehr
oder weniger mund- oder schriftgerecht gemacht sind. Es nimmt sich höchst drollig
aus, wenn z. B. in einem bäurischen Inventarverzeichnis zu jedem Bett ein Sumje



*) Das Abonnement dieser Bilderbogen, die von H. Loux und W. Schenermcmn (Stra߬
burg, Molsheimerstraße 6) herausgegeben werden — jährlich zehn Mark —-, möchte ich jedem,
der Interesse und ein Herz für unsre wiedergewonnenen Stammesgenossen hat, warm empfehlen.
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[0528] Straßburger Bilder die Schweiz oder nach Frankreich oder suchen sie hier oder in der Umgegend in den Klosterschulen unterzubringen, wo sie wieder dem Deutschtum fast ganz ent¬ fremdet werden. Deshalb sollte die Forderung vieler Einheimischer, in den Volks¬ schulen fakultativen französischen Unterricht einzuführen, der sich auch die im Straß« burger Gemeinderat ziemlich stark vertretne sozialistische Partei angeschlossen hat, gerade vom Standpunkt des Deutschtums aus nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden. Die Sprache des Durchschuittssteckelburjers, dem wir vorhin auf dem Broglie begegneten, ist „Elsässisch," d. h. also der Dialekt mit einem starken Einschlag französischer Brocken. Nun klagte mir neulich ein alter Straßburger Herr, der im „Elsässischen Theater" neben mir saß, daß das richtige alte Steckelburgische immer mehr abkomme. Die Sprache verändre sich ungemein schnell, und kein Mensch rede heute mehr so, wie man vor dreißig Jahren geredet habe. Namentlich der Mischmasch mit französischen Worten habe seit der „Okkupation" arg zuge¬ nommen. Das habe ich auch anderweitig bestätigen hören. Der Einschlag fran¬ zösischer Worte ist sehr verschieden stark, aber er fehlt nie, auch bei denen nicht, die absolut kein Französisch versteh». Wie erwähnt worden ist, verschmähen auch die gebildetsten, den sogenannten besten Kreisen angehörenden Elsässer, die, wenn nicht die Anwesenheit eines „Deutschen" sie dazu nötigt, kein Wort Schriftdeutsch reden, unter sich keineswegs den Gebrauch des Elsässer „Dietsch." Die Unterhaltung geht vielleicht eine halbe Stunde lang im besten Französisch fort, bis der eine, wenn die Sache besonders gemütlich geworden ist, mit einem „Welsch un drno" — beginnt und so der einheimische Dialekt auf längere oder kürzere Zeit in seine Rechte tritt. In den Kreisen, in denen mehr auf Deutlichkeit als Eleganz der Sprache Wert gelegt wird, wechselt das Französische mit dem Elsässischen oft satz¬ weise ab, ja derselbe Satz ist teilweise deutsch, teilweise französisch. Man könnte fast sagen, je gemütlicher es zugeht, um so mehr werden beide Sprachen durch¬ einander gebraucht. Das ist psychologisch ganz erklärlich; gerade im engern Kreise, wo man sich gehn läßt, zieht der „Zweisprachige" seinen Gedanken eben das Kleid an, das ihm just am besten zu Passen scheint, ohne lange daran herumzumodeln, und wenn einmal ein Ausdruck in der andern Sprache charakteristischer oder schneller zur Hand ist, so greift man halt danach, unbekümmert darum, ob das Ganze bunt¬ scheckig aussieht wie ein Narrenkleid. „Schön wars, San ich Jhre. v'soll uns vis.lo noch; non8 sowmss rsntrös 5, trois usurss nu matin se nous avons sillis Wie die Bäckerbuewel" erzählte mir neulich ein Bekannter über einen vergnügten Abend. Und umgekehrt sagt der, der das Französische bevorzugt: A kalt, Mihir a, notis Aut-rss visux as ig, vitis, ze sehe, daß 's noch Männer hätt, wie sich nicht ferichte as s'oxxossr pour Isnrs i66og su äauxsr ästrs mis su xrison. (Brunner in E Demonstration von Stoßkopf.) Auch geschäftliche Anzeigen sind bisweilen ähnlich abgefaßt; so las ich kürzlich auf dem Umschlagbogen zu den „Neuen Elsässischen Bilderbogen"*) folgende Anzeige: „Kinderspielgasse 54 Stross- burri „Zum Fischer." Ins. Henri Wolff. D'allerältscht Brasserie our d'r ganze Stadt. Spezialität: Cervila-, Eier-, Käs-, Mut- und Fuchs-Salcidle; Süri un gebacheni Fischte. Alleon am Dunnerschdaa: rrixss K 1s. woäs as vasn. VHsuusrs se Diners K doues bsurs. D' befehle-n-elsässer un franzeesche Win kumme zum Ausschank." Ein nettes Sprachsalädlc, aber echt! Auch in den Schichten, die man nicht mehr als zweisprachig bezeichnen kann, ist der Sprachschatz reich an Worten, die aus dem Französischen kommen und mehr oder weniger mund- oder schriftgerecht gemacht sind. Es nimmt sich höchst drollig aus, wenn z. B. in einem bäurischen Inventarverzeichnis zu jedem Bett ein Sumje *) Das Abonnement dieser Bilderbogen, die von H. Loux und W. Schenermcmn (Stra߬ burg, Molsheimerstraße 6) herausgegeben werden — jährlich zehn Mark —-, möchte ich jedem, der Interesse und ein Herz für unsre wiedergewonnenen Stammesgenossen hat, warm empfehlen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/528>, abgerufen am 02.10.2024.