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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Wanderungen in der Niederlausitz

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Uons tuit Illo MÄZnus soripti "Äonniinis unius.

Das abgetragne Erdreich wurde teilweise zur Ausfüllung des großen Sumpfes
verwandt, der sich an der Westseite des Berges hinzog; durch Ableitung seiner
Wässer entstand der schöne, jetzt mit Alleen umgebne Klosterteich vor dem Haupt¬
portal. Das Werk des Kirchenbaues muß hier sehr schwierig und langwierig ge¬
wesen sein: man baute eine dreischiffige gotische Hallenkirche, deren Tür nach
Westen, deren Apsis nach Osten schaute. Einer nicht eben gut beglaubigten Nachricht
zufolge soll die Kirche erst um das Jahr 1390 geweiht worden sein. Unterdessen
hatte die wirtschaftliche Aufschließung des durch die Stiftungsurkunde und spätere
Schenkungen und Käufe erworbnen Klostergebiets große Fortschritte gemacht. Die
Feldmarken der Slawendörfer, durch Maibäume genau abgegrenzt und durch
Rodungen erweitert, waren größtenteils mit deutscheu Bauern besetzt, die Slawen
zu Gärtnern, Kossäten oder Büdnern herabgedrückt worden, die dem deutschen
Richter des Dorfes oder den Bauern und dadurch mittelbar dem Stifte zinsbar
waren. Andre neue Dörfer, an den deutschen Namen kenntlich, wie zum Beispiel
Steinsdorf, Möwiskruge, Fünfeichen usw., waren auf neuen Rodungen vorzugsweise
aus deutschen Ansiedlern nach deutschem Recht gebildet worden, doch wurden ihnen
in der Regel einige slawische Untertanen beigegeben, die dem Kloster außer einer
Geldabgabe Persönliche Dienste leisten mußten, von denen die Bauern fast durch¬
gängig frei waren. Andre Gruppen von slawischen Wald- und Honigbauern wurden
in Anknüpfung an ältere Genossenschaften dieser Art zu Zeidlereien zusammengefaßt,
und ihre Rechte und Leistungen wurden bis ins einzelste geregelt. Ja sogar ein
Handels- und Fischerstädtchen wie Fürstenberg verstanden die Zisterzienser zu beider¬
seitiger Zufriedenheit ihrem kleinen Staatswesen einzugliedern. Sehr lehrreich ist
dafür die "Handfeste," durch die Abt Johann im Jahre 1335 die Rechte und die
Pflichten der Fürstenberger festsetzt. Das Kloster behält sich dasselbe Fischrecht auf
der Oder , wie es die Bürger ausüben, vor, außerdem aber von Stören und
Lachsen, die gefangen werden, den dritten Teil, ferner freie Überfahrt für alle
Klosterleute. Auf dem Kieße vor Fürstenberg sitzt noch eine kleine slawische Fischer¬
gemeinde von sechs Fischern, "dy do fischen moegin, doch ane dy gezewg, dy da
heisin wlockin unde flos, dyselbin fischere solum des clowsters deditzen (äoäitieii
-- Unterworfene) syn unde solum kegin (gegen) dem clowstere euer, alze andere deditzen
des clowsters tun." Ein ähnlicher Ausdruck kehrt im Urkundenbuche Seite 126 noch
einmal wieder: "Die Fischer sollen fischen ane flossin und ane flvckin." Grimms
Wörterbuch läßt uus bei solchen in den Urkunden vorkommenden technischen Aus¬
drücken leider im Stich. Aber Herr Archivdirektor von Buchwald in Mecklenbnrg-
Strelitz teilt niir freundlichst mit, daß nnter viole oder plante das Flocknetz zu versteh"
sei, flossin (us. flotten) aber heißen die kleinen Schwimmhölzer oder Korke, die einen
Netzrand im Wasser stehend erhalten. Der Sinn der Bestimmung ist, daß diese
slawischen Fischer ihr Gewerbe nur im Kleinbetriebe, mit der sogenannten "stillen
Fischerei," aber nicht mit großen Netzen, oder wie man sich technisch ausdrückt, mit
dein "großen Zeuge" ausüben sollen. Das blieb den Klvsterleuten vorbehalten.
Endlich enthält die "Handfeste" noch ein Zugeständnis für die Fürstenberger:
"Vortmeer zö solum wir nicht gewart noch sehne in der stat velle dahin yn (ihnen
-- den Bürgern) zu frommen unde zu besserungen." Demnach haben die Mönche
an andern Orten Niederlagen und Verkaufsstellen für Tuche und Schuhwerk unter¬
halten.

Noch lehrreicher sind die Neste zweier Neuzellischer Erbbücher, die im Berliner
Staatsarchive (^" Ney. 21 v. i^ezc. 9057 und b) verwahrt werden und in dem
genannten Urkundenbuche Seite 117 f. zum erstenmal gedruckt worden sind. Das
ältere von beiden ist aus der Zeit um 1420, gibt uns also ein Bild der Klosterwirt¬
schaft vor dem Hussitenkriege. Die kleine Fischergemeinde aus slawischen Deditzen
"uf dem Kysse vor Forstenberg" besteht noch immer; besonders aber interessieren


Wanderungen in der Niederlausitz

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Das abgetragne Erdreich wurde teilweise zur Ausfüllung des großen Sumpfes
verwandt, der sich an der Westseite des Berges hinzog; durch Ableitung seiner
Wässer entstand der schöne, jetzt mit Alleen umgebne Klosterteich vor dem Haupt¬
portal. Das Werk des Kirchenbaues muß hier sehr schwierig und langwierig ge¬
wesen sein: man baute eine dreischiffige gotische Hallenkirche, deren Tür nach
Westen, deren Apsis nach Osten schaute. Einer nicht eben gut beglaubigten Nachricht
zufolge soll die Kirche erst um das Jahr 1390 geweiht worden sein. Unterdessen
hatte die wirtschaftliche Aufschließung des durch die Stiftungsurkunde und spätere
Schenkungen und Käufe erworbnen Klostergebiets große Fortschritte gemacht. Die
Feldmarken der Slawendörfer, durch Maibäume genau abgegrenzt und durch
Rodungen erweitert, waren größtenteils mit deutscheu Bauern besetzt, die Slawen
zu Gärtnern, Kossäten oder Büdnern herabgedrückt worden, die dem deutschen
Richter des Dorfes oder den Bauern und dadurch mittelbar dem Stifte zinsbar
waren. Andre neue Dörfer, an den deutschen Namen kenntlich, wie zum Beispiel
Steinsdorf, Möwiskruge, Fünfeichen usw., waren auf neuen Rodungen vorzugsweise
aus deutschen Ansiedlern nach deutschem Recht gebildet worden, doch wurden ihnen
in der Regel einige slawische Untertanen beigegeben, die dem Kloster außer einer
Geldabgabe Persönliche Dienste leisten mußten, von denen die Bauern fast durch¬
gängig frei waren. Andre Gruppen von slawischen Wald- und Honigbauern wurden
in Anknüpfung an ältere Genossenschaften dieser Art zu Zeidlereien zusammengefaßt,
und ihre Rechte und Leistungen wurden bis ins einzelste geregelt. Ja sogar ein
Handels- und Fischerstädtchen wie Fürstenberg verstanden die Zisterzienser zu beider¬
seitiger Zufriedenheit ihrem kleinen Staatswesen einzugliedern. Sehr lehrreich ist
dafür die „Handfeste," durch die Abt Johann im Jahre 1335 die Rechte und die
Pflichten der Fürstenberger festsetzt. Das Kloster behält sich dasselbe Fischrecht auf
der Oder , wie es die Bürger ausüben, vor, außerdem aber von Stören und
Lachsen, die gefangen werden, den dritten Teil, ferner freie Überfahrt für alle
Klosterleute. Auf dem Kieße vor Fürstenberg sitzt noch eine kleine slawische Fischer¬
gemeinde von sechs Fischern, „dy do fischen moegin, doch ane dy gezewg, dy da
heisin wlockin unde flos, dyselbin fischere solum des clowsters deditzen (äoäitieii
— Unterworfene) syn unde solum kegin (gegen) dem clowstere euer, alze andere deditzen
des clowsters tun." Ein ähnlicher Ausdruck kehrt im Urkundenbuche Seite 126 noch
einmal wieder: „Die Fischer sollen fischen ane flossin und ane flvckin." Grimms
Wörterbuch läßt uus bei solchen in den Urkunden vorkommenden technischen Aus¬
drücken leider im Stich. Aber Herr Archivdirektor von Buchwald in Mecklenbnrg-
Strelitz teilt niir freundlichst mit, daß nnter viole oder plante das Flocknetz zu versteh»
sei, flossin (us. flotten) aber heißen die kleinen Schwimmhölzer oder Korke, die einen
Netzrand im Wasser stehend erhalten. Der Sinn der Bestimmung ist, daß diese
slawischen Fischer ihr Gewerbe nur im Kleinbetriebe, mit der sogenannten „stillen
Fischerei," aber nicht mit großen Netzen, oder wie man sich technisch ausdrückt, mit
dein „großen Zeuge" ausüben sollen. Das blieb den Klvsterleuten vorbehalten.
Endlich enthält die „Handfeste" noch ein Zugeständnis für die Fürstenberger:
„Vortmeer zö solum wir nicht gewart noch sehne in der stat velle dahin yn (ihnen
— den Bürgern) zu frommen unde zu besserungen." Demnach haben die Mönche
an andern Orten Niederlagen und Verkaufsstellen für Tuche und Schuhwerk unter¬
halten.

Noch lehrreicher sind die Neste zweier Neuzellischer Erbbücher, die im Berliner
Staatsarchive (^" Ney. 21 v. i^ezc. 9057 und b) verwahrt werden und in dem
genannten Urkundenbuche Seite 117 f. zum erstenmal gedruckt worden sind. Das
ältere von beiden ist aus der Zeit um 1420, gibt uns also ein Bild der Klosterwirt¬
schaft vor dem Hussitenkriege. Die kleine Fischergemeinde aus slawischen Deditzen
„uf dem Kysse vor Forstenberg" besteht noch immer; besonders aber interessieren


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[0468] Wanderungen in der Niederlausitz nov1s8is.g looo, <iuo 8w oum s,adieu toto Uons tuit Illo MÄZnus soripti «Äonniinis unius. Das abgetragne Erdreich wurde teilweise zur Ausfüllung des großen Sumpfes verwandt, der sich an der Westseite des Berges hinzog; durch Ableitung seiner Wässer entstand der schöne, jetzt mit Alleen umgebne Klosterteich vor dem Haupt¬ portal. Das Werk des Kirchenbaues muß hier sehr schwierig und langwierig ge¬ wesen sein: man baute eine dreischiffige gotische Hallenkirche, deren Tür nach Westen, deren Apsis nach Osten schaute. Einer nicht eben gut beglaubigten Nachricht zufolge soll die Kirche erst um das Jahr 1390 geweiht worden sein. Unterdessen hatte die wirtschaftliche Aufschließung des durch die Stiftungsurkunde und spätere Schenkungen und Käufe erworbnen Klostergebiets große Fortschritte gemacht. Die Feldmarken der Slawendörfer, durch Maibäume genau abgegrenzt und durch Rodungen erweitert, waren größtenteils mit deutscheu Bauern besetzt, die Slawen zu Gärtnern, Kossäten oder Büdnern herabgedrückt worden, die dem deutschen Richter des Dorfes oder den Bauern und dadurch mittelbar dem Stifte zinsbar waren. Andre neue Dörfer, an den deutschen Namen kenntlich, wie zum Beispiel Steinsdorf, Möwiskruge, Fünfeichen usw., waren auf neuen Rodungen vorzugsweise aus deutschen Ansiedlern nach deutschem Recht gebildet worden, doch wurden ihnen in der Regel einige slawische Untertanen beigegeben, die dem Kloster außer einer Geldabgabe Persönliche Dienste leisten mußten, von denen die Bauern fast durch¬ gängig frei waren. Andre Gruppen von slawischen Wald- und Honigbauern wurden in Anknüpfung an ältere Genossenschaften dieser Art zu Zeidlereien zusammengefaßt, und ihre Rechte und Leistungen wurden bis ins einzelste geregelt. Ja sogar ein Handels- und Fischerstädtchen wie Fürstenberg verstanden die Zisterzienser zu beider¬ seitiger Zufriedenheit ihrem kleinen Staatswesen einzugliedern. Sehr lehrreich ist dafür die „Handfeste," durch die Abt Johann im Jahre 1335 die Rechte und die Pflichten der Fürstenberger festsetzt. Das Kloster behält sich dasselbe Fischrecht auf der Oder , wie es die Bürger ausüben, vor, außerdem aber von Stören und Lachsen, die gefangen werden, den dritten Teil, ferner freie Überfahrt für alle Klosterleute. Auf dem Kieße vor Fürstenberg sitzt noch eine kleine slawische Fischer¬ gemeinde von sechs Fischern, „dy do fischen moegin, doch ane dy gezewg, dy da heisin wlockin unde flos, dyselbin fischere solum des clowsters deditzen (äoäitieii — Unterworfene) syn unde solum kegin (gegen) dem clowstere euer, alze andere deditzen des clowsters tun." Ein ähnlicher Ausdruck kehrt im Urkundenbuche Seite 126 noch einmal wieder: „Die Fischer sollen fischen ane flossin und ane flvckin." Grimms Wörterbuch läßt uus bei solchen in den Urkunden vorkommenden technischen Aus¬ drücken leider im Stich. Aber Herr Archivdirektor von Buchwald in Mecklenbnrg- Strelitz teilt niir freundlichst mit, daß nnter viole oder plante das Flocknetz zu versteh» sei, flossin (us. flotten) aber heißen die kleinen Schwimmhölzer oder Korke, die einen Netzrand im Wasser stehend erhalten. Der Sinn der Bestimmung ist, daß diese slawischen Fischer ihr Gewerbe nur im Kleinbetriebe, mit der sogenannten „stillen Fischerei," aber nicht mit großen Netzen, oder wie man sich technisch ausdrückt, mit dein „großen Zeuge" ausüben sollen. Das blieb den Klvsterleuten vorbehalten. Endlich enthält die „Handfeste" noch ein Zugeständnis für die Fürstenberger: „Vortmeer zö solum wir nicht gewart noch sehne in der stat velle dahin yn (ihnen — den Bürgern) zu frommen unde zu besserungen." Demnach haben die Mönche an andern Orten Niederlagen und Verkaufsstellen für Tuche und Schuhwerk unter¬ halten. Noch lehrreicher sind die Neste zweier Neuzellischer Erbbücher, die im Berliner Staatsarchive (^" Ney. 21 v. i^ezc. 9057 und b) verwahrt werden und in dem genannten Urkundenbuche Seite 117 f. zum erstenmal gedruckt worden sind. Das ältere von beiden ist aus der Zeit um 1420, gibt uns also ein Bild der Klosterwirt¬ schaft vor dem Hussitenkriege. Die kleine Fischergemeinde aus slawischen Deditzen „uf dem Kysse vor Forstenberg" besteht noch immer; besonders aber interessieren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/468>, abgerufen am 25.07.2024.