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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Wanderungen in der Niederlausitz

Guter. Auf den Besitz von Fürstenberg legte dieser schlau rechnende Kaiser Wert,
seitdem er mit dem Plan umging, Brandenburg an sein Haus zu bringen, was
1373 durch den Vertrag von Fürsteuwalde geschah. Er war im Frühling 1370
selbst längere Zeit in Fürstenberg, erbaute dort ein festes Schloß und eine Oder¬
brücke, deren letzte Überreste erst vor dreißig Jahren beseitigt worden sind. Seine
Nachfolger waren nicht die Leute, das Erworbne zu behaupten: schon 1406 gelang
es den Zisterziensern von Neuzelle, Fürstenberg von Jobst von Mähren zurückzu¬
kaufen. Unterdessen hatten sich auch die Gebäude des Stifts und die wirtschaft¬
liche Organisation seines Gebiets gedeihlich entwickelt. Freilich ging die Einrichtung
des Klosters nicht so schnell und glatt vor sich, wie man wohl meinen sollte. Die
neue Stiftung sollte zum Sprengel des Bischofs von Meißen gehören, aber der
Bischof von Leims erhob ältere Ansprüche auf das um die ehemalige Kastellcmei
Schiedlo liegende Gebiet. Zur Schlichtung des jahrelang geführten Streits wurde
die Vermittlung des Erzbischofs von Magdeburg, des Bischofs von Merseburg, ja
sogar des Papstes Gregors des Zehnten in Anspruch genommen. Erst im Jahre 1281
wurde der Abt des Klosters Zelle bei Rossen durch das Generalkapitel der Zisterzienser
Citeaux ermächtigt, Mönche nach Neuzelle überzuführen und den ersten Abt dort
einzusetzen. Neuzelle ist also ein Tochterkloster des meißnischen Zelle, das nunmehr
erst den Namen Vetus Cella (Alteuzelle) annahm. Die Zisterzienser jener Zeit
waren aber nicht nur fromme Beter, sondern hatten auch vortreffliche Landwirte,
Fischer, Gärtner, Hoch- und Tiefbaumeister, Bronzegießer, Kaufleute und Vertreter
andrer nützlicher Berufe in ihren Reihen. Ihrem Unternehmungsgeiste bot sich in
den zimi Stift gehörenden Gelände ein fast noch unberührtes Arbeitsfeld. Wer
etwa um das Jahr 1280 auf dem östlichsten Kamme des Berglandes stand, das
Ach von der Odcrstrecke Schiedlo-Fürstenberg nach Westen zieht, der sah zu seinen
6ußen das meilenlange, von Sumpf, Wasserlachen und wildem Eichwalde bedeckte
Bruchland der Oder, dann den Strom selbst, der in noch ungebändigter Freiheit
parallel zu der Bergkette hinfloß; hinter sich aber, nach Westen zu, hatte er ein noch
ganz unentwickeltes Waldland mit einigen armseligen slawischen Dörfern und den
Zerstreuter Niederlassungen von Zeidlern. die nach altslawischer Sitte nnter einem
Ältesten, einem Starosten, lebten. Es ist bezeichnend, daß in der Stiftungsurkunde
von 1268 auch nicht eine einzige Ortschaft genannt ist, sondern nnr die Maße des
^wstergebiets angegeben sind. Die deutschen Dörfer, die später die Bestätigungs-
urkunde Karls des Vierten 1370 auf diesem Gebiete verzeichnet: Steinsdorf, Seit-
wanu, Möwiskruge sind vermutlich erst Gründungen der Zisterzienser. Aus Gründe",
dle uns unbekannt sind, beschloß der Konvent von Nenzelle in einem nicht mehr
bekannten Jahre, jedoch erst nach dem Tode Heinrichs des Erlauchten (1288), die
Verlegung des Klosters aus dem Dorfe Starczedel nach seinem heutigen Standort
"uf den östlichsten Steilrand des Gebirges vor der Oderniederung. Markgraf Diez-
nwnu und der Bischof von Meißen genehmigten diese Verlegung. Hierbei taucht
zuerst der Name des dem Stift seitdem benachbarten Dorfes schlahen (Slaven)
?uf, der Name des Dorfes Starczedel ist aus dieser Gegend verschwunden. Das
wohl so zu deuten, daß die dem Kloster zu eigen gehörenden Kossäten und
^udner des Dorfes Starczedel die Übersiedlung mitmachen mußten, damit die geist¬
chen Herren in ihrer unmittelbaren Nähe die nötigen Eigenleute hätten, nud daß
ieses neue Kossäteudorf nun einfach nach der Nationalität seiner Insassen im Gegen-
>"dz zu den deutschen Banerndvrferu ringsum Slaven (^ schlahen) genannt wurde.

^ Beim Neubau des Klosters sorgte man natürlich zuerst für die nötigsten
^ohn- und Wirtschaftsränme, dann ging man an die Erbauung der Kirche, für
^ die Ziegel vermutlich an Ort und Stelle gebrannt wurden. Sie sollte als
">e weithin schauende Warte des germanischen Christentums auf der Kuppe des
Werges ihren Platz finden; aber die dafür nötige Plattform mußte erst durch Ab¬
wägung des obersten Teils der Bergkuppe geschaffen werden. Eine Inschrift des
^urens bezeichnet die Höhenmarke, bis zu der sich einst die sandige Bergkuppe


Wanderungen in der Niederlausitz

Guter. Auf den Besitz von Fürstenberg legte dieser schlau rechnende Kaiser Wert,
seitdem er mit dem Plan umging, Brandenburg an sein Haus zu bringen, was
1373 durch den Vertrag von Fürsteuwalde geschah. Er war im Frühling 1370
selbst längere Zeit in Fürstenberg, erbaute dort ein festes Schloß und eine Oder¬
brücke, deren letzte Überreste erst vor dreißig Jahren beseitigt worden sind. Seine
Nachfolger waren nicht die Leute, das Erworbne zu behaupten: schon 1406 gelang
es den Zisterziensern von Neuzelle, Fürstenberg von Jobst von Mähren zurückzu¬
kaufen. Unterdessen hatten sich auch die Gebäude des Stifts und die wirtschaft¬
liche Organisation seines Gebiets gedeihlich entwickelt. Freilich ging die Einrichtung
des Klosters nicht so schnell und glatt vor sich, wie man wohl meinen sollte. Die
neue Stiftung sollte zum Sprengel des Bischofs von Meißen gehören, aber der
Bischof von Leims erhob ältere Ansprüche auf das um die ehemalige Kastellcmei
Schiedlo liegende Gebiet. Zur Schlichtung des jahrelang geführten Streits wurde
die Vermittlung des Erzbischofs von Magdeburg, des Bischofs von Merseburg, ja
sogar des Papstes Gregors des Zehnten in Anspruch genommen. Erst im Jahre 1281
wurde der Abt des Klosters Zelle bei Rossen durch das Generalkapitel der Zisterzienser
Citeaux ermächtigt, Mönche nach Neuzelle überzuführen und den ersten Abt dort
einzusetzen. Neuzelle ist also ein Tochterkloster des meißnischen Zelle, das nunmehr
erst den Namen Vetus Cella (Alteuzelle) annahm. Die Zisterzienser jener Zeit
waren aber nicht nur fromme Beter, sondern hatten auch vortreffliche Landwirte,
Fischer, Gärtner, Hoch- und Tiefbaumeister, Bronzegießer, Kaufleute und Vertreter
andrer nützlicher Berufe in ihren Reihen. Ihrem Unternehmungsgeiste bot sich in
den zimi Stift gehörenden Gelände ein fast noch unberührtes Arbeitsfeld. Wer
etwa um das Jahr 1280 auf dem östlichsten Kamme des Berglandes stand, das
Ach von der Odcrstrecke Schiedlo-Fürstenberg nach Westen zieht, der sah zu seinen
6ußen das meilenlange, von Sumpf, Wasserlachen und wildem Eichwalde bedeckte
Bruchland der Oder, dann den Strom selbst, der in noch ungebändigter Freiheit
parallel zu der Bergkette hinfloß; hinter sich aber, nach Westen zu, hatte er ein noch
ganz unentwickeltes Waldland mit einigen armseligen slawischen Dörfern und den
Zerstreuter Niederlassungen von Zeidlern. die nach altslawischer Sitte nnter einem
Ältesten, einem Starosten, lebten. Es ist bezeichnend, daß in der Stiftungsurkunde
von 1268 auch nicht eine einzige Ortschaft genannt ist, sondern nnr die Maße des
^wstergebiets angegeben sind. Die deutschen Dörfer, die später die Bestätigungs-
urkunde Karls des Vierten 1370 auf diesem Gebiete verzeichnet: Steinsdorf, Seit-
wanu, Möwiskruge sind vermutlich erst Gründungen der Zisterzienser. Aus Gründe»,
dle uns unbekannt sind, beschloß der Konvent von Nenzelle in einem nicht mehr
bekannten Jahre, jedoch erst nach dem Tode Heinrichs des Erlauchten (1288), die
Verlegung des Klosters aus dem Dorfe Starczedel nach seinem heutigen Standort
"uf den östlichsten Steilrand des Gebirges vor der Oderniederung. Markgraf Diez-
nwnu und der Bischof von Meißen genehmigten diese Verlegung. Hierbei taucht
zuerst der Name des dem Stift seitdem benachbarten Dorfes schlahen (Slaven)
?uf, der Name des Dorfes Starczedel ist aus dieser Gegend verschwunden. Das
wohl so zu deuten, daß die dem Kloster zu eigen gehörenden Kossäten und
^udner des Dorfes Starczedel die Übersiedlung mitmachen mußten, damit die geist¬
chen Herren in ihrer unmittelbaren Nähe die nötigen Eigenleute hätten, nud daß
ieses neue Kossäteudorf nun einfach nach der Nationalität seiner Insassen im Gegen-
>"dz zu den deutschen Banerndvrferu ringsum Slaven (^ schlahen) genannt wurde.

^ Beim Neubau des Klosters sorgte man natürlich zuerst für die nötigsten
^ohn- und Wirtschaftsränme, dann ging man an die Erbauung der Kirche, für
^ die Ziegel vermutlich an Ort und Stelle gebrannt wurden. Sie sollte als
">e weithin schauende Warte des germanischen Christentums auf der Kuppe des
Werges ihren Platz finden; aber die dafür nötige Plattform mußte erst durch Ab¬
wägung des obersten Teils der Bergkuppe geschaffen werden. Eine Inschrift des
^urens bezeichnet die Höhenmarke, bis zu der sich einst die sandige Bergkuppe


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[0467] Wanderungen in der Niederlausitz Guter. Auf den Besitz von Fürstenberg legte dieser schlau rechnende Kaiser Wert, seitdem er mit dem Plan umging, Brandenburg an sein Haus zu bringen, was 1373 durch den Vertrag von Fürsteuwalde geschah. Er war im Frühling 1370 selbst längere Zeit in Fürstenberg, erbaute dort ein festes Schloß und eine Oder¬ brücke, deren letzte Überreste erst vor dreißig Jahren beseitigt worden sind. Seine Nachfolger waren nicht die Leute, das Erworbne zu behaupten: schon 1406 gelang es den Zisterziensern von Neuzelle, Fürstenberg von Jobst von Mähren zurückzu¬ kaufen. Unterdessen hatten sich auch die Gebäude des Stifts und die wirtschaft¬ liche Organisation seines Gebiets gedeihlich entwickelt. Freilich ging die Einrichtung des Klosters nicht so schnell und glatt vor sich, wie man wohl meinen sollte. Die neue Stiftung sollte zum Sprengel des Bischofs von Meißen gehören, aber der Bischof von Leims erhob ältere Ansprüche auf das um die ehemalige Kastellcmei Schiedlo liegende Gebiet. Zur Schlichtung des jahrelang geführten Streits wurde die Vermittlung des Erzbischofs von Magdeburg, des Bischofs von Merseburg, ja sogar des Papstes Gregors des Zehnten in Anspruch genommen. Erst im Jahre 1281 wurde der Abt des Klosters Zelle bei Rossen durch das Generalkapitel der Zisterzienser Citeaux ermächtigt, Mönche nach Neuzelle überzuführen und den ersten Abt dort einzusetzen. Neuzelle ist also ein Tochterkloster des meißnischen Zelle, das nunmehr erst den Namen Vetus Cella (Alteuzelle) annahm. Die Zisterzienser jener Zeit waren aber nicht nur fromme Beter, sondern hatten auch vortreffliche Landwirte, Fischer, Gärtner, Hoch- und Tiefbaumeister, Bronzegießer, Kaufleute und Vertreter andrer nützlicher Berufe in ihren Reihen. Ihrem Unternehmungsgeiste bot sich in den zimi Stift gehörenden Gelände ein fast noch unberührtes Arbeitsfeld. Wer etwa um das Jahr 1280 auf dem östlichsten Kamme des Berglandes stand, das Ach von der Odcrstrecke Schiedlo-Fürstenberg nach Westen zieht, der sah zu seinen 6ußen das meilenlange, von Sumpf, Wasserlachen und wildem Eichwalde bedeckte Bruchland der Oder, dann den Strom selbst, der in noch ungebändigter Freiheit parallel zu der Bergkette hinfloß; hinter sich aber, nach Westen zu, hatte er ein noch ganz unentwickeltes Waldland mit einigen armseligen slawischen Dörfern und den Zerstreuter Niederlassungen von Zeidlern. die nach altslawischer Sitte nnter einem Ältesten, einem Starosten, lebten. Es ist bezeichnend, daß in der Stiftungsurkunde von 1268 auch nicht eine einzige Ortschaft genannt ist, sondern nnr die Maße des ^wstergebiets angegeben sind. Die deutschen Dörfer, die später die Bestätigungs- urkunde Karls des Vierten 1370 auf diesem Gebiete verzeichnet: Steinsdorf, Seit- wanu, Möwiskruge sind vermutlich erst Gründungen der Zisterzienser. Aus Gründe», dle uns unbekannt sind, beschloß der Konvent von Nenzelle in einem nicht mehr bekannten Jahre, jedoch erst nach dem Tode Heinrichs des Erlauchten (1288), die Verlegung des Klosters aus dem Dorfe Starczedel nach seinem heutigen Standort "uf den östlichsten Steilrand des Gebirges vor der Oderniederung. Markgraf Diez- nwnu und der Bischof von Meißen genehmigten diese Verlegung. Hierbei taucht zuerst der Name des dem Stift seitdem benachbarten Dorfes schlahen (Slaven) ?uf, der Name des Dorfes Starczedel ist aus dieser Gegend verschwunden. Das wohl so zu deuten, daß die dem Kloster zu eigen gehörenden Kossäten und ^udner des Dorfes Starczedel die Übersiedlung mitmachen mußten, damit die geist¬ chen Herren in ihrer unmittelbaren Nähe die nötigen Eigenleute hätten, nud daß ieses neue Kossäteudorf nun einfach nach der Nationalität seiner Insassen im Gegen- >"dz zu den deutschen Banerndvrferu ringsum Slaven (^ schlahen) genannt wurde. ^ Beim Neubau des Klosters sorgte man natürlich zuerst für die nötigsten ^ohn- und Wirtschaftsränme, dann ging man an die Erbauung der Kirche, für ^ die Ziegel vermutlich an Ort und Stelle gebrannt wurden. Sie sollte als ">e weithin schauende Warte des germanischen Christentums auf der Kuppe des Werges ihren Platz finden; aber die dafür nötige Plattform mußte erst durch Ab¬ wägung des obersten Teils der Bergkuppe geschaffen werden. Eine Inschrift des ^urens bezeichnet die Höhenmarke, bis zu der sich einst die sandige Bergkuppe

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/467>, abgerufen am 25.07.2024.