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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Erinnerungen

politischen Handelns enthalten. Das Wäre unziemlich und schon deshalb ohne jede
Aussicht auf Erfolg.

Vorgestern ließ Graf Stolberg mich rufen und las mir einen eigenhändigen,
vier Seiten langen Brief des Kaisers vor, in dem dieser ihm den Auftrag gibt,
ihm die Vorlage wegen Ernennung der Hofprediger Kögel und Baur zu Mit¬
glieder!? des Evangelischen Oberkirchenrath zu beschaffen. Der Graf sagte ganz
richtig, für ihn sei es unmöglich, diesen Auftrag zu erledigen, da es sich ja um die
Gegenzeichnung des Kultusministers handle. Er könne zunächst nur mit diesem
sprechen. Der Minister Falk werde natürlich nicht wollen, weil die Hofprediger
seine erklärten persönlichen und kirchenpolitischen Gegner sind. Ich sollte demi Grafen
die gesetzliche Bestimmung schicken, nach der die Gegenzeichnung des Kultusministers
nötig ist, und sollte feststellen, daß bei den letzten Ernennungen von Mitgliedern
des Oberkirchenrath geistliche Mitglieder überhaupt nicht in Frage gewesen sind.
Es handelte sich vielmehr um die Ernennung des Oberkonsistorialrath Schmidt zum
weltlichen Vertreter des Präsidenten und des Konsistorialrath Dr. Richter zum Ober-
konsistorinlrat und Justitiar des Oberkirchenrath. Der Graf fragte mich, ob ich
für den etwaigen Abgang Falls einen neuen Kultusminister wüßte. Ich wußte
keinen und konnte ihm als Kandidaten, der in manchen Kreisen genannt werde,
nur einen Unterstaatssekretär nennen, über den ich aber kein eignes Urteil habe.
Ich enthielt mich daher auch jedes Urteils. Die ganze Sache liegt höchst un¬
günstig. Wenn der Minister Falk nicht etwa nachgibt -- und das kann er
kaum tun --, so scheinen seine Tage als Kultusminister gezählt zu sein. Welche
Interessen stehn dabei auf dem Spiel! Es mag sein, daß sich Falk in den
evangelischen Kirchenangelegenheitcn zu sehr hat nach links drängen lassen -- ich
habe das nicht genau genug verfolgt --, aber gekämpft hat er doch wie ein
ganzer Mann, und sein Ressort hat er wesentlich gefördert und zu Ansehen
gebracht. Wer wird sich gern dazu hergeben, gerade jetzt an seine Stelle zu
treten? Mit Rücksicht auf den Landtag müßte es ein Mann von kirchlichem
Interesse und Verständnis sein, der aber im großen und ganzen das bisher auch
vom Staatsministerium vertretne Fattsche Programm acceptierte und nur in Einzel¬
heiten sich -- mit ganz offnem Visier -- anders stellte. Dann wird er aber der
mächtigen und rührigen kirchlichen Agitation gegenüber als von vornherein suspekt
einen sehr schweren Stand haben, und die in den Bahnen der Falkschen Kirchen-
und Schulpolitik gehende jetzige Mehrheit des Abgeordnetenhauses wird zu dem
Nachfolger Falls, wer er auch sei, ohnehin kein Vertrauen haben. Jedenfalls be¬
kommt das Ministerium durch Falls Abgang einen starken Schub nach rechts. Das
möchte sein, wenn Fürst Bismarck nur völlig und gründlich einverstanden ist. Der
neue Kultusminister aber kommt aller Voraussicht nach zwischen zwei Feuer. In¬
dessen wie oft ist Bismarck schon zwischen zwei Feuern gewesen! Aber freilich
Bismarck! Wo ist seinesgleichen?

13. Dezember. Graf Stolberg sagte mir heute vor seiner Abreise nach
Wernigerode, die vom Kaiser ihm übertragne Regelung der Differenzen mit dem
Minister Falk wegen der Ernennung von Mitgliedern des Evangelischen Ober¬
kirchenrath scheine sich ja friedlich zu erledigen. Er, Graf Otto, habe einen aus¬
führlichen Bericht darüber eigenhändig an den Kaiser erstattet. Wie? sagte
er nicht.

14. Dezember. Mein Freund B. aus dem Kultusministerium erzählt mir
vertraulich, der Minister Falk habe mit ihm über die schwebende Krisis gesprochen;
er, Falk, habe kaum Hoffnung, daß es dem Grafen Stolberg gelingen werde, ihn
zu halten. Fürst Bismarck habe an den Grafen Stolberg einen zur Mitteilung
an Falk bestimmten Brief geschrieben, worin die große Verantwortlichkeit hervor¬
gehoben werde, die Falk treffen würde, wenn er durch eigenwilliges Festhalten in
einer politisch -- wenigstens verhältnismäßig -- nicht eben wichtigen Sache die
Errungenschaften seiner ganzen Ministertätigkeit gefährde. Falk sehe aber die Sache


Erinnerungen

politischen Handelns enthalten. Das Wäre unziemlich und schon deshalb ohne jede
Aussicht auf Erfolg.

Vorgestern ließ Graf Stolberg mich rufen und las mir einen eigenhändigen,
vier Seiten langen Brief des Kaisers vor, in dem dieser ihm den Auftrag gibt,
ihm die Vorlage wegen Ernennung der Hofprediger Kögel und Baur zu Mit¬
glieder!? des Evangelischen Oberkirchenrath zu beschaffen. Der Graf sagte ganz
richtig, für ihn sei es unmöglich, diesen Auftrag zu erledigen, da es sich ja um die
Gegenzeichnung des Kultusministers handle. Er könne zunächst nur mit diesem
sprechen. Der Minister Falk werde natürlich nicht wollen, weil die Hofprediger
seine erklärten persönlichen und kirchenpolitischen Gegner sind. Ich sollte demi Grafen
die gesetzliche Bestimmung schicken, nach der die Gegenzeichnung des Kultusministers
nötig ist, und sollte feststellen, daß bei den letzten Ernennungen von Mitgliedern
des Oberkirchenrath geistliche Mitglieder überhaupt nicht in Frage gewesen sind.
Es handelte sich vielmehr um die Ernennung des Oberkonsistorialrath Schmidt zum
weltlichen Vertreter des Präsidenten und des Konsistorialrath Dr. Richter zum Ober-
konsistorinlrat und Justitiar des Oberkirchenrath. Der Graf fragte mich, ob ich
für den etwaigen Abgang Falls einen neuen Kultusminister wüßte. Ich wußte
keinen und konnte ihm als Kandidaten, der in manchen Kreisen genannt werde,
nur einen Unterstaatssekretär nennen, über den ich aber kein eignes Urteil habe.
Ich enthielt mich daher auch jedes Urteils. Die ganze Sache liegt höchst un¬
günstig. Wenn der Minister Falk nicht etwa nachgibt — und das kann er
kaum tun —, so scheinen seine Tage als Kultusminister gezählt zu sein. Welche
Interessen stehn dabei auf dem Spiel! Es mag sein, daß sich Falk in den
evangelischen Kirchenangelegenheitcn zu sehr hat nach links drängen lassen — ich
habe das nicht genau genug verfolgt —, aber gekämpft hat er doch wie ein
ganzer Mann, und sein Ressort hat er wesentlich gefördert und zu Ansehen
gebracht. Wer wird sich gern dazu hergeben, gerade jetzt an seine Stelle zu
treten? Mit Rücksicht auf den Landtag müßte es ein Mann von kirchlichem
Interesse und Verständnis sein, der aber im großen und ganzen das bisher auch
vom Staatsministerium vertretne Fattsche Programm acceptierte und nur in Einzel¬
heiten sich — mit ganz offnem Visier — anders stellte. Dann wird er aber der
mächtigen und rührigen kirchlichen Agitation gegenüber als von vornherein suspekt
einen sehr schweren Stand haben, und die in den Bahnen der Falkschen Kirchen-
und Schulpolitik gehende jetzige Mehrheit des Abgeordnetenhauses wird zu dem
Nachfolger Falls, wer er auch sei, ohnehin kein Vertrauen haben. Jedenfalls be¬
kommt das Ministerium durch Falls Abgang einen starken Schub nach rechts. Das
möchte sein, wenn Fürst Bismarck nur völlig und gründlich einverstanden ist. Der
neue Kultusminister aber kommt aller Voraussicht nach zwischen zwei Feuer. In¬
dessen wie oft ist Bismarck schon zwischen zwei Feuern gewesen! Aber freilich
Bismarck! Wo ist seinesgleichen?

13. Dezember. Graf Stolberg sagte mir heute vor seiner Abreise nach
Wernigerode, die vom Kaiser ihm übertragne Regelung der Differenzen mit dem
Minister Falk wegen der Ernennung von Mitgliedern des Evangelischen Ober¬
kirchenrath scheine sich ja friedlich zu erledigen. Er, Graf Otto, habe einen aus¬
führlichen Bericht darüber eigenhändig an den Kaiser erstattet. Wie? sagte
er nicht.

14. Dezember. Mein Freund B. aus dem Kultusministerium erzählt mir
vertraulich, der Minister Falk habe mit ihm über die schwebende Krisis gesprochen;
er, Falk, habe kaum Hoffnung, daß es dem Grafen Stolberg gelingen werde, ihn
zu halten. Fürst Bismarck habe an den Grafen Stolberg einen zur Mitteilung
an Falk bestimmten Brief geschrieben, worin die große Verantwortlichkeit hervor¬
gehoben werde, die Falk treffen würde, wenn er durch eigenwilliges Festhalten in
einer politisch — wenigstens verhältnismäßig — nicht eben wichtigen Sache die
Errungenschaften seiner ganzen Ministertätigkeit gefährde. Falk sehe aber die Sache


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[0410] Erinnerungen politischen Handelns enthalten. Das Wäre unziemlich und schon deshalb ohne jede Aussicht auf Erfolg. Vorgestern ließ Graf Stolberg mich rufen und las mir einen eigenhändigen, vier Seiten langen Brief des Kaisers vor, in dem dieser ihm den Auftrag gibt, ihm die Vorlage wegen Ernennung der Hofprediger Kögel und Baur zu Mit¬ glieder!? des Evangelischen Oberkirchenrath zu beschaffen. Der Graf sagte ganz richtig, für ihn sei es unmöglich, diesen Auftrag zu erledigen, da es sich ja um die Gegenzeichnung des Kultusministers handle. Er könne zunächst nur mit diesem sprechen. Der Minister Falk werde natürlich nicht wollen, weil die Hofprediger seine erklärten persönlichen und kirchenpolitischen Gegner sind. Ich sollte demi Grafen die gesetzliche Bestimmung schicken, nach der die Gegenzeichnung des Kultusministers nötig ist, und sollte feststellen, daß bei den letzten Ernennungen von Mitgliedern des Oberkirchenrath geistliche Mitglieder überhaupt nicht in Frage gewesen sind. Es handelte sich vielmehr um die Ernennung des Oberkonsistorialrath Schmidt zum weltlichen Vertreter des Präsidenten und des Konsistorialrath Dr. Richter zum Ober- konsistorinlrat und Justitiar des Oberkirchenrath. Der Graf fragte mich, ob ich für den etwaigen Abgang Falls einen neuen Kultusminister wüßte. Ich wußte keinen und konnte ihm als Kandidaten, der in manchen Kreisen genannt werde, nur einen Unterstaatssekretär nennen, über den ich aber kein eignes Urteil habe. Ich enthielt mich daher auch jedes Urteils. Die ganze Sache liegt höchst un¬ günstig. Wenn der Minister Falk nicht etwa nachgibt — und das kann er kaum tun —, so scheinen seine Tage als Kultusminister gezählt zu sein. Welche Interessen stehn dabei auf dem Spiel! Es mag sein, daß sich Falk in den evangelischen Kirchenangelegenheitcn zu sehr hat nach links drängen lassen — ich habe das nicht genau genug verfolgt —, aber gekämpft hat er doch wie ein ganzer Mann, und sein Ressort hat er wesentlich gefördert und zu Ansehen gebracht. Wer wird sich gern dazu hergeben, gerade jetzt an seine Stelle zu treten? Mit Rücksicht auf den Landtag müßte es ein Mann von kirchlichem Interesse und Verständnis sein, der aber im großen und ganzen das bisher auch vom Staatsministerium vertretne Fattsche Programm acceptierte und nur in Einzel¬ heiten sich — mit ganz offnem Visier — anders stellte. Dann wird er aber der mächtigen und rührigen kirchlichen Agitation gegenüber als von vornherein suspekt einen sehr schweren Stand haben, und die in den Bahnen der Falkschen Kirchen- und Schulpolitik gehende jetzige Mehrheit des Abgeordnetenhauses wird zu dem Nachfolger Falls, wer er auch sei, ohnehin kein Vertrauen haben. Jedenfalls be¬ kommt das Ministerium durch Falls Abgang einen starken Schub nach rechts. Das möchte sein, wenn Fürst Bismarck nur völlig und gründlich einverstanden ist. Der neue Kultusminister aber kommt aller Voraussicht nach zwischen zwei Feuer. In¬ dessen wie oft ist Bismarck schon zwischen zwei Feuern gewesen! Aber freilich Bismarck! Wo ist seinesgleichen? 13. Dezember. Graf Stolberg sagte mir heute vor seiner Abreise nach Wernigerode, die vom Kaiser ihm übertragne Regelung der Differenzen mit dem Minister Falk wegen der Ernennung von Mitgliedern des Evangelischen Ober¬ kirchenrath scheine sich ja friedlich zu erledigen. Er, Graf Otto, habe einen aus¬ führlichen Bericht darüber eigenhändig an den Kaiser erstattet. Wie? sagte er nicht. 14. Dezember. Mein Freund B. aus dem Kultusministerium erzählt mir vertraulich, der Minister Falk habe mit ihm über die schwebende Krisis gesprochen; er, Falk, habe kaum Hoffnung, daß es dem Grafen Stolberg gelingen werde, ihn zu halten. Fürst Bismarck habe an den Grafen Stolberg einen zur Mitteilung an Falk bestimmten Brief geschrieben, worin die große Verantwortlichkeit hervor¬ gehoben werde, die Falk treffen würde, wenn er durch eigenwilliges Festhalten in einer politisch — wenigstens verhältnismäßig — nicht eben wichtigen Sache die Errungenschaften seiner ganzen Ministertätigkeit gefährde. Falk sehe aber die Sache

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/410>, abgerufen am 04.07.2024.