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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Deutsche Reise eines großen Briten vor ^36 Jahren

dann wieder in das bayrische zurück. Das Land ist zwar gut und wohlangebaut
und die Bevölkerung zahlreich, aber diese lebt nicht in behaglicher Lage. Ohne
Zweifel sind die Leute von den letzten nichtsnutzigen Kriegen arg mitgenommen
worden. Regensburg ist ein katholischer Freistaat an der Donau. Die Häuser und
die Leute sehen ziemlich gut aus, lassen sich aber mit denen von Nürnberg nicht
vergleichen. Es wird behauptet, überall in ganz Deutschland mache sich ein solcher
Unterschied zwischen katholischen und protestantischen Gebieten bemerkbar, und es
mag dem Wahrheit zugrunde liegen, doch tatsächlich beobachtet mau den Unter¬
schied nicht überall. jDa Hume den "römischen Aberglauben," wie er die katholische
Religion zu nennen pflegte, aufs tiefste verachtete, so legt es ein gutes Zeugnis
für seinen kritischen Sinn ab, daß er die unter den Protestanten herrschende Ansicht
nicht ohne weiteres in Bausch und Bogen annahm.) Von hier fahren wir auf der
Donau nach Wien, in einem achtzig Fuß langen Boote, wo wir drei Gemächer
haben, eins für uns selbst, eins für die Dienerschaft, und ein drittes, dus als Küche
dient. Es besteht ganz aus Tannenholz (ur boaräs), wird in Wien auseinander¬
genommen, das Holz wird verkauft, und die Mhrlente kehren zu Fuß zurück. Des
Nachts liegen wir am Ufer. Wir freuen uns auf die Abwechslung, denn die
Wagenfahrt haben wir satt.

Auf der Donau, 7. April.

Wir haben eine wirklich herrliche Reise gemacht, bei gutem Wetter, bequem
dasitzend, und mit einer mannigfaltigen Szenerie vor uns, die aller Augenblicke
wechselt wie in einer Oper. Die Ufer der Donau haben eine von denen des Rheins
sehr verschiedne wilde Schönheit: ihre steilen Bergabhänge sind ganz und Nadel¬
wald bedeckt. An vielen Stellen engen sie diesen ungeheuern Strom so ein, daß
er nur sechzig Fuß breit ist. Sowohl auf bayrischen wie auf österreichischem
Gebiet bilden wir schöne Städte gesehen wie Straubing, Passau, Linz. Das merk¬
würdigste aber ist die Großartigkeit einiger Klöster, besonders Melks, wo eine
Bande fauler Halunken im glänzendsten Elend der Welt lebt; denn im allgemeinen
mag wohl ihr Leben so wenig beneidenswert wie ihr Charakter achtbar sein. Nach
wenig Stunden kommen wir in Wien an. Dreißig jenglische) Meilen oberhalb
liegt der Anfang der Ebene, die fortan die Donau bis zu ihrer Mündung ins
Schwarze Meer begleitet. Wir haben nun, vom Haag aus gerechnet, eine höchst
angenehme Reise von 860 Meilen hinter uns, sind durch vieler Herren Länder
gekommen und haben mehr Souveräne gehabt, als mancher von ihnen Untertanen
hat. Deutschland ist unstreitbar ein sehr schönes Land, voll von gewerbfleißigen
rechtschaffnen Menschen, und würden diese zu einem Staate geeint, so würde es
die größte Macht der Welt sein. Das gemeine Volk erfreut sich hier fast überall
besserer Behandlung und grllßern Wohlstandes als in Frankreich und steht nicht
viel hinter den Engländern zurück, wie sehr sich auch diese brüsten mögen (not-
nitKsts.iMng' tbs airs los Is-leer Zivs tlivmsolvss). Reisen ist doch sehr nützlich;
nichts fördert mehr in der Überwindung von Vorurteilen; denn ich gestehe, daß
ich vordem keine so vorteilhafte Meinung von Deutschland hatte, und es ist er¬
freulich für einen humanen Mann, zu sehen, daß ein so beträchtlicher Teil der
Menschheit in so erträglichen Verhältnissen lebt.

Wien, 15. April.

In der vergangnen Woche, der Karwoche, war jedermann mit Andnchts-
übungen beschäftigt, sodaß wir den Kaiser und die Kaiserin erst gestern zu sehen
bekamen. Unser Gesandter, Sir Thomas Robinson, führte uns ein. Sie sind ein
stattliches Paar; der Kaiser sieht sehr gutherzig aus, und seine Gemahlin ist voll
Geist. Ihre Stimme und ihr Benehmen machen den angenehmsten Eindruck; sie
hat manches verbindliche über unsre Nation geäußert. Eine Schönheit ist sie nicht;
aber da sie Monarchin und eine Frau von Geist und Verstand ist, so darf man
sich nicht darüber wundern, daß sie nicht allein von ihren Untertanen sondern auch
von andern Nationen so kräftig unterstützt wird. Die Galanterie der Engländer


Deutsche Reise eines großen Briten vor ^36 Jahren

dann wieder in das bayrische zurück. Das Land ist zwar gut und wohlangebaut
und die Bevölkerung zahlreich, aber diese lebt nicht in behaglicher Lage. Ohne
Zweifel sind die Leute von den letzten nichtsnutzigen Kriegen arg mitgenommen
worden. Regensburg ist ein katholischer Freistaat an der Donau. Die Häuser und
die Leute sehen ziemlich gut aus, lassen sich aber mit denen von Nürnberg nicht
vergleichen. Es wird behauptet, überall in ganz Deutschland mache sich ein solcher
Unterschied zwischen katholischen und protestantischen Gebieten bemerkbar, und es
mag dem Wahrheit zugrunde liegen, doch tatsächlich beobachtet mau den Unter¬
schied nicht überall. jDa Hume den „römischen Aberglauben," wie er die katholische
Religion zu nennen pflegte, aufs tiefste verachtete, so legt es ein gutes Zeugnis
für seinen kritischen Sinn ab, daß er die unter den Protestanten herrschende Ansicht
nicht ohne weiteres in Bausch und Bogen annahm.) Von hier fahren wir auf der
Donau nach Wien, in einem achtzig Fuß langen Boote, wo wir drei Gemächer
haben, eins für uns selbst, eins für die Dienerschaft, und ein drittes, dus als Küche
dient. Es besteht ganz aus Tannenholz (ur boaräs), wird in Wien auseinander¬
genommen, das Holz wird verkauft, und die Mhrlente kehren zu Fuß zurück. Des
Nachts liegen wir am Ufer. Wir freuen uns auf die Abwechslung, denn die
Wagenfahrt haben wir satt.

Auf der Donau, 7. April.

Wir haben eine wirklich herrliche Reise gemacht, bei gutem Wetter, bequem
dasitzend, und mit einer mannigfaltigen Szenerie vor uns, die aller Augenblicke
wechselt wie in einer Oper. Die Ufer der Donau haben eine von denen des Rheins
sehr verschiedne wilde Schönheit: ihre steilen Bergabhänge sind ganz und Nadel¬
wald bedeckt. An vielen Stellen engen sie diesen ungeheuern Strom so ein, daß
er nur sechzig Fuß breit ist. Sowohl auf bayrischen wie auf österreichischem
Gebiet bilden wir schöne Städte gesehen wie Straubing, Passau, Linz. Das merk¬
würdigste aber ist die Großartigkeit einiger Klöster, besonders Melks, wo eine
Bande fauler Halunken im glänzendsten Elend der Welt lebt; denn im allgemeinen
mag wohl ihr Leben so wenig beneidenswert wie ihr Charakter achtbar sein. Nach
wenig Stunden kommen wir in Wien an. Dreißig jenglische) Meilen oberhalb
liegt der Anfang der Ebene, die fortan die Donau bis zu ihrer Mündung ins
Schwarze Meer begleitet. Wir haben nun, vom Haag aus gerechnet, eine höchst
angenehme Reise von 860 Meilen hinter uns, sind durch vieler Herren Länder
gekommen und haben mehr Souveräne gehabt, als mancher von ihnen Untertanen
hat. Deutschland ist unstreitbar ein sehr schönes Land, voll von gewerbfleißigen
rechtschaffnen Menschen, und würden diese zu einem Staate geeint, so würde es
die größte Macht der Welt sein. Das gemeine Volk erfreut sich hier fast überall
besserer Behandlung und grllßern Wohlstandes als in Frankreich und steht nicht
viel hinter den Engländern zurück, wie sehr sich auch diese brüsten mögen (not-
nitKsts.iMng' tbs airs los Is-leer Zivs tlivmsolvss). Reisen ist doch sehr nützlich;
nichts fördert mehr in der Überwindung von Vorurteilen; denn ich gestehe, daß
ich vordem keine so vorteilhafte Meinung von Deutschland hatte, und es ist er¬
freulich für einen humanen Mann, zu sehen, daß ein so beträchtlicher Teil der
Menschheit in so erträglichen Verhältnissen lebt.

Wien, 15. April.

In der vergangnen Woche, der Karwoche, war jedermann mit Andnchts-
übungen beschäftigt, sodaß wir den Kaiser und die Kaiserin erst gestern zu sehen
bekamen. Unser Gesandter, Sir Thomas Robinson, führte uns ein. Sie sind ein
stattliches Paar; der Kaiser sieht sehr gutherzig aus, und seine Gemahlin ist voll
Geist. Ihre Stimme und ihr Benehmen machen den angenehmsten Eindruck; sie
hat manches verbindliche über unsre Nation geäußert. Eine Schönheit ist sie nicht;
aber da sie Monarchin und eine Frau von Geist und Verstand ist, so darf man
sich nicht darüber wundern, daß sie nicht allein von ihren Untertanen sondern auch
von andern Nationen so kräftig unterstützt wird. Die Galanterie der Engländer


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[0404] Deutsche Reise eines großen Briten vor ^36 Jahren dann wieder in das bayrische zurück. Das Land ist zwar gut und wohlangebaut und die Bevölkerung zahlreich, aber diese lebt nicht in behaglicher Lage. Ohne Zweifel sind die Leute von den letzten nichtsnutzigen Kriegen arg mitgenommen worden. Regensburg ist ein katholischer Freistaat an der Donau. Die Häuser und die Leute sehen ziemlich gut aus, lassen sich aber mit denen von Nürnberg nicht vergleichen. Es wird behauptet, überall in ganz Deutschland mache sich ein solcher Unterschied zwischen katholischen und protestantischen Gebieten bemerkbar, und es mag dem Wahrheit zugrunde liegen, doch tatsächlich beobachtet mau den Unter¬ schied nicht überall. jDa Hume den „römischen Aberglauben," wie er die katholische Religion zu nennen pflegte, aufs tiefste verachtete, so legt es ein gutes Zeugnis für seinen kritischen Sinn ab, daß er die unter den Protestanten herrschende Ansicht nicht ohne weiteres in Bausch und Bogen annahm.) Von hier fahren wir auf der Donau nach Wien, in einem achtzig Fuß langen Boote, wo wir drei Gemächer haben, eins für uns selbst, eins für die Dienerschaft, und ein drittes, dus als Küche dient. Es besteht ganz aus Tannenholz (ur boaräs), wird in Wien auseinander¬ genommen, das Holz wird verkauft, und die Mhrlente kehren zu Fuß zurück. Des Nachts liegen wir am Ufer. Wir freuen uns auf die Abwechslung, denn die Wagenfahrt haben wir satt. Auf der Donau, 7. April. Wir haben eine wirklich herrliche Reise gemacht, bei gutem Wetter, bequem dasitzend, und mit einer mannigfaltigen Szenerie vor uns, die aller Augenblicke wechselt wie in einer Oper. Die Ufer der Donau haben eine von denen des Rheins sehr verschiedne wilde Schönheit: ihre steilen Bergabhänge sind ganz und Nadel¬ wald bedeckt. An vielen Stellen engen sie diesen ungeheuern Strom so ein, daß er nur sechzig Fuß breit ist. Sowohl auf bayrischen wie auf österreichischem Gebiet bilden wir schöne Städte gesehen wie Straubing, Passau, Linz. Das merk¬ würdigste aber ist die Großartigkeit einiger Klöster, besonders Melks, wo eine Bande fauler Halunken im glänzendsten Elend der Welt lebt; denn im allgemeinen mag wohl ihr Leben so wenig beneidenswert wie ihr Charakter achtbar sein. Nach wenig Stunden kommen wir in Wien an. Dreißig jenglische) Meilen oberhalb liegt der Anfang der Ebene, die fortan die Donau bis zu ihrer Mündung ins Schwarze Meer begleitet. Wir haben nun, vom Haag aus gerechnet, eine höchst angenehme Reise von 860 Meilen hinter uns, sind durch vieler Herren Länder gekommen und haben mehr Souveräne gehabt, als mancher von ihnen Untertanen hat. Deutschland ist unstreitbar ein sehr schönes Land, voll von gewerbfleißigen rechtschaffnen Menschen, und würden diese zu einem Staate geeint, so würde es die größte Macht der Welt sein. Das gemeine Volk erfreut sich hier fast überall besserer Behandlung und grllßern Wohlstandes als in Frankreich und steht nicht viel hinter den Engländern zurück, wie sehr sich auch diese brüsten mögen (not- nitKsts.iMng' tbs airs los Is-leer Zivs tlivmsolvss). Reisen ist doch sehr nützlich; nichts fördert mehr in der Überwindung von Vorurteilen; denn ich gestehe, daß ich vordem keine so vorteilhafte Meinung von Deutschland hatte, und es ist er¬ freulich für einen humanen Mann, zu sehen, daß ein so beträchtlicher Teil der Menschheit in so erträglichen Verhältnissen lebt. Wien, 15. April. In der vergangnen Woche, der Karwoche, war jedermann mit Andnchts- übungen beschäftigt, sodaß wir den Kaiser und die Kaiserin erst gestern zu sehen bekamen. Unser Gesandter, Sir Thomas Robinson, führte uns ein. Sie sind ein stattliches Paar; der Kaiser sieht sehr gutherzig aus, und seine Gemahlin ist voll Geist. Ihre Stimme und ihr Benehmen machen den angenehmsten Eindruck; sie hat manches verbindliche über unsre Nation geäußert. Eine Schönheit ist sie nicht; aber da sie Monarchin und eine Frau von Geist und Verstand ist, so darf man sich nicht darüber wundern, daß sie nicht allein von ihren Untertanen sondern auch von andern Nationen so kräftig unterstützt wird. Die Galanterie der Engländer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/404>, abgerufen am 25.07.2024.