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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Deutsche Reise eines großen Briten vor ^56 Jahren

aber jedermann wußte, daß dieser Alte auch für ihn arbeite, daß er sein ganzes
Leben all diese Arbeit gesetzt und sie seit fünfundvierzig Jahren auch nicht einen
Tag versäumt hatte."

Ja, so hielt es der König bis an sein Ende. Noch zwei Tage vor seinem
Tode, am 15. August 1786, begann Friedrich seine Arbeit -- früh um fünf
Uhr! In der Nacht zum 17. August um zwei Uhr ist er verschieden. Er hat
sein in der Jugend, im "Antimacchicwel," ausgesprochnes Gelübde, immer für
das Wohl des Staates arbeiten zu wollen, getreu gehalten, und eindrucksvoll
wirkt deshalb der erste Satz seines letzten Willens auf uns:

"Unser Leben ist ein eiliger Übergang vom Augenblick unsrer Geburt zu
dem unsers Todes? während dieses kurzen Zwischenraumes ist der Mensch
bestimmt, für das Wohl der Gesellschaft, an deren Körper er ein Glied ist, zu
arbeiten."

Diese fortwährende Arbeit des Königs in ihrer ganzen umfassenden Aus¬
dehnung wissenschaftlich erforscht und lebensvoll dargestellt zu haben ist das
Verdienst Kosers.




Deutsche Reise eines großen Briten vor ^56 Jahren

avid Hume ist als Anreger Kants allen akademisch gebildeten
Deutschen bekannt; aber von seiner Persönlichkeit und seinen
Lebensumständen dürften nur wenige Genaueres wissen, denn so
viel wir erfahren konnten, haben wir weder eine deutsche Über¬
setzung des einzigen Werkes, das darüber vollständigen Aufschluß gibt
(lief g,na Lorrssxonäsnvö ok vaviä Suns Dr. ^vim UM Lurtou, Z^. 2 Voll.
Minoui'^Il 1346), noch eine deutsche Lebensbeschreibung, die alle in diesem
Werke enthaltnen Einzelheiten aufgenommen hätte. Trotzdem würden wir uns
nicht erlauben, einem achtundfunfzig Jahre alten Buche den Stoff zu einem
Aufsatze zu entnehmen, wenn wir darin nicht Tagebuchaufzeichnungen gefunden
hätten, die der berühmte Philosoph und Geschichtsschreiber auf einer Reise
quer durch Deutschland gemacht hat. Es ist doch interessant, zu erfahren, was
der eine der drei bedeutenden Männer, die in der zweiten Hülste des acht¬
zehnten Jahrhunderts als die Träger des literarischen Ruhms Großbritanniens
gefeiert wurden (die andern beiden waren Adam Smith und Gibbon), damals
in unserm Vaterlande, wenn auch nur auf der Durchreise, die ja glücklicher¬
weise nicht mit Dampf bewerkstelligt werden konnte, geschaut, und was er
über das Geschaute gedacht hat. Soll aber der Reisende dem Leser nicht so¬
zusagen aus der vierten Dimension hereingeschneit kommen, so muß sein Lebens¬
lauf bis zur Reise skizziert werden.

Als jüngerer Sohn eines mäßig begüterten schottischen Landedelmanns
sah sich Hume auf ein kleines Jahrgeld angewiesen und fand, so oft ihm
anderswo der Aufenthalt zu teuer zu stehn kam, ein Heim bei seiner Mutter
und seinem fünfzehn Jahre ältern Bruder, Sir John Home of Ninewells, wo


Deutsche Reise eines großen Briten vor ^56 Jahren

aber jedermann wußte, daß dieser Alte auch für ihn arbeite, daß er sein ganzes
Leben all diese Arbeit gesetzt und sie seit fünfundvierzig Jahren auch nicht einen
Tag versäumt hatte."

Ja, so hielt es der König bis an sein Ende. Noch zwei Tage vor seinem
Tode, am 15. August 1786, begann Friedrich seine Arbeit — früh um fünf
Uhr! In der Nacht zum 17. August um zwei Uhr ist er verschieden. Er hat
sein in der Jugend, im „Antimacchicwel," ausgesprochnes Gelübde, immer für
das Wohl des Staates arbeiten zu wollen, getreu gehalten, und eindrucksvoll
wirkt deshalb der erste Satz seines letzten Willens auf uns:

„Unser Leben ist ein eiliger Übergang vom Augenblick unsrer Geburt zu
dem unsers Todes? während dieses kurzen Zwischenraumes ist der Mensch
bestimmt, für das Wohl der Gesellschaft, an deren Körper er ein Glied ist, zu
arbeiten."

Diese fortwährende Arbeit des Königs in ihrer ganzen umfassenden Aus¬
dehnung wissenschaftlich erforscht und lebensvoll dargestellt zu haben ist das
Verdienst Kosers.




Deutsche Reise eines großen Briten vor ^56 Jahren

avid Hume ist als Anreger Kants allen akademisch gebildeten
Deutschen bekannt; aber von seiner Persönlichkeit und seinen
Lebensumständen dürften nur wenige Genaueres wissen, denn so
viel wir erfahren konnten, haben wir weder eine deutsche Über¬
setzung des einzigen Werkes, das darüber vollständigen Aufschluß gibt
(lief g,na Lorrssxonäsnvö ok vaviä Suns Dr. ^vim UM Lurtou, Z^. 2 Voll.
Minoui'^Il 1346), noch eine deutsche Lebensbeschreibung, die alle in diesem
Werke enthaltnen Einzelheiten aufgenommen hätte. Trotzdem würden wir uns
nicht erlauben, einem achtundfunfzig Jahre alten Buche den Stoff zu einem
Aufsatze zu entnehmen, wenn wir darin nicht Tagebuchaufzeichnungen gefunden
hätten, die der berühmte Philosoph und Geschichtsschreiber auf einer Reise
quer durch Deutschland gemacht hat. Es ist doch interessant, zu erfahren, was
der eine der drei bedeutenden Männer, die in der zweiten Hülste des acht¬
zehnten Jahrhunderts als die Träger des literarischen Ruhms Großbritanniens
gefeiert wurden (die andern beiden waren Adam Smith und Gibbon), damals
in unserm Vaterlande, wenn auch nur auf der Durchreise, die ja glücklicher¬
weise nicht mit Dampf bewerkstelligt werden konnte, geschaut, und was er
über das Geschaute gedacht hat. Soll aber der Reisende dem Leser nicht so¬
zusagen aus der vierten Dimension hereingeschneit kommen, so muß sein Lebens¬
lauf bis zur Reise skizziert werden.

Als jüngerer Sohn eines mäßig begüterten schottischen Landedelmanns
sah sich Hume auf ein kleines Jahrgeld angewiesen und fand, so oft ihm
anderswo der Aufenthalt zu teuer zu stehn kam, ein Heim bei seiner Mutter
und seinem fünfzehn Jahre ältern Bruder, Sir John Home of Ninewells, wo


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/398>, abgerufen am 13.11.2024.