Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Mönch von weinfelden

bischof die Kosten des Malefizgerichts bezahlt habe, so wegen ihrer Weiber Un¬
verstand und Leichtfertigkeit zu Weinfelder gehalten worden ist?

Der Erzbischof kümmert uns keinen Deut, erklärte der Sprecher. Wenn Ihr
mit selbigem ein Geschäft habt, so mögt Ihr den Handel mit ihm allein abmachen.
Und was das Malefizgericht anlangt und der Weiber Unverstand, so muß ich Euch
mit günstigem Verlaub berichten, daß kein andrer die Schuld daran trägt als Ihr,
denn Ihr habt den fremden Herrn bei Euch beherbergt samt seinem vermeintlichen
Hunde. Und ob wir schon einfältige Leute und keine Doktores sind, so haben wir
doch Augen zum Sehen und Ohren zum Hören, und was wir wissen, das lassen
wir uns nicht ausreden.

Herr Gyllis konnte sich eines Lächelns nicht erwehren.

Theis, sagte er, laßt den Pudel ruhn, ich mag kein Wort mehr davon hören.
Will Euch nur das Eine zu bedenken geben, daß die Reinigung des Stollens die
Bauerschaft nicht weniger angeht als das Burghaus. Der Abfluß des Weihers,
daraus die Hofesleute ihr Wasser holen, ist arg verschlammt und verstopfet. Wenn
ein Unwetter niedergeht, wovor uns Gott in Gnaden behüten möge, so kann es
leicht geschehen, daß sich der Stollen ganz mit allerlei Unrat versetzet, also daß das
Wasser ansteigt, den Damm oder die Sperrmauer durchbricht und das Dorf elendig¬
lich ersäuft.

Herr, erwiderte Theis, indem er die Hand zu einer abwehrenden Geste erhob,
damit dürft Ihr uns nicht kommen. Ihr sitzet erst achtzehn Monde zu Weinfelder
und mögt es darum nicht besser wissen. Aber der Stollen ist schon zu Euers Vaters
Zeiten verschlammt gewesen, und seitdem haben wir mehr denn ein Unwetter gehabt,
ist aber niemalen eine Wassersnot gekommen, denn das ist z" Weinfelder nicht die
Mode. Davon aber, daß die Hofesleute gehalten sein sollten, den Stollen zu
säubern, davon steht nichts im Weistum.

Was noch nicht geschehen ist, kann doch einmal eintreten, bemerkte der
Burgherr.

Alsdann haben wir noch immer unsre Heiligen, von den vierzehn Nothelfern
ganz zu schweigen, erklärte der Bauer. Oder meint Ihr, wir sollten die wächsernen
Lichte jahraus jahrein für nichts geopfert haben? Also von der Säuberung Euers
Stollens mögen wir ganz und gar nichts wissen, und weil uns bekannt ist, das;
aus jeder Beschwerung eine neue folgt, so haben wir unsre demütigen Bitten nach
der Oberländischen Exempel in zwölf Artikel formuliert. Zum ersten ist unser
Begehr, daß wir nun fürderhin Gewalt und Macht haben wollen, unsern Pfarrer
selbst zu tiefen, nicht weniger die Gewalt, denselbigen wieder zu entsetzen, wenn er
sich ungebührlich hielte. Wollt Ihr uns diese Macht zugestehn?

Herr Gyllis schwieg eine Weile. Dann antwortete er: Was Ihr begehret, ist
nicht unbillig. Und weil die Bauerschaft zu des Pfarrers Nahrung und Unterhalt
einen Kirchenzehnten entrichtet, so mag sie fortan die Gewalt haben, ihn selbst zu tiefen.
Mir aber niuß die Macht zustehn, die Wahl zu bestätigen oder zu verwerfen.

Ein Beifallsgemurmel verriet, daß man die Bereitwilligkeit, womit Herr
Gyllis auf die billigen Wünsche seiner Leute einzugehn schien, zu würdigen wußte.

Zum andern, fuhr Theis fort, begehren wir die Aufhebung des kleinen Zehnten.
Denn es stehet geschriebein Gott der Herr hat das Vieh frei dem Menschen er¬
schaffen. Diesen Zehnten schätzen wir darum für einen unziemlichen Zehnten, den
die Herren erdichtet haben.

Es sei, wie Ihr begehret, antwortete der Burgherr, obschon es Wider des
Weistums Gerechtigkeit verstößt. Aber ich kann den kleinen Zehnten ohne sonder¬
lichen Schaden missen, denn die Zehnthühner sind zu Weinfelder magerer denn ein
Krammetsvogel, und zudem will mich bedünken, als ob Ihr in Euern Nestern keine
andern denn faule Eier finden könntet.

Ein Lächeln der Befriedigung glitt über die pfiffigen Gesichter der Bauern.

Zum dritten, sagte Theis. ist bisher der Brauch gewesen, daß nimm uns für
Eigenleute gehalten hat, welches zum Erbarmen ist. Denn Christus hat uns alle


Der Mönch von weinfelden

bischof die Kosten des Malefizgerichts bezahlt habe, so wegen ihrer Weiber Un¬
verstand und Leichtfertigkeit zu Weinfelder gehalten worden ist?

Der Erzbischof kümmert uns keinen Deut, erklärte der Sprecher. Wenn Ihr
mit selbigem ein Geschäft habt, so mögt Ihr den Handel mit ihm allein abmachen.
Und was das Malefizgericht anlangt und der Weiber Unverstand, so muß ich Euch
mit günstigem Verlaub berichten, daß kein andrer die Schuld daran trägt als Ihr,
denn Ihr habt den fremden Herrn bei Euch beherbergt samt seinem vermeintlichen
Hunde. Und ob wir schon einfältige Leute und keine Doktores sind, so haben wir
doch Augen zum Sehen und Ohren zum Hören, und was wir wissen, das lassen
wir uns nicht ausreden.

Herr Gyllis konnte sich eines Lächelns nicht erwehren.

Theis, sagte er, laßt den Pudel ruhn, ich mag kein Wort mehr davon hören.
Will Euch nur das Eine zu bedenken geben, daß die Reinigung des Stollens die
Bauerschaft nicht weniger angeht als das Burghaus. Der Abfluß des Weihers,
daraus die Hofesleute ihr Wasser holen, ist arg verschlammt und verstopfet. Wenn
ein Unwetter niedergeht, wovor uns Gott in Gnaden behüten möge, so kann es
leicht geschehen, daß sich der Stollen ganz mit allerlei Unrat versetzet, also daß das
Wasser ansteigt, den Damm oder die Sperrmauer durchbricht und das Dorf elendig¬
lich ersäuft.

Herr, erwiderte Theis, indem er die Hand zu einer abwehrenden Geste erhob,
damit dürft Ihr uns nicht kommen. Ihr sitzet erst achtzehn Monde zu Weinfelder
und mögt es darum nicht besser wissen. Aber der Stollen ist schon zu Euers Vaters
Zeiten verschlammt gewesen, und seitdem haben wir mehr denn ein Unwetter gehabt,
ist aber niemalen eine Wassersnot gekommen, denn das ist z» Weinfelder nicht die
Mode. Davon aber, daß die Hofesleute gehalten sein sollten, den Stollen zu
säubern, davon steht nichts im Weistum.

Was noch nicht geschehen ist, kann doch einmal eintreten, bemerkte der
Burgherr.

Alsdann haben wir noch immer unsre Heiligen, von den vierzehn Nothelfern
ganz zu schweigen, erklärte der Bauer. Oder meint Ihr, wir sollten die wächsernen
Lichte jahraus jahrein für nichts geopfert haben? Also von der Säuberung Euers
Stollens mögen wir ganz und gar nichts wissen, und weil uns bekannt ist, das;
aus jeder Beschwerung eine neue folgt, so haben wir unsre demütigen Bitten nach
der Oberländischen Exempel in zwölf Artikel formuliert. Zum ersten ist unser
Begehr, daß wir nun fürderhin Gewalt und Macht haben wollen, unsern Pfarrer
selbst zu tiefen, nicht weniger die Gewalt, denselbigen wieder zu entsetzen, wenn er
sich ungebührlich hielte. Wollt Ihr uns diese Macht zugestehn?

Herr Gyllis schwieg eine Weile. Dann antwortete er: Was Ihr begehret, ist
nicht unbillig. Und weil die Bauerschaft zu des Pfarrers Nahrung und Unterhalt
einen Kirchenzehnten entrichtet, so mag sie fortan die Gewalt haben, ihn selbst zu tiefen.
Mir aber niuß die Macht zustehn, die Wahl zu bestätigen oder zu verwerfen.

Ein Beifallsgemurmel verriet, daß man die Bereitwilligkeit, womit Herr
Gyllis auf die billigen Wünsche seiner Leute einzugehn schien, zu würdigen wußte.

Zum andern, fuhr Theis fort, begehren wir die Aufhebung des kleinen Zehnten.
Denn es stehet geschriebein Gott der Herr hat das Vieh frei dem Menschen er¬
schaffen. Diesen Zehnten schätzen wir darum für einen unziemlichen Zehnten, den
die Herren erdichtet haben.

Es sei, wie Ihr begehret, antwortete der Burgherr, obschon es Wider des
Weistums Gerechtigkeit verstößt. Aber ich kann den kleinen Zehnten ohne sonder¬
lichen Schaden missen, denn die Zehnthühner sind zu Weinfelder magerer denn ein
Krammetsvogel, und zudem will mich bedünken, als ob Ihr in Euern Nestern keine
andern denn faule Eier finden könntet.

Ein Lächeln der Befriedigung glitt über die pfiffigen Gesichter der Bauern.

Zum dritten, sagte Theis. ist bisher der Brauch gewesen, daß nimm uns für
Eigenleute gehalten hat, welches zum Erbarmen ist. Denn Christus hat uns alle


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0362" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/293981"/>
          <fw type="header" place="top"> Der Mönch von weinfelden</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1577" prev="#ID_1576"> bischof die Kosten des Malefizgerichts bezahlt habe, so wegen ihrer Weiber Un¬<lb/>
verstand und Leichtfertigkeit zu Weinfelder gehalten worden ist?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1578"> Der Erzbischof kümmert uns keinen Deut, erklärte der Sprecher. Wenn Ihr<lb/>
mit selbigem ein Geschäft habt, so mögt Ihr den Handel mit ihm allein abmachen.<lb/>
Und was das Malefizgericht anlangt und der Weiber Unverstand, so muß ich Euch<lb/>
mit günstigem Verlaub berichten, daß kein andrer die Schuld daran trägt als Ihr,<lb/>
denn Ihr habt den fremden Herrn bei Euch beherbergt samt seinem vermeintlichen<lb/>
Hunde. Und ob wir schon einfältige Leute und keine Doktores sind, so haben wir<lb/>
doch Augen zum Sehen und Ohren zum Hören, und was wir wissen, das lassen<lb/>
wir uns nicht ausreden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1579"> Herr Gyllis konnte sich eines Lächelns nicht erwehren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1580"> Theis, sagte er, laßt den Pudel ruhn, ich mag kein Wort mehr davon hören.<lb/>
Will Euch nur das Eine zu bedenken geben, daß die Reinigung des Stollens die<lb/>
Bauerschaft nicht weniger angeht als das Burghaus. Der Abfluß des Weihers,<lb/>
daraus die Hofesleute ihr Wasser holen, ist arg verschlammt und verstopfet. Wenn<lb/>
ein Unwetter niedergeht, wovor uns Gott in Gnaden behüten möge, so kann es<lb/>
leicht geschehen, daß sich der Stollen ganz mit allerlei Unrat versetzet, also daß das<lb/>
Wasser ansteigt, den Damm oder die Sperrmauer durchbricht und das Dorf elendig¬<lb/>
lich ersäuft.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1581"> Herr, erwiderte Theis, indem er die Hand zu einer abwehrenden Geste erhob,<lb/>
damit dürft Ihr uns nicht kommen. Ihr sitzet erst achtzehn Monde zu Weinfelder<lb/>
und mögt es darum nicht besser wissen. Aber der Stollen ist schon zu Euers Vaters<lb/>
Zeiten verschlammt gewesen, und seitdem haben wir mehr denn ein Unwetter gehabt,<lb/>
ist aber niemalen eine Wassersnot gekommen, denn das ist z» Weinfelder nicht die<lb/>
Mode. Davon aber, daß die Hofesleute gehalten sein sollten, den Stollen zu<lb/>
säubern, davon steht nichts im Weistum.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1582"> Was noch nicht geschehen ist, kann doch einmal eintreten, bemerkte der<lb/>
Burgherr.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1583"> Alsdann haben wir noch immer unsre Heiligen, von den vierzehn Nothelfern<lb/>
ganz zu schweigen, erklärte der Bauer. Oder meint Ihr, wir sollten die wächsernen<lb/>
Lichte jahraus jahrein für nichts geopfert haben? Also von der Säuberung Euers<lb/>
Stollens mögen wir ganz und gar nichts wissen, und weil uns bekannt ist, das;<lb/>
aus jeder Beschwerung eine neue folgt, so haben wir unsre demütigen Bitten nach<lb/>
der Oberländischen Exempel in zwölf Artikel formuliert. Zum ersten ist unser<lb/>
Begehr, daß wir nun fürderhin Gewalt und Macht haben wollen, unsern Pfarrer<lb/>
selbst zu tiefen, nicht weniger die Gewalt, denselbigen wieder zu entsetzen, wenn er<lb/>
sich ungebührlich hielte.  Wollt Ihr uns diese Macht zugestehn?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1584"> Herr Gyllis schwieg eine Weile. Dann antwortete er: Was Ihr begehret, ist<lb/>
nicht unbillig. Und weil die Bauerschaft zu des Pfarrers Nahrung und Unterhalt<lb/>
einen Kirchenzehnten entrichtet, so mag sie fortan die Gewalt haben, ihn selbst zu tiefen.<lb/>
Mir aber niuß die Macht zustehn, die Wahl zu bestätigen oder zu verwerfen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1585"> Ein Beifallsgemurmel verriet, daß man die Bereitwilligkeit, womit Herr<lb/>
Gyllis auf die billigen Wünsche seiner Leute einzugehn schien, zu würdigen wußte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1586"> Zum andern, fuhr Theis fort, begehren wir die Aufhebung des kleinen Zehnten.<lb/>
Denn es stehet geschriebein Gott der Herr hat das Vieh frei dem Menschen er¬<lb/>
schaffen. Diesen Zehnten schätzen wir darum für einen unziemlichen Zehnten, den<lb/>
die Herren erdichtet haben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1587"> Es sei, wie Ihr begehret, antwortete der Burgherr, obschon es Wider des<lb/>
Weistums Gerechtigkeit verstößt. Aber ich kann den kleinen Zehnten ohne sonder¬<lb/>
lichen Schaden missen, denn die Zehnthühner sind zu Weinfelder magerer denn ein<lb/>
Krammetsvogel, und zudem will mich bedünken, als ob Ihr in Euern Nestern keine<lb/>
andern denn faule Eier finden könntet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1588"> Ein Lächeln der Befriedigung glitt über die pfiffigen Gesichter der Bauern.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1589" next="#ID_1590"> Zum dritten, sagte Theis. ist bisher der Brauch gewesen, daß nimm uns für<lb/>
Eigenleute gehalten hat, welches zum Erbarmen ist.  Denn Christus hat uns alle</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0362] Der Mönch von weinfelden bischof die Kosten des Malefizgerichts bezahlt habe, so wegen ihrer Weiber Un¬ verstand und Leichtfertigkeit zu Weinfelder gehalten worden ist? Der Erzbischof kümmert uns keinen Deut, erklärte der Sprecher. Wenn Ihr mit selbigem ein Geschäft habt, so mögt Ihr den Handel mit ihm allein abmachen. Und was das Malefizgericht anlangt und der Weiber Unverstand, so muß ich Euch mit günstigem Verlaub berichten, daß kein andrer die Schuld daran trägt als Ihr, denn Ihr habt den fremden Herrn bei Euch beherbergt samt seinem vermeintlichen Hunde. Und ob wir schon einfältige Leute und keine Doktores sind, so haben wir doch Augen zum Sehen und Ohren zum Hören, und was wir wissen, das lassen wir uns nicht ausreden. Herr Gyllis konnte sich eines Lächelns nicht erwehren. Theis, sagte er, laßt den Pudel ruhn, ich mag kein Wort mehr davon hören. Will Euch nur das Eine zu bedenken geben, daß die Reinigung des Stollens die Bauerschaft nicht weniger angeht als das Burghaus. Der Abfluß des Weihers, daraus die Hofesleute ihr Wasser holen, ist arg verschlammt und verstopfet. Wenn ein Unwetter niedergeht, wovor uns Gott in Gnaden behüten möge, so kann es leicht geschehen, daß sich der Stollen ganz mit allerlei Unrat versetzet, also daß das Wasser ansteigt, den Damm oder die Sperrmauer durchbricht und das Dorf elendig¬ lich ersäuft. Herr, erwiderte Theis, indem er die Hand zu einer abwehrenden Geste erhob, damit dürft Ihr uns nicht kommen. Ihr sitzet erst achtzehn Monde zu Weinfelder und mögt es darum nicht besser wissen. Aber der Stollen ist schon zu Euers Vaters Zeiten verschlammt gewesen, und seitdem haben wir mehr denn ein Unwetter gehabt, ist aber niemalen eine Wassersnot gekommen, denn das ist z» Weinfelder nicht die Mode. Davon aber, daß die Hofesleute gehalten sein sollten, den Stollen zu säubern, davon steht nichts im Weistum. Was noch nicht geschehen ist, kann doch einmal eintreten, bemerkte der Burgherr. Alsdann haben wir noch immer unsre Heiligen, von den vierzehn Nothelfern ganz zu schweigen, erklärte der Bauer. Oder meint Ihr, wir sollten die wächsernen Lichte jahraus jahrein für nichts geopfert haben? Also von der Säuberung Euers Stollens mögen wir ganz und gar nichts wissen, und weil uns bekannt ist, das; aus jeder Beschwerung eine neue folgt, so haben wir unsre demütigen Bitten nach der Oberländischen Exempel in zwölf Artikel formuliert. Zum ersten ist unser Begehr, daß wir nun fürderhin Gewalt und Macht haben wollen, unsern Pfarrer selbst zu tiefen, nicht weniger die Gewalt, denselbigen wieder zu entsetzen, wenn er sich ungebührlich hielte. Wollt Ihr uns diese Macht zugestehn? Herr Gyllis schwieg eine Weile. Dann antwortete er: Was Ihr begehret, ist nicht unbillig. Und weil die Bauerschaft zu des Pfarrers Nahrung und Unterhalt einen Kirchenzehnten entrichtet, so mag sie fortan die Gewalt haben, ihn selbst zu tiefen. Mir aber niuß die Macht zustehn, die Wahl zu bestätigen oder zu verwerfen. Ein Beifallsgemurmel verriet, daß man die Bereitwilligkeit, womit Herr Gyllis auf die billigen Wünsche seiner Leute einzugehn schien, zu würdigen wußte. Zum andern, fuhr Theis fort, begehren wir die Aufhebung des kleinen Zehnten. Denn es stehet geschriebein Gott der Herr hat das Vieh frei dem Menschen er¬ schaffen. Diesen Zehnten schätzen wir darum für einen unziemlichen Zehnten, den die Herren erdichtet haben. Es sei, wie Ihr begehret, antwortete der Burgherr, obschon es Wider des Weistums Gerechtigkeit verstößt. Aber ich kann den kleinen Zehnten ohne sonder¬ lichen Schaden missen, denn die Zehnthühner sind zu Weinfelder magerer denn ein Krammetsvogel, und zudem will mich bedünken, als ob Ihr in Euern Nestern keine andern denn faule Eier finden könntet. Ein Lächeln der Befriedigung glitt über die pfiffigen Gesichter der Bauern. Zum dritten, sagte Theis. ist bisher der Brauch gewesen, daß nimm uns für Eigenleute gehalten hat, welches zum Erbarmen ist. Denn Christus hat uns alle

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/362
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/362>, abgerufen am 25.07.2024.