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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Der Mönch von weinfelden

Der Angeredete wandte sich ein einen seiner Leute, der eine lederne Mappe
unter dem Arme und ein Tinteuhörnlein am Gürtel trug.

Weist ihm das Zertifikat, Herr Notarius! gebot er, noch immer kauend und
sich mit dem Handrücken den Mund wischend. Das Männlein kramte geschäftig in
seiner Mappe und brachte ein Papier zum Vorschein, daran ein großes Siegel in
bleierner Kapsel hing. Er reichte es den- Burgherrn, der die Schrift überflog,
das Siegel scharf prüfte und alsdann das Dokument dem Notarius zurückgab.

Ihr seid Doktor Scribonius, der Offizial des Erzbischofs von Trier? wandte
er sich an den Dicken.

Des Erzbischofs von Trier und heiligen römischen Reichs Erzkanzlers durch
Gallien und das Königreich Arelat, Herrn Richardi von Greiffenklnn und VoÜräds,
Seiner kurfürstlichen Durchlauchtigkeit, meines hochwürdigsten, wohlgeborner und
gnädigsten Herrn, erklärte der Doktor mit großer Zungengewandtheit^ ^

Gut, sagte Gyllis, und wie lautet Eure Botschaft?

Die Durchlauchtigkeit hat mit sonderlicher Betrübnis vernommen, daß allhier
im Dorfe Weinfelder eine Hexe ihr Wesen treibt und mit des Teufels Hilfe den
Lnndleuten das Vieh verzaubert, also daß es aufgehört hat, Milch zu geben.
Solcher verruchten Handlungen Urheberin vorzuladen, einem Verhör zu unter¬
werfen und, so sie schuldig befunden wird, zu verurteilen, zu bestrafen und gänzlich
zu vertilgen, hat mich mein gnädigster Herr hergesandt. Er erwartet und fordert
von Euch, als dieses Hauses Burgmann und Herrn zu Weinfelder, daß Ihr mir
bei besagter Verrichtung mit allem Fleiß und geziemender Willigkeit zu Handen gehet.

Gyllis lächelte. Er wußte, wer gegen die rote nett, das unbändige Geschöpf,
das die Ziegen des Dorfes hütete, den Männern die Köpfe verdrehte und den
Weibern ein Dorn im Auge war, die wahnsinnige Beschuldigung erhoben, und
ahnte, wer die Anklage aufgesetzt und nach Trier gesandt hatte.

Was Ihr in des Erzbischofs Namen von mir fordert, ist recht und billig.
nennet mir also ineuIMÄw, auf daß ich sie herbeiführen lassen kann.

Es ist ein Mägdlein des Namens Petronella. Ihr werdet sie kennen, er¬
widerte der Offizial, indem er deu Burgherrn listig anblinzelte. Sagt mir, wo
wir sie finden; meine Knechte mögen sie holen.

Das ist nicht Vonnöten und wäre wider Brauch und Gesetz. Zu Weinfelder
steht niemand das Recht zu, einen greifen zu lassen, denn mir. Habe ich Euch
ineuIMam überliefert, so möget Ihr mit ihr nach guter Ordnung verfahren. Wann
wollt Ihr, daß Euch das Mägdlein vorgeführt werde?

Das mag sogleich geschehn. Schafft sie herbei.

Zuvor sollen Eure Leute sich ausweisen. Zeigt mir die Älteste.

Das Männlein warf dem Dicken einen fragenden Blick zu und ließ sich, als
dieser ein Zeichen der Zustimmung gab, herbei, Herrn Gyllis die Papiere vorzu¬
legen. Es war ein Dokument, wodurch die Kaiserliche Majestät den lieben getreuen
Herrn Paulus von Eyes als Notarius im Erzstift Trier bestätigte, und zwei
apostolische Briefe, worin männiglich bekannt gemacht wurde, daß die ehrwürdigen
und hochgelehrten Patres Theophilus Bertram und Hilarius Karthusianus, Domi¬
nikanerordens und Professoren der Theologie, zu Inquisitoren ketzerischer Schlechtig¬
keit bestellt worden seien.

Nachdem der Burgherr auch diese Papiere geprüft hatte, entsandte er seinen
Vogt, die rote nett zu holen und die Zeugen, deren Namen ihm der Notarius
nannte, vorzuladen. Darüber verging einige Zeit, denn die angebliche Hexe mußte
im Gemeindebusch, die Zeugen -- es waren vier Weiber aus dem Dorfe -- auf
der Feldflur oder bei der häuslichen Arbeit cinfgefucht werden. Endlich waren
alle beisammen, und der Offizial eröffnete die Versammlung, die im Wohngemache
des Burghauses stattfand, mit einem Gebet. Er saß mit seinen Leuten am Tisch,
während Herr Gyllis auf seinem Sessel in der Fensternische Platz genommen hatte,
und die übrigen standen.'


Grenzboten II 1904 39
Der Mönch von weinfelden

Der Angeredete wandte sich ein einen seiner Leute, der eine lederne Mappe
unter dem Arme und ein Tinteuhörnlein am Gürtel trug.

Weist ihm das Zertifikat, Herr Notarius! gebot er, noch immer kauend und
sich mit dem Handrücken den Mund wischend. Das Männlein kramte geschäftig in
seiner Mappe und brachte ein Papier zum Vorschein, daran ein großes Siegel in
bleierner Kapsel hing. Er reichte es den- Burgherrn, der die Schrift überflog,
das Siegel scharf prüfte und alsdann das Dokument dem Notarius zurückgab.

Ihr seid Doktor Scribonius, der Offizial des Erzbischofs von Trier? wandte
er sich an den Dicken.

Des Erzbischofs von Trier und heiligen römischen Reichs Erzkanzlers durch
Gallien und das Königreich Arelat, Herrn Richardi von Greiffenklnn und VoÜräds,
Seiner kurfürstlichen Durchlauchtigkeit, meines hochwürdigsten, wohlgeborner und
gnädigsten Herrn, erklärte der Doktor mit großer Zungengewandtheit^ ^

Gut, sagte Gyllis, und wie lautet Eure Botschaft?

Die Durchlauchtigkeit hat mit sonderlicher Betrübnis vernommen, daß allhier
im Dorfe Weinfelder eine Hexe ihr Wesen treibt und mit des Teufels Hilfe den
Lnndleuten das Vieh verzaubert, also daß es aufgehört hat, Milch zu geben.
Solcher verruchten Handlungen Urheberin vorzuladen, einem Verhör zu unter¬
werfen und, so sie schuldig befunden wird, zu verurteilen, zu bestrafen und gänzlich
zu vertilgen, hat mich mein gnädigster Herr hergesandt. Er erwartet und fordert
von Euch, als dieses Hauses Burgmann und Herrn zu Weinfelder, daß Ihr mir
bei besagter Verrichtung mit allem Fleiß und geziemender Willigkeit zu Handen gehet.

Gyllis lächelte. Er wußte, wer gegen die rote nett, das unbändige Geschöpf,
das die Ziegen des Dorfes hütete, den Männern die Köpfe verdrehte und den
Weibern ein Dorn im Auge war, die wahnsinnige Beschuldigung erhoben, und
ahnte, wer die Anklage aufgesetzt und nach Trier gesandt hatte.

Was Ihr in des Erzbischofs Namen von mir fordert, ist recht und billig.
nennet mir also ineuIMÄw, auf daß ich sie herbeiführen lassen kann.

Es ist ein Mägdlein des Namens Petronella. Ihr werdet sie kennen, er¬
widerte der Offizial, indem er deu Burgherrn listig anblinzelte. Sagt mir, wo
wir sie finden; meine Knechte mögen sie holen.

Das ist nicht Vonnöten und wäre wider Brauch und Gesetz. Zu Weinfelder
steht niemand das Recht zu, einen greifen zu lassen, denn mir. Habe ich Euch
ineuIMam überliefert, so möget Ihr mit ihr nach guter Ordnung verfahren. Wann
wollt Ihr, daß Euch das Mägdlein vorgeführt werde?

Das mag sogleich geschehn. Schafft sie herbei.

Zuvor sollen Eure Leute sich ausweisen. Zeigt mir die Älteste.

Das Männlein warf dem Dicken einen fragenden Blick zu und ließ sich, als
dieser ein Zeichen der Zustimmung gab, herbei, Herrn Gyllis die Papiere vorzu¬
legen. Es war ein Dokument, wodurch die Kaiserliche Majestät den lieben getreuen
Herrn Paulus von Eyes als Notarius im Erzstift Trier bestätigte, und zwei
apostolische Briefe, worin männiglich bekannt gemacht wurde, daß die ehrwürdigen
und hochgelehrten Patres Theophilus Bertram und Hilarius Karthusianus, Domi¬
nikanerordens und Professoren der Theologie, zu Inquisitoren ketzerischer Schlechtig¬
keit bestellt worden seien.

Nachdem der Burgherr auch diese Papiere geprüft hatte, entsandte er seinen
Vogt, die rote nett zu holen und die Zeugen, deren Namen ihm der Notarius
nannte, vorzuladen. Darüber verging einige Zeit, denn die angebliche Hexe mußte
im Gemeindebusch, die Zeugen — es waren vier Weiber aus dem Dorfe — auf
der Feldflur oder bei der häuslichen Arbeit cinfgefucht werden. Endlich waren
alle beisammen, und der Offizial eröffnete die Versammlung, die im Wohngemache
des Burghauses stattfand, mit einem Gebet. Er saß mit seinen Leuten am Tisch,
während Herr Gyllis auf seinem Sessel in der Fensternische Platz genommen hatte,
und die übrigen standen.'


Grenzboten II 1904 39
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[0299] Der Mönch von weinfelden Der Angeredete wandte sich ein einen seiner Leute, der eine lederne Mappe unter dem Arme und ein Tinteuhörnlein am Gürtel trug. Weist ihm das Zertifikat, Herr Notarius! gebot er, noch immer kauend und sich mit dem Handrücken den Mund wischend. Das Männlein kramte geschäftig in seiner Mappe und brachte ein Papier zum Vorschein, daran ein großes Siegel in bleierner Kapsel hing. Er reichte es den- Burgherrn, der die Schrift überflog, das Siegel scharf prüfte und alsdann das Dokument dem Notarius zurückgab. Ihr seid Doktor Scribonius, der Offizial des Erzbischofs von Trier? wandte er sich an den Dicken. Des Erzbischofs von Trier und heiligen römischen Reichs Erzkanzlers durch Gallien und das Königreich Arelat, Herrn Richardi von Greiffenklnn und VoÜräds, Seiner kurfürstlichen Durchlauchtigkeit, meines hochwürdigsten, wohlgeborner und gnädigsten Herrn, erklärte der Doktor mit großer Zungengewandtheit^ ^ Gut, sagte Gyllis, und wie lautet Eure Botschaft? Die Durchlauchtigkeit hat mit sonderlicher Betrübnis vernommen, daß allhier im Dorfe Weinfelder eine Hexe ihr Wesen treibt und mit des Teufels Hilfe den Lnndleuten das Vieh verzaubert, also daß es aufgehört hat, Milch zu geben. Solcher verruchten Handlungen Urheberin vorzuladen, einem Verhör zu unter¬ werfen und, so sie schuldig befunden wird, zu verurteilen, zu bestrafen und gänzlich zu vertilgen, hat mich mein gnädigster Herr hergesandt. Er erwartet und fordert von Euch, als dieses Hauses Burgmann und Herrn zu Weinfelder, daß Ihr mir bei besagter Verrichtung mit allem Fleiß und geziemender Willigkeit zu Handen gehet. Gyllis lächelte. Er wußte, wer gegen die rote nett, das unbändige Geschöpf, das die Ziegen des Dorfes hütete, den Männern die Köpfe verdrehte und den Weibern ein Dorn im Auge war, die wahnsinnige Beschuldigung erhoben, und ahnte, wer die Anklage aufgesetzt und nach Trier gesandt hatte. Was Ihr in des Erzbischofs Namen von mir fordert, ist recht und billig. nennet mir also ineuIMÄw, auf daß ich sie herbeiführen lassen kann. Es ist ein Mägdlein des Namens Petronella. Ihr werdet sie kennen, er¬ widerte der Offizial, indem er deu Burgherrn listig anblinzelte. Sagt mir, wo wir sie finden; meine Knechte mögen sie holen. Das ist nicht Vonnöten und wäre wider Brauch und Gesetz. Zu Weinfelder steht niemand das Recht zu, einen greifen zu lassen, denn mir. Habe ich Euch ineuIMam überliefert, so möget Ihr mit ihr nach guter Ordnung verfahren. Wann wollt Ihr, daß Euch das Mägdlein vorgeführt werde? Das mag sogleich geschehn. Schafft sie herbei. Zuvor sollen Eure Leute sich ausweisen. Zeigt mir die Älteste. Das Männlein warf dem Dicken einen fragenden Blick zu und ließ sich, als dieser ein Zeichen der Zustimmung gab, herbei, Herrn Gyllis die Papiere vorzu¬ legen. Es war ein Dokument, wodurch die Kaiserliche Majestät den lieben getreuen Herrn Paulus von Eyes als Notarius im Erzstift Trier bestätigte, und zwei apostolische Briefe, worin männiglich bekannt gemacht wurde, daß die ehrwürdigen und hochgelehrten Patres Theophilus Bertram und Hilarius Karthusianus, Domi¬ nikanerordens und Professoren der Theologie, zu Inquisitoren ketzerischer Schlechtig¬ keit bestellt worden seien. Nachdem der Burgherr auch diese Papiere geprüft hatte, entsandte er seinen Vogt, die rote nett zu holen und die Zeugen, deren Namen ihm der Notarius nannte, vorzuladen. Darüber verging einige Zeit, denn die angebliche Hexe mußte im Gemeindebusch, die Zeugen — es waren vier Weiber aus dem Dorfe — auf der Feldflur oder bei der häuslichen Arbeit cinfgefucht werden. Endlich waren alle beisammen, und der Offizial eröffnete die Versammlung, die im Wohngemache des Burghauses stattfand, mit einem Gebet. Er saß mit seinen Leuten am Tisch, während Herr Gyllis auf seinem Sessel in der Fensternische Platz genommen hatte, und die übrigen standen.' Grenzboten II 1904 39

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/299>, abgerufen am 25.07.2024.