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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Erinnerungen

dieses Postkogitatum nicht nachträglich an den Grafen schreiben. Er wird zwar
den etwas breitspurigen Entwurf recht ungeschickt finden -- das habe ich ver¬
dient --, aber er wird thu schon von selbst andern, denn er hat ein feines Gefühl
für guten, knappen Ausdruck.

Abends war ich bei dem Unterstaatssekretär Homeyer, den ich nun schon seit
vier Wochen vertrete. Er ist Rekonvaleszent. Er erzählt mir von dem Dispositions¬
fonds des Königs bei der Reudantnr des vormaligen Staatsschatzes, aus dein jetzt
für die Witwe des Ministerialdirektors F. eine dringend nötige jährliche Unter¬
stützung flüssig gemacht werden soll. Dieser Fonds bildet eine ganz seltsame Irre¬
gularität. Er wird auf speziellen Wunsch des Königs von dem Ministerpräsidenten
und Homeyer bei der Generalstaatskasse, aber mit einer ziemlich gewahrten Heim¬
lichkeit gesondert verwaltet Er steht nicht im Etat, und da liegt der Fehler.
Natürlich gibt die Existenz eines solchen, von der Landesvertretung nicht gekannten
und also auch uicht kontrollierten Fonds zu konstitutionellen Bedenken Anlaß. Wieder
ein Beweis für die Notwendigkeit des Komptabilitätsgesetzes, oder was dasselbe ist,
für die vernünftige gesetzliche Regelung unsrer jetzigen verwickelten und undurch¬
sichtigen Etatspraxis, an deren Stelle ein klares Etatsrecht treten müßte. Ich
verstehe nicht, weshalb man solche Dinge nicht ganz ehrlich und offen aufklärt.
Die Oberrechnuugskammer hat sich, wie Homeyer sagt, einmal in die Verwaltung
des Fonds eingemischt, ist aber zur Ruhe verwiesen und schweigt seitdem. Der
Fonds beträgt ungefähr eine und dreiviertel Million Mark, ist wahrscheinlich aus
alten Beständen des frühern Dispositionsfonds beim Staatsschatz aufgesammelt, wird
mit größter Gewissenhaftigkeit verwaltet, und die Zinsen werden sehr nützlich zu
Unterstützungen verwandt. Er ist also eine Ergänzung des jetzigen etatsmäßigen
Dispositionsfonds des Königs bei der Generalstaatskasse. Wenn es sich so verhält,
so müßte man doch der Landesvertretung ganz gelassen reinen Wein einschenken
können. Kein Mensch hat an der Sache ein Privatinteresse, nichts davon braucht
das Licht zu schenen. Wozu also die Heimlichkeit und Ängstlichkeit? Einziehn wird
die Landesvertretung dem Könige gegenüber den Fonds sicher nicht. Je länger
aber solche Dinge mit unnötigen Geheimnis umgeben werden, desto fataler werden
sie mit der Zeit. Wird die Sache einmal durch irgend einen unberechenbaren
Zufall in Abgeordnetenkreisen bekannt, dann kann sie nur zu leicht dazu gemi߬
braucht werden, deu König und den Ministerpräsidenten in ein falsches Licht zu
bringen. Wozu dergleichen?

11. November. Graf Stolberg hat den Entwurf zu dem Passus der Thron¬
rede über die Nessortvcräuderungen zurückgeschickt. Er hat ihn stark gekürzt und
die Aufführung der einzelnen Nessortverschiebungen gestrichen. Ich ging damit zum
Minister des Innern. Der aber möchte mindestens den Übergang der Domänen
und Forsten auf den landwirtschaftlichen Minister ausdrücklich erwähnt haben und
meint, es müsse angedeutet werden, daß die Vorlage schon einmal abgelehnt sei.
Beides hatte ich in meinem EntWurfe vorgesehen. Die Welfenfondsfrage hält Graf
Eulenburg durch das Bismarckische Votum für entschieden. Auch über die konsti-
tutionellen Garantien ist er rin uns einverstanden. Dagegen hält er den Entwurf
der Thronrede, soweit er sich auf die Finanzen bezieht, nicht für brauchbar. Darin
habe der Finanzminister geradezu aussprechen wollen: "Die Finanzlage des Staats
ist keine befriedigende." Das könne man doch unmöglich sagen, wenn es auch leider
wahr sei. Übrigens seien noch ganz andre Dinge in der Luft. Was? sagte er
nicht. Er sprach sich sehr entschieden und überzeugend dafür aus, daß ein Teil
der Grund- und Gebändesteuer den Gemeinden zur Deckung von Gemeinde- und
besonders Schüllastcn überwiesen werde. Nur komme man mit dem im Falkschen
Schulgesetzentwurf vorgeschlagnen "Maßstabe der umgekehrten Leistungsfähigkeit" nicht
aus. Man müsse dafür sorgen, daß die Erleichterung allen zugute komme. Dafür
biete jener Maßstab keine Gewähr. Das sind doch staatsmännische, praktisch ver¬
wertbare, gesunde und parlamentarisch brauchbare Gedanken. Wann Fürst Bismarck


Erinnerungen

dieses Postkogitatum nicht nachträglich an den Grafen schreiben. Er wird zwar
den etwas breitspurigen Entwurf recht ungeschickt finden — das habe ich ver¬
dient —, aber er wird thu schon von selbst andern, denn er hat ein feines Gefühl
für guten, knappen Ausdruck.

Abends war ich bei dem Unterstaatssekretär Homeyer, den ich nun schon seit
vier Wochen vertrete. Er ist Rekonvaleszent. Er erzählt mir von dem Dispositions¬
fonds des Königs bei der Reudantnr des vormaligen Staatsschatzes, aus dein jetzt
für die Witwe des Ministerialdirektors F. eine dringend nötige jährliche Unter¬
stützung flüssig gemacht werden soll. Dieser Fonds bildet eine ganz seltsame Irre¬
gularität. Er wird auf speziellen Wunsch des Königs von dem Ministerpräsidenten
und Homeyer bei der Generalstaatskasse, aber mit einer ziemlich gewahrten Heim¬
lichkeit gesondert verwaltet Er steht nicht im Etat, und da liegt der Fehler.
Natürlich gibt die Existenz eines solchen, von der Landesvertretung nicht gekannten
und also auch uicht kontrollierten Fonds zu konstitutionellen Bedenken Anlaß. Wieder
ein Beweis für die Notwendigkeit des Komptabilitätsgesetzes, oder was dasselbe ist,
für die vernünftige gesetzliche Regelung unsrer jetzigen verwickelten und undurch¬
sichtigen Etatspraxis, an deren Stelle ein klares Etatsrecht treten müßte. Ich
verstehe nicht, weshalb man solche Dinge nicht ganz ehrlich und offen aufklärt.
Die Oberrechnuugskammer hat sich, wie Homeyer sagt, einmal in die Verwaltung
des Fonds eingemischt, ist aber zur Ruhe verwiesen und schweigt seitdem. Der
Fonds beträgt ungefähr eine und dreiviertel Million Mark, ist wahrscheinlich aus
alten Beständen des frühern Dispositionsfonds beim Staatsschatz aufgesammelt, wird
mit größter Gewissenhaftigkeit verwaltet, und die Zinsen werden sehr nützlich zu
Unterstützungen verwandt. Er ist also eine Ergänzung des jetzigen etatsmäßigen
Dispositionsfonds des Königs bei der Generalstaatskasse. Wenn es sich so verhält,
so müßte man doch der Landesvertretung ganz gelassen reinen Wein einschenken
können. Kein Mensch hat an der Sache ein Privatinteresse, nichts davon braucht
das Licht zu schenen. Wozu also die Heimlichkeit und Ängstlichkeit? Einziehn wird
die Landesvertretung dem Könige gegenüber den Fonds sicher nicht. Je länger
aber solche Dinge mit unnötigen Geheimnis umgeben werden, desto fataler werden
sie mit der Zeit. Wird die Sache einmal durch irgend einen unberechenbaren
Zufall in Abgeordnetenkreisen bekannt, dann kann sie nur zu leicht dazu gemi߬
braucht werden, deu König und den Ministerpräsidenten in ein falsches Licht zu
bringen. Wozu dergleichen?

11. November. Graf Stolberg hat den Entwurf zu dem Passus der Thron¬
rede über die Nessortvcräuderungen zurückgeschickt. Er hat ihn stark gekürzt und
die Aufführung der einzelnen Nessortverschiebungen gestrichen. Ich ging damit zum
Minister des Innern. Der aber möchte mindestens den Übergang der Domänen
und Forsten auf den landwirtschaftlichen Minister ausdrücklich erwähnt haben und
meint, es müsse angedeutet werden, daß die Vorlage schon einmal abgelehnt sei.
Beides hatte ich in meinem EntWurfe vorgesehen. Die Welfenfondsfrage hält Graf
Eulenburg durch das Bismarckische Votum für entschieden. Auch über die konsti-
tutionellen Garantien ist er rin uns einverstanden. Dagegen hält er den Entwurf
der Thronrede, soweit er sich auf die Finanzen bezieht, nicht für brauchbar. Darin
habe der Finanzminister geradezu aussprechen wollen: „Die Finanzlage des Staats
ist keine befriedigende." Das könne man doch unmöglich sagen, wenn es auch leider
wahr sei. Übrigens seien noch ganz andre Dinge in der Luft. Was? sagte er
nicht. Er sprach sich sehr entschieden und überzeugend dafür aus, daß ein Teil
der Grund- und Gebändesteuer den Gemeinden zur Deckung von Gemeinde- und
besonders Schüllastcn überwiesen werde. Nur komme man mit dem im Falkschen
Schulgesetzentwurf vorgeschlagnen „Maßstabe der umgekehrten Leistungsfähigkeit" nicht
aus. Man müsse dafür sorgen, daß die Erleichterung allen zugute komme. Dafür
biete jener Maßstab keine Gewähr. Das sind doch staatsmännische, praktisch ver¬
wertbare, gesunde und parlamentarisch brauchbare Gedanken. Wann Fürst Bismarck


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[0296] Erinnerungen dieses Postkogitatum nicht nachträglich an den Grafen schreiben. Er wird zwar den etwas breitspurigen Entwurf recht ungeschickt finden — das habe ich ver¬ dient —, aber er wird thu schon von selbst andern, denn er hat ein feines Gefühl für guten, knappen Ausdruck. Abends war ich bei dem Unterstaatssekretär Homeyer, den ich nun schon seit vier Wochen vertrete. Er ist Rekonvaleszent. Er erzählt mir von dem Dispositions¬ fonds des Königs bei der Reudantnr des vormaligen Staatsschatzes, aus dein jetzt für die Witwe des Ministerialdirektors F. eine dringend nötige jährliche Unter¬ stützung flüssig gemacht werden soll. Dieser Fonds bildet eine ganz seltsame Irre¬ gularität. Er wird auf speziellen Wunsch des Königs von dem Ministerpräsidenten und Homeyer bei der Generalstaatskasse, aber mit einer ziemlich gewahrten Heim¬ lichkeit gesondert verwaltet Er steht nicht im Etat, und da liegt der Fehler. Natürlich gibt die Existenz eines solchen, von der Landesvertretung nicht gekannten und also auch uicht kontrollierten Fonds zu konstitutionellen Bedenken Anlaß. Wieder ein Beweis für die Notwendigkeit des Komptabilitätsgesetzes, oder was dasselbe ist, für die vernünftige gesetzliche Regelung unsrer jetzigen verwickelten und undurch¬ sichtigen Etatspraxis, an deren Stelle ein klares Etatsrecht treten müßte. Ich verstehe nicht, weshalb man solche Dinge nicht ganz ehrlich und offen aufklärt. Die Oberrechnuugskammer hat sich, wie Homeyer sagt, einmal in die Verwaltung des Fonds eingemischt, ist aber zur Ruhe verwiesen und schweigt seitdem. Der Fonds beträgt ungefähr eine und dreiviertel Million Mark, ist wahrscheinlich aus alten Beständen des frühern Dispositionsfonds beim Staatsschatz aufgesammelt, wird mit größter Gewissenhaftigkeit verwaltet, und die Zinsen werden sehr nützlich zu Unterstützungen verwandt. Er ist also eine Ergänzung des jetzigen etatsmäßigen Dispositionsfonds des Königs bei der Generalstaatskasse. Wenn es sich so verhält, so müßte man doch der Landesvertretung ganz gelassen reinen Wein einschenken können. Kein Mensch hat an der Sache ein Privatinteresse, nichts davon braucht das Licht zu schenen. Wozu also die Heimlichkeit und Ängstlichkeit? Einziehn wird die Landesvertretung dem Könige gegenüber den Fonds sicher nicht. Je länger aber solche Dinge mit unnötigen Geheimnis umgeben werden, desto fataler werden sie mit der Zeit. Wird die Sache einmal durch irgend einen unberechenbaren Zufall in Abgeordnetenkreisen bekannt, dann kann sie nur zu leicht dazu gemi߬ braucht werden, deu König und den Ministerpräsidenten in ein falsches Licht zu bringen. Wozu dergleichen? 11. November. Graf Stolberg hat den Entwurf zu dem Passus der Thron¬ rede über die Nessortvcräuderungen zurückgeschickt. Er hat ihn stark gekürzt und die Aufführung der einzelnen Nessortverschiebungen gestrichen. Ich ging damit zum Minister des Innern. Der aber möchte mindestens den Übergang der Domänen und Forsten auf den landwirtschaftlichen Minister ausdrücklich erwähnt haben und meint, es müsse angedeutet werden, daß die Vorlage schon einmal abgelehnt sei. Beides hatte ich in meinem EntWurfe vorgesehen. Die Welfenfondsfrage hält Graf Eulenburg durch das Bismarckische Votum für entschieden. Auch über die konsti- tutionellen Garantien ist er rin uns einverstanden. Dagegen hält er den Entwurf der Thronrede, soweit er sich auf die Finanzen bezieht, nicht für brauchbar. Darin habe der Finanzminister geradezu aussprechen wollen: „Die Finanzlage des Staats ist keine befriedigende." Das könne man doch unmöglich sagen, wenn es auch leider wahr sei. Übrigens seien noch ganz andre Dinge in der Luft. Was? sagte er nicht. Er sprach sich sehr entschieden und überzeugend dafür aus, daß ein Teil der Grund- und Gebändesteuer den Gemeinden zur Deckung von Gemeinde- und besonders Schüllastcn überwiesen werde. Nur komme man mit dem im Falkschen Schulgesetzentwurf vorgeschlagnen „Maßstabe der umgekehrten Leistungsfähigkeit" nicht aus. Man müsse dafür sorgen, daß die Erleichterung allen zugute komme. Dafür biete jener Maßstab keine Gewähr. Das sind doch staatsmännische, praktisch ver¬ wertbare, gesunde und parlamentarisch brauchbare Gedanken. Wann Fürst Bismarck

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/296>, abgerufen am 05.07.2024.