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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Erinnerungen

so imposant entgegengetreten ist, jeder Maßstab fehlte. Alles, was er wollte, sagte
und erreichte, bewegte sich innerhalb meines Gesichtskreises, aber eine ähnliche Über¬
legenheit eines Mannes über seine Umgebung hatte ich bisher noch nie wahrgenommen.
Die Personen -- das blitzte auch hier durch -- kommen für ihn nur in Betracht,
soweit sie den von ihm für heilsam erachteten Zielen dienen. Hat er die Über¬
zeugung, daß sie diesen Zielen nicht dienen wollen oder können, so wirft er sie
rücksichtslos beiseite. Eine Äußerung über den Direktor im Reichskanzleramt
Michaelis und dessen Mcmchestertmn ließ hierüber keinen Zweifel. Diese Rücksichts¬
losigkeit des Fürsten gegen ihm nicht tauglich erscheinende Personen hat schon viele
Opfer gekostet und mag leicht wohl auch Unschuldige treffen und dann zur Unge¬
rechtigkeit werden können. Sie ist es, die den Fürsten den ihm untergeordneten
Beamten so gefährlich und gefürchtet macht. Aber seine Größe als Staatsmann
wird dadurch nicht geschmälert. Eher umgekehrt. Ein Mann, der wie Bismarck
auf die ganze zivilisierte Welt wirkt, muß sich ein gewisses Maß unbeugsamer Härte
anzwingen. Er kann mit den ihm widerstrebenden Elementen nicht sanft fahren,
wenn er nicht selbst unter den Schlitten kommen will. Bismarck ist ein in der
Tat einzigartiger Mann. Er ist das Phänomen des Jahrhunderts. Dafür habe
ich heute bei verhältnismäßig doch kleinem Anlaß aus eigner Anschauung ein un¬
mittelbares Verständnis gewonnen. Die Größe der Lücke, die entsteh" wird, wenn
er einmal ausscheidet, ist gar nicht zu ermessen. Seine vielbeklagte Menschenver¬
achtung ist zu verstehn, wenn seine Kollegen, die höchsten Beamten des Staats, ihm
gegenüber sich nicht mehr und nicht besser geltend zu machen wissen, als dies bei
der Mehrzahl heute der Fall war.

22. Oktober. Sitzung des Staatsministeriums unter Vorsitz des Justiz¬
ministers Leonhard. Ziemlich unruhig. Zu wenig Direktion des Vorsitzenden.
Fast nnr Ausführuugsgesetze zu den Reichsjustizgesetzen. Graf Eulenburg durch
gründliche Information sowie durch den Inhalt und die Form seiner Bemerkungen
allen überlegen. Er hat vom Kronprinzen in Anerkenmmg seiner tapfern, geschickten
und maßvollen Vertretung des Sozialistengesetzes den Stern zum Roten Adler
zweiter Klasse erhalten. Das Beamtentum freut sich darüber. Darin ist auch mehr
Sinn als in hundert Ordensverleihungen auf dem chausseemäßigen Wege.

25. Oktober. Unterstaatssekretär Homeyer, der noch immer krank ist, schickt
mir sein Billett zur heutigen Symphoniesoiree im Opernhause. Das ist doch nett
von ihm. Raffs Waldshmphonie mit der wilden Jagd, gut ausgeführt, erschien
mir ziemlich töricht. Manche hübschen melodiösen Stellen, aber Waldstimmung?
Jedenfalls kann ich mir alles andre dabei denken. Dann kam der prachtvolle
Geisterreigen aus Glucks Orpheus, klare, einfache, hinreißende Musik. Endlich die
v-aur-Symphonie von Beethoven, über alle Maßen schön, der musikalische Ausdruck
der rechten Mannes- und Lebensfreudigkeit. Das war ein schöner Abend.

2. November. Herreucssen beim Minister des Innern mit den Mitgliedern
der Sozialistengesetzkommission. Obertribunatsrat Hahn erzählte mit vielem Behagen
einige Kalauer. Gutsbesitzer Dorgeloh aus Ostpreußen, ein interessanter Sammler
von Originalradierungen und dergleichen. Obertribunalsrat Delius, ein Schwieger¬
sohn des alten, würdigen Präsidenten Kaupisch in Stolberg, ernst und bescheiden,
sehr vertrauenerweckend. Graf und Gräfin Eulenburg waren sehr gütig gegen mich.
Das Ganze war harmlos und unpolitisch, der Speisezettel im Vergleich mit dem
hier sonst üblichen übertriebnen Luxus einfach und sehr gut. In Eulenburgs Nähe
fühlt man sich immer wohl.

Sonntag, 3. November. Heute, Sonntag Mittag, Sitzung des Staats¬
ministeriums. Außer Bismarck waren alle Minister da, auch Hobrecht. Die beiden
heikeln Voden Hobrechts über den Welfenfonds und die konstitutionellen Garantien
-- gegen beide habe ich für Graf Stolberg Gegenpolen gemacht -- werden wieder
von der Tagesordnung abgesetzt. Im übrigen Landtagssachen. Der Minister des
Innern fängt an, im Staatsministerium eine Art dominierender Stellung zu be-


Erinnerungen

so imposant entgegengetreten ist, jeder Maßstab fehlte. Alles, was er wollte, sagte
und erreichte, bewegte sich innerhalb meines Gesichtskreises, aber eine ähnliche Über¬
legenheit eines Mannes über seine Umgebung hatte ich bisher noch nie wahrgenommen.
Die Personen — das blitzte auch hier durch — kommen für ihn nur in Betracht,
soweit sie den von ihm für heilsam erachteten Zielen dienen. Hat er die Über¬
zeugung, daß sie diesen Zielen nicht dienen wollen oder können, so wirft er sie
rücksichtslos beiseite. Eine Äußerung über den Direktor im Reichskanzleramt
Michaelis und dessen Mcmchestertmn ließ hierüber keinen Zweifel. Diese Rücksichts¬
losigkeit des Fürsten gegen ihm nicht tauglich erscheinende Personen hat schon viele
Opfer gekostet und mag leicht wohl auch Unschuldige treffen und dann zur Unge¬
rechtigkeit werden können. Sie ist es, die den Fürsten den ihm untergeordneten
Beamten so gefährlich und gefürchtet macht. Aber seine Größe als Staatsmann
wird dadurch nicht geschmälert. Eher umgekehrt. Ein Mann, der wie Bismarck
auf die ganze zivilisierte Welt wirkt, muß sich ein gewisses Maß unbeugsamer Härte
anzwingen. Er kann mit den ihm widerstrebenden Elementen nicht sanft fahren,
wenn er nicht selbst unter den Schlitten kommen will. Bismarck ist ein in der
Tat einzigartiger Mann. Er ist das Phänomen des Jahrhunderts. Dafür habe
ich heute bei verhältnismäßig doch kleinem Anlaß aus eigner Anschauung ein un¬
mittelbares Verständnis gewonnen. Die Größe der Lücke, die entsteh» wird, wenn
er einmal ausscheidet, ist gar nicht zu ermessen. Seine vielbeklagte Menschenver¬
achtung ist zu verstehn, wenn seine Kollegen, die höchsten Beamten des Staats, ihm
gegenüber sich nicht mehr und nicht besser geltend zu machen wissen, als dies bei
der Mehrzahl heute der Fall war.

22. Oktober. Sitzung des Staatsministeriums unter Vorsitz des Justiz¬
ministers Leonhard. Ziemlich unruhig. Zu wenig Direktion des Vorsitzenden.
Fast nnr Ausführuugsgesetze zu den Reichsjustizgesetzen. Graf Eulenburg durch
gründliche Information sowie durch den Inhalt und die Form seiner Bemerkungen
allen überlegen. Er hat vom Kronprinzen in Anerkenmmg seiner tapfern, geschickten
und maßvollen Vertretung des Sozialistengesetzes den Stern zum Roten Adler
zweiter Klasse erhalten. Das Beamtentum freut sich darüber. Darin ist auch mehr
Sinn als in hundert Ordensverleihungen auf dem chausseemäßigen Wege.

25. Oktober. Unterstaatssekretär Homeyer, der noch immer krank ist, schickt
mir sein Billett zur heutigen Symphoniesoiree im Opernhause. Das ist doch nett
von ihm. Raffs Waldshmphonie mit der wilden Jagd, gut ausgeführt, erschien
mir ziemlich töricht. Manche hübschen melodiösen Stellen, aber Waldstimmung?
Jedenfalls kann ich mir alles andre dabei denken. Dann kam der prachtvolle
Geisterreigen aus Glucks Orpheus, klare, einfache, hinreißende Musik. Endlich die
v-aur-Symphonie von Beethoven, über alle Maßen schön, der musikalische Ausdruck
der rechten Mannes- und Lebensfreudigkeit. Das war ein schöner Abend.

2. November. Herreucssen beim Minister des Innern mit den Mitgliedern
der Sozialistengesetzkommission. Obertribunatsrat Hahn erzählte mit vielem Behagen
einige Kalauer. Gutsbesitzer Dorgeloh aus Ostpreußen, ein interessanter Sammler
von Originalradierungen und dergleichen. Obertribunalsrat Delius, ein Schwieger¬
sohn des alten, würdigen Präsidenten Kaupisch in Stolberg, ernst und bescheiden,
sehr vertrauenerweckend. Graf und Gräfin Eulenburg waren sehr gütig gegen mich.
Das Ganze war harmlos und unpolitisch, der Speisezettel im Vergleich mit dem
hier sonst üblichen übertriebnen Luxus einfach und sehr gut. In Eulenburgs Nähe
fühlt man sich immer wohl.

Sonntag, 3. November. Heute, Sonntag Mittag, Sitzung des Staats¬
ministeriums. Außer Bismarck waren alle Minister da, auch Hobrecht. Die beiden
heikeln Voden Hobrechts über den Welfenfonds und die konstitutionellen Garantien
— gegen beide habe ich für Graf Stolberg Gegenpolen gemacht — werden wieder
von der Tagesordnung abgesetzt. Im übrigen Landtagssachen. Der Minister des
Innern fängt an, im Staatsministerium eine Art dominierender Stellung zu be-


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[0294] Erinnerungen so imposant entgegengetreten ist, jeder Maßstab fehlte. Alles, was er wollte, sagte und erreichte, bewegte sich innerhalb meines Gesichtskreises, aber eine ähnliche Über¬ legenheit eines Mannes über seine Umgebung hatte ich bisher noch nie wahrgenommen. Die Personen — das blitzte auch hier durch — kommen für ihn nur in Betracht, soweit sie den von ihm für heilsam erachteten Zielen dienen. Hat er die Über¬ zeugung, daß sie diesen Zielen nicht dienen wollen oder können, so wirft er sie rücksichtslos beiseite. Eine Äußerung über den Direktor im Reichskanzleramt Michaelis und dessen Mcmchestertmn ließ hierüber keinen Zweifel. Diese Rücksichts¬ losigkeit des Fürsten gegen ihm nicht tauglich erscheinende Personen hat schon viele Opfer gekostet und mag leicht wohl auch Unschuldige treffen und dann zur Unge¬ rechtigkeit werden können. Sie ist es, die den Fürsten den ihm untergeordneten Beamten so gefährlich und gefürchtet macht. Aber seine Größe als Staatsmann wird dadurch nicht geschmälert. Eher umgekehrt. Ein Mann, der wie Bismarck auf die ganze zivilisierte Welt wirkt, muß sich ein gewisses Maß unbeugsamer Härte anzwingen. Er kann mit den ihm widerstrebenden Elementen nicht sanft fahren, wenn er nicht selbst unter den Schlitten kommen will. Bismarck ist ein in der Tat einzigartiger Mann. Er ist das Phänomen des Jahrhunderts. Dafür habe ich heute bei verhältnismäßig doch kleinem Anlaß aus eigner Anschauung ein un¬ mittelbares Verständnis gewonnen. Die Größe der Lücke, die entsteh» wird, wenn er einmal ausscheidet, ist gar nicht zu ermessen. Seine vielbeklagte Menschenver¬ achtung ist zu verstehn, wenn seine Kollegen, die höchsten Beamten des Staats, ihm gegenüber sich nicht mehr und nicht besser geltend zu machen wissen, als dies bei der Mehrzahl heute der Fall war. 22. Oktober. Sitzung des Staatsministeriums unter Vorsitz des Justiz¬ ministers Leonhard. Ziemlich unruhig. Zu wenig Direktion des Vorsitzenden. Fast nnr Ausführuugsgesetze zu den Reichsjustizgesetzen. Graf Eulenburg durch gründliche Information sowie durch den Inhalt und die Form seiner Bemerkungen allen überlegen. Er hat vom Kronprinzen in Anerkenmmg seiner tapfern, geschickten und maßvollen Vertretung des Sozialistengesetzes den Stern zum Roten Adler zweiter Klasse erhalten. Das Beamtentum freut sich darüber. Darin ist auch mehr Sinn als in hundert Ordensverleihungen auf dem chausseemäßigen Wege. 25. Oktober. Unterstaatssekretär Homeyer, der noch immer krank ist, schickt mir sein Billett zur heutigen Symphoniesoiree im Opernhause. Das ist doch nett von ihm. Raffs Waldshmphonie mit der wilden Jagd, gut ausgeführt, erschien mir ziemlich töricht. Manche hübschen melodiösen Stellen, aber Waldstimmung? Jedenfalls kann ich mir alles andre dabei denken. Dann kam der prachtvolle Geisterreigen aus Glucks Orpheus, klare, einfache, hinreißende Musik. Endlich die v-aur-Symphonie von Beethoven, über alle Maßen schön, der musikalische Ausdruck der rechten Mannes- und Lebensfreudigkeit. Das war ein schöner Abend. 2. November. Herreucssen beim Minister des Innern mit den Mitgliedern der Sozialistengesetzkommission. Obertribunatsrat Hahn erzählte mit vielem Behagen einige Kalauer. Gutsbesitzer Dorgeloh aus Ostpreußen, ein interessanter Sammler von Originalradierungen und dergleichen. Obertribunalsrat Delius, ein Schwieger¬ sohn des alten, würdigen Präsidenten Kaupisch in Stolberg, ernst und bescheiden, sehr vertrauenerweckend. Graf und Gräfin Eulenburg waren sehr gütig gegen mich. Das Ganze war harmlos und unpolitisch, der Speisezettel im Vergleich mit dem hier sonst üblichen übertriebnen Luxus einfach und sehr gut. In Eulenburgs Nähe fühlt man sich immer wohl. Sonntag, 3. November. Heute, Sonntag Mittag, Sitzung des Staats¬ ministeriums. Außer Bismarck waren alle Minister da, auch Hobrecht. Die beiden heikeln Voden Hobrechts über den Welfenfonds und die konstitutionellen Garantien — gegen beide habe ich für Graf Stolberg Gegenpolen gemacht — werden wieder von der Tagesordnung abgesetzt. Im übrigen Landtagssachen. Der Minister des Innern fängt an, im Staatsministerium eine Art dominierender Stellung zu be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/294>, abgerufen am 05.07.2024.