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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Deutschland Rechtens geworden ist, schlechterdings unhaltbar. Die Frage ist eben
tatsächlich schon entschieden, sie ist keine rsg iuwKra, mehr, als die sie in der Kammer
noch behandelt wurde. Oder welche Beweise für die Rätlichkeit der Zulassung
will man denn in Sachsen noch abwarten? Ein solcher Schritt, wie ihn Preußen
hier getan hat, wird niemals zurückgetan, und Sachsen ist gewiß in einer Zwangs¬
lage, schon aus geographischen Gründen, die es nicht ändern kann. Der Grund
dafür, daß es in eine solche versetzt worden ist, liegt in der hier zu eng be¬
messenen Reichskompetenz. Wenn das Berechtigungswesen sonst einheitlich geordnet
ist, so wäre eine einheitliche Regelung auch in diesem besonders wichtigen Falle
von vornherein eine Notwendigkeit gewesen. Jedenfalls ist der gegenwärtige
Zustand nicht nur aus äußern und innern Gründen unhaltbar, sondern er steht
mich im schneidenden Widerspruch mit der notwendigen Rechtseinheit des Reichs.


Veto Raemmel
sar Potatau an Pius den Zehnten.

Der Noreure as I'rÄueö vom
Januar 1904 veröffentlicht einen Aufsatz von dreiundvierzig Seiten in Form einer
Bittschrift, in der der bekannte französische Mystiker Püladan von Pius dem Zehnten
eine Reform der kirchlichen Gesetze über die Ehescheidung verlangt. Schon die
Stelle, an der diese Suxxli^no L. 8. I^s I?axs ?is X xour la Wtorms as"
(Zg-nous, tu MÄtisrs av vivorcs erscheint, schließt aus, daß sie an der höchsten kirch¬
lichen Stelle Beachtung findet; dieselbe Nummer des Nereurs as Z?rimoo bringt
zufällig zwei Briefe von Geistlichen, die schon in der Zusendung des Verlags-
katalvgs der Zeitschrift Jungfrankreichs eine Beleidigung finden. Und auch wenn
man Peladcm dem Mystiker glaubt -- und das muß man wohl --, daß er nicht
mystifiziert, wenn er sich für den gläubigen und getreuen Sohn der katholischen
Kirche ausgibt, ist es eine ungewöhnliche Art von Bittschrift, die von der Hierarchie
etwas verlangt, indem sie ihr in unverblümtester Sprache ihre Fehler und Sünden
vorwirft. Aber die Bittschrift Mladnns ist ein sehr interessantes, warm gefühltes
und an geistvollen Auslegungen wie kirchengeschichtlichen Details reiches Dokument,
aus dem eine kräftige Anklage gegen die Mißwirtschaft und die Ungerechtigkeit der
römischen Kirche in Frankreich hervorgeht. Sie ist dazu in einer prachtvollen
Sprache geschrieben, der wir durch die kurzen Auszüge aus dem inhaltreichen Auf¬
satz kaum gerecht werden können. So dürfte das blutende Herz eines wahren
Katholiken wirklich sprechen.

Pcladan beginnt: "Vielleicht scheint es befremdend, daß diese Bittschrift nicht
den regulären Gang durch die Hände des Parochialpfarrers zum Kardiualerzbischof
und von diesem zum Nuntius geht, und daß sie durch die gewichtige Art und
Weise des Drucks in die Welt gesetzt wird. Obwohl es mir eigentlich widerspricht,
Eure Heiligkeit aus dem optimistischen Traum zu erwecken, den Sie Ihren Vor¬
gängern gleich träumt in dieser wunderbaren Dekoration, wie sie der Vatikan ab¬
gibt, muß ich doch sagen, daß der Pfarrer, wie er jetzt ist, mir kein kindliches Zu¬
trauen einflößt, daß unser Erzbischof der geistigen Autorität entbehrt, und daß der
Nuntius in Frankreich nur zu residiere" scheint, um einigen reichen Heiraten den
Segen zu erteilen. Möchte doch Eure Heiligkett nur ein einzigesmcü einen aus
der Herde anhören, was die Hirten taugen; möchte Sie einmal der Klage des
Laien statt der ewigen Stimme des Priesters Gehör schenken; möchte Sie nur
eine Minute die Priesterschaft beiseite legen: Ihr Herz würde zerreißen, aber der
ganzen Kirche würde Heil widerfahren! Es gibt keine UnWürdigkeiten 5, ig. Borgia,
die wir z" charakterisieren haben, und die uns zu reden zur Pflicht machen: der
Katholizismus stirbt in Frankreich an Mittelmäßigkeit."

"Wir wagen dem Priester nur mit der Börse in der Hand zu nahen, sonst
bekommen wir eine leere Phrase zur Antwort. Es gibt Pfarreien genug in Paris,
wo am Sonntag kein einziges Kind des Volks in der Kirche erscheint, und doch
ist sie voll. Genügt dies nicht? Das Kasuale (die Nebeneinkünfte) beherrscht alles,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Deutschland Rechtens geworden ist, schlechterdings unhaltbar. Die Frage ist eben
tatsächlich schon entschieden, sie ist keine rsg iuwKra, mehr, als die sie in der Kammer
noch behandelt wurde. Oder welche Beweise für die Rätlichkeit der Zulassung
will man denn in Sachsen noch abwarten? Ein solcher Schritt, wie ihn Preußen
hier getan hat, wird niemals zurückgetan, und Sachsen ist gewiß in einer Zwangs¬
lage, schon aus geographischen Gründen, die es nicht ändern kann. Der Grund
dafür, daß es in eine solche versetzt worden ist, liegt in der hier zu eng be¬
messenen Reichskompetenz. Wenn das Berechtigungswesen sonst einheitlich geordnet
ist, so wäre eine einheitliche Regelung auch in diesem besonders wichtigen Falle
von vornherein eine Notwendigkeit gewesen. Jedenfalls ist der gegenwärtige
Zustand nicht nur aus äußern und innern Gründen unhaltbar, sondern er steht
mich im schneidenden Widerspruch mit der notwendigen Rechtseinheit des Reichs.


Veto Raemmel
sar Potatau an Pius den Zehnten.

Der Noreure as I'rÄueö vom
Januar 1904 veröffentlicht einen Aufsatz von dreiundvierzig Seiten in Form einer
Bittschrift, in der der bekannte französische Mystiker Püladan von Pius dem Zehnten
eine Reform der kirchlichen Gesetze über die Ehescheidung verlangt. Schon die
Stelle, an der diese Suxxli^no L. 8. I^s I?axs ?is X xour la Wtorms as«
(Zg-nous, tu MÄtisrs av vivorcs erscheint, schließt aus, daß sie an der höchsten kirch¬
lichen Stelle Beachtung findet; dieselbe Nummer des Nereurs as Z?rimoo bringt
zufällig zwei Briefe von Geistlichen, die schon in der Zusendung des Verlags-
katalvgs der Zeitschrift Jungfrankreichs eine Beleidigung finden. Und auch wenn
man Peladcm dem Mystiker glaubt — und das muß man wohl —, daß er nicht
mystifiziert, wenn er sich für den gläubigen und getreuen Sohn der katholischen
Kirche ausgibt, ist es eine ungewöhnliche Art von Bittschrift, die von der Hierarchie
etwas verlangt, indem sie ihr in unverblümtester Sprache ihre Fehler und Sünden
vorwirft. Aber die Bittschrift Mladnns ist ein sehr interessantes, warm gefühltes
und an geistvollen Auslegungen wie kirchengeschichtlichen Details reiches Dokument,
aus dem eine kräftige Anklage gegen die Mißwirtschaft und die Ungerechtigkeit der
römischen Kirche in Frankreich hervorgeht. Sie ist dazu in einer prachtvollen
Sprache geschrieben, der wir durch die kurzen Auszüge aus dem inhaltreichen Auf¬
satz kaum gerecht werden können. So dürfte das blutende Herz eines wahren
Katholiken wirklich sprechen.

Pcladan beginnt: „Vielleicht scheint es befremdend, daß diese Bittschrift nicht
den regulären Gang durch die Hände des Parochialpfarrers zum Kardiualerzbischof
und von diesem zum Nuntius geht, und daß sie durch die gewichtige Art und
Weise des Drucks in die Welt gesetzt wird. Obwohl es mir eigentlich widerspricht,
Eure Heiligkeit aus dem optimistischen Traum zu erwecken, den Sie Ihren Vor¬
gängern gleich träumt in dieser wunderbaren Dekoration, wie sie der Vatikan ab¬
gibt, muß ich doch sagen, daß der Pfarrer, wie er jetzt ist, mir kein kindliches Zu¬
trauen einflößt, daß unser Erzbischof der geistigen Autorität entbehrt, und daß der
Nuntius in Frankreich nur zu residiere» scheint, um einigen reichen Heiraten den
Segen zu erteilen. Möchte doch Eure Heiligkett nur ein einzigesmcü einen aus
der Herde anhören, was die Hirten taugen; möchte Sie einmal der Klage des
Laien statt der ewigen Stimme des Priesters Gehör schenken; möchte Sie nur
eine Minute die Priesterschaft beiseite legen: Ihr Herz würde zerreißen, aber der
ganzen Kirche würde Heil widerfahren! Es gibt keine UnWürdigkeiten 5, ig. Borgia,
die wir z» charakterisieren haben, und die uns zu reden zur Pflicht machen: der
Katholizismus stirbt in Frankreich an Mittelmäßigkeit."

„Wir wagen dem Priester nur mit der Börse in der Hand zu nahen, sonst
bekommen wir eine leere Phrase zur Antwort. Es gibt Pfarreien genug in Paris,
wo am Sonntag kein einziges Kind des Volks in der Kirche erscheint, und doch
ist sie voll. Genügt dies nicht? Das Kasuale (die Nebeneinkünfte) beherrscht alles,


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[0248] Maßgebliches und Unmaßgebliches Deutschland Rechtens geworden ist, schlechterdings unhaltbar. Die Frage ist eben tatsächlich schon entschieden, sie ist keine rsg iuwKra, mehr, als die sie in der Kammer noch behandelt wurde. Oder welche Beweise für die Rätlichkeit der Zulassung will man denn in Sachsen noch abwarten? Ein solcher Schritt, wie ihn Preußen hier getan hat, wird niemals zurückgetan, und Sachsen ist gewiß in einer Zwangs¬ lage, schon aus geographischen Gründen, die es nicht ändern kann. Der Grund dafür, daß es in eine solche versetzt worden ist, liegt in der hier zu eng be¬ messenen Reichskompetenz. Wenn das Berechtigungswesen sonst einheitlich geordnet ist, so wäre eine einheitliche Regelung auch in diesem besonders wichtigen Falle von vornherein eine Notwendigkeit gewesen. Jedenfalls ist der gegenwärtige Zustand nicht nur aus äußern und innern Gründen unhaltbar, sondern er steht mich im schneidenden Widerspruch mit der notwendigen Rechtseinheit des Reichs. Veto Raemmel sar Potatau an Pius den Zehnten. Der Noreure as I'rÄueö vom Januar 1904 veröffentlicht einen Aufsatz von dreiundvierzig Seiten in Form einer Bittschrift, in der der bekannte französische Mystiker Püladan von Pius dem Zehnten eine Reform der kirchlichen Gesetze über die Ehescheidung verlangt. Schon die Stelle, an der diese Suxxli^no L. 8. I^s I?axs ?is X xour la Wtorms as« (Zg-nous, tu MÄtisrs av vivorcs erscheint, schließt aus, daß sie an der höchsten kirch¬ lichen Stelle Beachtung findet; dieselbe Nummer des Nereurs as Z?rimoo bringt zufällig zwei Briefe von Geistlichen, die schon in der Zusendung des Verlags- katalvgs der Zeitschrift Jungfrankreichs eine Beleidigung finden. Und auch wenn man Peladcm dem Mystiker glaubt — und das muß man wohl —, daß er nicht mystifiziert, wenn er sich für den gläubigen und getreuen Sohn der katholischen Kirche ausgibt, ist es eine ungewöhnliche Art von Bittschrift, die von der Hierarchie etwas verlangt, indem sie ihr in unverblümtester Sprache ihre Fehler und Sünden vorwirft. Aber die Bittschrift Mladnns ist ein sehr interessantes, warm gefühltes und an geistvollen Auslegungen wie kirchengeschichtlichen Details reiches Dokument, aus dem eine kräftige Anklage gegen die Mißwirtschaft und die Ungerechtigkeit der römischen Kirche in Frankreich hervorgeht. Sie ist dazu in einer prachtvollen Sprache geschrieben, der wir durch die kurzen Auszüge aus dem inhaltreichen Auf¬ satz kaum gerecht werden können. So dürfte das blutende Herz eines wahren Katholiken wirklich sprechen. Pcladan beginnt: „Vielleicht scheint es befremdend, daß diese Bittschrift nicht den regulären Gang durch die Hände des Parochialpfarrers zum Kardiualerzbischof und von diesem zum Nuntius geht, und daß sie durch die gewichtige Art und Weise des Drucks in die Welt gesetzt wird. Obwohl es mir eigentlich widerspricht, Eure Heiligkeit aus dem optimistischen Traum zu erwecken, den Sie Ihren Vor¬ gängern gleich träumt in dieser wunderbaren Dekoration, wie sie der Vatikan ab¬ gibt, muß ich doch sagen, daß der Pfarrer, wie er jetzt ist, mir kein kindliches Zu¬ trauen einflößt, daß unser Erzbischof der geistigen Autorität entbehrt, und daß der Nuntius in Frankreich nur zu residiere» scheint, um einigen reichen Heiraten den Segen zu erteilen. Möchte doch Eure Heiligkett nur ein einzigesmcü einen aus der Herde anhören, was die Hirten taugen; möchte Sie einmal der Klage des Laien statt der ewigen Stimme des Priesters Gehör schenken; möchte Sie nur eine Minute die Priesterschaft beiseite legen: Ihr Herz würde zerreißen, aber der ganzen Kirche würde Heil widerfahren! Es gibt keine UnWürdigkeiten 5, ig. Borgia, die wir z» charakterisieren haben, und die uns zu reden zur Pflicht machen: der Katholizismus stirbt in Frankreich an Mittelmäßigkeit." „Wir wagen dem Priester nur mit der Börse in der Hand zu nahen, sonst bekommen wir eine leere Phrase zur Antwort. Es gibt Pfarreien genug in Paris, wo am Sonntag kein einziges Kind des Volks in der Kirche erscheint, und doch ist sie voll. Genügt dies nicht? Das Kasuale (die Nebeneinkünfte) beherrscht alles,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/248>, abgerufen am 04.07.2024.