Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.Der Mönch von lveinfelden einer Schicht von grauem Traf; überzogen war, da sie hier zugleich als eine Art Die Männer traten durch ein Pförtchen in den Baumgarten, stiegen ein paar Rüste das Nachtmahl und sorge dafür, daß das Jener tüchtig brenne, gebot Von dem guten, den Euer Liebden Frau Mutter als Heiratsgut mitgebracht Tue, wie ich dir befehle, sagte der Burgherr. Der gute wird ohnehin Niklas entfernte sich kopfschüttelnd. Ist noch nie geschehen, so lange ich zurück¬ Bald prasselte im Kamine des schmucklosen Wohngemachs ein lustiges Feuer. Du magst dem Hunde einen Napf mit den Resten vom Mittag bringen, Der Falk will seit zwei Tagen nicht kröpfen, und gestern erst hat Wirich ein Gut. Die sollst du in den Keller tragen. Aber stelle den Topf oben in die Der Diener verschwand und kehrte nach einer Weile mit dem gefüllten Freß- Agrippa, der nicht müde wurde, mit seinem Vierbeimgen Liebling allerhand Gyllis hatte den Fisch kaum zerlegt, als Niklas wieder erschien Euer Liebden. begann er. draußen stehn die Bauern und heischen den Martins¬ Sie heischen den Wein? fragte der Burgherr erstaunt. Ist so gewesen, so lange ich denken kann, antwortete Niklas. Sie Habens Der Mönch von lveinfelden einer Schicht von grauem Traf; überzogen war, da sie hier zugleich als eine Art Die Männer traten durch ein Pförtchen in den Baumgarten, stiegen ein paar Rüste das Nachtmahl und sorge dafür, daß das Jener tüchtig brenne, gebot Von dem guten, den Euer Liebden Frau Mutter als Heiratsgut mitgebracht Tue, wie ich dir befehle, sagte der Burgherr. Der gute wird ohnehin Niklas entfernte sich kopfschüttelnd. Ist noch nie geschehen, so lange ich zurück¬ Bald prasselte im Kamine des schmucklosen Wohngemachs ein lustiges Feuer. Du magst dem Hunde einen Napf mit den Resten vom Mittag bringen, Der Falk will seit zwei Tagen nicht kröpfen, und gestern erst hat Wirich ein Gut. Die sollst du in den Keller tragen. Aber stelle den Topf oben in die Der Diener verschwand und kehrte nach einer Weile mit dem gefüllten Freß- Agrippa, der nicht müde wurde, mit seinem Vierbeimgen Liebling allerhand Gyllis hatte den Fisch kaum zerlegt, als Niklas wieder erschien Euer Liebden. begann er. draußen stehn die Bauern und heischen den Martins¬ Sie heischen den Wein? fragte der Burgherr erstaunt. Ist so gewesen, so lange ich denken kann, antwortete Niklas. Sie Habens <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0235" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/293854"/> <fw type="header" place="top"> Der Mönch von lveinfelden</fw><lb/> <p xml:id="ID_936" prev="#ID_935"> einer Schicht von grauem Traf; überzogen war, da sie hier zugleich als eine Art<lb/> von Stauwerk dienen mußte. Deun das Erdgeschoß des Hauses lag, wie man<lb/> beim Näherkommen wahrnehmen konnte, tiefer als der Spiegel des Wassers. Der<lb/> Teich wurde von einer am Fuße des Berges entspringenden Quelle gespeist,<lb/> während ein seit Jahren halbverschlaminter Stollen, den einer von Herrn Gyllis<lb/> Vorfahren durch den Bergwall an der Südostseite des Kessels hatte treiben lassen,<lb/> den Abfluß zum Schalkenmehrener Maar vermittelte.</p><lb/> <p xml:id="ID_937"> Die Männer traten durch ein Pförtchen in den Baumgarten, stiegen ein paar<lb/> Stufen hinab und klopften an das Hoftor. Bald darauf erschien der alte Niklas,<lb/> der im Burghause das doppelte Amt eiues Vogts und eines Dieners bekleidete,<lb/> mit Schlüsselbund und Laterne und öffnete.</p><lb/> <p xml:id="ID_938"> Rüste das Nachtmahl und sorge dafür, daß das Jener tüchtig brenne, gebot<lb/> Herr Gyllis, und nachher sieh zu, daß es uns auf den Abend nicht um Würzwcin<lb/> fehle. Du magst von dem roten Rheinbrohlcr nehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_939"> Von dem guten, den Euer Liebden Frau Mutter als Heiratsgut mitgebracht<lb/> hat? Ich dächte, auf Se. Martinsabend wäre der ordinäre gut genug.</p><lb/> <p xml:id="ID_940"> Tue, wie ich dir befehle, sagte der Burgherr. Der gute wird ohnehin<lb/> zu alt.</p><lb/> <p xml:id="ID_941"> Niklas entfernte sich kopfschüttelnd. Ist noch nie geschehen, so lange ich zurück¬<lb/> denken kann, murmelte er, daß sie am Se. Martinsabend zu Weiufcldeu im Burg¬<lb/> hause andern als ordinären getrunken haben. Mir kanns freilich recht sein. Er<lb/> ist der Herr, und ich bin der Knecht. Ich muß gehorchen. Will nur hoffen, daß<lb/> ihn die lieben Heiligen seine Hoffart nicht büßen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_942"> Bald prasselte im Kamine des schmucklosen Wohngemachs ein lustiges Feuer.<lb/> Wahrend die Herren auf der Bank saßen und das Essen erwarteten, zündete Niklas<lb/> die blanke Kupferlampe an und entnahm einem Wandschranke zinnerne Teller und<lb/> Becher, die er sorgfältig auswischte und auf den schweren Eichentisch stellte. Dann<lb/> Zückte er drei Schemel heran und ging zur Küche, das Festgericht des Abends,<lb/> den blaugesottnen Hecht, zu holen. Bald kam er zurück, in der Linken die Platte<lb/> "'it dem Fisch, in der Rechten einen Krug Hausweins, unter dem Arme ein Brot,<lb/> gyllis und sein Gast traten an den Tisch, sprachen stehend den Segen und ließen<lb/> sub zum Mahle nieder. Inzwischen war der Pudel auf den dritten Schemel ge¬<lb/> sprungen, hatte die Vorderpfoten auf die Tischplatte gelegt und sog mit schnopernder<lb/> Nase den Duft des Fisches ein.</p><lb/> <p xml:id="ID_943"> Du magst dem Hunde einen Napf mit den Resten vom Mittag bringen,<lb/> gebot der Burgherr dem Alten, und nachher halte dich bereit, uns in den Keller<lb/> hinabzuleuchten Ich will dem Doktor das Mirakel weisen. Noch eins! Hast du<lb/> "och Ratten?</p><lb/> <p xml:id="ID_944"> Der Falk will seit zwei Tagen nicht kröpfen, und gestern erst hat Wirich ein<lb/> halbes Dutzend Ratten gebracht. , . „ . , - ^.</p><lb/> <p xml:id="ID_945"> Gut. Die sollst du in den Keller tragen. Aber stelle den Topf oben in die<lb/> Wandnische, daß den Tierlein nicht übel wird. Du weißt ja —</p><lb/> <p xml:id="ID_946"> Der Diener verschwand und kehrte nach einer Weile mit dem gefüllten Freß-<lb/> napf des Hundes zurück. , ^ ^ „</p><lb/> <p xml:id="ID_947"> Agrippa, der nicht müde wurde, mit seinem Vierbeimgen Liebling allerhand<lb/> Narretei zu treiben, nahm aus der Tischlade ein leinenes Mundtuch und band es<lb/> demi Pudel vor. Weil heute Se. Martinsabend ist, sagte er.</p><lb/> <p xml:id="ID_948"> Gyllis hatte den Fisch kaum zerlegt, als Niklas wieder erschien</p><lb/> <p xml:id="ID_949"> Euer Liebden. begann er. draußen stehn die Bauern und heischen den Martins¬<lb/> wein. Soll ich ihnen vom Cardener zapfen, der Heuer so sauer ist, daß ihn kein<lb/> Christenmensch sonder ernstliche Beschwerdung trinken mag?,</p><lb/> <p xml:id="ID_950"> Sie heischen den Wein? fragte der Burgherr erstaunt.</p><lb/> <p xml:id="ID_951" next="#ID_952"> Ist so gewesen, so lange ich denken kann, antwortete Niklas. Sie Habens<lb/> verbrieft. Heißt im Weistum also: „Item, zu Sankt Merken auf den Abend soll</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0235]
Der Mönch von lveinfelden
einer Schicht von grauem Traf; überzogen war, da sie hier zugleich als eine Art
von Stauwerk dienen mußte. Deun das Erdgeschoß des Hauses lag, wie man
beim Näherkommen wahrnehmen konnte, tiefer als der Spiegel des Wassers. Der
Teich wurde von einer am Fuße des Berges entspringenden Quelle gespeist,
während ein seit Jahren halbverschlaminter Stollen, den einer von Herrn Gyllis
Vorfahren durch den Bergwall an der Südostseite des Kessels hatte treiben lassen,
den Abfluß zum Schalkenmehrener Maar vermittelte.
Die Männer traten durch ein Pförtchen in den Baumgarten, stiegen ein paar
Stufen hinab und klopften an das Hoftor. Bald darauf erschien der alte Niklas,
der im Burghause das doppelte Amt eiues Vogts und eines Dieners bekleidete,
mit Schlüsselbund und Laterne und öffnete.
Rüste das Nachtmahl und sorge dafür, daß das Jener tüchtig brenne, gebot
Herr Gyllis, und nachher sieh zu, daß es uns auf den Abend nicht um Würzwcin
fehle. Du magst von dem roten Rheinbrohlcr nehmen.
Von dem guten, den Euer Liebden Frau Mutter als Heiratsgut mitgebracht
hat? Ich dächte, auf Se. Martinsabend wäre der ordinäre gut genug.
Tue, wie ich dir befehle, sagte der Burgherr. Der gute wird ohnehin
zu alt.
Niklas entfernte sich kopfschüttelnd. Ist noch nie geschehen, so lange ich zurück¬
denken kann, murmelte er, daß sie am Se. Martinsabend zu Weiufcldeu im Burg¬
hause andern als ordinären getrunken haben. Mir kanns freilich recht sein. Er
ist der Herr, und ich bin der Knecht. Ich muß gehorchen. Will nur hoffen, daß
ihn die lieben Heiligen seine Hoffart nicht büßen lassen.
Bald prasselte im Kamine des schmucklosen Wohngemachs ein lustiges Feuer.
Wahrend die Herren auf der Bank saßen und das Essen erwarteten, zündete Niklas
die blanke Kupferlampe an und entnahm einem Wandschranke zinnerne Teller und
Becher, die er sorgfältig auswischte und auf den schweren Eichentisch stellte. Dann
Zückte er drei Schemel heran und ging zur Küche, das Festgericht des Abends,
den blaugesottnen Hecht, zu holen. Bald kam er zurück, in der Linken die Platte
"'it dem Fisch, in der Rechten einen Krug Hausweins, unter dem Arme ein Brot,
gyllis und sein Gast traten an den Tisch, sprachen stehend den Segen und ließen
sub zum Mahle nieder. Inzwischen war der Pudel auf den dritten Schemel ge¬
sprungen, hatte die Vorderpfoten auf die Tischplatte gelegt und sog mit schnopernder
Nase den Duft des Fisches ein.
Du magst dem Hunde einen Napf mit den Resten vom Mittag bringen,
gebot der Burgherr dem Alten, und nachher halte dich bereit, uns in den Keller
hinabzuleuchten Ich will dem Doktor das Mirakel weisen. Noch eins! Hast du
"och Ratten?
Der Falk will seit zwei Tagen nicht kröpfen, und gestern erst hat Wirich ein
halbes Dutzend Ratten gebracht. , . „ . , - ^.
Gut. Die sollst du in den Keller tragen. Aber stelle den Topf oben in die
Wandnische, daß den Tierlein nicht übel wird. Du weißt ja —
Der Diener verschwand und kehrte nach einer Weile mit dem gefüllten Freß-
napf des Hundes zurück. , ^ ^ „
Agrippa, der nicht müde wurde, mit seinem Vierbeimgen Liebling allerhand
Narretei zu treiben, nahm aus der Tischlade ein leinenes Mundtuch und band es
demi Pudel vor. Weil heute Se. Martinsabend ist, sagte er.
Gyllis hatte den Fisch kaum zerlegt, als Niklas wieder erschien
Euer Liebden. begann er. draußen stehn die Bauern und heischen den Martins¬
wein. Soll ich ihnen vom Cardener zapfen, der Heuer so sauer ist, daß ihn kein
Christenmensch sonder ernstliche Beschwerdung trinken mag?,
Sie heischen den Wein? fragte der Burgherr erstaunt.
Ist so gewesen, so lange ich denken kann, antwortete Niklas. Sie Habens
verbrieft. Heißt im Weistum also: „Item, zu Sankt Merken auf den Abend soll
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |