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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

souveräner Position befinden müsse. Jene Briefe von 1873 und 1874 sind in¬
mitten der hochgehenden Wogen des Kampfes geschrieben worden, eines Kampfes,
von dem Fürst Bismcirck selbst gesagt hat, daß er niemals ausgetragen werden
würde, sondern wie jeder andre Krieg seine Momente der Waffenruhe, des Waffen¬
stillstandes und des beiderseitigen Friedensbedürfnisses haben werde. An die Stelle
Pius des Neunten, der das Steinchen ins Rollen zu bringen gedachte, das den
deutschen Koloß zerschmettern sollte, ist dann Leo der Dreizehnte getreten, der in
einer seiner ersten Kundgebungen ausgesprochen hat: "So werden Wir für die
deutsche Nation fortfahren zu wirken inmitten der Hindernisse aller Art, denn
Unsre Seele wird niemals Ruhe finden, solange der kirchliche Friede in Deutsch¬
land nicht wieder hergestellt ist." Schrittweise war man dann zur Herstellung
friedlicher Beziehungen gelangt. Fürst Bismarck erklärte in seinen am 12. und
13. April 1886 im Herrenhause gehaltnen Reden, die wir den "Hamburger Nach¬
richten" ebenfalls zum Wiederabdruck empfehlen, u. a.:

". . . Aber ich habe es für nützlich gehalten, die Vorlage, die wir dem
preußischen Landtage zu machen beabsichtigten, zur Kenntnis Seiner Heiligkeit des
Papstes zu bringen und sein Urteil darüber zu hören, ohne zu versprechen, daß
wir unsre Entschließung dem Urteil gemäß ändern würden. Ich habe diesem Weg
den Vorzug gegeben, weil ich den Eindruck habe, daß ich bei dem Papst Leo dem
Dreizehnter mehr Wohlwollen und mehr Interesse für die Befestigung des Deutschen
Reiches und für das Wohlergehu des preußischen Staates finden würde, als ich
zuzeiten in der Majorität des Dentschen Reichstags gefunden habe. . . . Ich bin
auch entschlossen, in den weitern Phasen auf diesem Wege fortzufahren, da ich von
der Weisheit und Friedensliebe Leos des Dreizehnter mehr Erfolg für den innern
Frieden Deutschlands erwarte, wie von den Verhandlungen im Reichstage."

Und im preußischen Abgeordnetenhause am 4. Mai: . . . "Ich mache diesen
Versuch in dem von Sr. Majestät dem Könige geteilten und angeregten Vertrauen
nicht nur zu Sr. Heiligkeit dem Papste, sondern auch zu unsern katholischen Lands¬
leuten, daß sie ehrlich die Hand dazu bieten werden, auf dem Raum, welchen wir
frei machen Von dem Schutt, den die Maigesetze darauf gelassen haben -- denn
Trümmer sind sie ja nur noch --, den Friedenstempel mit uns zu errichten und
die Friedenseiche mit uns ehrlich pflanzen, begießen und Pflegen zu wolle". Ich
meinerseits werde aufrichtig die Hand dazu bieten." (Lebhaftes Bruvo im Zentrum).

Papst Leo der Dreizehnte hat bekanntlich dem Fürsten Bismarck ein ehrendes
Andenken bewahrt und nach dessen Entlassung wiederholt die Äußerung getan:
roi aunos. Lismin-cet. Die "Hamburger Nachrichten" haben vor zehn Jahren diese
Äußerung wiederholt zitiert als einen Beweis dafür, wie sehr der Rücktritt des
ersten Reichskanzlers auch im Auslande empfunden wurde. Heute das Verhältnis
zu Pius dem Neunten in Erinnerung zu bringen und das völlig entgegengesetzte
zu Leo dem Dreizehnter zu verschweigen, liegt um so weniger ein Anlaß vor, als
sich der jetzige Papst Pius der Zehnte bisher für Deutschland durchaus wohlwollend
und freundlich erwiesen hat. Der Versuch, die Maßnahmen von 1874 gegen die
von 1904 auszuspielen, ist um so verfehlter, als Fürst Bismarck selbst wiederholt
in öffentlicher Rede die damalige kirchenpolitische Gesetzgebung "als viel zu juristisch
und zu wenig politisch" bezeichnet hat, er auch nicht zum wenigsten aus diesem
Grunde auf den weitaus größten Teil ihrer Bestimmungen für die Dauer wenig
Wert gelegt und sie für entbehrlich erachtet hat.
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Als "nicht entbehrlich hat er noch in seinen "Gedanken und Erinnerungen
die Beseitigung der preußischen Verfassungs/reitet, die Kampfmittel gegen den
Polonismns "und vor allem die Herrschaft des Staats über die Schule" be¬
zeichnet. Ihm war der Kulturkampf nicht Zweck, sondern nur Mittel,
zu dem Frieden oder doch moäus vivoncli mit Rom und dessen Herrschaftsansprüchen
zu gelangen, der für Reich und Staat erträglich und nützlich war. Wenn jetzt der
Evangelische Bund und ein Teil der Presse die konfessionelle Streitaxt wieder aus-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

souveräner Position befinden müsse. Jene Briefe von 1873 und 1874 sind in¬
mitten der hochgehenden Wogen des Kampfes geschrieben worden, eines Kampfes,
von dem Fürst Bismcirck selbst gesagt hat, daß er niemals ausgetragen werden
würde, sondern wie jeder andre Krieg seine Momente der Waffenruhe, des Waffen¬
stillstandes und des beiderseitigen Friedensbedürfnisses haben werde. An die Stelle
Pius des Neunten, der das Steinchen ins Rollen zu bringen gedachte, das den
deutschen Koloß zerschmettern sollte, ist dann Leo der Dreizehnte getreten, der in
einer seiner ersten Kundgebungen ausgesprochen hat: „So werden Wir für die
deutsche Nation fortfahren zu wirken inmitten der Hindernisse aller Art, denn
Unsre Seele wird niemals Ruhe finden, solange der kirchliche Friede in Deutsch¬
land nicht wieder hergestellt ist." Schrittweise war man dann zur Herstellung
friedlicher Beziehungen gelangt. Fürst Bismarck erklärte in seinen am 12. und
13. April 1886 im Herrenhause gehaltnen Reden, die wir den „Hamburger Nach¬
richten" ebenfalls zum Wiederabdruck empfehlen, u. a.:

„. . . Aber ich habe es für nützlich gehalten, die Vorlage, die wir dem
preußischen Landtage zu machen beabsichtigten, zur Kenntnis Seiner Heiligkeit des
Papstes zu bringen und sein Urteil darüber zu hören, ohne zu versprechen, daß
wir unsre Entschließung dem Urteil gemäß ändern würden. Ich habe diesem Weg
den Vorzug gegeben, weil ich den Eindruck habe, daß ich bei dem Papst Leo dem
Dreizehnter mehr Wohlwollen und mehr Interesse für die Befestigung des Deutschen
Reiches und für das Wohlergehu des preußischen Staates finden würde, als ich
zuzeiten in der Majorität des Dentschen Reichstags gefunden habe. . . . Ich bin
auch entschlossen, in den weitern Phasen auf diesem Wege fortzufahren, da ich von
der Weisheit und Friedensliebe Leos des Dreizehnter mehr Erfolg für den innern
Frieden Deutschlands erwarte, wie von den Verhandlungen im Reichstage."

Und im preußischen Abgeordnetenhause am 4. Mai: . . . „Ich mache diesen
Versuch in dem von Sr. Majestät dem Könige geteilten und angeregten Vertrauen
nicht nur zu Sr. Heiligkeit dem Papste, sondern auch zu unsern katholischen Lands¬
leuten, daß sie ehrlich die Hand dazu bieten werden, auf dem Raum, welchen wir
frei machen Von dem Schutt, den die Maigesetze darauf gelassen haben — denn
Trümmer sind sie ja nur noch —, den Friedenstempel mit uns zu errichten und
die Friedenseiche mit uns ehrlich pflanzen, begießen und Pflegen zu wolle». Ich
meinerseits werde aufrichtig die Hand dazu bieten." (Lebhaftes Bruvo im Zentrum).

Papst Leo der Dreizehnte hat bekanntlich dem Fürsten Bismarck ein ehrendes
Andenken bewahrt und nach dessen Entlassung wiederholt die Äußerung getan:
roi aunos. Lismin-cet. Die „Hamburger Nachrichten" haben vor zehn Jahren diese
Äußerung wiederholt zitiert als einen Beweis dafür, wie sehr der Rücktritt des
ersten Reichskanzlers auch im Auslande empfunden wurde. Heute das Verhältnis
zu Pius dem Neunten in Erinnerung zu bringen und das völlig entgegengesetzte
zu Leo dem Dreizehnter zu verschweigen, liegt um so weniger ein Anlaß vor, als
sich der jetzige Papst Pius der Zehnte bisher für Deutschland durchaus wohlwollend
und freundlich erwiesen hat. Der Versuch, die Maßnahmen von 1874 gegen die
von 1904 auszuspielen, ist um so verfehlter, als Fürst Bismarck selbst wiederholt
in öffentlicher Rede die damalige kirchenpolitische Gesetzgebung „als viel zu juristisch
und zu wenig politisch" bezeichnet hat, er auch nicht zum wenigsten aus diesem
Grunde auf den weitaus größten Teil ihrer Bestimmungen für die Dauer wenig
Wert gelegt und sie für entbehrlich erachtet hat.
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Als „nicht entbehrlich hat er noch in seinen „Gedanken und Erinnerungen
die Beseitigung der preußischen Verfassungs/reitet, die Kampfmittel gegen den
Polonismns „und vor allem die Herrschaft des Staats über die Schule" be¬
zeichnet. Ihm war der Kulturkampf nicht Zweck, sondern nur Mittel,
zu dem Frieden oder doch moäus vivoncli mit Rom und dessen Herrschaftsansprüchen
zu gelangen, der für Reich und Staat erträglich und nützlich war. Wenn jetzt der
Evangelische Bund und ein Teil der Presse die konfessionelle Streitaxt wieder aus-


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[0806] Maßgebliches und Unmaßgebliches souveräner Position befinden müsse. Jene Briefe von 1873 und 1874 sind in¬ mitten der hochgehenden Wogen des Kampfes geschrieben worden, eines Kampfes, von dem Fürst Bismcirck selbst gesagt hat, daß er niemals ausgetragen werden würde, sondern wie jeder andre Krieg seine Momente der Waffenruhe, des Waffen¬ stillstandes und des beiderseitigen Friedensbedürfnisses haben werde. An die Stelle Pius des Neunten, der das Steinchen ins Rollen zu bringen gedachte, das den deutschen Koloß zerschmettern sollte, ist dann Leo der Dreizehnte getreten, der in einer seiner ersten Kundgebungen ausgesprochen hat: „So werden Wir für die deutsche Nation fortfahren zu wirken inmitten der Hindernisse aller Art, denn Unsre Seele wird niemals Ruhe finden, solange der kirchliche Friede in Deutsch¬ land nicht wieder hergestellt ist." Schrittweise war man dann zur Herstellung friedlicher Beziehungen gelangt. Fürst Bismarck erklärte in seinen am 12. und 13. April 1886 im Herrenhause gehaltnen Reden, die wir den „Hamburger Nach¬ richten" ebenfalls zum Wiederabdruck empfehlen, u. a.: „. . . Aber ich habe es für nützlich gehalten, die Vorlage, die wir dem preußischen Landtage zu machen beabsichtigten, zur Kenntnis Seiner Heiligkeit des Papstes zu bringen und sein Urteil darüber zu hören, ohne zu versprechen, daß wir unsre Entschließung dem Urteil gemäß ändern würden. Ich habe diesem Weg den Vorzug gegeben, weil ich den Eindruck habe, daß ich bei dem Papst Leo dem Dreizehnter mehr Wohlwollen und mehr Interesse für die Befestigung des Deutschen Reiches und für das Wohlergehu des preußischen Staates finden würde, als ich zuzeiten in der Majorität des Dentschen Reichstags gefunden habe. . . . Ich bin auch entschlossen, in den weitern Phasen auf diesem Wege fortzufahren, da ich von der Weisheit und Friedensliebe Leos des Dreizehnter mehr Erfolg für den innern Frieden Deutschlands erwarte, wie von den Verhandlungen im Reichstage." Und im preußischen Abgeordnetenhause am 4. Mai: . . . „Ich mache diesen Versuch in dem von Sr. Majestät dem Könige geteilten und angeregten Vertrauen nicht nur zu Sr. Heiligkeit dem Papste, sondern auch zu unsern katholischen Lands¬ leuten, daß sie ehrlich die Hand dazu bieten werden, auf dem Raum, welchen wir frei machen Von dem Schutt, den die Maigesetze darauf gelassen haben — denn Trümmer sind sie ja nur noch —, den Friedenstempel mit uns zu errichten und die Friedenseiche mit uns ehrlich pflanzen, begießen und Pflegen zu wolle». Ich meinerseits werde aufrichtig die Hand dazu bieten." (Lebhaftes Bruvo im Zentrum). Papst Leo der Dreizehnte hat bekanntlich dem Fürsten Bismarck ein ehrendes Andenken bewahrt und nach dessen Entlassung wiederholt die Äußerung getan: roi aunos. Lismin-cet. Die „Hamburger Nachrichten" haben vor zehn Jahren diese Äußerung wiederholt zitiert als einen Beweis dafür, wie sehr der Rücktritt des ersten Reichskanzlers auch im Auslande empfunden wurde. Heute das Verhältnis zu Pius dem Neunten in Erinnerung zu bringen und das völlig entgegengesetzte zu Leo dem Dreizehnter zu verschweigen, liegt um so weniger ein Anlaß vor, als sich der jetzige Papst Pius der Zehnte bisher für Deutschland durchaus wohlwollend und freundlich erwiesen hat. Der Versuch, die Maßnahmen von 1874 gegen die von 1904 auszuspielen, ist um so verfehlter, als Fürst Bismarck selbst wiederholt in öffentlicher Rede die damalige kirchenpolitische Gesetzgebung „als viel zu juristisch und zu wenig politisch" bezeichnet hat, er auch nicht zum wenigsten aus diesem Grunde auf den weitaus größten Teil ihrer Bestimmungen für die Dauer wenig Wert gelegt und sie für entbehrlich erachtet hat. "" Als „nicht entbehrlich hat er noch in seinen „Gedanken und Erinnerungen die Beseitigung der preußischen Verfassungs/reitet, die Kampfmittel gegen den Polonismns „und vor allem die Herrschaft des Staats über die Schule" be¬ zeichnet. Ihm war der Kulturkampf nicht Zweck, sondern nur Mittel, zu dem Frieden oder doch moäus vivoncli mit Rom und dessen Herrschaftsansprüchen zu gelangen, der für Reich und Staat erträglich und nützlich war. Wenn jetzt der Evangelische Bund und ein Teil der Presse die konfessionelle Streitaxt wieder aus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/806>, abgerufen am 22.07.2024.