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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Die religiösen Schülervereine

der Leitung des Religionslehrers der Anstalt stehn müssen. Dadurch ist den
^efürchtnngen, daß sich die Jesuiten der Leitung bemächtigen könnten, der
<oder entzogen.

Die Bedeutung dieser Kongregationen ist im Abgeordnetenhause wie in
Presse außerordentlich überschätzt worden. Für die nächste Zeit allerdings
^rd ihnen diese von ihren Gegnern ausgegangne Reklame bei noch unent-
ichiednen katholischen Eltern zustatten kommen. Was aber die Störung des
konfessionellen Friedens betrifft, so ist diese weit weniger von der Zulassung
wieder religiösen Vereine zu befürchten, als von deren weiteren Ausschluß bei
en immer lebendig bleibenden und laut werdenden Forderungen und Beschwerden
""es großen Teils der katholischen Bevölkerung.

Was die Kautelen betrifft, die in dem Ministerialerlaß vom 23. Januar
904 gegen eine mißbräuchliche Entwicklung des religiösen Schülervereinswesens
orgesehen sind, so kann die Frage, ob sie an sich ausreichend seien, unbedingt
'e^ahd werden. Die Zulassung jedes Vereins ist abhängig von der Genehmigung
°es Provinzialschulkollegiums, und diese darf nur mit Rücksicht auf die be¬
sondern Verhältnisse der betreffenden Anstalt erteilt werden; die Satzung ist
vorzulegen, und es ist zu prüfen, ob die Zulassung des Vereins für die Schule
oder die Schüler irgend welche Nachteile verursachen könne. Die genehmigten
vereine unterliegen der Aufsicht des Direktors, der seine Aufmerksamkeit be¬
sonders darauf richten muß, daß die Schüler nicht unmittelbar oder mittelbar
^ur Teilnahme an solchen Bereinen genötigt werden, und darüber wachen muß,
das friedliche Verhältnis unter den Konfessionen keinen Schaden leide;
endlich ist Genehmigung auch widerruflich. Für die Marianischen Kongre-
Mwnen kommt dazu noch die schon erwähnte Vorschrift in betreff ihrer
eitung durch den Religionslehrer. Die weitere Frage aber, wie weit diese
Bestimmungen mit praktischem Erfolge durchführbar sind, läßt sich natürlich
^de durch parlamentarische Debatten, sondern nur durch die Erfahrung ent-
>c)eiden. Man wird aber das Vertrauen zu der Regierung hegen dürfen, daß
l e weder durch Schikane und rigoristische Auslegung ihrer Vorschriften ihr
Zugeständnis an berechtigte Forderungen tatsächlich wieder rückgängig machen,
u°es andrerseits zögern werde, mit fester Hand wirksam einzugreifen, wenn es
'hr durch die Rücksicht auf das Wohl der Schule geboten erscheint.

5in den Angstruf Narikmi aves xorws vermögen wir darum nicht ein-
^'stimmen, und auch die Gegner der Maßregel dürften sich mit der Zeit Über¬
zügen, daß sie gegen einen imaginären Feind gekämpft haben.




Die religiösen Schülervereine

der Leitung des Religionslehrers der Anstalt stehn müssen. Dadurch ist den
^efürchtnngen, daß sich die Jesuiten der Leitung bemächtigen könnten, der
<oder entzogen.

Die Bedeutung dieser Kongregationen ist im Abgeordnetenhause wie in
Presse außerordentlich überschätzt worden. Für die nächste Zeit allerdings
^rd ihnen diese von ihren Gegnern ausgegangne Reklame bei noch unent-
ichiednen katholischen Eltern zustatten kommen. Was aber die Störung des
konfessionellen Friedens betrifft, so ist diese weit weniger von der Zulassung
wieder religiösen Vereine zu befürchten, als von deren weiteren Ausschluß bei
en immer lebendig bleibenden und laut werdenden Forderungen und Beschwerden
"»es großen Teils der katholischen Bevölkerung.

Was die Kautelen betrifft, die in dem Ministerialerlaß vom 23. Januar
904 gegen eine mißbräuchliche Entwicklung des religiösen Schülervereinswesens
orgesehen sind, so kann die Frage, ob sie an sich ausreichend seien, unbedingt
'e^ahd werden. Die Zulassung jedes Vereins ist abhängig von der Genehmigung
°es Provinzialschulkollegiums, und diese darf nur mit Rücksicht auf die be¬
sondern Verhältnisse der betreffenden Anstalt erteilt werden; die Satzung ist
vorzulegen, und es ist zu prüfen, ob die Zulassung des Vereins für die Schule
oder die Schüler irgend welche Nachteile verursachen könne. Die genehmigten
vereine unterliegen der Aufsicht des Direktors, der seine Aufmerksamkeit be¬
sonders darauf richten muß, daß die Schüler nicht unmittelbar oder mittelbar
^ur Teilnahme an solchen Bereinen genötigt werden, und darüber wachen muß,
das friedliche Verhältnis unter den Konfessionen keinen Schaden leide;
endlich ist Genehmigung auch widerruflich. Für die Marianischen Kongre-
Mwnen kommt dazu noch die schon erwähnte Vorschrift in betreff ihrer
eitung durch den Religionslehrer. Die weitere Frage aber, wie weit diese
Bestimmungen mit praktischem Erfolge durchführbar sind, läßt sich natürlich
^de durch parlamentarische Debatten, sondern nur durch die Erfahrung ent-
>c)eiden. Man wird aber das Vertrauen zu der Regierung hegen dürfen, daß
l e weder durch Schikane und rigoristische Auslegung ihrer Vorschriften ihr
Zugeständnis an berechtigte Forderungen tatsächlich wieder rückgängig machen,
u°es andrerseits zögern werde, mit fester Hand wirksam einzugreifen, wenn es
'hr durch die Rücksicht auf das Wohl der Schule geboten erscheint.

5in den Angstruf Narikmi aves xorws vermögen wir darum nicht ein-
^'stimmen, und auch die Gegner der Maßregel dürften sich mit der Zeit Über¬
zügen, daß sie gegen einen imaginären Feind gekämpft haben.




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[0765] Die religiösen Schülervereine der Leitung des Religionslehrers der Anstalt stehn müssen. Dadurch ist den ^efürchtnngen, daß sich die Jesuiten der Leitung bemächtigen könnten, der <oder entzogen. Die Bedeutung dieser Kongregationen ist im Abgeordnetenhause wie in Presse außerordentlich überschätzt worden. Für die nächste Zeit allerdings ^rd ihnen diese von ihren Gegnern ausgegangne Reklame bei noch unent- ichiednen katholischen Eltern zustatten kommen. Was aber die Störung des konfessionellen Friedens betrifft, so ist diese weit weniger von der Zulassung wieder religiösen Vereine zu befürchten, als von deren weiteren Ausschluß bei en immer lebendig bleibenden und laut werdenden Forderungen und Beschwerden "»es großen Teils der katholischen Bevölkerung. Was die Kautelen betrifft, die in dem Ministerialerlaß vom 23. Januar 904 gegen eine mißbräuchliche Entwicklung des religiösen Schülervereinswesens orgesehen sind, so kann die Frage, ob sie an sich ausreichend seien, unbedingt 'e^ahd werden. Die Zulassung jedes Vereins ist abhängig von der Genehmigung °es Provinzialschulkollegiums, und diese darf nur mit Rücksicht auf die be¬ sondern Verhältnisse der betreffenden Anstalt erteilt werden; die Satzung ist vorzulegen, und es ist zu prüfen, ob die Zulassung des Vereins für die Schule oder die Schüler irgend welche Nachteile verursachen könne. Die genehmigten vereine unterliegen der Aufsicht des Direktors, der seine Aufmerksamkeit be¬ sonders darauf richten muß, daß die Schüler nicht unmittelbar oder mittelbar ^ur Teilnahme an solchen Bereinen genötigt werden, und darüber wachen muß, das friedliche Verhältnis unter den Konfessionen keinen Schaden leide; endlich ist Genehmigung auch widerruflich. Für die Marianischen Kongre- Mwnen kommt dazu noch die schon erwähnte Vorschrift in betreff ihrer eitung durch den Religionslehrer. Die weitere Frage aber, wie weit diese Bestimmungen mit praktischem Erfolge durchführbar sind, läßt sich natürlich ^de durch parlamentarische Debatten, sondern nur durch die Erfahrung ent- >c)eiden. Man wird aber das Vertrauen zu der Regierung hegen dürfen, daß l e weder durch Schikane und rigoristische Auslegung ihrer Vorschriften ihr Zugeständnis an berechtigte Forderungen tatsächlich wieder rückgängig machen, u°es andrerseits zögern werde, mit fester Hand wirksam einzugreifen, wenn es 'hr durch die Rücksicht auf das Wohl der Schule geboten erscheint. 5in den Angstruf Narikmi aves xorws vermögen wir darum nicht ein- ^'stimmen, und auch die Gegner der Maßregel dürften sich mit der Zeit Über¬ zügen, daß sie gegen einen imaginären Feind gekämpft haben.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/765>, abgerufen am 22.07.2024.