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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Der Tod des Herzogs von Enghien

der Herzog de.be mit stolzer Sicherheit und mit Verachtung jede Anschuldigung
einer auch nur mittelbaren Teilnahme an einer Verschwörung gegen das Leben
des Ersten Konsuls zurückgewiesen, aber freimütig bekannt, gegen Frankreich
gefochten zu haben. Den oft wiederholten Bemühungen der Richter, ihn zur Uo-
schwächnng seiner Tonart zu bewegen, sei er mit hochherziger Entschlo senden
entgegengetreten. Er habe geäußert, daß er nur die Rechte seiner Fanulre auf¬
recht erhalten habe, und daß ein Conde nur mit den Waffen in der .Hand wieder
in sein Vaterland zurückkehren könne. Seine Geburt und seine Denkweise
machten ihn für immer zu einem Feinde der gegenwärtigen Regierung.
Standhaftigkeit seiner Gestündnisse habe die Richter in Verzweiflung gebracht.
Zehnmal hätten sie versucht, ihm einzugeben, von seinen frühern Erklärungen
°bzustehn. Seine Antwort sei immer dieselbe geblieben: er sehe die ehrenwerten
Absichten der Mitglieder des Gerichtshofs, könne sich aber der von ihnen an¬
gebotenen Mittel nicht bedienen. Nochmals sprach Enghien die Bitte an eme
Unterredung mit dem Ersten Konsul aus. wie er es schon am Schlüsse deo
ersten Verhörs vor Dautaucourt getan hatte. Die Richter schienen für einen
Augenblick Napoleons Forderung vergessen zu haben und die Begleit der
Bitte einzusehen. Aber Savarh verhinderte die Erörterung der ^iter mit der
Bemerkung, aus eetw äeiuanäe 6tM inopportune. (Hüten a. a. O. S. b.) ^le
Richter mußten sich fügen. Nun ging man an die Abfassung des VerdisDas war bei de Lage der Dinge eine höchst schwierige An gäbe denn das
französische Gesetz verengte ausdrücklich, daß im Protokoll die Tatsachen in t
größter Genauigkeit angegeben würden, für die die Todesstrafe verhängt wurde.
Ferner war die Angabe der Gesetzesartikel vorgeschrieben, nach der die Sen euz
^f°lgt war. und schließlich mußte natürlich die Sentenz der Anklage entsprec^in
D°s alles machte der Kommission schweres Kopfzerbrechen. Endlich stellte man
den Wortlaut des Verdikts, wie folgt, fest:")

^,^Das Kriegsgericht erklärt Louis Antoine Henri von Bourbon, Herzogvon Enghien

1. einstimmig für schuldig, die Waffen gegen die französische Republik
getragen zu haben.

2. einstimmig für schuldig, seine Dienste der englischen Regierung, dem
Feinde der Republik, angeboten zu haben.

.3. einstimmig für schuldig, von besagter englischer Negierung Agenten aus¬
genommen und akkreditiert, ihnen Mittel zum Verkehr in Frankreich an die Hand
gegeben und sich mit ihnen gegen die innere und äußere Sicherheit der Republik
verschworen zu haben,

.
^ 4. einstimmig für schuldig, sich an die Spitze einer Vereinigung französischer
Emigranten und andrer gestellt zu haben, die sich an Frankreichs Grenzen in
Freiburg und in Baden sammelten und von England besoldet wurden,

5- einstimmig für schuldig. Verbindungen mit der Stadt Straßburg in ver
Absicht gepflogen zu haben. Aufruhr in den benachbarten Departements zu
erregen, um eine Diversion zugunsten Englands zu machen,



MioiÄi'hö usw. S.XXIV u. flqde., Ur. 10: vommwion mMmi-k. "ps-Ms,
lonnüg I" prsiriiöro (Uvision usw.
Der Tod des Herzogs von Enghien

der Herzog de.be mit stolzer Sicherheit und mit Verachtung jede Anschuldigung
einer auch nur mittelbaren Teilnahme an einer Verschwörung gegen das Leben
des Ersten Konsuls zurückgewiesen, aber freimütig bekannt, gegen Frankreich
gefochten zu haben. Den oft wiederholten Bemühungen der Richter, ihn zur Uo-
schwächnng seiner Tonart zu bewegen, sei er mit hochherziger Entschlo senden
entgegengetreten. Er habe geäußert, daß er nur die Rechte seiner Fanulre auf¬
recht erhalten habe, und daß ein Conde nur mit den Waffen in der .Hand wieder
in sein Vaterland zurückkehren könne. Seine Geburt und seine Denkweise
machten ihn für immer zu einem Feinde der gegenwärtigen Regierung.
Standhaftigkeit seiner Gestündnisse habe die Richter in Verzweiflung gebracht.
Zehnmal hätten sie versucht, ihm einzugeben, von seinen frühern Erklärungen
°bzustehn. Seine Antwort sei immer dieselbe geblieben: er sehe die ehrenwerten
Absichten der Mitglieder des Gerichtshofs, könne sich aber der von ihnen an¬
gebotenen Mittel nicht bedienen. Nochmals sprach Enghien die Bitte an eme
Unterredung mit dem Ersten Konsul aus. wie er es schon am Schlüsse deo
ersten Verhörs vor Dautaucourt getan hatte. Die Richter schienen für einen
Augenblick Napoleons Forderung vergessen zu haben und die Begleit der
Bitte einzusehen. Aber Savarh verhinderte die Erörterung der ^iter mit der
Bemerkung, aus eetw äeiuanäe 6tM inopportune. (Hüten a. a. O. S. b.) ^le
Richter mußten sich fügen. Nun ging man an die Abfassung des VerdisDas war bei de Lage der Dinge eine höchst schwierige An gäbe denn das
französische Gesetz verengte ausdrücklich, daß im Protokoll die Tatsachen in t
größter Genauigkeit angegeben würden, für die die Todesstrafe verhängt wurde.
Ferner war die Angabe der Gesetzesartikel vorgeschrieben, nach der die Sen euz
^f°lgt war. und schließlich mußte natürlich die Sentenz der Anklage entsprec^in
D°s alles machte der Kommission schweres Kopfzerbrechen. Endlich stellte man
den Wortlaut des Verdikts, wie folgt, fest:")

^,^Das Kriegsgericht erklärt Louis Antoine Henri von Bourbon, Herzogvon Enghien

1. einstimmig für schuldig, die Waffen gegen die französische Republik
getragen zu haben.

2. einstimmig für schuldig, seine Dienste der englischen Regierung, dem
Feinde der Republik, angeboten zu haben.

.3. einstimmig für schuldig, von besagter englischer Negierung Agenten aus¬
genommen und akkreditiert, ihnen Mittel zum Verkehr in Frankreich an die Hand
gegeben und sich mit ihnen gegen die innere und äußere Sicherheit der Republik
verschworen zu haben,

.
^ 4. einstimmig für schuldig, sich an die Spitze einer Vereinigung französischer
Emigranten und andrer gestellt zu haben, die sich an Frankreichs Grenzen in
Freiburg und in Baden sammelten und von England besoldet wurden,

5- einstimmig für schuldig. Verbindungen mit der Stadt Straßburg in ver
Absicht gepflogen zu haben. Aufruhr in den benachbarten Departements zu
erregen, um eine Diversion zugunsten Englands zu machen,



MioiÄi'hö usw. S.XXIV u. flqde., Ur. 10: vommwion mMmi-k. »ps-Ms,
lonnüg I» prsiriiöro (Uvision usw.
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[0657] Der Tod des Herzogs von Enghien der Herzog de.be mit stolzer Sicherheit und mit Verachtung jede Anschuldigung einer auch nur mittelbaren Teilnahme an einer Verschwörung gegen das Leben des Ersten Konsuls zurückgewiesen, aber freimütig bekannt, gegen Frankreich gefochten zu haben. Den oft wiederholten Bemühungen der Richter, ihn zur Uo- schwächnng seiner Tonart zu bewegen, sei er mit hochherziger Entschlo senden entgegengetreten. Er habe geäußert, daß er nur die Rechte seiner Fanulre auf¬ recht erhalten habe, und daß ein Conde nur mit den Waffen in der .Hand wieder in sein Vaterland zurückkehren könne. Seine Geburt und seine Denkweise machten ihn für immer zu einem Feinde der gegenwärtigen Regierung. Standhaftigkeit seiner Gestündnisse habe die Richter in Verzweiflung gebracht. Zehnmal hätten sie versucht, ihm einzugeben, von seinen frühern Erklärungen °bzustehn. Seine Antwort sei immer dieselbe geblieben: er sehe die ehrenwerten Absichten der Mitglieder des Gerichtshofs, könne sich aber der von ihnen an¬ gebotenen Mittel nicht bedienen. Nochmals sprach Enghien die Bitte an eme Unterredung mit dem Ersten Konsul aus. wie er es schon am Schlüsse deo ersten Verhörs vor Dautaucourt getan hatte. Die Richter schienen für einen Augenblick Napoleons Forderung vergessen zu haben und die Begleit der Bitte einzusehen. Aber Savarh verhinderte die Erörterung der ^iter mit der Bemerkung, aus eetw äeiuanäe 6tM inopportune. (Hüten a. a. O. S. b.) ^le Richter mußten sich fügen. Nun ging man an die Abfassung des VerdisDas war bei de Lage der Dinge eine höchst schwierige An gäbe denn das französische Gesetz verengte ausdrücklich, daß im Protokoll die Tatsachen in t größter Genauigkeit angegeben würden, für die die Todesstrafe verhängt wurde. Ferner war die Angabe der Gesetzesartikel vorgeschrieben, nach der die Sen euz ^f°lgt war. und schließlich mußte natürlich die Sentenz der Anklage entsprec^in D°s alles machte der Kommission schweres Kopfzerbrechen. Endlich stellte man den Wortlaut des Verdikts, wie folgt, fest:") ^,^Das Kriegsgericht erklärt Louis Antoine Henri von Bourbon, Herzogvon Enghien 1. einstimmig für schuldig, die Waffen gegen die französische Republik getragen zu haben. 2. einstimmig für schuldig, seine Dienste der englischen Regierung, dem Feinde der Republik, angeboten zu haben. .3. einstimmig für schuldig, von besagter englischer Negierung Agenten aus¬ genommen und akkreditiert, ihnen Mittel zum Verkehr in Frankreich an die Hand gegeben und sich mit ihnen gegen die innere und äußere Sicherheit der Republik verschworen zu haben, . ^ 4. einstimmig für schuldig, sich an die Spitze einer Vereinigung französischer Emigranten und andrer gestellt zu haben, die sich an Frankreichs Grenzen in Freiburg und in Baden sammelten und von England besoldet wurden, 5- einstimmig für schuldig. Verbindungen mit der Stadt Straßburg in ver Absicht gepflogen zu haben. Aufruhr in den benachbarten Departements zu erregen, um eine Diversion zugunsten Englands zu machen, MioiÄi'hö usw. S.XXIV u. flqde., Ur. 10: vommwion mMmi-k. »ps-Ms, lonnüg I» prsiriiöro (Uvision usw.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/657>, abgerufen am 22.07.2024.