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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Um so bemerkenswerter ist es, daß jüngst der "Figaro," anscheinend als Dolmetscher
italienischer Anschauungen, für die freie Durchfahrt der russischen Flotte durch die
Meerengen eintrat und dies im Namen der Neutralität verlangte. Er führte dabei
aus, die Bedeutung des Prinzips der Neutralität bestehe in der Anerkennung des
absoluten Rechts der Kriegführenden, sich ohne jede fremde Einmischung zu schlagen
und zu verteidigen. Einem der Kriegführenden das Recht versagen, von allen seinen
Hilfsmitteln Gebrauch zu machen, verriete die Absicht, ihn seinem Gegner gegenüber
in die Bedingungen militärischer Jnferioritä't zu versetzen, das heiße soviel als diesem
eine indirekte Hilfe gewähren. Rußland werde im Notfalle diese Anschauungen
bei den Mächten geltend machen und -- so schließt der "Figaro" -- bei der
italienischen Regierung dabei keinem Hindernis begegnen. Wir glaube" nicht, daß
Rußland seine europäischen Küsten entblößen wird, um in Ostasien Seesiege zu
erringen, wo es bei gehöriger Umsicht und Nachhaltigkeit des schließlichen Erfolges
zu Laude unbedingt sicher ist. Die Entsendung der Flotte nach Ostasien würde
die militärischen Verhältnisse in Europa sehr zu seinen Ungunsten verschieben.

Der Herr Abgeordnete Dr. Beumer hat sich in der Reichstagssitzung vom
6. dieses Monats darüber beklagt, daß die "Grenzboten" die von ihm eingebrachte
Resolution zum Militäretat, wonach die Soldaten im Urlaubsfalle freie Eisenbahn¬
fahrt haben sollen, als den Weg zur Pnrlmnentsarmee bezeichnet hätten. Die
Partei verlange nicht, Urlaub erteilen zu können, sondern wünsche nur, daß im
Falle des Urlaubs die Fahrt auf der Eisenbahn frei sei. Der Herr Abgeordnete
hat für die nationalliberale Resolution recht, aber die freisinnige, die denselben
Gegenstand behandelt (Ur. 241), geht viel weiter und verlangt "mindestens
einmal während der Dienstzeit" für eine Reise in die Heimat freie Hin- und Rück¬
fahrt. Hier wird die Sache also schon obligatorisch. Nicht gegen den Wunsch
als solchen haben wir uns gewandt, sondern gegen die Form der Resolution,
die in den Augen der Meuge den Charakter eines dem Soldaten zustehenden
Rechts annimmt und deshalb gerade in Heeressachen von allen staatserhaltenden
Parteien vermieden werden sollte. In der Sache selbst gehn wir sogar noch weiter
als die beiden Resolutionen und wünschen, daß der Sold während einer Urlaubs¬
zeit bis zu vierzehn Tagen, soweit es sich nicht um Ernteurlanb handelt, womöglich
nicht einbehalten werde, zumal der Soldat ja auch während des kurzen Urlaubs
Soldat bleibt.

Wir haben also keinen Einwand gegen die Sache, sondern gegen die Form
der Resolution des Reichstagsbeschlusses erhoben und sind der Meinung, es
würde eine viel bessere Wirkung gehabt haben, wenn die Parteien übereinstimmend
einen auf die freie Fahrt bezüglichen Wunsch zu erkennen gegeben hätten, dessen
Erfüllung ja bekanntlich gar nicht vom Reich, sondern von den Einzelregierungen
abhängt. Das Reich kann höchstens den Abzug des Soldes aufheben. Da nicht
überall Eisenbahnen gehn, so hätte zur Vervollständigung der Resolutionen übrigens
hinzugefügt werden müssen: "bezw. auch für Beförderung mit der Post oder mit
sonstigen staatlichen Verkehrsmitteln." Daß die Urlaubserteilung ohnehin längst
in einem sehr großen, fortwährend wachsenden Umfange erfolgt, lehrt das militärische
Aussehen unsrer Eisenbahnzüge vor und nach den großen Festen zur Genüge. I"
die zwei Dienstjahre fallen sechs große Feste. Es müßte also, wenn jeder Soldat
während seiner Dienstzeit "mindestens einmal" freien Heimatsurlaub haben so^'
zu jedem großen Feste der sechste Teil der Armee und Marine auf Urlaub
gehn, das heißt, die deutschen Eisenbahnen müßten zu jedem großen Feste un¬
gefähr hunderttausend Mann hin und zurück befördern. Auch noch in Schnellzügen?
wie die freisinnige Resolution verlangt! Außerhalb der Festzeit noch im größern
Umfange Urlaub zu erteilen, dürfte bei der knappen Dienstzeit der Fußtruppe"
kaum ausführbar sein. Die Beantragung von "Resolutionen," die die Interim
des Dienstes auch nur annähernd berühren, sollte doch ein Privilegium oäiosnw
*s* der Sozialdemokratie bleiben.__




Maßgebliches und Unmaßgebliches

Um so bemerkenswerter ist es, daß jüngst der „Figaro," anscheinend als Dolmetscher
italienischer Anschauungen, für die freie Durchfahrt der russischen Flotte durch die
Meerengen eintrat und dies im Namen der Neutralität verlangte. Er führte dabei
aus, die Bedeutung des Prinzips der Neutralität bestehe in der Anerkennung des
absoluten Rechts der Kriegführenden, sich ohne jede fremde Einmischung zu schlagen
und zu verteidigen. Einem der Kriegführenden das Recht versagen, von allen seinen
Hilfsmitteln Gebrauch zu machen, verriete die Absicht, ihn seinem Gegner gegenüber
in die Bedingungen militärischer Jnferioritä't zu versetzen, das heiße soviel als diesem
eine indirekte Hilfe gewähren. Rußland werde im Notfalle diese Anschauungen
bei den Mächten geltend machen und — so schließt der „Figaro" — bei der
italienischen Regierung dabei keinem Hindernis begegnen. Wir glaube» nicht, daß
Rußland seine europäischen Küsten entblößen wird, um in Ostasien Seesiege zu
erringen, wo es bei gehöriger Umsicht und Nachhaltigkeit des schließlichen Erfolges
zu Laude unbedingt sicher ist. Die Entsendung der Flotte nach Ostasien würde
die militärischen Verhältnisse in Europa sehr zu seinen Ungunsten verschieben.

Der Herr Abgeordnete Dr. Beumer hat sich in der Reichstagssitzung vom
6. dieses Monats darüber beklagt, daß die „Grenzboten" die von ihm eingebrachte
Resolution zum Militäretat, wonach die Soldaten im Urlaubsfalle freie Eisenbahn¬
fahrt haben sollen, als den Weg zur Pnrlmnentsarmee bezeichnet hätten. Die
Partei verlange nicht, Urlaub erteilen zu können, sondern wünsche nur, daß im
Falle des Urlaubs die Fahrt auf der Eisenbahn frei sei. Der Herr Abgeordnete
hat für die nationalliberale Resolution recht, aber die freisinnige, die denselben
Gegenstand behandelt (Ur. 241), geht viel weiter und verlangt „mindestens
einmal während der Dienstzeit" für eine Reise in die Heimat freie Hin- und Rück¬
fahrt. Hier wird die Sache also schon obligatorisch. Nicht gegen den Wunsch
als solchen haben wir uns gewandt, sondern gegen die Form der Resolution,
die in den Augen der Meuge den Charakter eines dem Soldaten zustehenden
Rechts annimmt und deshalb gerade in Heeressachen von allen staatserhaltenden
Parteien vermieden werden sollte. In der Sache selbst gehn wir sogar noch weiter
als die beiden Resolutionen und wünschen, daß der Sold während einer Urlaubs¬
zeit bis zu vierzehn Tagen, soweit es sich nicht um Ernteurlanb handelt, womöglich
nicht einbehalten werde, zumal der Soldat ja auch während des kurzen Urlaubs
Soldat bleibt.

Wir haben also keinen Einwand gegen die Sache, sondern gegen die Form
der Resolution des Reichstagsbeschlusses erhoben und sind der Meinung, es
würde eine viel bessere Wirkung gehabt haben, wenn die Parteien übereinstimmend
einen auf die freie Fahrt bezüglichen Wunsch zu erkennen gegeben hätten, dessen
Erfüllung ja bekanntlich gar nicht vom Reich, sondern von den Einzelregierungen
abhängt. Das Reich kann höchstens den Abzug des Soldes aufheben. Da nicht
überall Eisenbahnen gehn, so hätte zur Vervollständigung der Resolutionen übrigens
hinzugefügt werden müssen: „bezw. auch für Beförderung mit der Post oder mit
sonstigen staatlichen Verkehrsmitteln." Daß die Urlaubserteilung ohnehin längst
in einem sehr großen, fortwährend wachsenden Umfange erfolgt, lehrt das militärische
Aussehen unsrer Eisenbahnzüge vor und nach den großen Festen zur Genüge. I"
die zwei Dienstjahre fallen sechs große Feste. Es müßte also, wenn jeder Soldat
während seiner Dienstzeit „mindestens einmal" freien Heimatsurlaub haben so^'
zu jedem großen Feste der sechste Teil der Armee und Marine auf Urlaub
gehn, das heißt, die deutschen Eisenbahnen müßten zu jedem großen Feste un¬
gefähr hunderttausend Mann hin und zurück befördern. Auch noch in Schnellzügen?
wie die freisinnige Resolution verlangt! Außerhalb der Festzeit noch im größern
Umfange Urlaub zu erteilen, dürfte bei der knappen Dienstzeit der Fußtruppe»
kaum ausführbar sein. Die Beantragung von „Resolutionen," die die Interim
des Dienstes auch nur annähernd berühren, sollte doch ein Privilegium oäiosnw
*s* der Sozialdemokratie bleiben.__




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[0620] Maßgebliches und Unmaßgebliches Um so bemerkenswerter ist es, daß jüngst der „Figaro," anscheinend als Dolmetscher italienischer Anschauungen, für die freie Durchfahrt der russischen Flotte durch die Meerengen eintrat und dies im Namen der Neutralität verlangte. Er führte dabei aus, die Bedeutung des Prinzips der Neutralität bestehe in der Anerkennung des absoluten Rechts der Kriegführenden, sich ohne jede fremde Einmischung zu schlagen und zu verteidigen. Einem der Kriegführenden das Recht versagen, von allen seinen Hilfsmitteln Gebrauch zu machen, verriete die Absicht, ihn seinem Gegner gegenüber in die Bedingungen militärischer Jnferioritä't zu versetzen, das heiße soviel als diesem eine indirekte Hilfe gewähren. Rußland werde im Notfalle diese Anschauungen bei den Mächten geltend machen und — so schließt der „Figaro" — bei der italienischen Regierung dabei keinem Hindernis begegnen. Wir glaube» nicht, daß Rußland seine europäischen Küsten entblößen wird, um in Ostasien Seesiege zu erringen, wo es bei gehöriger Umsicht und Nachhaltigkeit des schließlichen Erfolges zu Laude unbedingt sicher ist. Die Entsendung der Flotte nach Ostasien würde die militärischen Verhältnisse in Europa sehr zu seinen Ungunsten verschieben. Der Herr Abgeordnete Dr. Beumer hat sich in der Reichstagssitzung vom 6. dieses Monats darüber beklagt, daß die „Grenzboten" die von ihm eingebrachte Resolution zum Militäretat, wonach die Soldaten im Urlaubsfalle freie Eisenbahn¬ fahrt haben sollen, als den Weg zur Pnrlmnentsarmee bezeichnet hätten. Die Partei verlange nicht, Urlaub erteilen zu können, sondern wünsche nur, daß im Falle des Urlaubs die Fahrt auf der Eisenbahn frei sei. Der Herr Abgeordnete hat für die nationalliberale Resolution recht, aber die freisinnige, die denselben Gegenstand behandelt (Ur. 241), geht viel weiter und verlangt „mindestens einmal während der Dienstzeit" für eine Reise in die Heimat freie Hin- und Rück¬ fahrt. Hier wird die Sache also schon obligatorisch. Nicht gegen den Wunsch als solchen haben wir uns gewandt, sondern gegen die Form der Resolution, die in den Augen der Meuge den Charakter eines dem Soldaten zustehenden Rechts annimmt und deshalb gerade in Heeressachen von allen staatserhaltenden Parteien vermieden werden sollte. In der Sache selbst gehn wir sogar noch weiter als die beiden Resolutionen und wünschen, daß der Sold während einer Urlaubs¬ zeit bis zu vierzehn Tagen, soweit es sich nicht um Ernteurlanb handelt, womöglich nicht einbehalten werde, zumal der Soldat ja auch während des kurzen Urlaubs Soldat bleibt. Wir haben also keinen Einwand gegen die Sache, sondern gegen die Form der Resolution des Reichstagsbeschlusses erhoben und sind der Meinung, es würde eine viel bessere Wirkung gehabt haben, wenn die Parteien übereinstimmend einen auf die freie Fahrt bezüglichen Wunsch zu erkennen gegeben hätten, dessen Erfüllung ja bekanntlich gar nicht vom Reich, sondern von den Einzelregierungen abhängt. Das Reich kann höchstens den Abzug des Soldes aufheben. Da nicht überall Eisenbahnen gehn, so hätte zur Vervollständigung der Resolutionen übrigens hinzugefügt werden müssen: „bezw. auch für Beförderung mit der Post oder mit sonstigen staatlichen Verkehrsmitteln." Daß die Urlaubserteilung ohnehin längst in einem sehr großen, fortwährend wachsenden Umfange erfolgt, lehrt das militärische Aussehen unsrer Eisenbahnzüge vor und nach den großen Festen zur Genüge. I" die zwei Dienstjahre fallen sechs große Feste. Es müßte also, wenn jeder Soldat während seiner Dienstzeit „mindestens einmal" freien Heimatsurlaub haben so^' zu jedem großen Feste der sechste Teil der Armee und Marine auf Urlaub gehn, das heißt, die deutschen Eisenbahnen müßten zu jedem großen Feste un¬ gefähr hunderttausend Mann hin und zurück befördern. Auch noch in Schnellzügen? wie die freisinnige Resolution verlangt! Außerhalb der Festzeit noch im größern Umfange Urlaub zu erteilen, dürfte bei der knappen Dienstzeit der Fußtruppe» kaum ausführbar sein. Die Beantragung von „Resolutionen," die die Interim des Dienstes auch nur annähernd berühren, sollte doch ein Privilegium oäiosnw *s* der Sozialdemokratie bleiben.__

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/620>, abgerufen am 22.07.2024.