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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Die Alabunkerstraße

wollte es nicht wissen. Die Briefe der Gräfin Eberstein hatte sie noch nicht ge¬
sehen, und sie schwankte, ob sie sie zu sehen wünschte.

Jetzt stand sie vor der Kapelle und rief nach Melitta. Sie nannte sich jetzt
du mit ihr und empfand diese Vertraulichkeit als etwas Angenehmes.

Melitta, bist du hier? wiederholte sie; als keine Antwort erfolgte, trat sie
vorsichtig in den Atelierraum. Halbwegs mit schlechtem Gewissen, denn Herrn
Heinemann wollte sie doch nicht besuchen. Als sie jetzt den jungen Mann unter
dem einfallenden Licht vor seiner Staffelei stehn sah, trat sie doch näher.

Haben Sie Melitta gesehen, Herr Heinemann? Sind Sie krank? setzte sie
hinzu. Er war totenblaß, und seine Augen hatten einen starren Blick.

Er begann zu lachen.

Wer aus Vernunft heiratet, braucht niemals zu lieben. Niemals!

Sein Lachen klang mißtönend, und die Stiftsdame ging eilig aus dem Atelier.

Was hat er nur? dachte sie, während ihr Kopf immer stärker schmerzte.
Hat er nur schlechte Manieren, oder ist er krank? Heute ist es hier schrecklich.

Sie atmete auf, als ihr im Garten Rosalie Drümpelmeier mit einem Haufen
Kinderwäsche im Arm begegnete.

Gehn Sie schnell zu Ihrem Neffen ins Atelier! befahl sie.

Die Frau Baronin hat den Wunsch geäußert, daß ich mit der trocknen Wäsche
gleich zu ihr kommen soll! entgegnete Rosalie unschlüssig.

Sehen Sie nur einen Augenblick nach Herrn Heinemann. Ich fürchte, daß
er krank ist!

Astr sagte es herrisch und griff dann verzweifelt an ihren Kopf. Die
Migräne war auf ihren Höhepunkt gestiegen, und sie mußte sich hinlegen. Elisa¬
beths unbedachte Art hatte den Zustand arg verschlimmert. Mit wankenden Schritten
ging sie in ihr Zimmer, verriegelte die Tür und legte sich zu Bett. Doch auch
jetzt konnte sie noch nicht zur Ruhe kommen, sie hörte Stimmen, Türen schlagen,
und dann rollten Wagen vom Hof. Ärgerlich erhob sie sich noch einmal, nahm
ein Schlafpulver und schlief ein. So fest, daß sie, als es heftig an ihre Tür
klopfte, nur langsam zu sich kam.

Bist du gestorben? fragte Wolfs ungeduldige Stimme.

Als sie ihm nach einigen Minuten halbverstört öffnete, trat er hastig ein.

Was ist geschehen? erkundigte er sich scharf. Um zwei Uhr bin ich wegge¬
fahren, eben komme ich spät nach Hans. Niemand ist hier. Elisabeth, die Kinder,
die Amme, Rosalie, sogar Herr Heinemann sind verschwunden, vom Hof gefahren.

Vom Hof gefahren? -- Asta sah ihren Bruder hilflos an. Der späte Sommer-
tag warf auf die Welt draußen noch einen matten Schein, aber Wolf trug ein
brennendes Licht in der Hand, das gespenstisch sein Gesicht beleuchtete.

Vom Hof gefahren. Asta wiederholte das Wort. Sie verstand noch nichts,
auch nicht, als sie mit Wolf durch alle Räume des Hauses gegangen war. Überall
Schweigen und Stille. In den Ecken brütete die Dämmerung, auf den Korri¬
doren schienen Geister zu huschen. Im Kinderzimmer standen die leeren Betten
der Kleinen, Ruttgers Wagen war verschwunden, die Amme mit ihm, und in der
Kirche saß die Köchin und weinte.

Wolf sagte nichts mehr, er war totenblaß, und auf seiner Stirn lag eine
tiefe Falte. Asta sah ihn von der Seite an, in ihr selbst kämpften die ver¬
schiedensten Empfindungen. Aber sie kam sich hilfsbedürftig, schlecht behandelt vor.
Als Melitta plötzlich neben ihr stand und den Arm um sie legte, da zog sie sie
noch fester an sich.

Melitta, was machen wir? klagte sie. Da meldete das verstörte Hausmädchen
den Verwalter, und Herr Schröder trat ein mit einem Brief in der Hand.

Ich bin beauftragt, dies Schreiben von der gnädigen Frau abzugeben,
meldete er. Sie ist mit den Kindern, der Amme und Rosalie heute Nachmittag
nach der Bahn gefahren.


Die Alabunkerstraße

wollte es nicht wissen. Die Briefe der Gräfin Eberstein hatte sie noch nicht ge¬
sehen, und sie schwankte, ob sie sie zu sehen wünschte.

Jetzt stand sie vor der Kapelle und rief nach Melitta. Sie nannte sich jetzt
du mit ihr und empfand diese Vertraulichkeit als etwas Angenehmes.

Melitta, bist du hier? wiederholte sie; als keine Antwort erfolgte, trat sie
vorsichtig in den Atelierraum. Halbwegs mit schlechtem Gewissen, denn Herrn
Heinemann wollte sie doch nicht besuchen. Als sie jetzt den jungen Mann unter
dem einfallenden Licht vor seiner Staffelei stehn sah, trat sie doch näher.

Haben Sie Melitta gesehen, Herr Heinemann? Sind Sie krank? setzte sie
hinzu. Er war totenblaß, und seine Augen hatten einen starren Blick.

Er begann zu lachen.

Wer aus Vernunft heiratet, braucht niemals zu lieben. Niemals!

Sein Lachen klang mißtönend, und die Stiftsdame ging eilig aus dem Atelier.

Was hat er nur? dachte sie, während ihr Kopf immer stärker schmerzte.
Hat er nur schlechte Manieren, oder ist er krank? Heute ist es hier schrecklich.

Sie atmete auf, als ihr im Garten Rosalie Drümpelmeier mit einem Haufen
Kinderwäsche im Arm begegnete.

Gehn Sie schnell zu Ihrem Neffen ins Atelier! befahl sie.

Die Frau Baronin hat den Wunsch geäußert, daß ich mit der trocknen Wäsche
gleich zu ihr kommen soll! entgegnete Rosalie unschlüssig.

Sehen Sie nur einen Augenblick nach Herrn Heinemann. Ich fürchte, daß
er krank ist!

Astr sagte es herrisch und griff dann verzweifelt an ihren Kopf. Die
Migräne war auf ihren Höhepunkt gestiegen, und sie mußte sich hinlegen. Elisa¬
beths unbedachte Art hatte den Zustand arg verschlimmert. Mit wankenden Schritten
ging sie in ihr Zimmer, verriegelte die Tür und legte sich zu Bett. Doch auch
jetzt konnte sie noch nicht zur Ruhe kommen, sie hörte Stimmen, Türen schlagen,
und dann rollten Wagen vom Hof. Ärgerlich erhob sie sich noch einmal, nahm
ein Schlafpulver und schlief ein. So fest, daß sie, als es heftig an ihre Tür
klopfte, nur langsam zu sich kam.

Bist du gestorben? fragte Wolfs ungeduldige Stimme.

Als sie ihm nach einigen Minuten halbverstört öffnete, trat er hastig ein.

Was ist geschehen? erkundigte er sich scharf. Um zwei Uhr bin ich wegge¬
fahren, eben komme ich spät nach Hans. Niemand ist hier. Elisabeth, die Kinder,
die Amme, Rosalie, sogar Herr Heinemann sind verschwunden, vom Hof gefahren.

Vom Hof gefahren? — Asta sah ihren Bruder hilflos an. Der späte Sommer-
tag warf auf die Welt draußen noch einen matten Schein, aber Wolf trug ein
brennendes Licht in der Hand, das gespenstisch sein Gesicht beleuchtete.

Vom Hof gefahren. Asta wiederholte das Wort. Sie verstand noch nichts,
auch nicht, als sie mit Wolf durch alle Räume des Hauses gegangen war. Überall
Schweigen und Stille. In den Ecken brütete die Dämmerung, auf den Korri¬
doren schienen Geister zu huschen. Im Kinderzimmer standen die leeren Betten
der Kleinen, Ruttgers Wagen war verschwunden, die Amme mit ihm, und in der
Kirche saß die Köchin und weinte.

Wolf sagte nichts mehr, er war totenblaß, und auf seiner Stirn lag eine
tiefe Falte. Asta sah ihn von der Seite an, in ihr selbst kämpften die ver¬
schiedensten Empfindungen. Aber sie kam sich hilfsbedürftig, schlecht behandelt vor.
Als Melitta plötzlich neben ihr stand und den Arm um sie legte, da zog sie sie
noch fester an sich.

Melitta, was machen wir? klagte sie. Da meldete das verstörte Hausmädchen
den Verwalter, und Herr Schröder trat ein mit einem Brief in der Hand.

Ich bin beauftragt, dies Schreiben von der gnädigen Frau abzugeben,
meldete er. Sie ist mit den Kindern, der Amme und Rosalie heute Nachmittag
nach der Bahn gefahren.


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[0548] Die Alabunkerstraße wollte es nicht wissen. Die Briefe der Gräfin Eberstein hatte sie noch nicht ge¬ sehen, und sie schwankte, ob sie sie zu sehen wünschte. Jetzt stand sie vor der Kapelle und rief nach Melitta. Sie nannte sich jetzt du mit ihr und empfand diese Vertraulichkeit als etwas Angenehmes. Melitta, bist du hier? wiederholte sie; als keine Antwort erfolgte, trat sie vorsichtig in den Atelierraum. Halbwegs mit schlechtem Gewissen, denn Herrn Heinemann wollte sie doch nicht besuchen. Als sie jetzt den jungen Mann unter dem einfallenden Licht vor seiner Staffelei stehn sah, trat sie doch näher. Haben Sie Melitta gesehen, Herr Heinemann? Sind Sie krank? setzte sie hinzu. Er war totenblaß, und seine Augen hatten einen starren Blick. Er begann zu lachen. Wer aus Vernunft heiratet, braucht niemals zu lieben. Niemals! Sein Lachen klang mißtönend, und die Stiftsdame ging eilig aus dem Atelier. Was hat er nur? dachte sie, während ihr Kopf immer stärker schmerzte. Hat er nur schlechte Manieren, oder ist er krank? Heute ist es hier schrecklich. Sie atmete auf, als ihr im Garten Rosalie Drümpelmeier mit einem Haufen Kinderwäsche im Arm begegnete. Gehn Sie schnell zu Ihrem Neffen ins Atelier! befahl sie. Die Frau Baronin hat den Wunsch geäußert, daß ich mit der trocknen Wäsche gleich zu ihr kommen soll! entgegnete Rosalie unschlüssig. Sehen Sie nur einen Augenblick nach Herrn Heinemann. Ich fürchte, daß er krank ist! Astr sagte es herrisch und griff dann verzweifelt an ihren Kopf. Die Migräne war auf ihren Höhepunkt gestiegen, und sie mußte sich hinlegen. Elisa¬ beths unbedachte Art hatte den Zustand arg verschlimmert. Mit wankenden Schritten ging sie in ihr Zimmer, verriegelte die Tür und legte sich zu Bett. Doch auch jetzt konnte sie noch nicht zur Ruhe kommen, sie hörte Stimmen, Türen schlagen, und dann rollten Wagen vom Hof. Ärgerlich erhob sie sich noch einmal, nahm ein Schlafpulver und schlief ein. So fest, daß sie, als es heftig an ihre Tür klopfte, nur langsam zu sich kam. Bist du gestorben? fragte Wolfs ungeduldige Stimme. Als sie ihm nach einigen Minuten halbverstört öffnete, trat er hastig ein. Was ist geschehen? erkundigte er sich scharf. Um zwei Uhr bin ich wegge¬ fahren, eben komme ich spät nach Hans. Niemand ist hier. Elisabeth, die Kinder, die Amme, Rosalie, sogar Herr Heinemann sind verschwunden, vom Hof gefahren. Vom Hof gefahren? — Asta sah ihren Bruder hilflos an. Der späte Sommer- tag warf auf die Welt draußen noch einen matten Schein, aber Wolf trug ein brennendes Licht in der Hand, das gespenstisch sein Gesicht beleuchtete. Vom Hof gefahren. Asta wiederholte das Wort. Sie verstand noch nichts, auch nicht, als sie mit Wolf durch alle Räume des Hauses gegangen war. Überall Schweigen und Stille. In den Ecken brütete die Dämmerung, auf den Korri¬ doren schienen Geister zu huschen. Im Kinderzimmer standen die leeren Betten der Kleinen, Ruttgers Wagen war verschwunden, die Amme mit ihm, und in der Kirche saß die Köchin und weinte. Wolf sagte nichts mehr, er war totenblaß, und auf seiner Stirn lag eine tiefe Falte. Asta sah ihn von der Seite an, in ihr selbst kämpften die ver¬ schiedensten Empfindungen. Aber sie kam sich hilfsbedürftig, schlecht behandelt vor. Als Melitta plötzlich neben ihr stand und den Arm um sie legte, da zog sie sie noch fester an sich. Melitta, was machen wir? klagte sie. Da meldete das verstörte Hausmädchen den Verwalter, und Herr Schröder trat ein mit einem Brief in der Hand. Ich bin beauftragt, dies Schreiben von der gnädigen Frau abzugeben, meldete er. Sie ist mit den Kindern, der Amme und Rosalie heute Nachmittag nach der Bahn gefahren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/548>, abgerufen am 23.07.2024.