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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Die Klabunkerstraße

Skizze mache. Er hatte ihr erzählt, daß er in Hamburg ein Bild gemalt und
verkauft habe. Nun sollte er es noch einmal versuchen. Vergnügt ging er vom
Hof, suchte sich einen Platz zum Malen und vertiefte sich in sein Werk.

Es war früh am Nachmittag gewesen, daß Melitta ihren Verlobten weggeschickt
hatte, und niemand hatte davon gewußt. Als Elisabeth an diesem warmen und
etwas träumerischen Tage durch den Garten ging, fiel ihr ein, daß sie sehr lange
nicht in Herrn Heinemanns Atelier gewesen sei. Bei der Arbeit stören wollte sie
ihn nicht. Aber sie wollte leis eintreten und sich auf ein Höckerchen setzen, das fast
verborgen im Schatten des halb zerfallnen hohen Altars stand. Einen Augenblick
wollte sie sich ausruhn, ehe sie sich mit Alois unterhielt. Seit seiner Verlobung war
sie selten zum Gedankenaustausch mit ihm gekommen, aber sie begann ihm gegen¬
über eine gewisse Gleichgiltigkeit zu empfinden, die sie schwer überwinden konnte.

Das Innere der kleinen Kapelle lag zum Teil im Dämmerlicht, die wenigen
schmalen Fenster waren verhängt. Aber Alois hatte die Erlaubnis erhalten, den
mittlern Teil des Daches zu beseitigen und an die Stelle der alten Ziegel einige
alte Treibhausfenster zu legen. Nun fiel Heller Lichtschein in den Mittelraum auf
die dort stehenden Staffeleien mit ihren Bildern und auf Wolf Wolffenradt, der
hier unter dem einfallenden Tageslicht stand, den Arm um Melitta Hagenau gelegt
hatte und sie bedächtig küßte.

Ans Wiedersehen, liebe Kleine! sagte er jetzt in einem Ton, als handelte es
sich um etwas Selbstverständliches; fürs erste, Lebewohl!

Er ließ sie los, küßte sie noch einmal, drehte sich kurz um und ging an
Elisabeth vorüber aus der Tür. Ohne sie anzusehen, und mit einem leisen Lächeln
um die Lippen, als küßte er Melitta in Gedanken noch.

Und dann standen sich die junge Frau und Melitta gegenüber.

Sie werden mein Haus noch heute verlassen! sagte Elisabeth mühsam.

Einen Augenblick war Melitta vor Schrecken starr. Dann faßte sie sich mit
Blitzesschnelle.

Wie Sie befehlen, gnädige Frau. Die ganze Sache war sonst nicht böse ge¬
meint. Ich fragte nach Frau von Manska, und der Baron ärgerte sich. Da mußte
ich ihn versöhnen.

Elisabeth wollte sich abwenden, blieb aber doch stehn, und Melitta sprach
langsam weiter.

Frau von Manska ist die Dame, die der Baron zur zweiten Frau haben
sollte. Sie ist reich und eine Freundin von Fräulein Asta. Der Baron bedürfte
des Geldes, weil er doch einmal aus dem Elend heraus mußte. Der Dovenhof
sollte nicht aus der Familie gehn.

Melittas Stimme klang sanft, und ihre schimmernden Augen sahen starr auf
Elisabeth, die halb betäubt vor ihr stand.

Frau von Manska -- wiederholte sie wie im Traum.

Er liebte sie nicht, gnädige Frau. Wie sollte er? Er kannte sie nicht ein¬
mal. Aber das Geld ist ein Zauberer. Es zaubert auch Liebe hervor.

Und Sie -- verachtungsvoll sah die junge Frau in Melittas Gesicht; die
aber hielt den Blick ruhig aus. Sie hatte Elisabeth gehaßt, als sie sie noch nicht
gekannt hatte; jetzt haßte sie Wolfs Gattin noch mehr.

Ich bin arm, erwiderte sie. Ich konnte den Dovenhof nicht bezahlen. Aber
ich kann Ihren Mann trösten, wie ich ihn schon in Wittekind getröstet habe.

Jetzt wandte sich Elisabeth von ihr ab.

Also Sie sind -- ein böses Wort trat ihr auf die Zunge; aber sie schloß
die Lippen und zeigte nur nach der Tür.

In dieser Bewegung lag so viel Verachtung, daß Melitta sie am Arm ergriff.

Ich bitt nicht schlechter als die meisten Mädchen und auch nicht schlechter als
Sie, Frau Baronin. Nur mit dem Unterschied, daß Ihr Gatte mich liebt und
Sie nicht. Ja, er liebt mich, wiederholte sie triumphierend, und liebt mich weiter,
ob er nun Frau von Manska heiraten oder bei Ihnen bleiben mußte.


Die Klabunkerstraße

Skizze mache. Er hatte ihr erzählt, daß er in Hamburg ein Bild gemalt und
verkauft habe. Nun sollte er es noch einmal versuchen. Vergnügt ging er vom
Hof, suchte sich einen Platz zum Malen und vertiefte sich in sein Werk.

Es war früh am Nachmittag gewesen, daß Melitta ihren Verlobten weggeschickt
hatte, und niemand hatte davon gewußt. Als Elisabeth an diesem warmen und
etwas träumerischen Tage durch den Garten ging, fiel ihr ein, daß sie sehr lange
nicht in Herrn Heinemanns Atelier gewesen sei. Bei der Arbeit stören wollte sie
ihn nicht. Aber sie wollte leis eintreten und sich auf ein Höckerchen setzen, das fast
verborgen im Schatten des halb zerfallnen hohen Altars stand. Einen Augenblick
wollte sie sich ausruhn, ehe sie sich mit Alois unterhielt. Seit seiner Verlobung war
sie selten zum Gedankenaustausch mit ihm gekommen, aber sie begann ihm gegen¬
über eine gewisse Gleichgiltigkeit zu empfinden, die sie schwer überwinden konnte.

Das Innere der kleinen Kapelle lag zum Teil im Dämmerlicht, die wenigen
schmalen Fenster waren verhängt. Aber Alois hatte die Erlaubnis erhalten, den
mittlern Teil des Daches zu beseitigen und an die Stelle der alten Ziegel einige
alte Treibhausfenster zu legen. Nun fiel Heller Lichtschein in den Mittelraum auf
die dort stehenden Staffeleien mit ihren Bildern und auf Wolf Wolffenradt, der
hier unter dem einfallenden Tageslicht stand, den Arm um Melitta Hagenau gelegt
hatte und sie bedächtig küßte.

Ans Wiedersehen, liebe Kleine! sagte er jetzt in einem Ton, als handelte es
sich um etwas Selbstverständliches; fürs erste, Lebewohl!

Er ließ sie los, küßte sie noch einmal, drehte sich kurz um und ging an
Elisabeth vorüber aus der Tür. Ohne sie anzusehen, und mit einem leisen Lächeln
um die Lippen, als küßte er Melitta in Gedanken noch.

Und dann standen sich die junge Frau und Melitta gegenüber.

Sie werden mein Haus noch heute verlassen! sagte Elisabeth mühsam.

Einen Augenblick war Melitta vor Schrecken starr. Dann faßte sie sich mit
Blitzesschnelle.

Wie Sie befehlen, gnädige Frau. Die ganze Sache war sonst nicht böse ge¬
meint. Ich fragte nach Frau von Manska, und der Baron ärgerte sich. Da mußte
ich ihn versöhnen.

Elisabeth wollte sich abwenden, blieb aber doch stehn, und Melitta sprach
langsam weiter.

Frau von Manska ist die Dame, die der Baron zur zweiten Frau haben
sollte. Sie ist reich und eine Freundin von Fräulein Asta. Der Baron bedürfte
des Geldes, weil er doch einmal aus dem Elend heraus mußte. Der Dovenhof
sollte nicht aus der Familie gehn.

Melittas Stimme klang sanft, und ihre schimmernden Augen sahen starr auf
Elisabeth, die halb betäubt vor ihr stand.

Frau von Manska — wiederholte sie wie im Traum.

Er liebte sie nicht, gnädige Frau. Wie sollte er? Er kannte sie nicht ein¬
mal. Aber das Geld ist ein Zauberer. Es zaubert auch Liebe hervor.

Und Sie — verachtungsvoll sah die junge Frau in Melittas Gesicht; die
aber hielt den Blick ruhig aus. Sie hatte Elisabeth gehaßt, als sie sie noch nicht
gekannt hatte; jetzt haßte sie Wolfs Gattin noch mehr.

Ich bin arm, erwiderte sie. Ich konnte den Dovenhof nicht bezahlen. Aber
ich kann Ihren Mann trösten, wie ich ihn schon in Wittekind getröstet habe.

Jetzt wandte sich Elisabeth von ihr ab.

Also Sie sind — ein böses Wort trat ihr auf die Zunge; aber sie schloß
die Lippen und zeigte nur nach der Tür.

In dieser Bewegung lag so viel Verachtung, daß Melitta sie am Arm ergriff.

Ich bitt nicht schlechter als die meisten Mädchen und auch nicht schlechter als
Sie, Frau Baronin. Nur mit dem Unterschied, daß Ihr Gatte mich liebt und
Sie nicht. Ja, er liebt mich, wiederholte sie triumphierend, und liebt mich weiter,
ob er nun Frau von Manska heiraten oder bei Ihnen bleiben mußte.


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[0546] Die Klabunkerstraße Skizze mache. Er hatte ihr erzählt, daß er in Hamburg ein Bild gemalt und verkauft habe. Nun sollte er es noch einmal versuchen. Vergnügt ging er vom Hof, suchte sich einen Platz zum Malen und vertiefte sich in sein Werk. Es war früh am Nachmittag gewesen, daß Melitta ihren Verlobten weggeschickt hatte, und niemand hatte davon gewußt. Als Elisabeth an diesem warmen und etwas träumerischen Tage durch den Garten ging, fiel ihr ein, daß sie sehr lange nicht in Herrn Heinemanns Atelier gewesen sei. Bei der Arbeit stören wollte sie ihn nicht. Aber sie wollte leis eintreten und sich auf ein Höckerchen setzen, das fast verborgen im Schatten des halb zerfallnen hohen Altars stand. Einen Augenblick wollte sie sich ausruhn, ehe sie sich mit Alois unterhielt. Seit seiner Verlobung war sie selten zum Gedankenaustausch mit ihm gekommen, aber sie begann ihm gegen¬ über eine gewisse Gleichgiltigkeit zu empfinden, die sie schwer überwinden konnte. Das Innere der kleinen Kapelle lag zum Teil im Dämmerlicht, die wenigen schmalen Fenster waren verhängt. Aber Alois hatte die Erlaubnis erhalten, den mittlern Teil des Daches zu beseitigen und an die Stelle der alten Ziegel einige alte Treibhausfenster zu legen. Nun fiel Heller Lichtschein in den Mittelraum auf die dort stehenden Staffeleien mit ihren Bildern und auf Wolf Wolffenradt, der hier unter dem einfallenden Tageslicht stand, den Arm um Melitta Hagenau gelegt hatte und sie bedächtig küßte. Ans Wiedersehen, liebe Kleine! sagte er jetzt in einem Ton, als handelte es sich um etwas Selbstverständliches; fürs erste, Lebewohl! Er ließ sie los, küßte sie noch einmal, drehte sich kurz um und ging an Elisabeth vorüber aus der Tür. Ohne sie anzusehen, und mit einem leisen Lächeln um die Lippen, als küßte er Melitta in Gedanken noch. Und dann standen sich die junge Frau und Melitta gegenüber. Sie werden mein Haus noch heute verlassen! sagte Elisabeth mühsam. Einen Augenblick war Melitta vor Schrecken starr. Dann faßte sie sich mit Blitzesschnelle. Wie Sie befehlen, gnädige Frau. Die ganze Sache war sonst nicht böse ge¬ meint. Ich fragte nach Frau von Manska, und der Baron ärgerte sich. Da mußte ich ihn versöhnen. Elisabeth wollte sich abwenden, blieb aber doch stehn, und Melitta sprach langsam weiter. Frau von Manska ist die Dame, die der Baron zur zweiten Frau haben sollte. Sie ist reich und eine Freundin von Fräulein Asta. Der Baron bedürfte des Geldes, weil er doch einmal aus dem Elend heraus mußte. Der Dovenhof sollte nicht aus der Familie gehn. Melittas Stimme klang sanft, und ihre schimmernden Augen sahen starr auf Elisabeth, die halb betäubt vor ihr stand. Frau von Manska — wiederholte sie wie im Traum. Er liebte sie nicht, gnädige Frau. Wie sollte er? Er kannte sie nicht ein¬ mal. Aber das Geld ist ein Zauberer. Es zaubert auch Liebe hervor. Und Sie — verachtungsvoll sah die junge Frau in Melittas Gesicht; die aber hielt den Blick ruhig aus. Sie hatte Elisabeth gehaßt, als sie sie noch nicht gekannt hatte; jetzt haßte sie Wolfs Gattin noch mehr. Ich bin arm, erwiderte sie. Ich konnte den Dovenhof nicht bezahlen. Aber ich kann Ihren Mann trösten, wie ich ihn schon in Wittekind getröstet habe. Jetzt wandte sich Elisabeth von ihr ab. Also Sie sind — ein böses Wort trat ihr auf die Zunge; aber sie schloß die Lippen und zeigte nur nach der Tür. In dieser Bewegung lag so viel Verachtung, daß Melitta sie am Arm ergriff. Ich bitt nicht schlechter als die meisten Mädchen und auch nicht schlechter als Sie, Frau Baronin. Nur mit dem Unterschied, daß Ihr Gatte mich liebt und Sie nicht. Ja, er liebt mich, wiederholte sie triumphierend, und liebt mich weiter, ob er nun Frau von Manska heiraten oder bei Ihnen bleiben mußte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/546>, abgerufen am 23.07.2024.