anstalten in Teschen die Unterrichtssprache deutsch, doch an allen ist Vorsorge getroffen, daß auch die polnische Sprache gepflegt werden kann, und tatsächlich hat die bisherige Einrichtung der Schulanstalten in Teschen zum Beispiel die Herren Cienenla, Gebrüder Michejda und andre in Ostschlesien geborne An¬ hänger der großpolnischen Lehre nicht gehindert, ihr nationales Herz zu ent¬ decken. Ein Bedürfnis für polnische Schulen war demnach gar nicht vorhanden, sie sind nicht ein Wunsch und der Ausdruck des Strebens des schlesischen Volks nach Kultur, sondern die Schöpfung des polnischen Chauvinismus, dem Fürst Sapieha einst bei einem Fest in Lemberg Allsdruck verlieh, und der Absicht, den Westen für das polnische Volk zu erobern. Zuerst wurde ein Privatgymnasium mit polnischer Unterrichtssprache in Teschen von dem Vereine "Macierz Szkolna dia ksiestwa Cieszynskicgo" im Jahre 1895 errichtet Und bis Ende August 1903 erhalten, wo es als Anstalt mit polnischer Unterrichtssprache vom Staat über¬ nommen wurde. Diese Schule dient unter den geschilderten Umstünden nicht dem Unterrichtsbedürfnisfe, sie ist allein zu dein Zweck eröffnet worden, dem Großpolentum in Österreichisch-Schlesien eine feste Stellung zu schaffen, von der aus der Kampf gegen das Deutschtum mit größerm Nachdruck und mit mehr Aussicht auf Erfolg geführt werden soll in diesem Lande, wo die slawische Bevölkerung die nationalpolnische Agitation selbst nicht wünscht, sondern sie direkt zurückweist. Dieses außerhalb Galiziens errichtete Gymnasium hat nur den Zweck, die polnische Propaganda in Schlesien zu fördern; und das wird nun auf Staatskosten geschehen, weil den Polen das Geld ausgegangen war. Man wird eine solche Schulpolitik auch im Reich der Unwahrschcinlich- keiten nicht für möglich halten, und doch ist alles auf ganz natürlichem Wege zugegangen, aber nur für den verständlich, der eben die österreichischen Ver¬ hältnisse kennt. Wie wenig die Anstalt dem Bedürfnis entspricht, kann man an einigen Zahlenbeispielen deutlich nachweisen. Sie wurde 1895 mit der ersten Klasse (in zwei Abteilungen) eröffnet, die 70 Schüler aus Schlesien und 4 aus Galizien hatte. Diese erste Zahl wurde niemals wieder erreicht, im fünften Schuljahr (1899/1900) hatte die erste Klasse 60 Schüler, vou denen aber nur 37 aus Schlesien waren. Von den 230 Schülern dieses Jahres waren 55 aus Galizien (23^ Prozent), bei der Übergabe an den Staat hatte die Anstalt, die inzwischen sämtliche Klassen erhalten hatte, nur 250 Schüler, von denen 44 (17 Prozent) aus Galizien stammten, aus der Stadt Teschen aber nur 6; im Schuljahre vorher gab es nur 2 Schüler aus Teschen, und es liegt darum nahe, daß die Zahl 6, die dem Bericht der Direktion des polnischen Gymnasiums entnommen ist, einer von der gewöhnlichen Auffassung etwas abweichenden Deutung des Begriffs "aus Teschen" ihre Entstehung verdankt. Stellen wir daneben, daß im Schuljahre 1898/99 an den Staatsgymnasien und den Real¬ schulen mit deutscher Unterrichtssprache in Teschen und in Bielitz 340 polnische Schüler aus Ostschlesien, also doppelt so viel als am polnischen Gymnasium, eingeschrieben waren, so ergibt sich schon daraus, wie gering das Bedürfnis der polnisch sprechenden Schüler nach einer polnischen Mittelschule war. Dabei darf nicht vergessen werden, daß die polnischen Agitatoren das möglichste ge¬ leistet hatten, der Anstalt Schüler zuzuführen, daß namentlich auch einzelne
Teschen
anstalten in Teschen die Unterrichtssprache deutsch, doch an allen ist Vorsorge getroffen, daß auch die polnische Sprache gepflegt werden kann, und tatsächlich hat die bisherige Einrichtung der Schulanstalten in Teschen zum Beispiel die Herren Cienenla, Gebrüder Michejda und andre in Ostschlesien geborne An¬ hänger der großpolnischen Lehre nicht gehindert, ihr nationales Herz zu ent¬ decken. Ein Bedürfnis für polnische Schulen war demnach gar nicht vorhanden, sie sind nicht ein Wunsch und der Ausdruck des Strebens des schlesischen Volks nach Kultur, sondern die Schöpfung des polnischen Chauvinismus, dem Fürst Sapieha einst bei einem Fest in Lemberg Allsdruck verlieh, und der Absicht, den Westen für das polnische Volk zu erobern. Zuerst wurde ein Privatgymnasium mit polnischer Unterrichtssprache in Teschen von dem Vereine „Macierz Szkolna dia ksiestwa Cieszynskicgo" im Jahre 1895 errichtet Und bis Ende August 1903 erhalten, wo es als Anstalt mit polnischer Unterrichtssprache vom Staat über¬ nommen wurde. Diese Schule dient unter den geschilderten Umstünden nicht dem Unterrichtsbedürfnisfe, sie ist allein zu dein Zweck eröffnet worden, dem Großpolentum in Österreichisch-Schlesien eine feste Stellung zu schaffen, von der aus der Kampf gegen das Deutschtum mit größerm Nachdruck und mit mehr Aussicht auf Erfolg geführt werden soll in diesem Lande, wo die slawische Bevölkerung die nationalpolnische Agitation selbst nicht wünscht, sondern sie direkt zurückweist. Dieses außerhalb Galiziens errichtete Gymnasium hat nur den Zweck, die polnische Propaganda in Schlesien zu fördern; und das wird nun auf Staatskosten geschehen, weil den Polen das Geld ausgegangen war. Man wird eine solche Schulpolitik auch im Reich der Unwahrschcinlich- keiten nicht für möglich halten, und doch ist alles auf ganz natürlichem Wege zugegangen, aber nur für den verständlich, der eben die österreichischen Ver¬ hältnisse kennt. Wie wenig die Anstalt dem Bedürfnis entspricht, kann man an einigen Zahlenbeispielen deutlich nachweisen. Sie wurde 1895 mit der ersten Klasse (in zwei Abteilungen) eröffnet, die 70 Schüler aus Schlesien und 4 aus Galizien hatte. Diese erste Zahl wurde niemals wieder erreicht, im fünften Schuljahr (1899/1900) hatte die erste Klasse 60 Schüler, vou denen aber nur 37 aus Schlesien waren. Von den 230 Schülern dieses Jahres waren 55 aus Galizien (23^ Prozent), bei der Übergabe an den Staat hatte die Anstalt, die inzwischen sämtliche Klassen erhalten hatte, nur 250 Schüler, von denen 44 (17 Prozent) aus Galizien stammten, aus der Stadt Teschen aber nur 6; im Schuljahre vorher gab es nur 2 Schüler aus Teschen, und es liegt darum nahe, daß die Zahl 6, die dem Bericht der Direktion des polnischen Gymnasiums entnommen ist, einer von der gewöhnlichen Auffassung etwas abweichenden Deutung des Begriffs „aus Teschen" ihre Entstehung verdankt. Stellen wir daneben, daß im Schuljahre 1898/99 an den Staatsgymnasien und den Real¬ schulen mit deutscher Unterrichtssprache in Teschen und in Bielitz 340 polnische Schüler aus Ostschlesien, also doppelt so viel als am polnischen Gymnasium, eingeschrieben waren, so ergibt sich schon daraus, wie gering das Bedürfnis der polnisch sprechenden Schüler nach einer polnischen Mittelschule war. Dabei darf nicht vergessen werden, daß die polnischen Agitatoren das möglichste ge¬ leistet hatten, der Anstalt Schüler zuzuführen, daß namentlich auch einzelne
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[0460]
Teschen
anstalten in Teschen die Unterrichtssprache deutsch, doch an allen ist Vorsorge
getroffen, daß auch die polnische Sprache gepflegt werden kann, und tatsächlich
hat die bisherige Einrichtung der Schulanstalten in Teschen zum Beispiel die
Herren Cienenla, Gebrüder Michejda und andre in Ostschlesien geborne An¬
hänger der großpolnischen Lehre nicht gehindert, ihr nationales Herz zu ent¬
decken. Ein Bedürfnis für polnische Schulen war demnach gar nicht vorhanden,
sie sind nicht ein Wunsch und der Ausdruck des Strebens des schlesischen Volks
nach Kultur, sondern die Schöpfung des polnischen Chauvinismus, dem Fürst
Sapieha einst bei einem Fest in Lemberg Allsdruck verlieh, und der Absicht, den
Westen für das polnische Volk zu erobern. Zuerst wurde ein Privatgymnasium
mit polnischer Unterrichtssprache in Teschen von dem Vereine „Macierz Szkolna
dia ksiestwa Cieszynskicgo" im Jahre 1895 errichtet Und bis Ende August 1903
erhalten, wo es als Anstalt mit polnischer Unterrichtssprache vom Staat über¬
nommen wurde. Diese Schule dient unter den geschilderten Umstünden nicht
dem Unterrichtsbedürfnisfe, sie ist allein zu dein Zweck eröffnet worden, dem
Großpolentum in Österreichisch-Schlesien eine feste Stellung zu schaffen, von
der aus der Kampf gegen das Deutschtum mit größerm Nachdruck und mit
mehr Aussicht auf Erfolg geführt werden soll in diesem Lande, wo die slawische
Bevölkerung die nationalpolnische Agitation selbst nicht wünscht, sondern sie
direkt zurückweist. Dieses außerhalb Galiziens errichtete Gymnasium hat nur
den Zweck, die polnische Propaganda in Schlesien zu fördern; und das
wird nun auf Staatskosten geschehen, weil den Polen das Geld ausgegangen
war. Man wird eine solche Schulpolitik auch im Reich der Unwahrschcinlich-
keiten nicht für möglich halten, und doch ist alles auf ganz natürlichem Wege
zugegangen, aber nur für den verständlich, der eben die österreichischen Ver¬
hältnisse kennt. Wie wenig die Anstalt dem Bedürfnis entspricht, kann man an
einigen Zahlenbeispielen deutlich nachweisen. Sie wurde 1895 mit der ersten
Klasse (in zwei Abteilungen) eröffnet, die 70 Schüler aus Schlesien und 4 aus
Galizien hatte. Diese erste Zahl wurde niemals wieder erreicht, im fünften
Schuljahr (1899/1900) hatte die erste Klasse 60 Schüler, vou denen aber nur
37 aus Schlesien waren. Von den 230 Schülern dieses Jahres waren 55
aus Galizien (23^ Prozent), bei der Übergabe an den Staat hatte die Anstalt,
die inzwischen sämtliche Klassen erhalten hatte, nur 250 Schüler, von denen
44 (17 Prozent) aus Galizien stammten, aus der Stadt Teschen aber nur 6;
im Schuljahre vorher gab es nur 2 Schüler aus Teschen, und es liegt darum
nahe, daß die Zahl 6, die dem Bericht der Direktion des polnischen Gymnasiums
entnommen ist, einer von der gewöhnlichen Auffassung etwas abweichenden
Deutung des Begriffs „aus Teschen" ihre Entstehung verdankt. Stellen wir
daneben, daß im Schuljahre 1898/99 an den Staatsgymnasien und den Real¬
schulen mit deutscher Unterrichtssprache in Teschen und in Bielitz 340 polnische
Schüler aus Ostschlesien, also doppelt so viel als am polnischen Gymnasium,
eingeschrieben waren, so ergibt sich schon daraus, wie gering das Bedürfnis
der polnisch sprechenden Schüler nach einer polnischen Mittelschule war. Dabei
darf nicht vergessen werden, daß die polnischen Agitatoren das möglichste ge¬
leistet hatten, der Anstalt Schüler zuzuführen, daß namentlich auch einzelne
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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/460>, abgerufen am 22.07.2024.
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