Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.Der Held von Grmidenz in der Armee war, den als tüchtig geltenden Generalen Graf von Kalckrenth Nach der Veeudignng des unglücklichen Feldzugs an der Saale begab sich Die Festung liegt nicht ganz zwei Kilometer nördlich von der Stadt Graudenz an der
Weichsel auf einem mäßig hohen Hügel. Sie wurde von Friedrich dem Großen 1772 bis 1776 nach eignen Ideen angelegt. Im Jahre 1874 wurde sie als Festung aufgegeben, erhielt aber seit 1886 als Brückenkopf für die Sicherung der Eisenbahnbrücke eine erhöhte Bedeutung und wurde deshalb seit 1889 wieder als Festung ausgebaut. Seit 1873 dient die Zitadelle als Kaserne, Depot und Festungsgesiingnis. Am 14. Dezember 1893 erhielt die Festung durch des Kaisers Gnade den Namen "Feste Courbiere." -- Vergleiche Bonin: Die Festung Graudenz. Historische Skizze unter Benutzung archivalischen Materials im "Archiv sür Artillerie- und Ingenienroffiziere," Bd. 81. Berlin, 1877. Der Held von Grmidenz in der Armee war, den als tüchtig geltenden Generalen Graf von Kalckrenth Nach der Veeudignng des unglücklichen Feldzugs an der Saale begab sich Die Festung liegt nicht ganz zwei Kilometer nördlich von der Stadt Graudenz an der
Weichsel auf einem mäßig hohen Hügel. Sie wurde von Friedrich dem Großen 1772 bis 1776 nach eignen Ideen angelegt. Im Jahre 1874 wurde sie als Festung aufgegeben, erhielt aber seit 1886 als Brückenkopf für die Sicherung der Eisenbahnbrücke eine erhöhte Bedeutung und wurde deshalb seit 1889 wieder als Festung ausgebaut. Seit 1873 dient die Zitadelle als Kaserne, Depot und Festungsgesiingnis. Am 14. Dezember 1893 erhielt die Festung durch des Kaisers Gnade den Namen „Feste Courbiere." — Vergleiche Bonin: Die Festung Graudenz. Historische Skizze unter Benutzung archivalischen Materials im „Archiv sür Artillerie- und Ingenienroffiziere," Bd. 81. Berlin, 1877. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0283" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/293080"/> <fw type="header" place="top"> Der Held von Grmidenz</fw><lb/> <p xml:id="ID_1430" prev="#ID_1429"> in der Armee war, den als tüchtig geltenden Generalen Graf von Kalckrenth<lb/> und Fürst von Hohenlohe im Kommando hätte vorgezogen werden müssen. Um<lb/> aber dem hochverdienten alten Herrn einen Beweis seines Wohlwollens zu<lb/> geben, ernannte er ihn von seinem Hauptquartier Naumburg aus am 29. Sep¬<lb/> tember zum Vizegouverneur von Königsberg. Der eigentliche Gouverneur, der<lb/> Generalleutnant von Rüchel, stand bei der Armee. Mit dieser Stellung war<lb/> für Courbiere eine Zulage verknüpft, die ihm durch das königliche Wohlwollen<lb/> zufloß. Der alte Herr mußte sich fügen; aber bald sollte ihn das Schicksal<lb/> auf die Stelle bringen, in der er sich sein größtes, sein unsterbliches Verdienst<lb/> erwarb.</p><lb/> <p xml:id="ID_1431" next="#ID_1432"> Nach der Veeudignng des unglücklichen Feldzugs an der Saale begab sich<lb/> das Königspaar mit dem Hofstaat, dem Oberkriegskollegium, den Chefs aller<lb/> zum Kriegswesen gehörenden Abteilungen und den höchsten Staatsbehörden nach<lb/> Preußen, begleitet von einem wirren Trosse von versprengten Husaren, Garde-<lb/> grenadiereu, Garde du Corps, Dragonern des Regiments von Auer, Artilleristen,<lb/> reitenden Jägern usw. und einer Menge flüchtender Privatleute. Inzwischen<lb/> war der größte Teil der in Preußen zurückgebliebnen Truppen schon früher<lb/> mobil gemacht und nach der Weichsel in Bewegung gesetzt worden, wo der<lb/> Generalleutnant von L'Estocq den Befehl übernehmen sollte. Anfang November<lb/> erhielt der General der Kavallerie Graf Kalckrenth den Befehl über die ge¬<lb/> samten mobilen Streitkräfte. Conrbiere sollte die befohlnen Neuforinationen<lb/> von Königsberg ans leiten. Aber es kam nicht dazu. Da der König den von<lb/> Napoleon cmgebvtnen Waffenstillstand abgelehnt hatte, wurde die Weichsel der<lb/> nächste Kampfgegenstand, und den Weichselfestnngen fiel ganz unerwartet die<lb/> wichtige Aufgabe zu, den Besitz der preußischen Lande zu sichern. Infolgedessen<lb/> erhielten die Gouverneure den Befehl zur persönlichen Übernahme ihrer Festungen.<lb/> Graf Kalckreuth ging also nach Danzig und Courbiere nach Graudenz, während<lb/> L'Estoeq den Befehl über die mobilen Truppen übernahm und Rüchel, als<lb/> neuernannter Generalgouverueur von Preußen, die nen zu formierenden Truppen<lb/> befehligen und zugleich sein Gouvernement Königsberg leiten sollte. Der<lb/> General von Besser, der neuernannte Kommandant von Graudenz, traf in der<lb/> Festung^) am 6. November, der Gouverneur Courbiere am 9. November ein.<lb/> Schon seit dem 2. November weilte der König in der Stadt, und Graudenz<lb/> wurde der Sammelpunkt für alle Hof- und Staatsbehörden, sowie für das<lb/> militärische Gefolge lind die Reste des preußischen Heeres. Es waren z. B.<lb/> damals in Graudenz der Kriegsminister von Diethardt, der Generalleutnant<lb/> von Geusau, Generaliuspekteur der Festungen, die Prinzen Wilhelm und Heinrich<lb/> »ut der Prinz von Koburg, der Prinz Eugen von Württemberg, der General-</p><lb/> <note xml:id="FID_9" place="foot"> Die Festung liegt nicht ganz zwei Kilometer nördlich von der Stadt Graudenz an der<lb/> Weichsel auf einem mäßig hohen Hügel. Sie wurde von Friedrich dem Großen 1772 bis 1776<lb/> nach eignen Ideen angelegt. Im Jahre 1874 wurde sie als Festung aufgegeben, erhielt aber<lb/> seit 1886 als Brückenkopf für die Sicherung der Eisenbahnbrücke eine erhöhte Bedeutung und<lb/> wurde deshalb seit 1889 wieder als Festung ausgebaut. Seit 1873 dient die Zitadelle als<lb/> Kaserne, Depot und Festungsgesiingnis. Am 14. Dezember 1893 erhielt die Festung durch des<lb/> Kaisers Gnade den Namen „Feste Courbiere." — Vergleiche Bonin: Die Festung Graudenz.<lb/> Historische Skizze unter Benutzung archivalischen Materials im „Archiv sür Artillerie- und<lb/> Ingenienroffiziere," Bd. 81. Berlin, 1877.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0283]
Der Held von Grmidenz
in der Armee war, den als tüchtig geltenden Generalen Graf von Kalckrenth
und Fürst von Hohenlohe im Kommando hätte vorgezogen werden müssen. Um
aber dem hochverdienten alten Herrn einen Beweis seines Wohlwollens zu
geben, ernannte er ihn von seinem Hauptquartier Naumburg aus am 29. Sep¬
tember zum Vizegouverneur von Königsberg. Der eigentliche Gouverneur, der
Generalleutnant von Rüchel, stand bei der Armee. Mit dieser Stellung war
für Courbiere eine Zulage verknüpft, die ihm durch das königliche Wohlwollen
zufloß. Der alte Herr mußte sich fügen; aber bald sollte ihn das Schicksal
auf die Stelle bringen, in der er sich sein größtes, sein unsterbliches Verdienst
erwarb.
Nach der Veeudignng des unglücklichen Feldzugs an der Saale begab sich
das Königspaar mit dem Hofstaat, dem Oberkriegskollegium, den Chefs aller
zum Kriegswesen gehörenden Abteilungen und den höchsten Staatsbehörden nach
Preußen, begleitet von einem wirren Trosse von versprengten Husaren, Garde-
grenadiereu, Garde du Corps, Dragonern des Regiments von Auer, Artilleristen,
reitenden Jägern usw. und einer Menge flüchtender Privatleute. Inzwischen
war der größte Teil der in Preußen zurückgebliebnen Truppen schon früher
mobil gemacht und nach der Weichsel in Bewegung gesetzt worden, wo der
Generalleutnant von L'Estocq den Befehl übernehmen sollte. Anfang November
erhielt der General der Kavallerie Graf Kalckrenth den Befehl über die ge¬
samten mobilen Streitkräfte. Conrbiere sollte die befohlnen Neuforinationen
von Königsberg ans leiten. Aber es kam nicht dazu. Da der König den von
Napoleon cmgebvtnen Waffenstillstand abgelehnt hatte, wurde die Weichsel der
nächste Kampfgegenstand, und den Weichselfestnngen fiel ganz unerwartet die
wichtige Aufgabe zu, den Besitz der preußischen Lande zu sichern. Infolgedessen
erhielten die Gouverneure den Befehl zur persönlichen Übernahme ihrer Festungen.
Graf Kalckreuth ging also nach Danzig und Courbiere nach Graudenz, während
L'Estoeq den Befehl über die mobilen Truppen übernahm und Rüchel, als
neuernannter Generalgouverueur von Preußen, die nen zu formierenden Truppen
befehligen und zugleich sein Gouvernement Königsberg leiten sollte. Der
General von Besser, der neuernannte Kommandant von Graudenz, traf in der
Festung^) am 6. November, der Gouverneur Courbiere am 9. November ein.
Schon seit dem 2. November weilte der König in der Stadt, und Graudenz
wurde der Sammelpunkt für alle Hof- und Staatsbehörden, sowie für das
militärische Gefolge lind die Reste des preußischen Heeres. Es waren z. B.
damals in Graudenz der Kriegsminister von Diethardt, der Generalleutnant
von Geusau, Generaliuspekteur der Festungen, die Prinzen Wilhelm und Heinrich
»ut der Prinz von Koburg, der Prinz Eugen von Württemberg, der General-
Die Festung liegt nicht ganz zwei Kilometer nördlich von der Stadt Graudenz an der
Weichsel auf einem mäßig hohen Hügel. Sie wurde von Friedrich dem Großen 1772 bis 1776
nach eignen Ideen angelegt. Im Jahre 1874 wurde sie als Festung aufgegeben, erhielt aber
seit 1886 als Brückenkopf für die Sicherung der Eisenbahnbrücke eine erhöhte Bedeutung und
wurde deshalb seit 1889 wieder als Festung ausgebaut. Seit 1873 dient die Zitadelle als
Kaserne, Depot und Festungsgesiingnis. Am 14. Dezember 1893 erhielt die Festung durch des
Kaisers Gnade den Namen „Feste Courbiere." — Vergleiche Bonin: Die Festung Graudenz.
Historische Skizze unter Benutzung archivalischen Materials im „Archiv sür Artillerie- und
Ingenienroffiziere," Bd. 81. Berlin, 1877.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |