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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Schutz der Kolonien endlich eine geeignetere Organisation zu geben, indem man
die "Schutztruppen" -- eine an sich recht unschöne Bezeichnung -- unter die
Marine stellt. Ob und in welchem Zusammenhange mit der Marineinfanterie mag
militärischer Erwägung vorbehalten bleiben. Sachlich richtiger wäre ja die Stellung
unter das Kriegsministerium. Aber da stolpert man über das staatsrechtliche
Bedenken, daß die "Kaiserlichen" Schutztruppen nicht unter das "Königlich" preußische
Kriegsministerium gestellt sein dürfen. Das ist nicht einmal richtig, denn die
"Kaiserliche" Gendarmerie in Elsaß-Lothringen steht doch auch unter dem "Königlich"
preußischen Kriegsminister, und ihr Offizierkorps unter dem Königlich preußischen
Militärkabinett. Nach dieser Analogie können doch auch die "Schutztruppen" der
Armeeverwaltung untergeordnet werden, die für ihre Rekrutierung und Bewaffnung
sorgen, ihnen Offiziere, Ärzte usw. liefern muß und jedenfalls damit viel mehr zu
tuu hat als die davon völlig unberührte Marine. Die geeignete Instanz wäre das
Generalkommando des neunten Armeekorps (Altona). Sollte diese Frage nicht
endlich einmal im Reichstage angeschnitten werden? So wie gegenwärtig, wo
Armee und Marine, Generalstab und Admiralstab nötig sind, tausend Mann nach
Afrika zu werfen, und doch keine einheitlich leitende Behörde vorhanden ist,
kann die Sache nicht bleiben. Das könnte uuter Umständen zu argen Verzögerungen
führen. Mit der sachgemäßer" Organisation müßte dann auch die Aufstellung
eines Stammkorps von tausend Mann Infanterie und Artillerie und sechshundert
Reitern verbunden werden.

Nach längerer Pause ist auch einmal wieder unser Verhältnis zu Frank¬
reich, richtiger das Verhältnis Frankreichs zu Deutschland, in etwas andrer Be¬
leuchtung erschienen, als es in den letzten Jahren anläßlich der verschiedentlicher
Austausche von Höflichkeitserweisen der Fall war. Auch wenn man ohne weiteres
zugeben will, daß die Attacke der französischen Nationalisten, der die Ausweisung
des Pfarrers Delsor zum Vorwande gedient hat, mehr dem Ministerium Combes
als Deutschland gegolten hat, so steht man doch der lehrreichen Zahl von 295
gegen 243 Stimmen gegenüber. Sie sagt, daß in der französischen Deputierten¬
kammer am 22. Januar nur eine Mehrheit von 52 Stimmen vorhanden war, die
Bedenken trug, mit dem elsässischen Feuer zu spielen. Nun braucht man freilich noch
nicht zu glauben, daß wenn die nationalistischen Schreier in Frankreich an das
Ruder kämen, die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich sofort einen
ernstern Charakter annehmen würden. Aber es läßt sich doch nicht verkennen, daß
sich diese Partei diesesmal durch ein ungewöhnliches Maß von Unverschämtheit,
Unverschämtheit nicht gegen die eigne Negierung, sondern gegen Deutschland, fest¬
gelegt und damit einen Standpunkt eingenommen hat, von dem sie nicht so leicht
wieder herunter kann.

Die radikalen Republikaner haben einen Pfarrer ausgewiesen, wie ehedem
Herr Meliue unter dem Beifall desselben Herrn Ribot, der sich jetzt ganz besonders
als Mundstück "der Seele Frankreichs" gab, den Sozialdemokratin! Buch aus¬
gewiesen hat, beide Elsässer und beide deutsche Reichstagsabgeordnete. Würden
die Behörden in Elsaß-Lothringen Mitglieder der Pariser Deputiertenkammer aus¬
weisen, die sich im Lande lästig machten, so würde drüben ein gewaltiger Lärm
darüber entstehn, während wir hüben stets ziemlich ruhig dabei bleiben und es
auch bleiben können, wenn die Franzosen Elsässer. und obenein gewählte elsässisch^
Abgeordnete, aus dem Lande jagen. Herr Combes hat mit großer Geschicklichkeit
ans das Beispiel seines Angreifers verwiesen, der selbst als Minister zwei Elsässer
ausgewiesen und sich dabei der Formel "deutscher Untertan" bedient hat, und dabei
zugleich deu Angriff des internationalen Anstrichs zu entkleiden gesucht, der der
französischen Regierung leicht Schwierigkeiten schaffen konnte. Er nannte diesen
Angriff mit dem rechten Namen einen Stoß, der das Kabinett Combes zum Sturze
bringen sollte. Aber die französischen Nationalisten müssen entweder eine sehr h"he
Meinung von der Friedfertigkeit Deutschland haben, oder gewillt sein, der Gefahr


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Schutz der Kolonien endlich eine geeignetere Organisation zu geben, indem man
die „Schutztruppen" — eine an sich recht unschöne Bezeichnung — unter die
Marine stellt. Ob und in welchem Zusammenhange mit der Marineinfanterie mag
militärischer Erwägung vorbehalten bleiben. Sachlich richtiger wäre ja die Stellung
unter das Kriegsministerium. Aber da stolpert man über das staatsrechtliche
Bedenken, daß die „Kaiserlichen" Schutztruppen nicht unter das „Königlich" preußische
Kriegsministerium gestellt sein dürfen. Das ist nicht einmal richtig, denn die
„Kaiserliche" Gendarmerie in Elsaß-Lothringen steht doch auch unter dem „Königlich"
preußischen Kriegsminister, und ihr Offizierkorps unter dem Königlich preußischen
Militärkabinett. Nach dieser Analogie können doch auch die „Schutztruppen" der
Armeeverwaltung untergeordnet werden, die für ihre Rekrutierung und Bewaffnung
sorgen, ihnen Offiziere, Ärzte usw. liefern muß und jedenfalls damit viel mehr zu
tuu hat als die davon völlig unberührte Marine. Die geeignete Instanz wäre das
Generalkommando des neunten Armeekorps (Altona). Sollte diese Frage nicht
endlich einmal im Reichstage angeschnitten werden? So wie gegenwärtig, wo
Armee und Marine, Generalstab und Admiralstab nötig sind, tausend Mann nach
Afrika zu werfen, und doch keine einheitlich leitende Behörde vorhanden ist,
kann die Sache nicht bleiben. Das könnte uuter Umständen zu argen Verzögerungen
führen. Mit der sachgemäßer» Organisation müßte dann auch die Aufstellung
eines Stammkorps von tausend Mann Infanterie und Artillerie und sechshundert
Reitern verbunden werden.

Nach längerer Pause ist auch einmal wieder unser Verhältnis zu Frank¬
reich, richtiger das Verhältnis Frankreichs zu Deutschland, in etwas andrer Be¬
leuchtung erschienen, als es in den letzten Jahren anläßlich der verschiedentlicher
Austausche von Höflichkeitserweisen der Fall war. Auch wenn man ohne weiteres
zugeben will, daß die Attacke der französischen Nationalisten, der die Ausweisung
des Pfarrers Delsor zum Vorwande gedient hat, mehr dem Ministerium Combes
als Deutschland gegolten hat, so steht man doch der lehrreichen Zahl von 295
gegen 243 Stimmen gegenüber. Sie sagt, daß in der französischen Deputierten¬
kammer am 22. Januar nur eine Mehrheit von 52 Stimmen vorhanden war, die
Bedenken trug, mit dem elsässischen Feuer zu spielen. Nun braucht man freilich noch
nicht zu glauben, daß wenn die nationalistischen Schreier in Frankreich an das
Ruder kämen, die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich sofort einen
ernstern Charakter annehmen würden. Aber es läßt sich doch nicht verkennen, daß
sich diese Partei diesesmal durch ein ungewöhnliches Maß von Unverschämtheit,
Unverschämtheit nicht gegen die eigne Negierung, sondern gegen Deutschland, fest¬
gelegt und damit einen Standpunkt eingenommen hat, von dem sie nicht so leicht
wieder herunter kann.

Die radikalen Republikaner haben einen Pfarrer ausgewiesen, wie ehedem
Herr Meliue unter dem Beifall desselben Herrn Ribot, der sich jetzt ganz besonders
als Mundstück „der Seele Frankreichs" gab, den Sozialdemokratin! Buch aus¬
gewiesen hat, beide Elsässer und beide deutsche Reichstagsabgeordnete. Würden
die Behörden in Elsaß-Lothringen Mitglieder der Pariser Deputiertenkammer aus¬
weisen, die sich im Lande lästig machten, so würde drüben ein gewaltiger Lärm
darüber entstehn, während wir hüben stets ziemlich ruhig dabei bleiben und es
auch bleiben können, wenn die Franzosen Elsässer. und obenein gewählte elsässisch^
Abgeordnete, aus dem Lande jagen. Herr Combes hat mit großer Geschicklichkeit
ans das Beispiel seines Angreifers verwiesen, der selbst als Minister zwei Elsässer
ausgewiesen und sich dabei der Formel „deutscher Untertan" bedient hat, und dabei
zugleich deu Angriff des internationalen Anstrichs zu entkleiden gesucht, der der
französischen Regierung leicht Schwierigkeiten schaffen konnte. Er nannte diesen
Angriff mit dem rechten Namen einen Stoß, der das Kabinett Combes zum Sturze
bringen sollte. Aber die französischen Nationalisten müssen entweder eine sehr h"he
Meinung von der Friedfertigkeit Deutschland haben, oder gewillt sein, der Gefahr


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[0254] Maßgebliches und Unmaßgebliches Schutz der Kolonien endlich eine geeignetere Organisation zu geben, indem man die „Schutztruppen" — eine an sich recht unschöne Bezeichnung — unter die Marine stellt. Ob und in welchem Zusammenhange mit der Marineinfanterie mag militärischer Erwägung vorbehalten bleiben. Sachlich richtiger wäre ja die Stellung unter das Kriegsministerium. Aber da stolpert man über das staatsrechtliche Bedenken, daß die „Kaiserlichen" Schutztruppen nicht unter das „Königlich" preußische Kriegsministerium gestellt sein dürfen. Das ist nicht einmal richtig, denn die „Kaiserliche" Gendarmerie in Elsaß-Lothringen steht doch auch unter dem „Königlich" preußischen Kriegsminister, und ihr Offizierkorps unter dem Königlich preußischen Militärkabinett. Nach dieser Analogie können doch auch die „Schutztruppen" der Armeeverwaltung untergeordnet werden, die für ihre Rekrutierung und Bewaffnung sorgen, ihnen Offiziere, Ärzte usw. liefern muß und jedenfalls damit viel mehr zu tuu hat als die davon völlig unberührte Marine. Die geeignete Instanz wäre das Generalkommando des neunten Armeekorps (Altona). Sollte diese Frage nicht endlich einmal im Reichstage angeschnitten werden? So wie gegenwärtig, wo Armee und Marine, Generalstab und Admiralstab nötig sind, tausend Mann nach Afrika zu werfen, und doch keine einheitlich leitende Behörde vorhanden ist, kann die Sache nicht bleiben. Das könnte uuter Umständen zu argen Verzögerungen führen. Mit der sachgemäßer» Organisation müßte dann auch die Aufstellung eines Stammkorps von tausend Mann Infanterie und Artillerie und sechshundert Reitern verbunden werden. Nach längerer Pause ist auch einmal wieder unser Verhältnis zu Frank¬ reich, richtiger das Verhältnis Frankreichs zu Deutschland, in etwas andrer Be¬ leuchtung erschienen, als es in den letzten Jahren anläßlich der verschiedentlicher Austausche von Höflichkeitserweisen der Fall war. Auch wenn man ohne weiteres zugeben will, daß die Attacke der französischen Nationalisten, der die Ausweisung des Pfarrers Delsor zum Vorwande gedient hat, mehr dem Ministerium Combes als Deutschland gegolten hat, so steht man doch der lehrreichen Zahl von 295 gegen 243 Stimmen gegenüber. Sie sagt, daß in der französischen Deputierten¬ kammer am 22. Januar nur eine Mehrheit von 52 Stimmen vorhanden war, die Bedenken trug, mit dem elsässischen Feuer zu spielen. Nun braucht man freilich noch nicht zu glauben, daß wenn die nationalistischen Schreier in Frankreich an das Ruder kämen, die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich sofort einen ernstern Charakter annehmen würden. Aber es läßt sich doch nicht verkennen, daß sich diese Partei diesesmal durch ein ungewöhnliches Maß von Unverschämtheit, Unverschämtheit nicht gegen die eigne Negierung, sondern gegen Deutschland, fest¬ gelegt und damit einen Standpunkt eingenommen hat, von dem sie nicht so leicht wieder herunter kann. Die radikalen Republikaner haben einen Pfarrer ausgewiesen, wie ehedem Herr Meliue unter dem Beifall desselben Herrn Ribot, der sich jetzt ganz besonders als Mundstück „der Seele Frankreichs" gab, den Sozialdemokratin! Buch aus¬ gewiesen hat, beide Elsässer und beide deutsche Reichstagsabgeordnete. Würden die Behörden in Elsaß-Lothringen Mitglieder der Pariser Deputiertenkammer aus¬ weisen, die sich im Lande lästig machten, so würde drüben ein gewaltiger Lärm darüber entstehn, während wir hüben stets ziemlich ruhig dabei bleiben und es auch bleiben können, wenn die Franzosen Elsässer. und obenein gewählte elsässisch^ Abgeordnete, aus dem Lande jagen. Herr Combes hat mit großer Geschicklichkeit ans das Beispiel seines Angreifers verwiesen, der selbst als Minister zwei Elsässer ausgewiesen und sich dabei der Formel „deutscher Untertan" bedient hat, und dabei zugleich deu Angriff des internationalen Anstrichs zu entkleiden gesucht, der der französischen Regierung leicht Schwierigkeiten schaffen konnte. Er nannte diesen Angriff mit dem rechten Namen einen Stoß, der das Kabinett Combes zum Sturze bringen sollte. Aber die französischen Nationalisten müssen entweder eine sehr h"he Meinung von der Friedfertigkeit Deutschland haben, oder gewillt sein, der Gefahr

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_292796/254>, abgerufen am 22.07.2024.