Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Wanderungen in der Niederlausitz

Terrasse, die Brunnen im Hofe des Cosellschen Palais hinter der Frauenkirche
und im Hofe des Harmoniegebändes in Dresden, die Statuen des Amor und des
Apollo in den Auszennischen des Sommerspeisesaals in Wörlitz --, füllte den ganzen
Garten mit heitern Göttergestalten, die uns trotz der Schäden, die der Sandstein
im Laufe von anderthalb Jahrhunderten erlitten hat, doch noch einen Begriff von
dem Schönheitsideal ihres Urhebers erwecken.

Ich weiß wohl, daß über die ganze Kunst dieser Zeit von Johann Joachim
Winkelmann und seinen Nachfolgern sehr absprechende und gewiß nicht unverdiente
Urteile gefällt worden sind. Die Bildhauer des achtzehnten Jahrhunderts sahen
in dem Italiener Bernini (1598 bis 1680) ihr Vorbild, als dessen Eigentümlich¬
keit man zweierlei bezeichnen kann: höchste Virtuosität in der Behandlung des
Marmors und die gezierte Grazie des Theaters in den Stellungen. Es ist das
unsterbliche Verdienst Winkelmnnns, dieser Manier gegenüber "die edle Einfalt und
stille Größe" der griechischen Bildwerke als neues Kunstideal aufgestellt zu haben.
Sein Biograph Karl Justi (I, S. 269 f.) fällt über die Bildhauer des achtzehnten
Jahrhunderts folgendes elegant formulierte Urteil: "In ihren Werken zeigte sich
die bekannte Virtuosität der Technik, welche die widerstrebendsten Gegenstände mit
spielender Leichtigkeit auf den Marmor übertrug und in der Widergabe der morbi-
s"W des Fleisches oder vielmehr der Haut eine fast illusorische Naturwahrheit er¬
reichte. Die Oberfläche dieser Marmorkörpcr scheint wirklich die Nachgiebigkeit und
den Flaum, ja den Jnkarnat und die in jedem Moment spielende Elastizität des
Lebens zu haben. Diese modernen Pygmalionen haben wirklich, wie ihnen zahl¬
lose trunkne Betrachter und Dichter nachrühmen, dem Stein seine Starrheit und
Kälte genommen . . . Aber sie haben auch die plastische Nacktheit ihres keuschen
griechischen Adels entkleidet; es ist nun nicht mehr die Nacktheit, deren Gewand
die Schönheit ist. Ihr Marmor glüht nicht von dem himmlischen Feuer des
Prometheus, sondern von der "Wollust der Oberfläche" ... Die Griechen heiligten
den Marmor zur Apotheose der Schönheit, diese haben ihn entweiht zur Apotheose
des Fleisches."

Dieses Urteil geht wohl unes beiden Seiten etwas zu weit: es gilt nur für
die erste Blütezeit der griechischen Kunst, nicht für die alexandrinische, du? eine
starke Verwandtschaft mit der Kunst des Rokoko zeigt, und andrerseits wird c
doch auch den deutschen Bildhauern der Zeit Winkelmanns nicht völlig gerecht.
Justis Urteil trifft gewiß die Algardi. Corradiui, Coudray. Permoser. die Meister
jeuer 150 Marmorgruppen, mit denen Angust der Starke den Großen Garten
schmückte, und ähnlicher Werke, die "räuberische Entführungen und zärtliche Heim¬
suchungen" darstellen, doch so, daß man den Eindruck hat, die Götter seien "ans
den hellen, stillen Höhen des Olymp etwas heruntergefallen in die Sphäre der
Kulissen, der Boudoirs, der Alkoven" - aber es gab auch Bildhauer die von dieser
Manier etwas abseits standen, zu ihnen gehört Knöffler. Seine Altdoberner Bild¬
werke, ebenso seine Wörlitzer Statuen haben zumeist einen einfachern und ruhigern
Ausdruck, als man es damals gewöhnt war. Jene stammen aus dem Jahre 17o-i,
diese aus noch späterer Zeit. Winkelmanns Schrift "Gedanken über die Nach¬
ahmung griechischer Werke" war zu Pfingsten 1754 erschienen und war damals
das Tagesgespräch in allen künstlerisch interessierten Kreisen. Sie kann sehr wohl
auf Knöffler eingewirkt haben, doch war er wohl auch von Haus aus der theatra¬
lischen Gespreiztheit in Stellung und Ausdruck weniger zugetan.

Es ist mir zweifelhaft, ob alle in Altdöbern erhaltnen Bildwerke wirklich von
Knöffler herrühren. Die ausdruckslose Dinua und der plumphändige Apollo zu
beiden Seiten der zum Schlosse führenden Allee sind im günstigsten Falle Arbeiten
eines Gehilfen aus Kuöfflers Atelier, oder sie stammen noch ans der Eickstedtschen
Zeit des Schlosses, überdies waren sie sehr beschädigt und mußten deshalb bei der
letzten Wiederherstellung des Gartens stark ergänzt werden. Dagegen zeigt Knöffler
das Höchste, was er leisten konnte, in den entzückenden Gestalten der Venus und


Wanderungen in der Niederlausitz

Terrasse, die Brunnen im Hofe des Cosellschen Palais hinter der Frauenkirche
und im Hofe des Harmoniegebändes in Dresden, die Statuen des Amor und des
Apollo in den Auszennischen des Sommerspeisesaals in Wörlitz —, füllte den ganzen
Garten mit heitern Göttergestalten, die uns trotz der Schäden, die der Sandstein
im Laufe von anderthalb Jahrhunderten erlitten hat, doch noch einen Begriff von
dem Schönheitsideal ihres Urhebers erwecken.

Ich weiß wohl, daß über die ganze Kunst dieser Zeit von Johann Joachim
Winkelmann und seinen Nachfolgern sehr absprechende und gewiß nicht unverdiente
Urteile gefällt worden sind. Die Bildhauer des achtzehnten Jahrhunderts sahen
in dem Italiener Bernini (1598 bis 1680) ihr Vorbild, als dessen Eigentümlich¬
keit man zweierlei bezeichnen kann: höchste Virtuosität in der Behandlung des
Marmors und die gezierte Grazie des Theaters in den Stellungen. Es ist das
unsterbliche Verdienst Winkelmnnns, dieser Manier gegenüber „die edle Einfalt und
stille Größe" der griechischen Bildwerke als neues Kunstideal aufgestellt zu haben.
Sein Biograph Karl Justi (I, S. 269 f.) fällt über die Bildhauer des achtzehnten
Jahrhunderts folgendes elegant formulierte Urteil: „In ihren Werken zeigte sich
die bekannte Virtuosität der Technik, welche die widerstrebendsten Gegenstände mit
spielender Leichtigkeit auf den Marmor übertrug und in der Widergabe der morbi-
s«W des Fleisches oder vielmehr der Haut eine fast illusorische Naturwahrheit er¬
reichte. Die Oberfläche dieser Marmorkörpcr scheint wirklich die Nachgiebigkeit und
den Flaum, ja den Jnkarnat und die in jedem Moment spielende Elastizität des
Lebens zu haben. Diese modernen Pygmalionen haben wirklich, wie ihnen zahl¬
lose trunkne Betrachter und Dichter nachrühmen, dem Stein seine Starrheit und
Kälte genommen . . . Aber sie haben auch die plastische Nacktheit ihres keuschen
griechischen Adels entkleidet; es ist nun nicht mehr die Nacktheit, deren Gewand
die Schönheit ist. Ihr Marmor glüht nicht von dem himmlischen Feuer des
Prometheus, sondern von der »Wollust der Oberfläche« ... Die Griechen heiligten
den Marmor zur Apotheose der Schönheit, diese haben ihn entweiht zur Apotheose
des Fleisches."

Dieses Urteil geht wohl unes beiden Seiten etwas zu weit: es gilt nur für
die erste Blütezeit der griechischen Kunst, nicht für die alexandrinische, du? eine
starke Verwandtschaft mit der Kunst des Rokoko zeigt, und andrerseits wird c
doch auch den deutschen Bildhauern der Zeit Winkelmanns nicht völlig gerecht.
Justis Urteil trifft gewiß die Algardi. Corradiui, Coudray. Permoser. die Meister
jeuer 150 Marmorgruppen, mit denen Angust der Starke den Großen Garten
schmückte, und ähnlicher Werke, die „räuberische Entführungen und zärtliche Heim¬
suchungen" darstellen, doch so, daß man den Eindruck hat, die Götter seien „ans
den hellen, stillen Höhen des Olymp etwas heruntergefallen in die Sphäre der
Kulissen, der Boudoirs, der Alkoven" - aber es gab auch Bildhauer die von dieser
Manier etwas abseits standen, zu ihnen gehört Knöffler. Seine Altdoberner Bild¬
werke, ebenso seine Wörlitzer Statuen haben zumeist einen einfachern und ruhigern
Ausdruck, als man es damals gewöhnt war. Jene stammen aus dem Jahre 17o-i,
diese aus noch späterer Zeit. Winkelmanns Schrift „Gedanken über die Nach¬
ahmung griechischer Werke" war zu Pfingsten 1754 erschienen und war damals
das Tagesgespräch in allen künstlerisch interessierten Kreisen. Sie kann sehr wohl
auf Knöffler eingewirkt haben, doch war er wohl auch von Haus aus der theatra¬
lischen Gespreiztheit in Stellung und Ausdruck weniger zugetan.

Es ist mir zweifelhaft, ob alle in Altdöbern erhaltnen Bildwerke wirklich von
Knöffler herrühren. Die ausdruckslose Dinua und der plumphändige Apollo zu
beiden Seiten der zum Schlosse führenden Allee sind im günstigsten Falle Arbeiten
eines Gehilfen aus Kuöfflers Atelier, oder sie stammen noch ans der Eickstedtschen
Zeit des Schlosses, überdies waren sie sehr beschädigt und mußten deshalb bei der
letzten Wiederherstellung des Gartens stark ergänzt werden. Dagegen zeigt Knöffler
das Höchste, was er leisten konnte, in den entzückenden Gestalten der Venus und


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0591" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/242661"/>
          <fw type="header" place="top"> Wanderungen in der Niederlausitz</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2160" prev="#ID_2159"> Terrasse, die Brunnen im Hofe des Cosellschen Palais hinter der Frauenkirche<lb/>
und im Hofe des Harmoniegebändes in Dresden, die Statuen des Amor und des<lb/>
Apollo in den Auszennischen des Sommerspeisesaals in Wörlitz &#x2014;, füllte den ganzen<lb/>
Garten mit heitern Göttergestalten, die uns trotz der Schäden, die der Sandstein<lb/>
im Laufe von anderthalb Jahrhunderten erlitten hat, doch noch einen Begriff von<lb/>
dem Schönheitsideal ihres Urhebers erwecken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2161"> Ich weiß wohl, daß über die ganze Kunst dieser Zeit von Johann Joachim<lb/>
Winkelmann und seinen Nachfolgern sehr absprechende und gewiß nicht unverdiente<lb/>
Urteile gefällt worden sind. Die Bildhauer des achtzehnten Jahrhunderts sahen<lb/>
in dem Italiener Bernini (1598 bis 1680) ihr Vorbild, als dessen Eigentümlich¬<lb/>
keit man zweierlei bezeichnen kann: höchste Virtuosität in der Behandlung des<lb/>
Marmors und die gezierte Grazie des Theaters in den Stellungen. Es ist das<lb/>
unsterbliche Verdienst Winkelmnnns, dieser Manier gegenüber &#x201E;die edle Einfalt und<lb/>
stille Größe" der griechischen Bildwerke als neues Kunstideal aufgestellt zu haben.<lb/>
Sein Biograph Karl Justi (I, S. 269 f.) fällt über die Bildhauer des achtzehnten<lb/>
Jahrhunderts folgendes elegant formulierte Urteil: &#x201E;In ihren Werken zeigte sich<lb/>
die bekannte Virtuosität der Technik, welche die widerstrebendsten Gegenstände mit<lb/>
spielender Leichtigkeit auf den Marmor übertrug und in der Widergabe der morbi-<lb/>
s«W des Fleisches oder vielmehr der Haut eine fast illusorische Naturwahrheit er¬<lb/>
reichte. Die Oberfläche dieser Marmorkörpcr scheint wirklich die Nachgiebigkeit und<lb/>
den Flaum, ja den Jnkarnat und die in jedem Moment spielende Elastizität des<lb/>
Lebens zu haben. Diese modernen Pygmalionen haben wirklich, wie ihnen zahl¬<lb/>
lose trunkne Betrachter und Dichter nachrühmen, dem Stein seine Starrheit und<lb/>
Kälte genommen . . . Aber sie haben auch die plastische Nacktheit ihres keuschen<lb/>
griechischen Adels entkleidet; es ist nun nicht mehr die Nacktheit, deren Gewand<lb/>
die Schönheit ist. Ihr Marmor glüht nicht von dem himmlischen Feuer des<lb/>
Prometheus, sondern von der »Wollust der Oberfläche« ... Die Griechen heiligten<lb/>
den Marmor zur Apotheose der Schönheit, diese haben ihn entweiht zur Apotheose<lb/>
des Fleisches."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2162"> Dieses Urteil geht wohl unes beiden Seiten etwas zu weit: es gilt nur für<lb/>
die erste Blütezeit der griechischen Kunst, nicht für die alexandrinische, du? eine<lb/>
starke Verwandtschaft mit der Kunst des Rokoko zeigt, und andrerseits wird c<lb/>
doch auch den deutschen Bildhauern der Zeit Winkelmanns nicht völlig gerecht.<lb/>
Justis Urteil trifft gewiß die Algardi. Corradiui, Coudray. Permoser. die Meister<lb/>
jeuer 150 Marmorgruppen, mit denen Angust der Starke den Großen Garten<lb/>
schmückte, und ähnlicher Werke, die &#x201E;räuberische Entführungen und zärtliche Heim¬<lb/>
suchungen" darstellen, doch so, daß man den Eindruck hat, die Götter seien &#x201E;ans<lb/>
den hellen, stillen Höhen des Olymp etwas heruntergefallen in die Sphäre der<lb/>
Kulissen, der Boudoirs, der Alkoven" - aber es gab auch Bildhauer die von dieser<lb/>
Manier etwas abseits standen, zu ihnen gehört Knöffler. Seine Altdoberner Bild¬<lb/>
werke, ebenso seine Wörlitzer Statuen haben zumeist einen einfachern und ruhigern<lb/>
Ausdruck, als man es damals gewöhnt war. Jene stammen aus dem Jahre 17o-i,<lb/>
diese aus noch späterer Zeit. Winkelmanns Schrift &#x201E;Gedanken über die Nach¬<lb/>
ahmung griechischer Werke" war zu Pfingsten 1754 erschienen und war damals<lb/>
das Tagesgespräch in allen künstlerisch interessierten Kreisen. Sie kann sehr wohl<lb/>
auf Knöffler eingewirkt haben, doch war er wohl auch von Haus aus der theatra¬<lb/>
lischen Gespreiztheit in Stellung und Ausdruck weniger zugetan.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2163" next="#ID_2164"> Es ist mir zweifelhaft, ob alle in Altdöbern erhaltnen Bildwerke wirklich von<lb/>
Knöffler herrühren. Die ausdruckslose Dinua und der plumphändige Apollo zu<lb/>
beiden Seiten der zum Schlosse führenden Allee sind im günstigsten Falle Arbeiten<lb/>
eines Gehilfen aus Kuöfflers Atelier, oder sie stammen noch ans der Eickstedtschen<lb/>
Zeit des Schlosses, überdies waren sie sehr beschädigt und mußten deshalb bei der<lb/>
letzten Wiederherstellung des Gartens stark ergänzt werden. Dagegen zeigt Knöffler<lb/>
das Höchste, was er leisten konnte, in den entzückenden Gestalten der Venus und</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0591] Wanderungen in der Niederlausitz Terrasse, die Brunnen im Hofe des Cosellschen Palais hinter der Frauenkirche und im Hofe des Harmoniegebändes in Dresden, die Statuen des Amor und des Apollo in den Auszennischen des Sommerspeisesaals in Wörlitz —, füllte den ganzen Garten mit heitern Göttergestalten, die uns trotz der Schäden, die der Sandstein im Laufe von anderthalb Jahrhunderten erlitten hat, doch noch einen Begriff von dem Schönheitsideal ihres Urhebers erwecken. Ich weiß wohl, daß über die ganze Kunst dieser Zeit von Johann Joachim Winkelmann und seinen Nachfolgern sehr absprechende und gewiß nicht unverdiente Urteile gefällt worden sind. Die Bildhauer des achtzehnten Jahrhunderts sahen in dem Italiener Bernini (1598 bis 1680) ihr Vorbild, als dessen Eigentümlich¬ keit man zweierlei bezeichnen kann: höchste Virtuosität in der Behandlung des Marmors und die gezierte Grazie des Theaters in den Stellungen. Es ist das unsterbliche Verdienst Winkelmnnns, dieser Manier gegenüber „die edle Einfalt und stille Größe" der griechischen Bildwerke als neues Kunstideal aufgestellt zu haben. Sein Biograph Karl Justi (I, S. 269 f.) fällt über die Bildhauer des achtzehnten Jahrhunderts folgendes elegant formulierte Urteil: „In ihren Werken zeigte sich die bekannte Virtuosität der Technik, welche die widerstrebendsten Gegenstände mit spielender Leichtigkeit auf den Marmor übertrug und in der Widergabe der morbi- s«W des Fleisches oder vielmehr der Haut eine fast illusorische Naturwahrheit er¬ reichte. Die Oberfläche dieser Marmorkörpcr scheint wirklich die Nachgiebigkeit und den Flaum, ja den Jnkarnat und die in jedem Moment spielende Elastizität des Lebens zu haben. Diese modernen Pygmalionen haben wirklich, wie ihnen zahl¬ lose trunkne Betrachter und Dichter nachrühmen, dem Stein seine Starrheit und Kälte genommen . . . Aber sie haben auch die plastische Nacktheit ihres keuschen griechischen Adels entkleidet; es ist nun nicht mehr die Nacktheit, deren Gewand die Schönheit ist. Ihr Marmor glüht nicht von dem himmlischen Feuer des Prometheus, sondern von der »Wollust der Oberfläche« ... Die Griechen heiligten den Marmor zur Apotheose der Schönheit, diese haben ihn entweiht zur Apotheose des Fleisches." Dieses Urteil geht wohl unes beiden Seiten etwas zu weit: es gilt nur für die erste Blütezeit der griechischen Kunst, nicht für die alexandrinische, du? eine starke Verwandtschaft mit der Kunst des Rokoko zeigt, und andrerseits wird c doch auch den deutschen Bildhauern der Zeit Winkelmanns nicht völlig gerecht. Justis Urteil trifft gewiß die Algardi. Corradiui, Coudray. Permoser. die Meister jeuer 150 Marmorgruppen, mit denen Angust der Starke den Großen Garten schmückte, und ähnlicher Werke, die „räuberische Entführungen und zärtliche Heim¬ suchungen" darstellen, doch so, daß man den Eindruck hat, die Götter seien „ans den hellen, stillen Höhen des Olymp etwas heruntergefallen in die Sphäre der Kulissen, der Boudoirs, der Alkoven" - aber es gab auch Bildhauer die von dieser Manier etwas abseits standen, zu ihnen gehört Knöffler. Seine Altdoberner Bild¬ werke, ebenso seine Wörlitzer Statuen haben zumeist einen einfachern und ruhigern Ausdruck, als man es damals gewöhnt war. Jene stammen aus dem Jahre 17o-i, diese aus noch späterer Zeit. Winkelmanns Schrift „Gedanken über die Nach¬ ahmung griechischer Werke" war zu Pfingsten 1754 erschienen und war damals das Tagesgespräch in allen künstlerisch interessierten Kreisen. Sie kann sehr wohl auf Knöffler eingewirkt haben, doch war er wohl auch von Haus aus der theatra¬ lischen Gespreiztheit in Stellung und Ausdruck weniger zugetan. Es ist mir zweifelhaft, ob alle in Altdöbern erhaltnen Bildwerke wirklich von Knöffler herrühren. Die ausdruckslose Dinua und der plumphändige Apollo zu beiden Seiten der zum Schlosse führenden Allee sind im günstigsten Falle Arbeiten eines Gehilfen aus Kuöfflers Atelier, oder sie stammen noch ans der Eickstedtschen Zeit des Schlosses, überdies waren sie sehr beschädigt und mußten deshalb bei der letzten Wiederherstellung des Gartens stark ergänzt werden. Dagegen zeigt Knöffler das Höchste, was er leisten konnte, in den entzückenden Gestalten der Venus und

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/591
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/591>, abgerufen am 22.07.2024.