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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Zwei Seelen

diese jedoch den Schatz heben wollten, sunt sich außer wenig barem Gelde und
den verbrauchten Möbeln nichts weiter vor. worüber dann ein großer Lärm entstand,
der zur Folge hatte, daß sich das Gericht der schmutzigen Geschichte annahm und
nach mühsamem Forschen herausbrachte, daß die goldnen Eier der Seligen in der
Küche Ostroths verbacken waren. So wurde er also wegen dieser eigenmächtigen
Besitzergreifung eines fremden Gutes und wegen andrer übeln Dinge, die von dem¬
selben Haken ans Licht emporgezogen wurden, auf einige Jahre zur Besserung ins
Zuchthaus geschickt. Als er entlassen war, breitete er wie ein aus dem Käfig frei¬
gelassener Vogel zuerst unschlüssig die Flügel und ließ sich von dem gerade wehenden
Winde tragen, bis er endlich über die Richtung, die er nunmehr einschlagen müsse,
im klaren war und sie nun auch trotz aller Hindernisse, die man ihm bereitete,
und aller Netze, in denen man ihn zu fange" suchte, mit der Hartnäckigkeit eines
ausgereiften Charakters verfolgte. Er gehörte also zu der Gattung von Menschen
deren Treiben ich die letzten Wochen mit vielem Eiser beobachtet hatte, uur daß
er seine Räubereien im großen betrieb und verächtlich auf die Fliegenschnäpper
hinuntersah. Die erbrachen wohl einen Bodenraum und wühlten in den Kisten
eines armen Dienstmädchens herum. Solche Dinge würde Ostrvth als verächtlich
bezeichnet haben, dagegen hielt er es sür rühmlich, die Vorräte eiues großen
Kaufmannshauses, eines Geschmeidehäudlcrs oder den Kasseuschrank eiues Rentners
einer Untersuchung zu unterwerfen. Ostroth war verheiratet, lebte jedoch in un-
glücklicher Ehe, weil sein Weib, aus einem ehrbaren Hause stammend und mit
Zähigkeit an deu altväterischen Anschauungen, in denen sie erzogen war, festhaltend,
ohne' Verständnis für seine Große war, vielmehr ihres Mannes Lebensgang, soweit
sie ihn verstand, mit Angst und Entsetzen verfolgte. Dagegen war Laurette als
eine wackre Tochter ihrem Vnder treulich durch dick und dünn nachgefolgt und
ihm eine wertvolle Hilfe geworden, indem sie mit dem Scheine ihrer Schönheit
reiche Menschen an sich lockte, aus ihnen hernuspreßte, was sich die Liebestollheit
gefallen ließ, und wenn der Verstand wiederkehrte, ihrem Vater die Gelegenheit
wies, dem ernüchterten Liebhaber noch etwas stärker zur Ader zu lassen. Dieses
Geschäft hatten sie nun einige Jahre mit mehr oder weniger Glück betrieben, wobei
es freilich nicht gänzlich an bedenklichen Situationen gefehlt hatte, im ganzen aber
"lief nach Wunsch verlaufen war.

Als weiterer Teilnehmer an diesem Geschäft ist ein vormaliger Schlossermeister
SU nennen, ehedem gleichfalls ein braver und angesehener Mann, der von einer
Schwindlergesellschaft um Hab und Gi-t betrogen, und als ihm das Wasser über
den Kopf ging, von einer andern Gauuergescllschaft auf die schiefe Bahn gelockt
worden war. Er saß fast den ganzen Abend still und in sich gekehrt am Tisch, immer
trinkend, und brachte es bei dem hübscheste,, Scherz höchstens zu einen, halben Lächeln.
Während die andern ihre Spaße machten, sah er vielmehr unter sich und hielt
de" Kopf gestützt, ein Träumer und schwermütiger Mensch. Derselbe Mann war
jedoch ein andrer, wenn er auf einen, Raubzug war; dann reckte sich seine Gestalt
empor, seiue Hand zitterte nicht mehr, und über seinem sympathischen, aber von
Leideuschnfteu zerrissenen Gesicht lag eine friedliche Ruhe und eine ruhige Freude,
wie wenn er sich im Nachglanze seiner frühern ehrlichen Kunst sonne. Ein fernerer
^"se um unserm Gelage war ein ehemaliger Hausdiener, der sich aus seiner gute,,
Zeit ein biederes und' ansprechendes Antlitz gerettet hatte, mit dem er ohne Miß-
rauen zu erregen allenthalben eintreten und die Gelegenheit zu einem gewinn-
verwrechcnden Unternehmen ausspionieren konnte. Bei der Ausführung selbst spielte
" nur eine nebensächliche Rolle, indem er Aufpasscrdieuste leistete, wenn es em-
">al auf Kräfte ankam, dazwischen sprang und die schwersten Dinge auf seinem
>"'ekelt davon schleppte. Heinemann hatte einen ähnlichen Posten wie die Laurette
'weruvn.men. Er suchte sich ein die goldne Jugend heranzudrängen, fraternisierte
''"t reiche Bekanntschaften und benutzte sein geübtes Auge dazu, die Behältnisse
"Uszuspüren, in denen Dinge, die des Suchens wert waren, aufbewahrt wurden.


Zwei Seelen

diese jedoch den Schatz heben wollten, sunt sich außer wenig barem Gelde und
den verbrauchten Möbeln nichts weiter vor. worüber dann ein großer Lärm entstand,
der zur Folge hatte, daß sich das Gericht der schmutzigen Geschichte annahm und
nach mühsamem Forschen herausbrachte, daß die goldnen Eier der Seligen in der
Küche Ostroths verbacken waren. So wurde er also wegen dieser eigenmächtigen
Besitzergreifung eines fremden Gutes und wegen andrer übeln Dinge, die von dem¬
selben Haken ans Licht emporgezogen wurden, auf einige Jahre zur Besserung ins
Zuchthaus geschickt. Als er entlassen war, breitete er wie ein aus dem Käfig frei¬
gelassener Vogel zuerst unschlüssig die Flügel und ließ sich von dem gerade wehenden
Winde tragen, bis er endlich über die Richtung, die er nunmehr einschlagen müsse,
im klaren war und sie nun auch trotz aller Hindernisse, die man ihm bereitete,
und aller Netze, in denen man ihn zu fange» suchte, mit der Hartnäckigkeit eines
ausgereiften Charakters verfolgte. Er gehörte also zu der Gattung von Menschen
deren Treiben ich die letzten Wochen mit vielem Eiser beobachtet hatte, uur daß
er seine Räubereien im großen betrieb und verächtlich auf die Fliegenschnäpper
hinuntersah. Die erbrachen wohl einen Bodenraum und wühlten in den Kisten
eines armen Dienstmädchens herum. Solche Dinge würde Ostrvth als verächtlich
bezeichnet haben, dagegen hielt er es sür rühmlich, die Vorräte eiues großen
Kaufmannshauses, eines Geschmeidehäudlcrs oder den Kasseuschrank eiues Rentners
einer Untersuchung zu unterwerfen. Ostroth war verheiratet, lebte jedoch in un-
glücklicher Ehe, weil sein Weib, aus einem ehrbaren Hause stammend und mit
Zähigkeit an deu altväterischen Anschauungen, in denen sie erzogen war, festhaltend,
ohne' Verständnis für seine Große war, vielmehr ihres Mannes Lebensgang, soweit
sie ihn verstand, mit Angst und Entsetzen verfolgte. Dagegen war Laurette als
eine wackre Tochter ihrem Vnder treulich durch dick und dünn nachgefolgt und
ihm eine wertvolle Hilfe geworden, indem sie mit dem Scheine ihrer Schönheit
reiche Menschen an sich lockte, aus ihnen hernuspreßte, was sich die Liebestollheit
gefallen ließ, und wenn der Verstand wiederkehrte, ihrem Vater die Gelegenheit
wies, dem ernüchterten Liebhaber noch etwas stärker zur Ader zu lassen. Dieses
Geschäft hatten sie nun einige Jahre mit mehr oder weniger Glück betrieben, wobei
es freilich nicht gänzlich an bedenklichen Situationen gefehlt hatte, im ganzen aber
"lief nach Wunsch verlaufen war.

Als weiterer Teilnehmer an diesem Geschäft ist ein vormaliger Schlossermeister
SU nennen, ehedem gleichfalls ein braver und angesehener Mann, der von einer
Schwindlergesellschaft um Hab und Gi-t betrogen, und als ihm das Wasser über
den Kopf ging, von einer andern Gauuergescllschaft auf die schiefe Bahn gelockt
worden war. Er saß fast den ganzen Abend still und in sich gekehrt am Tisch, immer
trinkend, und brachte es bei dem hübscheste,, Scherz höchstens zu einen, halben Lächeln.
Während die andern ihre Spaße machten, sah er vielmehr unter sich und hielt
de» Kopf gestützt, ein Träumer und schwermütiger Mensch. Derselbe Mann war
jedoch ein andrer, wenn er auf einen, Raubzug war; dann reckte sich seine Gestalt
empor, seiue Hand zitterte nicht mehr, und über seinem sympathischen, aber von
Leideuschnfteu zerrissenen Gesicht lag eine friedliche Ruhe und eine ruhige Freude,
wie wenn er sich im Nachglanze seiner frühern ehrlichen Kunst sonne. Ein fernerer
^"se um unserm Gelage war ein ehemaliger Hausdiener, der sich aus seiner gute,,
Zeit ein biederes und' ansprechendes Antlitz gerettet hatte, mit dem er ohne Miß-
rauen zu erregen allenthalben eintreten und die Gelegenheit zu einem gewinn-
verwrechcnden Unternehmen ausspionieren konnte. Bei der Ausführung selbst spielte
" nur eine nebensächliche Rolle, indem er Aufpasscrdieuste leistete, wenn es em-
">al auf Kräfte ankam, dazwischen sprang und die schwersten Dinge auf seinem
>"'ekelt davon schleppte. Heinemann hatte einen ähnlichen Posten wie die Laurette
'weruvn.men. Er suchte sich ein die goldne Jugend heranzudrängen, fraternisierte
''"t reiche Bekanntschaften und benutzte sein geübtes Auge dazu, die Behältnisse
"Uszuspüren, in denen Dinge, die des Suchens wert waren, aufbewahrt wurden.


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[0459] Zwei Seelen diese jedoch den Schatz heben wollten, sunt sich außer wenig barem Gelde und den verbrauchten Möbeln nichts weiter vor. worüber dann ein großer Lärm entstand, der zur Folge hatte, daß sich das Gericht der schmutzigen Geschichte annahm und nach mühsamem Forschen herausbrachte, daß die goldnen Eier der Seligen in der Küche Ostroths verbacken waren. So wurde er also wegen dieser eigenmächtigen Besitzergreifung eines fremden Gutes und wegen andrer übeln Dinge, die von dem¬ selben Haken ans Licht emporgezogen wurden, auf einige Jahre zur Besserung ins Zuchthaus geschickt. Als er entlassen war, breitete er wie ein aus dem Käfig frei¬ gelassener Vogel zuerst unschlüssig die Flügel und ließ sich von dem gerade wehenden Winde tragen, bis er endlich über die Richtung, die er nunmehr einschlagen müsse, im klaren war und sie nun auch trotz aller Hindernisse, die man ihm bereitete, und aller Netze, in denen man ihn zu fange» suchte, mit der Hartnäckigkeit eines ausgereiften Charakters verfolgte. Er gehörte also zu der Gattung von Menschen deren Treiben ich die letzten Wochen mit vielem Eiser beobachtet hatte, uur daß er seine Räubereien im großen betrieb und verächtlich auf die Fliegenschnäpper hinuntersah. Die erbrachen wohl einen Bodenraum und wühlten in den Kisten eines armen Dienstmädchens herum. Solche Dinge würde Ostrvth als verächtlich bezeichnet haben, dagegen hielt er es sür rühmlich, die Vorräte eiues großen Kaufmannshauses, eines Geschmeidehäudlcrs oder den Kasseuschrank eiues Rentners einer Untersuchung zu unterwerfen. Ostroth war verheiratet, lebte jedoch in un- glücklicher Ehe, weil sein Weib, aus einem ehrbaren Hause stammend und mit Zähigkeit an deu altväterischen Anschauungen, in denen sie erzogen war, festhaltend, ohne' Verständnis für seine Große war, vielmehr ihres Mannes Lebensgang, soweit sie ihn verstand, mit Angst und Entsetzen verfolgte. Dagegen war Laurette als eine wackre Tochter ihrem Vnder treulich durch dick und dünn nachgefolgt und ihm eine wertvolle Hilfe geworden, indem sie mit dem Scheine ihrer Schönheit reiche Menschen an sich lockte, aus ihnen hernuspreßte, was sich die Liebestollheit gefallen ließ, und wenn der Verstand wiederkehrte, ihrem Vater die Gelegenheit wies, dem ernüchterten Liebhaber noch etwas stärker zur Ader zu lassen. Dieses Geschäft hatten sie nun einige Jahre mit mehr oder weniger Glück betrieben, wobei es freilich nicht gänzlich an bedenklichen Situationen gefehlt hatte, im ganzen aber "lief nach Wunsch verlaufen war. Als weiterer Teilnehmer an diesem Geschäft ist ein vormaliger Schlossermeister SU nennen, ehedem gleichfalls ein braver und angesehener Mann, der von einer Schwindlergesellschaft um Hab und Gi-t betrogen, und als ihm das Wasser über den Kopf ging, von einer andern Gauuergescllschaft auf die schiefe Bahn gelockt worden war. Er saß fast den ganzen Abend still und in sich gekehrt am Tisch, immer trinkend, und brachte es bei dem hübscheste,, Scherz höchstens zu einen, halben Lächeln. Während die andern ihre Spaße machten, sah er vielmehr unter sich und hielt de» Kopf gestützt, ein Träumer und schwermütiger Mensch. Derselbe Mann war jedoch ein andrer, wenn er auf einen, Raubzug war; dann reckte sich seine Gestalt empor, seiue Hand zitterte nicht mehr, und über seinem sympathischen, aber von Leideuschnfteu zerrissenen Gesicht lag eine friedliche Ruhe und eine ruhige Freude, wie wenn er sich im Nachglanze seiner frühern ehrlichen Kunst sonne. Ein fernerer ^"se um unserm Gelage war ein ehemaliger Hausdiener, der sich aus seiner gute,, Zeit ein biederes und' ansprechendes Antlitz gerettet hatte, mit dem er ohne Miß- rauen zu erregen allenthalben eintreten und die Gelegenheit zu einem gewinn- verwrechcnden Unternehmen ausspionieren konnte. Bei der Ausführung selbst spielte " nur eine nebensächliche Rolle, indem er Aufpasscrdieuste leistete, wenn es em- ">al auf Kräfte ankam, dazwischen sprang und die schwersten Dinge auf seinem >"'ekelt davon schleppte. Heinemann hatte einen ähnlichen Posten wie die Laurette 'weruvn.men. Er suchte sich ein die goldne Jugend heranzudrängen, fraternisierte ''"t reiche Bekanntschaften und benutzte sein geübtes Auge dazu, die Behältnisse "Uszuspüren, in denen Dinge, die des Suchens wert waren, aufbewahrt wurden.

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/459>, abgerufen am 22.07.2024.