Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches in Venezuela angeführt als Beweise von dem Wohlwollen des deutschen Kaisers Deshalb, meint der Verfasser, könne Amerika ruhig mit seinem Panamakanal und Zum Schlüsse versichert der Verfasser, daß wenn Amerika eine Flotte baue, Dabei enthielt eine Reihe von Nummern des Leiontine, Hiukrioan ausführliche, Zur Krisenlehre. N. E. May lehrt uns: Das Grundgesetz der Wirt¬ Der Besen und die Bürste. Es gibt viele Dinge, die wie die Dutzend¬ Maßgebliches und Unmaßgebliches in Venezuela angeführt als Beweise von dem Wohlwollen des deutschen Kaisers Deshalb, meint der Verfasser, könne Amerika ruhig mit seinem Panamakanal und Zum Schlüsse versichert der Verfasser, daß wenn Amerika eine Flotte baue, Dabei enthielt eine Reihe von Nummern des Leiontine, Hiukrioan ausführliche, Zur Krisenlehre. N. E. May lehrt uns: Das Grundgesetz der Wirt¬ Der Besen und die Bürste. Es gibt viele Dinge, die wie die Dutzend¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0062" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241276"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_248" prev="#ID_247"> in Venezuela angeführt als Beweise von dem Wohlwollen des deutschen Kaisers<lb/> und von seiner Anerkennung der Monroelehre. Nach der Erwähnung früherer Aus¬<lb/> sprüche des Kaisers, wie: „Der Wille des Königs ist das höchste Gesetz" usw., kommt<lb/> der Verfasser zu dem Schlüsse, daß der absolutistische Kaiser seine Hochachtung für die<lb/> Amerikaner an den Tag gelegt habe, und daß ein Zweifel an der Aufrichtigkeit seiner<lb/> Gesinnung für Amerika ein Majestätsverbrechen sei, das nicht verziehen werden könne.</p><lb/> <p xml:id="ID_249"> Deshalb, meint der Verfasser, könne Amerika ruhig mit seinem Panamakanal und<lb/> mit seinem Handel auf dem Stillen Ozean fortschreiten und seine Monroelehre anwenden<lb/> und dabei der herzlichen Wünsche seines guten Freundes Deutschland sicher sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_250"> Zum Schlüsse versichert der Verfasser, daß wenn Amerika eine Flotte baue,<lb/> so geschehe das keineswegs mit Mißtrauen gegen Deutschland. Amerika bereite sich<lb/> überhaupt nnr vor, daß es fechten könne, wenn es fechten müsse, um sich gegen<lb/> ungerechte Angriffe zu wehren. Wenn deshalb seine Werften von dem Lärm<lb/> fleißiger Arbeit bei dem Bau von Kriegsschiffen erdröhnten, so geschähe das und<lb/> wurde auch ferner geschehn, daß man auf alles gefaßt sei.'</p><lb/> <p xml:id="ID_251"> Dabei enthielt eine Reihe von Nummern des Leiontine, Hiukrioan ausführliche,<lb/> illustrierte Darstellungen eines Seekriegspiels. Gegner sind eine amerikanische<lb/> und eine deutsche Kriegsflotte.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Zur Krisenlehre. </head> <p xml:id="ID_252"> N. E. May lehrt uns: Das Grundgesetz der Wirt¬<lb/> schaftskrisen und ihr Vorbeugemittel im Zeitalter des Monopols (mit fünf Ta¬<lb/> bellen und einer Kurventafel; Berlin, Ferd. Dümmler, 1902). Sein Gesetz lautet:<lb/> „Eine Wirtschaftskrisis muß allemal dann entstehn, wenn die Verkaufspreise auf¬<lb/> hören, in fallender Richtung und (oder) die Löhne und Besoldungen aufhören, in<lb/> steigender Richtung fortzuschreiten zusammen (eins ins andre gerechnet) in gleicher<lb/> Geschwindigkeit mit der Produktivität der Arbeit." Nach eiuer Kritik der von andern<lb/> vorgeschlagnen Vorbeuge- und Heilmittel (Schutzzölle, Steigerung des Exports,<lb/> Verurteilung der überzähligen Arbeiter zum Hungertode), deren Unwirksamkeit er<lb/> nachweist, findet er nur eins, das er für wirksam hält: der Unternehmergewinn<lb/> müsse durch die Gesetzgebung begrenzt und auf sieben Prozent beschränkt werden;<lb/> nicht jeder Unternehmergewinn, sondern nur der Gewinn der kartellierten Unter¬<lb/> nehmungen, die ein tatsächliches, die Konkurrenz ausschließendes Monopol errungen<lb/> haben. May gibt eine Ursache der Krisen richtig an, aber ich leugne, daß sie die<lb/> einzige sei. Auch wenn durch Beschneidung übergroßer Unternehmergewinne das<lb/> Volkseinkommen gleichmäßiger verteilt und die Kaufkraft der Massen erhöht würde,<lb/> könnten diese die bei fabelhafter Produktivität der Arbeit hergestellten Gewerbe-<lb/> crzengnisse nicht aufnehmen, so lange der Prozentsatz der im Gewerbe beschäftigten<lb/> steigt anstatt im Verhältnis zur steigenden Produktivität der Arbeit zu sinken oder<lb/> wenigstens dem der UrProduzenten gleich zu bleiben. Auch die Kraft des Volks¬<lb/> magens, Kohle und Eisen in Gestalt von Panzerschiffen, überflüssigen Berg- und<lb/> Straßenbahnen und Autos zu verdauen, hat ihre Grenzen. Die Milderung der<lb/> steigenden Ungleichheit in der Einkommenverteilung genügt nicht, es muß auch die<lb/> unnatürliche Verschiebung des Znhlenverhältnisses zwischen Industriearbeitern und<lb/> landwirtschaftlichen Arbeitern rückläufig gemacht werden. Unter den Arbeitern ver¬<lb/> stehe ich die Arbeitenden, sodnß also die kleinen Besitzer, Handwerker und Bauern,<lb/><note type="byline"> ^.</note> bei der Zählung eingeschlossen werden müssen. </p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Der Besen und die Bürste.</head> <p xml:id="ID_253" next="#ID_254"> Es gibt viele Dinge, die wie die Dutzend¬<lb/> menschen gleichsam nur im Plural vorkomme». Namentlich die Kleinigkeiten^ die<lb/> Atome und die Insekten haben eine Tendenz, in Masse aufzutreten, ohne das<lb/> würden sie kaum beachtet. Sie ersetzen durch ihre Meuge, was thuen an Größe<lb/> abgeht. Infolgedessen sprechen wir von ihnen gar nicht anders als in der Mehr¬<lb/> zahl — sie stieben wie Schneeflocken um uus herum, sie vermehre» sich wie Sand<lb/> am Meer. Alle Körner, die Staubkörner und die Samenkörner sind dazu Belege.<lb/> Ein Hirsekorn hieß auf lateinisch Nilium, daher sprechen die Ärzte noch heute von<lb/> der Miliartuberkulose, indem sie die kleinen Knötchen mit Hirsekörnchen vergleichen.<lb/> Die Alten glaubten, daß dieses Allium mit dem Zahlwort Ritts zusammenhänge,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0062]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
in Venezuela angeführt als Beweise von dem Wohlwollen des deutschen Kaisers
und von seiner Anerkennung der Monroelehre. Nach der Erwähnung früherer Aus¬
sprüche des Kaisers, wie: „Der Wille des Königs ist das höchste Gesetz" usw., kommt
der Verfasser zu dem Schlüsse, daß der absolutistische Kaiser seine Hochachtung für die
Amerikaner an den Tag gelegt habe, und daß ein Zweifel an der Aufrichtigkeit seiner
Gesinnung für Amerika ein Majestätsverbrechen sei, das nicht verziehen werden könne.
Deshalb, meint der Verfasser, könne Amerika ruhig mit seinem Panamakanal und
mit seinem Handel auf dem Stillen Ozean fortschreiten und seine Monroelehre anwenden
und dabei der herzlichen Wünsche seines guten Freundes Deutschland sicher sein.
Zum Schlüsse versichert der Verfasser, daß wenn Amerika eine Flotte baue,
so geschehe das keineswegs mit Mißtrauen gegen Deutschland. Amerika bereite sich
überhaupt nnr vor, daß es fechten könne, wenn es fechten müsse, um sich gegen
ungerechte Angriffe zu wehren. Wenn deshalb seine Werften von dem Lärm
fleißiger Arbeit bei dem Bau von Kriegsschiffen erdröhnten, so geschähe das und
wurde auch ferner geschehn, daß man auf alles gefaßt sei.'
Dabei enthielt eine Reihe von Nummern des Leiontine, Hiukrioan ausführliche,
illustrierte Darstellungen eines Seekriegspiels. Gegner sind eine amerikanische
und eine deutsche Kriegsflotte.
Zur Krisenlehre. N. E. May lehrt uns: Das Grundgesetz der Wirt¬
schaftskrisen und ihr Vorbeugemittel im Zeitalter des Monopols (mit fünf Ta¬
bellen und einer Kurventafel; Berlin, Ferd. Dümmler, 1902). Sein Gesetz lautet:
„Eine Wirtschaftskrisis muß allemal dann entstehn, wenn die Verkaufspreise auf¬
hören, in fallender Richtung und (oder) die Löhne und Besoldungen aufhören, in
steigender Richtung fortzuschreiten zusammen (eins ins andre gerechnet) in gleicher
Geschwindigkeit mit der Produktivität der Arbeit." Nach eiuer Kritik der von andern
vorgeschlagnen Vorbeuge- und Heilmittel (Schutzzölle, Steigerung des Exports,
Verurteilung der überzähligen Arbeiter zum Hungertode), deren Unwirksamkeit er
nachweist, findet er nur eins, das er für wirksam hält: der Unternehmergewinn
müsse durch die Gesetzgebung begrenzt und auf sieben Prozent beschränkt werden;
nicht jeder Unternehmergewinn, sondern nur der Gewinn der kartellierten Unter¬
nehmungen, die ein tatsächliches, die Konkurrenz ausschließendes Monopol errungen
haben. May gibt eine Ursache der Krisen richtig an, aber ich leugne, daß sie die
einzige sei. Auch wenn durch Beschneidung übergroßer Unternehmergewinne das
Volkseinkommen gleichmäßiger verteilt und die Kaufkraft der Massen erhöht würde,
könnten diese die bei fabelhafter Produktivität der Arbeit hergestellten Gewerbe-
crzengnisse nicht aufnehmen, so lange der Prozentsatz der im Gewerbe beschäftigten
steigt anstatt im Verhältnis zur steigenden Produktivität der Arbeit zu sinken oder
wenigstens dem der UrProduzenten gleich zu bleiben. Auch die Kraft des Volks¬
magens, Kohle und Eisen in Gestalt von Panzerschiffen, überflüssigen Berg- und
Straßenbahnen und Autos zu verdauen, hat ihre Grenzen. Die Milderung der
steigenden Ungleichheit in der Einkommenverteilung genügt nicht, es muß auch die
unnatürliche Verschiebung des Znhlenverhältnisses zwischen Industriearbeitern und
landwirtschaftlichen Arbeitern rückläufig gemacht werden. Unter den Arbeitern ver¬
stehe ich die Arbeitenden, sodnß also die kleinen Besitzer, Handwerker und Bauern,
^. bei der Zählung eingeschlossen werden müssen.
Der Besen und die Bürste. Es gibt viele Dinge, die wie die Dutzend¬
menschen gleichsam nur im Plural vorkomme». Namentlich die Kleinigkeiten^ die
Atome und die Insekten haben eine Tendenz, in Masse aufzutreten, ohne das
würden sie kaum beachtet. Sie ersetzen durch ihre Meuge, was thuen an Größe
abgeht. Infolgedessen sprechen wir von ihnen gar nicht anders als in der Mehr¬
zahl — sie stieben wie Schneeflocken um uus herum, sie vermehre» sich wie Sand
am Meer. Alle Körner, die Staubkörner und die Samenkörner sind dazu Belege.
Ein Hirsekorn hieß auf lateinisch Nilium, daher sprechen die Ärzte noch heute von
der Miliartuberkulose, indem sie die kleinen Knötchen mit Hirsekörnchen vergleichen.
Die Alten glaubten, daß dieses Allium mit dem Zahlwort Ritts zusammenhänge,
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