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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

läßt man laufen." Wie verwüstend dann endlich die traurige "Eheirrung" im
sächsischen Königshause gewirkt hat, wie sie von der sozialdemokratischen Presse
planvoll ausgebeutet, von der Klatschsucht, namentlich der Dresdner, widerwärtig
breitgetreten wurde, das bedarf keiner weitem Ausführung.

Es ziemt sich nicht, diese Dinge zu verschweigen, es ziemt sich vielmehr, sie
offen auszusprechen. Denn sie haben auch etwas Tröstliches. Bei weitem nicht
alle die sozialdemokratischen Stimmen der Wahlen vom 16. und vom 25. Juni sind
von Sozialdemokraten abgegeben worden, ein ansehnlicher Bruchteil rührt von
solche" Wählern her, die ihrer Unzufriedenheit über sächsische Verhältnisse einen
freilich recht unangemessenen und nachteiligem Ausdruck haben geben wollen. Diese
Verhältnisse aber lassen sich ändern, wenn man nnr den ehrlichen Willen dazu
hat. Das freilich wird größtenteils von der in Sachsen jetzt herrschenden Partei
abhängen. Je eher sie erkennt, daß sie eine kurzsichtige und schädliche Politik
verfolgt hat, desto besser für sie und für das Land. Aber ohne eine kräftige
Initiative der Regierung wird das nicht gehn; Sachsen muß wirklich regiert, nicht
nur verwaltet werde". Sonst wird das beschämende und niederdrückende Gefühl,
daß es mit uns bergab geht, immer weiter um sich greifen.


Amerika.

Vor einigen Wochen wurde in deutschen Zeitungen erwähnt, daß
sich das in Newyork erscheinende ^rmx ewa Mo^ Journal auch hier und da an
der in den Bereinigten Staaten hervortretenden mißgünstigen Stimmung gegen
Deutschland beteilige. Dafür dürfte" nachstehende Äußerungen des genannten Blattes
aus deu Monaten Mnrz und April Belege sein.

"Ein anonymer Schalk schlägt vor, die Vereinigten Staaten sollten dein
Deutschen Reiche als Gegengeschenk für die vom deutschen Kaiser ihnen angebotne Bild¬
säule Friedrichs des Großen eine Bildsäule von James Monroe schenken. Warum
ist dieser Vorschlag nicht einer ernsten Betrachtung würdig? Friedrich der Große
trat für den Grundsatz des Jmperalismus ein, dem die gegenwärtige deutsche Re¬
gierung unbedingt ergeben ist, während Monroe für eine" bestimmten amerikanischen
Grundsatz eintrat, zu dem sich die gegenwärtige amerikanische Negierung nicht
weniger entschlossen verpflichtet hat. Die Gegenwart der Bildsäule Friedrichs des
Großen in Washington würde für die Vereinigten Staaten ein sichtbares Erinnerungs¬
zeichen des deutschen Grundsatzes sein, während das Vorhandensein von Monroes
Bildsäule in Berlin eine ebenso zwingende Erinnerung an den amerikanischen Grund¬
satz für Deutschland sein würde. Laßt uns deshalb auf jeden Fall Bildsäulen aus¬
tauschen. Es würde dies ein ganz schöner Handel sein."
'''

Unter der Überschrift Ins leiser" IiisnÄsbix bringt eine andre Nummer des
^rio^ incl Mo^ -sonrrmls eine längere vergleichende Betrachtung der amerikanischen
und der deutschen Seemacht. Der Verfasser drückt darin die Hoffnung aus, daß
nur ein edler Wettstreit zwischen beiden Seemächten bestehe, der niemals im Ernste
ausgetragen werden würde. Dann aber wendet er sich zu der Beurteilung, die
die bekannte Rede des Admirals Deweh, worin er die amerikanische Flotte so sehr
lobt, im Auslande gefunden habe. Es sei diese Rede dem Admiral nicht zu ver¬
argen, denn wenn auch alle Verhältnisse der Flotten gleich wären, so sei doch der
"Jaukee"-Matrose in allen Eigenschaften, die für das Gefecht gefordert würden,
ohne gleichen und allen andern Seeleuten überlegen, und dann, wenn es auch bester
wäre, ein solches Lob von andern aussprechen zu lassen, so wäre es doch das
"Privileg eines jeden Hahnes, ans seiner eignen Dungstätte zu krähen!" Der
Verfasser fragt, ob die Amerikaner dieses Privileg nicht auch Deutschland zugestanden
hätten? Warum sollte der Admiral ans Furcht vor Deutschland schweigen?

Aber "wir wollen nicht unedel sein," fährt der Verfasser fort. "Von wem
könnten wir einen Tadel mit so viel Huld annehmen, als von unserm guten Freunde
Deutschland, der uns so sichtbare Beweise in der Bildsäule Friedrichs und in den.
Besuche eines Prinzen von der Falschheit des französischen Sprichwortes lo Z?i'UWian
sse, öWMtisIlowcmt eaux boubomms gegeben hat?" In dieser, wie es scheint,
spottenden Weise werden die Verhältnisse in der Manilabai, in Se. Domingo,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

läßt man laufen." Wie verwüstend dann endlich die traurige „Eheirrung" im
sächsischen Königshause gewirkt hat, wie sie von der sozialdemokratischen Presse
planvoll ausgebeutet, von der Klatschsucht, namentlich der Dresdner, widerwärtig
breitgetreten wurde, das bedarf keiner weitem Ausführung.

Es ziemt sich nicht, diese Dinge zu verschweigen, es ziemt sich vielmehr, sie
offen auszusprechen. Denn sie haben auch etwas Tröstliches. Bei weitem nicht
alle die sozialdemokratischen Stimmen der Wahlen vom 16. und vom 25. Juni sind
von Sozialdemokraten abgegeben worden, ein ansehnlicher Bruchteil rührt von
solche« Wählern her, die ihrer Unzufriedenheit über sächsische Verhältnisse einen
freilich recht unangemessenen und nachteiligem Ausdruck haben geben wollen. Diese
Verhältnisse aber lassen sich ändern, wenn man nnr den ehrlichen Willen dazu
hat. Das freilich wird größtenteils von der in Sachsen jetzt herrschenden Partei
abhängen. Je eher sie erkennt, daß sie eine kurzsichtige und schädliche Politik
verfolgt hat, desto besser für sie und für das Land. Aber ohne eine kräftige
Initiative der Regierung wird das nicht gehn; Sachsen muß wirklich regiert, nicht
nur verwaltet werde». Sonst wird das beschämende und niederdrückende Gefühl,
daß es mit uns bergab geht, immer weiter um sich greifen.


Amerika.

Vor einigen Wochen wurde in deutschen Zeitungen erwähnt, daß
sich das in Newyork erscheinende ^rmx ewa Mo^ Journal auch hier und da an
der in den Bereinigten Staaten hervortretenden mißgünstigen Stimmung gegen
Deutschland beteilige. Dafür dürfte« nachstehende Äußerungen des genannten Blattes
aus deu Monaten Mnrz und April Belege sein.

„Ein anonymer Schalk schlägt vor, die Vereinigten Staaten sollten dein
Deutschen Reiche als Gegengeschenk für die vom deutschen Kaiser ihnen angebotne Bild¬
säule Friedrichs des Großen eine Bildsäule von James Monroe schenken. Warum
ist dieser Vorschlag nicht einer ernsten Betrachtung würdig? Friedrich der Große
trat für den Grundsatz des Jmperalismus ein, dem die gegenwärtige deutsche Re¬
gierung unbedingt ergeben ist, während Monroe für eine» bestimmten amerikanischen
Grundsatz eintrat, zu dem sich die gegenwärtige amerikanische Negierung nicht
weniger entschlossen verpflichtet hat. Die Gegenwart der Bildsäule Friedrichs des
Großen in Washington würde für die Vereinigten Staaten ein sichtbares Erinnerungs¬
zeichen des deutschen Grundsatzes sein, während das Vorhandensein von Monroes
Bildsäule in Berlin eine ebenso zwingende Erinnerung an den amerikanischen Grund¬
satz für Deutschland sein würde. Laßt uns deshalb auf jeden Fall Bildsäulen aus¬
tauschen. Es würde dies ein ganz schöner Handel sein."
'''

Unter der Überschrift Ins leiser« IiisnÄsbix bringt eine andre Nummer des
^rio^ incl Mo^ -sonrrmls eine längere vergleichende Betrachtung der amerikanischen
und der deutschen Seemacht. Der Verfasser drückt darin die Hoffnung aus, daß
nur ein edler Wettstreit zwischen beiden Seemächten bestehe, der niemals im Ernste
ausgetragen werden würde. Dann aber wendet er sich zu der Beurteilung, die
die bekannte Rede des Admirals Deweh, worin er die amerikanische Flotte so sehr
lobt, im Auslande gefunden habe. Es sei diese Rede dem Admiral nicht zu ver¬
argen, denn wenn auch alle Verhältnisse der Flotten gleich wären, so sei doch der
„Jaukee"-Matrose in allen Eigenschaften, die für das Gefecht gefordert würden,
ohne gleichen und allen andern Seeleuten überlegen, und dann, wenn es auch bester
wäre, ein solches Lob von andern aussprechen zu lassen, so wäre es doch das
„Privileg eines jeden Hahnes, ans seiner eignen Dungstätte zu krähen!" Der
Verfasser fragt, ob die Amerikaner dieses Privileg nicht auch Deutschland zugestanden
hätten? Warum sollte der Admiral ans Furcht vor Deutschland schweigen?

Aber „wir wollen nicht unedel sein," fährt der Verfasser fort. „Von wem
könnten wir einen Tadel mit so viel Huld annehmen, als von unserm guten Freunde
Deutschland, der uns so sichtbare Beweise in der Bildsäule Friedrichs und in den.
Besuche eines Prinzen von der Falschheit des französischen Sprichwortes lo Z?i'UWian
sse, öWMtisIlowcmt eaux boubomms gegeben hat?" In dieser, wie es scheint,
spottenden Weise werden die Verhältnisse in der Manilabai, in Se. Domingo,


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[0061] Maßgebliches und Unmaßgebliches läßt man laufen." Wie verwüstend dann endlich die traurige „Eheirrung" im sächsischen Königshause gewirkt hat, wie sie von der sozialdemokratischen Presse planvoll ausgebeutet, von der Klatschsucht, namentlich der Dresdner, widerwärtig breitgetreten wurde, das bedarf keiner weitem Ausführung. Es ziemt sich nicht, diese Dinge zu verschweigen, es ziemt sich vielmehr, sie offen auszusprechen. Denn sie haben auch etwas Tröstliches. Bei weitem nicht alle die sozialdemokratischen Stimmen der Wahlen vom 16. und vom 25. Juni sind von Sozialdemokraten abgegeben worden, ein ansehnlicher Bruchteil rührt von solche« Wählern her, die ihrer Unzufriedenheit über sächsische Verhältnisse einen freilich recht unangemessenen und nachteiligem Ausdruck haben geben wollen. Diese Verhältnisse aber lassen sich ändern, wenn man nnr den ehrlichen Willen dazu hat. Das freilich wird größtenteils von der in Sachsen jetzt herrschenden Partei abhängen. Je eher sie erkennt, daß sie eine kurzsichtige und schädliche Politik verfolgt hat, desto besser für sie und für das Land. Aber ohne eine kräftige Initiative der Regierung wird das nicht gehn; Sachsen muß wirklich regiert, nicht nur verwaltet werde». Sonst wird das beschämende und niederdrückende Gefühl, daß es mit uns bergab geht, immer weiter um sich greifen. Amerika. Vor einigen Wochen wurde in deutschen Zeitungen erwähnt, daß sich das in Newyork erscheinende ^rmx ewa Mo^ Journal auch hier und da an der in den Bereinigten Staaten hervortretenden mißgünstigen Stimmung gegen Deutschland beteilige. Dafür dürfte« nachstehende Äußerungen des genannten Blattes aus deu Monaten Mnrz und April Belege sein. „Ein anonymer Schalk schlägt vor, die Vereinigten Staaten sollten dein Deutschen Reiche als Gegengeschenk für die vom deutschen Kaiser ihnen angebotne Bild¬ säule Friedrichs des Großen eine Bildsäule von James Monroe schenken. Warum ist dieser Vorschlag nicht einer ernsten Betrachtung würdig? Friedrich der Große trat für den Grundsatz des Jmperalismus ein, dem die gegenwärtige deutsche Re¬ gierung unbedingt ergeben ist, während Monroe für eine» bestimmten amerikanischen Grundsatz eintrat, zu dem sich die gegenwärtige amerikanische Negierung nicht weniger entschlossen verpflichtet hat. Die Gegenwart der Bildsäule Friedrichs des Großen in Washington würde für die Vereinigten Staaten ein sichtbares Erinnerungs¬ zeichen des deutschen Grundsatzes sein, während das Vorhandensein von Monroes Bildsäule in Berlin eine ebenso zwingende Erinnerung an den amerikanischen Grund¬ satz für Deutschland sein würde. Laßt uns deshalb auf jeden Fall Bildsäulen aus¬ tauschen. Es würde dies ein ganz schöner Handel sein." ''' Unter der Überschrift Ins leiser« IiisnÄsbix bringt eine andre Nummer des ^rio^ incl Mo^ -sonrrmls eine längere vergleichende Betrachtung der amerikanischen und der deutschen Seemacht. Der Verfasser drückt darin die Hoffnung aus, daß nur ein edler Wettstreit zwischen beiden Seemächten bestehe, der niemals im Ernste ausgetragen werden würde. Dann aber wendet er sich zu der Beurteilung, die die bekannte Rede des Admirals Deweh, worin er die amerikanische Flotte so sehr lobt, im Auslande gefunden habe. Es sei diese Rede dem Admiral nicht zu ver¬ argen, denn wenn auch alle Verhältnisse der Flotten gleich wären, so sei doch der „Jaukee"-Matrose in allen Eigenschaften, die für das Gefecht gefordert würden, ohne gleichen und allen andern Seeleuten überlegen, und dann, wenn es auch bester wäre, ein solches Lob von andern aussprechen zu lassen, so wäre es doch das „Privileg eines jeden Hahnes, ans seiner eignen Dungstätte zu krähen!" Der Verfasser fragt, ob die Amerikaner dieses Privileg nicht auch Deutschland zugestanden hätten? Warum sollte der Admiral ans Furcht vor Deutschland schweigen? Aber „wir wollen nicht unedel sein," fährt der Verfasser fort. „Von wem könnten wir einen Tadel mit so viel Huld annehmen, als von unserm guten Freunde Deutschland, der uns so sichtbare Beweise in der Bildsäule Friedrichs und in den. Besuche eines Prinzen von der Falschheit des französischen Sprichwortes lo Z?i'UWian sse, öWMtisIlowcmt eaux boubomms gegeben hat?" In dieser, wie es scheint, spottenden Weise werden die Verhältnisse in der Manilabai, in Se. Domingo,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/61>, abgerufen am 25.11.2024.