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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Skizzen ans unser", heutigen Volksleben

Endlich lief ein Schreiben von Königlicher Regierung ein, worin mitgeteilt
wurde, eine Kommission werde am 25. November eine Ortsbesichtignng vornehmen,
jedoch sehe man sich veranlaßt, schon jetzt zu eröffnen, daß wegen des mizureicheuden
Raumes das eingereichte Projekt nicht genehmigt werden könne. Der Herr Pastor
wurde durch dieses Schreiben auf das schmerzlichste berührt. Er trug es' zum Herrn
^lmtsvorsteher, einem kleinen, weißköpfigen Herrn, der viel schnupfte und wenig
redete, es aber faustdick hinter den Ohre" hatte, und setzte ihm auseinander, daß
me Königliche Regierung gänzlich im Unrechte sei, und daß, wo kein Raum sei,
auch die Königliche Regierung keinen Raum schaffen könne.

Am 25. November war miserables Wetter. Es wehte ein eisiger Ostwtnd,
und es herrschte ein leichtes Schneetreiben. Der Ortsvorstand und der Schulvorstand,
der Herr Schulze, der Herr Amtsvorsteher, der Herr Kantor und der Herr Pastor
hatten sich im Kruge versammelt. Zur angegebnen Zeit fuhr ein Wagen vor; es
entstiegen ihm der Herr Geheime Regierungsrat von Haase, Herr Regierungsbaurat
Kroch und Herr Regierungsreferendnr von Bransewitz. Der Herr Geheime Regierungs¬
rat war noch steifbeiniger, als er sonst zu sein pflegte, denn er hatte den Hexenschuß,
der Herr Baurat betrachtete mit offenbarer Geriugschtttznug die Straße von Emmer-
lingen, die auch keine Spur von architektonischer Individualität aufwies, und Herr
von Brausewitz, der mitgenommen war, einesteils weil er das Protokoll führen,
nnderuteils weil er lernen sollte, wie man mit Bauern umgehe, entwickelte die Beweg¬
lichkeit und die Umsicht eines Adjutanten. Man grüßte die Anwesenden flüchtig und
ließ sich von der Corona betrachten, während man sich mit ein paar Gläsern Grog
erwärmte und über das niederträchtige Wetter schalt. Darauf begab man sich zur
Besichtigung; voraus der Herr Pastor, dann die hohen Behörden, dann die Herren
vom Gemeinde- und vom Schulvorstande, und zuletzt der Herr Kantor, der dem
Herrn Spitzmaus auseinandersetzte, er habe es immer gesagt, der Platz rechts vom
Apfelbaum sei falsch, die Schule müsse links vom Apfelbaum stehn.

Emmerlingen liegt auf der Zunge einer Hochfläche und ist eng und stadtmäßig
gebaut. Unten fließt durch nasse Wiesen die sanfter, ein kleiner Fluß, der harmlos
aussieht, aber im Frühling die ganze Ane überschwemmt. Hart an der Kante des
Abhangs liegen Kirche, Pfarre und die zwei Schulen. Die Garten der beiden
ahnten stoßen aneinander, und an der Grenze beider Gärten steht der bewußte
Apfelbaum. Der Herr Geheimrat wickelte sich fröstelnd in seinen Mantel, und der
Herr Baurat sah Garten, Apfelbaum. Schule und Dorf mit verächtlich flüchtigem
^nel an, wie ein Professor die wenig geratne Ausstellung vou Schülerarbeiten.

Na natürlich, der vorgeschlagne Platz war gänzlich ungeeignet. Kein Gedanke
daran, hier eine Schule hiuzubaueu, die den Intentionen des Ministerialerlasses
dom 15. November 1895 entspräche. Der Herr Pastor suchte sein Projekt zu ver¬
teidigen und darzulegen, daß der Platz allerdings etwas knapp bemessen sei, daß
er aber der einzig mögliche sei. Er fand aber mit seine" Gründen gar kein Gehör.
Her Herr Baurat zuckte die Achseln und lachte kurz und trocken. Der einzig
Mögliche Bauplatz -- auf dem flachen Lande! Lächerlich. Warum bauen Sie denn
vie Schule uicht da unten hin? fragte er den Schulzen. -- Herr Rat, erwiderte
^eher, dort würde sie im Frühjahr versaufen. -- Das war denn freilich etwas
andres. Aber das Dorf hatte doch auch eine Grenze nach den Feldern zu. Man
vegab sich dorthin. Na, sehen Sie, sagte der Herr Baurat, hier ist doch Platz die
'Hwere Menge. Wem gehört denn das Laud hier?

Herrn Fettbnck, aber der verkauft nichts.

^ Er wird schon, erwiderte der Herr Regierungsrat. Schicken Sie mal hin.
Herr Fettback möchte mal herkommend

Nach gemessener Zeit, während deren die Kommission Zeit hatte, das flache
"eit zu betrachten, über das der Ostwind in wagerechten Linien die Schneeflocken
meh, kam Herr Fettback an. Man trug ihm die Sache vor, und Herr Fettback
emarte, er verkaufe kein Land.


Grenzboten III 1908 68
Skizzen ans unser», heutigen Volksleben

Endlich lief ein Schreiben von Königlicher Regierung ein, worin mitgeteilt
wurde, eine Kommission werde am 25. November eine Ortsbesichtignng vornehmen,
jedoch sehe man sich veranlaßt, schon jetzt zu eröffnen, daß wegen des mizureicheuden
Raumes das eingereichte Projekt nicht genehmigt werden könne. Der Herr Pastor
wurde durch dieses Schreiben auf das schmerzlichste berührt. Er trug es' zum Herrn
^lmtsvorsteher, einem kleinen, weißköpfigen Herrn, der viel schnupfte und wenig
redete, es aber faustdick hinter den Ohre» hatte, und setzte ihm auseinander, daß
me Königliche Regierung gänzlich im Unrechte sei, und daß, wo kein Raum sei,
auch die Königliche Regierung keinen Raum schaffen könne.

Am 25. November war miserables Wetter. Es wehte ein eisiger Ostwtnd,
und es herrschte ein leichtes Schneetreiben. Der Ortsvorstand und der Schulvorstand,
der Herr Schulze, der Herr Amtsvorsteher, der Herr Kantor und der Herr Pastor
hatten sich im Kruge versammelt. Zur angegebnen Zeit fuhr ein Wagen vor; es
entstiegen ihm der Herr Geheime Regierungsrat von Haase, Herr Regierungsbaurat
Kroch und Herr Regierungsreferendnr von Bransewitz. Der Herr Geheime Regierungs¬
rat war noch steifbeiniger, als er sonst zu sein pflegte, denn er hatte den Hexenschuß,
der Herr Baurat betrachtete mit offenbarer Geriugschtttznug die Straße von Emmer-
lingen, die auch keine Spur von architektonischer Individualität aufwies, und Herr
von Brausewitz, der mitgenommen war, einesteils weil er das Protokoll führen,
nnderuteils weil er lernen sollte, wie man mit Bauern umgehe, entwickelte die Beweg¬
lichkeit und die Umsicht eines Adjutanten. Man grüßte die Anwesenden flüchtig und
ließ sich von der Corona betrachten, während man sich mit ein paar Gläsern Grog
erwärmte und über das niederträchtige Wetter schalt. Darauf begab man sich zur
Besichtigung; voraus der Herr Pastor, dann die hohen Behörden, dann die Herren
vom Gemeinde- und vom Schulvorstande, und zuletzt der Herr Kantor, der dem
Herrn Spitzmaus auseinandersetzte, er habe es immer gesagt, der Platz rechts vom
Apfelbaum sei falsch, die Schule müsse links vom Apfelbaum stehn.

Emmerlingen liegt auf der Zunge einer Hochfläche und ist eng und stadtmäßig
gebaut. Unten fließt durch nasse Wiesen die sanfter, ein kleiner Fluß, der harmlos
aussieht, aber im Frühling die ganze Ane überschwemmt. Hart an der Kante des
Abhangs liegen Kirche, Pfarre und die zwei Schulen. Die Garten der beiden
ahnten stoßen aneinander, und an der Grenze beider Gärten steht der bewußte
Apfelbaum. Der Herr Geheimrat wickelte sich fröstelnd in seinen Mantel, und der
Herr Baurat sah Garten, Apfelbaum. Schule und Dorf mit verächtlich flüchtigem
^nel an, wie ein Professor die wenig geratne Ausstellung vou Schülerarbeiten.

Na natürlich, der vorgeschlagne Platz war gänzlich ungeeignet. Kein Gedanke
daran, hier eine Schule hiuzubaueu, die den Intentionen des Ministerialerlasses
dom 15. November 1895 entspräche. Der Herr Pastor suchte sein Projekt zu ver¬
teidigen und darzulegen, daß der Platz allerdings etwas knapp bemessen sei, daß
er aber der einzig mögliche sei. Er fand aber mit seine» Gründen gar kein Gehör.
Her Herr Baurat zuckte die Achseln und lachte kurz und trocken. Der einzig
Mögliche Bauplatz — auf dem flachen Lande! Lächerlich. Warum bauen Sie denn
vie Schule uicht da unten hin? fragte er den Schulzen. — Herr Rat, erwiderte
^eher, dort würde sie im Frühjahr versaufen. — Das war denn freilich etwas
andres. Aber das Dorf hatte doch auch eine Grenze nach den Feldern zu. Man
vegab sich dorthin. Na, sehen Sie, sagte der Herr Baurat, hier ist doch Platz die
'Hwere Menge. Wem gehört denn das Laud hier?

Herrn Fettbnck, aber der verkauft nichts.

^ Er wird schon, erwiderte der Herr Regierungsrat. Schicken Sie mal hin.
Herr Fettback möchte mal herkommend

Nach gemessener Zeit, während deren die Kommission Zeit hatte, das flache
»eit zu betrachten, über das der Ostwind in wagerechten Linien die Schneeflocken
meh, kam Herr Fettback an. Man trug ihm die Sache vor, und Herr Fettback
emarte, er verkaufe kein Land.


Grenzboten III 1908 68
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[0505] Skizzen ans unser», heutigen Volksleben Endlich lief ein Schreiben von Königlicher Regierung ein, worin mitgeteilt wurde, eine Kommission werde am 25. November eine Ortsbesichtignng vornehmen, jedoch sehe man sich veranlaßt, schon jetzt zu eröffnen, daß wegen des mizureicheuden Raumes das eingereichte Projekt nicht genehmigt werden könne. Der Herr Pastor wurde durch dieses Schreiben auf das schmerzlichste berührt. Er trug es' zum Herrn ^lmtsvorsteher, einem kleinen, weißköpfigen Herrn, der viel schnupfte und wenig redete, es aber faustdick hinter den Ohre» hatte, und setzte ihm auseinander, daß me Königliche Regierung gänzlich im Unrechte sei, und daß, wo kein Raum sei, auch die Königliche Regierung keinen Raum schaffen könne. Am 25. November war miserables Wetter. Es wehte ein eisiger Ostwtnd, und es herrschte ein leichtes Schneetreiben. Der Ortsvorstand und der Schulvorstand, der Herr Schulze, der Herr Amtsvorsteher, der Herr Kantor und der Herr Pastor hatten sich im Kruge versammelt. Zur angegebnen Zeit fuhr ein Wagen vor; es entstiegen ihm der Herr Geheime Regierungsrat von Haase, Herr Regierungsbaurat Kroch und Herr Regierungsreferendnr von Bransewitz. Der Herr Geheime Regierungs¬ rat war noch steifbeiniger, als er sonst zu sein pflegte, denn er hatte den Hexenschuß, der Herr Baurat betrachtete mit offenbarer Geriugschtttznug die Straße von Emmer- lingen, die auch keine Spur von architektonischer Individualität aufwies, und Herr von Brausewitz, der mitgenommen war, einesteils weil er das Protokoll führen, nnderuteils weil er lernen sollte, wie man mit Bauern umgehe, entwickelte die Beweg¬ lichkeit und die Umsicht eines Adjutanten. Man grüßte die Anwesenden flüchtig und ließ sich von der Corona betrachten, während man sich mit ein paar Gläsern Grog erwärmte und über das niederträchtige Wetter schalt. Darauf begab man sich zur Besichtigung; voraus der Herr Pastor, dann die hohen Behörden, dann die Herren vom Gemeinde- und vom Schulvorstande, und zuletzt der Herr Kantor, der dem Herrn Spitzmaus auseinandersetzte, er habe es immer gesagt, der Platz rechts vom Apfelbaum sei falsch, die Schule müsse links vom Apfelbaum stehn. Emmerlingen liegt auf der Zunge einer Hochfläche und ist eng und stadtmäßig gebaut. Unten fließt durch nasse Wiesen die sanfter, ein kleiner Fluß, der harmlos aussieht, aber im Frühling die ganze Ane überschwemmt. Hart an der Kante des Abhangs liegen Kirche, Pfarre und die zwei Schulen. Die Garten der beiden ahnten stoßen aneinander, und an der Grenze beider Gärten steht der bewußte Apfelbaum. Der Herr Geheimrat wickelte sich fröstelnd in seinen Mantel, und der Herr Baurat sah Garten, Apfelbaum. Schule und Dorf mit verächtlich flüchtigem ^nel an, wie ein Professor die wenig geratne Ausstellung vou Schülerarbeiten. Na natürlich, der vorgeschlagne Platz war gänzlich ungeeignet. Kein Gedanke daran, hier eine Schule hiuzubaueu, die den Intentionen des Ministerialerlasses dom 15. November 1895 entspräche. Der Herr Pastor suchte sein Projekt zu ver¬ teidigen und darzulegen, daß der Platz allerdings etwas knapp bemessen sei, daß er aber der einzig mögliche sei. Er fand aber mit seine» Gründen gar kein Gehör. Her Herr Baurat zuckte die Achseln und lachte kurz und trocken. Der einzig Mögliche Bauplatz — auf dem flachen Lande! Lächerlich. Warum bauen Sie denn vie Schule uicht da unten hin? fragte er den Schulzen. — Herr Rat, erwiderte ^eher, dort würde sie im Frühjahr versaufen. — Das war denn freilich etwas andres. Aber das Dorf hatte doch auch eine Grenze nach den Feldern zu. Man vegab sich dorthin. Na, sehen Sie, sagte der Herr Baurat, hier ist doch Platz die 'Hwere Menge. Wem gehört denn das Laud hier? Herrn Fettbnck, aber der verkauft nichts. ^ Er wird schon, erwiderte der Herr Regierungsrat. Schicken Sie mal hin. Herr Fettback möchte mal herkommend Nach gemessener Zeit, während deren die Kommission Zeit hatte, das flache »eit zu betrachten, über das der Ostwind in wagerechten Linien die Schneeflocken meh, kam Herr Fettback an. Man trug ihm die Sache vor, und Herr Fettback emarte, er verkaufe kein Land. Grenzboten III 1908 68

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/505>, abgerufen am 01.09.2024.