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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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doch helfen könnte!" Es ist möglich, daß das Gefühl erlittnen Unrechts in
ihm manchmal die Überhand gewann, ich weiß aber, daß er seinem hohen
Patienten im Herzen nicht gram geblieben ist, denn er wußte am besten, wie
der gewaltige Mann für sein deutsches Volk gearbeitet hat, und daß ein Riese
nicht mit dem kleinlichen Maße gewöhnlicher Sterblichen gemessen werden darf.

Über Strncks Tätigkeit im Neichsgesundheitsnmt ist wenig in die Öffent¬
lichkeit gedrungen, daß er aber in der Einrichtung und Leitung ein hervor¬
ragend organisatorisches Talent bewies, mußten auch die anerkennen, die in ihm
nur deu durch Bismarcks Gunst großgewordncn Streber sahen, dessen Amts¬
führung man prinzipiell herabzusetzen suchte. Erst in den letzten Jahren hat
sich in Fachkreisen immer mehr die Ansicht Bahn gebrochen, daß sich der erste
Direktor des Neichsgesundheitsamts bleibende Verdienste erworben hat, und
daß die ganze Gestaltung dieser jetzt so segensreich wirkenden Behörde im wesent¬
lichen sein Werk war. Fürst Bismarck, der -- wie Bücher sagte -- die
Menschen nur einmal scharf anzublicken brauchte, um ihren Wert zu erkennen,
hatte mich mit der Ernennung Strncks seinen klaren, immer ans das Praktische
gerichteten Blick bewiese!?. Strucks Werk war die gesamte organisatorische Aus-
gestaltung, die Angliedernng des chemischen und baktcriologischen Laboratoriums
und die Berufung geeigneter Kräfte zur Mitarbeiterschaft; besonders hoch muß
man ihm aber anrechnen, daß er die Leistungen des damaligen Kreisphysikus
Dr. Robert Koch zuerst ganz zu würdigen wußte, und daß er dem noch unbe¬
kannten Manne im Neichsgesundheitsamt eine Arbeitsstätte errichtete. Daß eine
Behörde, die sich ihren Weg gewissermaßen erst suchen mußte, vielfach mit
Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, ist klar, und das Amt des erste,? Direktors
konnte nicht leicht sein; sachliche Gegnerschaften wären zu ertragen gewesen,
Struck hatte aber auch mit persönliche" Anfeindungen zu rechnen, und man vertrat
damals den Standpunkt, daß das verwaltende Amt eines Direktors nicht den
Medizinern gebühre, sondern einem Juristen vorbehalten bleiben müsse. Fürst
Bismarck dachte anders darüber; er war nicht so engherzig, die Juristen für die
einzig brauchbaren Leute zu halten, und hatte absichtlich einen Mediziner an
die Spitze gestellt, weil nach seiner Meinung die Bedürfnisse und Ziele einer
neugegründeten Anstalt an besten von einem Fachmann beurteilt würden. Als
aber "ach dein Bruch jede persönliche Berührung zwischen Struck und seinem
obersten Chef aufhörte, da waren für ihn die Tage seiner Amtsführung gezählt,
und er zog es vor, seinen Abschied zu nehmen. Eine Lichtgestnlt in der Um¬
gebung des Fürsten nannte er den Geheimrat Bucher, der seinen Einfluß nie¬
mals persönlichen Zwecken dienstbar gemacht hätte; obwohl die beiden grnud-
verschiednen Männer in keinerlei Beziehungen zueinander standen, so hatte doch
Bucher den in Ungnade gcfnllnen besticht und seine Vermittlung angeboten, die
freilich ausgeschlagen wurde.

Mit der Übernahme seines Staatsamts war Struck natürlich wieder aus
dem Militärdienst ausgeschieden; aber es ist charakteristisch, daß man ihn, dessen
Einstellung zuerst so angefeindet worden war, später nicht aussen wollte, denn
er wurde it, l-v 5mit,ö gestellt, gehörte bis in sein hohes Alter der militnrärztlichen
Prüfungskommission gls gefürchtetes Mitglied ein und erhielt als Generalarzt


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doch helfen könnte!" Es ist möglich, daß das Gefühl erlittnen Unrechts in
ihm manchmal die Überhand gewann, ich weiß aber, daß er seinem hohen
Patienten im Herzen nicht gram geblieben ist, denn er wußte am besten, wie
der gewaltige Mann für sein deutsches Volk gearbeitet hat, und daß ein Riese
nicht mit dem kleinlichen Maße gewöhnlicher Sterblichen gemessen werden darf.

Über Strncks Tätigkeit im Neichsgesundheitsnmt ist wenig in die Öffent¬
lichkeit gedrungen, daß er aber in der Einrichtung und Leitung ein hervor¬
ragend organisatorisches Talent bewies, mußten auch die anerkennen, die in ihm
nur deu durch Bismarcks Gunst großgewordncn Streber sahen, dessen Amts¬
führung man prinzipiell herabzusetzen suchte. Erst in den letzten Jahren hat
sich in Fachkreisen immer mehr die Ansicht Bahn gebrochen, daß sich der erste
Direktor des Neichsgesundheitsamts bleibende Verdienste erworben hat, und
daß die ganze Gestaltung dieser jetzt so segensreich wirkenden Behörde im wesent¬
lichen sein Werk war. Fürst Bismarck, der — wie Bücher sagte — die
Menschen nur einmal scharf anzublicken brauchte, um ihren Wert zu erkennen,
hatte mich mit der Ernennung Strncks seinen klaren, immer ans das Praktische
gerichteten Blick bewiese!?. Strucks Werk war die gesamte organisatorische Aus-
gestaltung, die Angliedernng des chemischen und baktcriologischen Laboratoriums
und die Berufung geeigneter Kräfte zur Mitarbeiterschaft; besonders hoch muß
man ihm aber anrechnen, daß er die Leistungen des damaligen Kreisphysikus
Dr. Robert Koch zuerst ganz zu würdigen wußte, und daß er dem noch unbe¬
kannten Manne im Neichsgesundheitsamt eine Arbeitsstätte errichtete. Daß eine
Behörde, die sich ihren Weg gewissermaßen erst suchen mußte, vielfach mit
Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, ist klar, und das Amt des erste,? Direktors
konnte nicht leicht sein; sachliche Gegnerschaften wären zu ertragen gewesen,
Struck hatte aber auch mit persönliche» Anfeindungen zu rechnen, und man vertrat
damals den Standpunkt, daß das verwaltende Amt eines Direktors nicht den
Medizinern gebühre, sondern einem Juristen vorbehalten bleiben müsse. Fürst
Bismarck dachte anders darüber; er war nicht so engherzig, die Juristen für die
einzig brauchbaren Leute zu halten, und hatte absichtlich einen Mediziner an
die Spitze gestellt, weil nach seiner Meinung die Bedürfnisse und Ziele einer
neugegründeten Anstalt an besten von einem Fachmann beurteilt würden. Als
aber »ach dein Bruch jede persönliche Berührung zwischen Struck und seinem
obersten Chef aufhörte, da waren für ihn die Tage seiner Amtsführung gezählt,
und er zog es vor, seinen Abschied zu nehmen. Eine Lichtgestnlt in der Um¬
gebung des Fürsten nannte er den Geheimrat Bucher, der seinen Einfluß nie¬
mals persönlichen Zwecken dienstbar gemacht hätte; obwohl die beiden grnud-
verschiednen Männer in keinerlei Beziehungen zueinander standen, so hatte doch
Bucher den in Ungnade gcfnllnen besticht und seine Vermittlung angeboten, die
freilich ausgeschlagen wurde.

Mit der Übernahme seines Staatsamts war Struck natürlich wieder aus
dem Militärdienst ausgeschieden; aber es ist charakteristisch, daß man ihn, dessen
Einstellung zuerst so angefeindet worden war, später nicht aussen wollte, denn
er wurde it, l-v 5mit,ö gestellt, gehörte bis in sein hohes Alter der militnrärztlichen
Prüfungskommission gls gefürchtetes Mitglied ein und erhielt als Generalarzt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/363>, abgerufen am 25.11.2024.