Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.vom alten Struck zahlreich, selbständig die Entscheidung herbeizuführen. Das zweitemal entgingen Die Tschechen haben eine vortreffliche Begabung, aber das reicht zur Vom alten struck ern von Berlin, der Stätte seiner mehr als dreißigjährigen Wirk¬ vom alten Struck zahlreich, selbständig die Entscheidung herbeizuführen. Das zweitemal entgingen Die Tschechen haben eine vortreffliche Begabung, aber das reicht zur Vom alten struck ern von Berlin, der Stätte seiner mehr als dreißigjährigen Wirk¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0357" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241571"/> <fw type="header" place="top"> vom alten Struck</fw><lb/> <p xml:id="ID_1400" prev="#ID_1399"> zahlreich, selbständig die Entscheidung herbeizuführen. Das zweitemal entgingen<lb/> sie kaum der Vernichtung- Sie glauben heute, weil sie in Österreich stark genug<lb/> sind, daheim die uneinigen Deutschen zu quülcu und zuweilen den Gang der<lb/> Staatsmaschine in Unordnung zu bringen, daß sie eine große Nation seien. Das<lb/> sind sie eben nicht, und für Neugründuug kleiner Nationalstaaten ist in Europa<lb/> kein Raum mehr. Sie sind in Österreich selbst bisher benutzt worden, als<lb/> Gegengewicht gegen andre zu wirken. Seitdem mau in Wien hat beginnen<lb/> müssen, endlich einmal zu regieren, ist für tschechische Sonderbestrebungen auch<lb/> in Österreich kein Platz mehr. Sie haben ja selbst die Erfahrung davon machen<lb/> können, als sie versuchten, an die Einheit der Armee zu tippen. Auch sollten<lb/> sie nicht vergessen, daß sie ihre heutigen politischen Sprünge bloß machen können,<lb/> weil der Dreibund besteht. Sobald er aufhört, wird die preußische Pickelhaube<lb/> ihren Schatten über die böhmische Grenze werfen und sie daran erinnern, daß<lb/> sie nur eine kleine Nation sind, und daß auch gelegentliche Spritztouren nach<lb/> Paris und fröhliche Champagnertoaste diesen Umstand nicht beseitigen können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1401"> Die Tschechen haben eine vortreffliche Begabung, aber das reicht zur<lb/> politischen Selbständigkeit nicht aus, und ein tschechisches Sprach- und Verkehrs¬<lb/> gebiet kann es doch bei der heutigen Entwicklung des Weltverkehrs nicht geben.<lb/> Sie schaden sich nur selbst damit, und sie werden ihre tschechischen Sprnchen-<lb/> tafeln in Prag trotz alles Terrorismus und einer unglücklichen Gesetzgebung<lb/> doch nicht aufrecht erhalten können. Der Bogen ist nun genug gespannt, und<lb/> es wird Zeit, daß sie ihre Lage einsehen. Die Gedanken von der großen Nation<lb/> müssen sie sich vergehen lassen, denn es kann sehr bald die Zeit kommen, wo<lb/> sich die Deutschösterreicher auf sich besinnen und eine vernünftige Politik ein¬<lb/> schlagen. Revolutionäre Bewegungen sind auch nicht mehr möglich, und es wird<lb/> den Tschechen doch nichts übrig bleiben, als zunächst einen mocws vivsnäi<lb/> einzugehen und dann sich wieder dem deutschen Kulturkreis anzuschließen, was<lb/> ja keineswegs das Abschwören der tschechischen Sprache bedeutet. Wie die<lb/> Sachen in Europa voraussichtlich auf ein Jahrhundert und mehr liegen, ist den<lb/> Tschechen, die ihre Zeit versteh,,, nnr zu empfehlen, nach dem Spruch Schillers<lb/> zu handeln: „Immer strebe zum Ganzen! und kannst du selber kein Ganzes<lb/> w<note type="byline"> —</note> erden, als dienendes Glied schließ an ein Ganzes dich um." </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Vom alten struck</head><lb/> <p xml:id="ID_1402" next="#ID_1403"> ern von Berlin, der Stätte seiner mehr als dreißigjährigen Wirk¬<lb/> samkeit, ist in diesem Winter ein Mann gestorben, dessen Name<lb/> vielleicht den meisten Lesern unbekannt sein wird, weil er niemals<lb/> in der großen Öffentlichkeit hervorgetreten ist: der Geheime Ober¬<lb/> regierungsrat, Generalarzt g, ig, suiw Dr. Struck. Er gehörte<lb/> undt zu den Übermenschen und wurde auch kaum unter die Zahl der medizinischen<lb/> Größen gerechnet, weil er als Praktiker niemals Zeit fand, seine Gelehrsamkeit</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0357]
vom alten Struck
zahlreich, selbständig die Entscheidung herbeizuführen. Das zweitemal entgingen
sie kaum der Vernichtung- Sie glauben heute, weil sie in Österreich stark genug
sind, daheim die uneinigen Deutschen zu quülcu und zuweilen den Gang der
Staatsmaschine in Unordnung zu bringen, daß sie eine große Nation seien. Das
sind sie eben nicht, und für Neugründuug kleiner Nationalstaaten ist in Europa
kein Raum mehr. Sie sind in Österreich selbst bisher benutzt worden, als
Gegengewicht gegen andre zu wirken. Seitdem mau in Wien hat beginnen
müssen, endlich einmal zu regieren, ist für tschechische Sonderbestrebungen auch
in Österreich kein Platz mehr. Sie haben ja selbst die Erfahrung davon machen
können, als sie versuchten, an die Einheit der Armee zu tippen. Auch sollten
sie nicht vergessen, daß sie ihre heutigen politischen Sprünge bloß machen können,
weil der Dreibund besteht. Sobald er aufhört, wird die preußische Pickelhaube
ihren Schatten über die böhmische Grenze werfen und sie daran erinnern, daß
sie nur eine kleine Nation sind, und daß auch gelegentliche Spritztouren nach
Paris und fröhliche Champagnertoaste diesen Umstand nicht beseitigen können.
Die Tschechen haben eine vortreffliche Begabung, aber das reicht zur
politischen Selbständigkeit nicht aus, und ein tschechisches Sprach- und Verkehrs¬
gebiet kann es doch bei der heutigen Entwicklung des Weltverkehrs nicht geben.
Sie schaden sich nur selbst damit, und sie werden ihre tschechischen Sprnchen-
tafeln in Prag trotz alles Terrorismus und einer unglücklichen Gesetzgebung
doch nicht aufrecht erhalten können. Der Bogen ist nun genug gespannt, und
es wird Zeit, daß sie ihre Lage einsehen. Die Gedanken von der großen Nation
müssen sie sich vergehen lassen, denn es kann sehr bald die Zeit kommen, wo
sich die Deutschösterreicher auf sich besinnen und eine vernünftige Politik ein¬
schlagen. Revolutionäre Bewegungen sind auch nicht mehr möglich, und es wird
den Tschechen doch nichts übrig bleiben, als zunächst einen mocws vivsnäi
einzugehen und dann sich wieder dem deutschen Kulturkreis anzuschließen, was
ja keineswegs das Abschwören der tschechischen Sprache bedeutet. Wie die
Sachen in Europa voraussichtlich auf ein Jahrhundert und mehr liegen, ist den
Tschechen, die ihre Zeit versteh,,, nnr zu empfehlen, nach dem Spruch Schillers
zu handeln: „Immer strebe zum Ganzen! und kannst du selber kein Ganzes
w — erden, als dienendes Glied schließ an ein Ganzes dich um."
Vom alten struck
ern von Berlin, der Stätte seiner mehr als dreißigjährigen Wirk¬
samkeit, ist in diesem Winter ein Mann gestorben, dessen Name
vielleicht den meisten Lesern unbekannt sein wird, weil er niemals
in der großen Öffentlichkeit hervorgetreten ist: der Geheime Ober¬
regierungsrat, Generalarzt g, ig, suiw Dr. Struck. Er gehörte
undt zu den Übermenschen und wurde auch kaum unter die Zahl der medizinischen
Größen gerechnet, weil er als Praktiker niemals Zeit fand, seine Gelehrsamkeit
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |