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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

.griechischer Zeit erzählend abzuhandeln und die dabei wichtigen Worte und Sprach-
wendungcn "unterhaltsam einzuprägen, erschien uns so vorzüglich, daß wir Beckeru
eine große Nachkommenschaft wünschten. Als sie aber Ende der siebziger Jahre
mit ägyptischen, römischen, altchristlichen Romanen von Ebers und Genossen da war,
gefiel sie uns nicht. Die Verfasser hatten mehr als Becker, sie hatten mit unzu¬
reichenden Kräften Poeten sein wollen; wer seine Zeit lieb hatte, klappte ihre dicken
Bücher bald zu und seufzte: "Philister über dir!" Die literarische Kritik steht
noch heute unter dem Übeln Eindruck dieser mißluugueu Versuche und will grund-
sätzlich von Belehrung in dichterischer Form nicht viel wissen. Das geht wieder
zu weit und widerspricht ausgemachten Interessen und Erfolgen. Der Gelehrte
soll Phantasie, der Dichter soll^Wissen und Kenntnisse haben; die Kunst kann nicht
bloß aus Kultur- und aus Zeitgeschichte wirksame und anschauliche Bilder geben, was
in der Gegenwart ja Scheffels "Ekkehard" am schönsten zeigt, sie kann mich spezielle
wissenschaftliche Fragen popularisieren. Wenn selbst gewagte Leistungen dieser Art.
wie die Jules Verres, außerordentlich starker Teilnahme begegnen, so beweist das,
daß die Menschheit die Verbindung von Gediegenheit und Anmut nach wie vor
hoch hält, und es folgt daraus, daß die Arbeit auf dem allerdings äußerst
schwierigen Doppelgebiet gefördert werden muß, soviel als möglich.

Aus diesem letzter" Grunde wird hier auf zwei Novellen aufmerksam gemacht,
die zu dem Vollendetsten gehören, was in unsrer Zeit aus dem Felde didaktischer
Erzählung gereift ist. Es sind zwei Arbeiten von Rochus Freiherrn von Lilieu-
cro",*) überschrieben: "Wie man in Aniwald Musik macht" und "Die siebente
Todsünde."

Als Beiträge zur Kunstgeschichte beschränken sie sich nicht auf einen angenehmen
Umguß beknuuter Tatsache", sondern sie haben beide durch Aufstellung neuer An¬
sichten und Ziele, durch den Nachweis unbenutzt gebliebner wichtiger Quellen be¬
deutende" wissenschaftlichen Wert. Die erste müssen alle kennen, die sich mit der
Weiterentwicklung der musikalischen Liturgie der protestantischen Kirche beschäftige",
ein der zweiten darf kein Shakespearcforschcr vorbeigehn. Die Fragen, die der Ver¬
fasser aus diesen Spezialgebieten hervorgezogen hat, eigne" sich für die sofortige
Behandlung vor einer großen Öffentlichkeit, denn sie sind frei von strittigen Details.
Aus diesen- Grunde hat der Verfasser die beiden Novellen vor einem Menschen-
"leer in Zeitschriften veröffentlicht, wo sie, wie das zu gehn pflegt, die verdiente
Beachtung nicht hinreichend gefunden haben. Die jetzige Buchform wird das be¬
stimmt wieder gut machen, weil wir an Geschichten, die als Kunstwerke das Lese-
publiknm fesseln, uicht reich sind. Die zweite Novelle ist ein Bild aus der eng¬
lischen Renaissancezeit: im Mittelpunkt steht Shakespeare in dem Augeiiblick. wo
er sich mit der Umarbeitung des Hamlets trägt. Der wissenschaftliche Kern ist
die Hindeutung auf de" Zusammenhang, der zwischen diesem Werk u"d der Lehre
vo" de" sieben Hauptsiuiden besteht, die von der Summa, tluzologin des Thomas
von Aquino her die Psychologie des Mittelalters und seiner Künste beherrscht.
Der Leser wird von dieser lehrhaften Absicht der Novelle kaum etwas gewahr,
sonder" freut sich oh"c Niiterbrechnug der prächtigen Schilderungen hochgestimmte",
Phantnsievollen Festlebens, dnrch das die höhere Gesellschaft der Elisabcthischen Zeit
die Alltäglichkeit überwand und jeder Art vou Heimat, Natur, Häuslichkeit und
Zusammensein ein Stück Paradies abzugewinnen suchte. Nur ein seiner Kenner
on>" Mcnschcnwese" und Geschichte konnte diese ebenso realistischen wie taktvollen
milder aus eine", entlegne" Außen- und Innenleben gebe". Die Novelle würde
unter den Werken Konrad Ferdinand Meyers eine Zierde sein.

Shakespeare ist des allgemeine" Interesses sichrer als die protestantischeinnhenmusik. Wenn trotzdem die erste Novelle mit der Beschreibung des Musik-
Amwnld noch mehr Freunde finden wird als "Die siebente Todsünde,"



5!^.^'^' D'Meter ^ Sumblot, 1903.
renzboten
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Maßgebliches und Unmaßgebliches

.griechischer Zeit erzählend abzuhandeln und die dabei wichtigen Worte und Sprach-
wendungcn "unterhaltsam einzuprägen, erschien uns so vorzüglich, daß wir Beckeru
eine große Nachkommenschaft wünschten. Als sie aber Ende der siebziger Jahre
mit ägyptischen, römischen, altchristlichen Romanen von Ebers und Genossen da war,
gefiel sie uns nicht. Die Verfasser hatten mehr als Becker, sie hatten mit unzu¬
reichenden Kräften Poeten sein wollen; wer seine Zeit lieb hatte, klappte ihre dicken
Bücher bald zu und seufzte: „Philister über dir!" Die literarische Kritik steht
noch heute unter dem Übeln Eindruck dieser mißluugueu Versuche und will grund-
sätzlich von Belehrung in dichterischer Form nicht viel wissen. Das geht wieder
zu weit und widerspricht ausgemachten Interessen und Erfolgen. Der Gelehrte
soll Phantasie, der Dichter soll^Wissen und Kenntnisse haben; die Kunst kann nicht
bloß aus Kultur- und aus Zeitgeschichte wirksame und anschauliche Bilder geben, was
in der Gegenwart ja Scheffels „Ekkehard" am schönsten zeigt, sie kann mich spezielle
wissenschaftliche Fragen popularisieren. Wenn selbst gewagte Leistungen dieser Art.
wie die Jules Verres, außerordentlich starker Teilnahme begegnen, so beweist das,
daß die Menschheit die Verbindung von Gediegenheit und Anmut nach wie vor
hoch hält, und es folgt daraus, daß die Arbeit auf dem allerdings äußerst
schwierigen Doppelgebiet gefördert werden muß, soviel als möglich.

Aus diesem letzter» Grunde wird hier auf zwei Novellen aufmerksam gemacht,
die zu dem Vollendetsten gehören, was in unsrer Zeit aus dem Felde didaktischer
Erzählung gereift ist. Es sind zwei Arbeiten von Rochus Freiherrn von Lilieu-
cro»,*) überschrieben: „Wie man in Aniwald Musik macht" und „Die siebente
Todsünde."

Als Beiträge zur Kunstgeschichte beschränken sie sich nicht auf einen angenehmen
Umguß beknuuter Tatsache», sondern sie haben beide durch Aufstellung neuer An¬
sichten und Ziele, durch den Nachweis unbenutzt gebliebner wichtiger Quellen be¬
deutende» wissenschaftlichen Wert. Die erste müssen alle kennen, die sich mit der
Weiterentwicklung der musikalischen Liturgie der protestantischen Kirche beschäftige»,
ein der zweiten darf kein Shakespearcforschcr vorbeigehn. Die Fragen, die der Ver¬
fasser aus diesen Spezialgebieten hervorgezogen hat, eigne» sich für die sofortige
Behandlung vor einer großen Öffentlichkeit, denn sie sind frei von strittigen Details.
Aus diesen- Grunde hat der Verfasser die beiden Novellen vor einem Menschen-
"leer in Zeitschriften veröffentlicht, wo sie, wie das zu gehn pflegt, die verdiente
Beachtung nicht hinreichend gefunden haben. Die jetzige Buchform wird das be¬
stimmt wieder gut machen, weil wir an Geschichten, die als Kunstwerke das Lese-
publiknm fesseln, uicht reich sind. Die zweite Novelle ist ein Bild aus der eng¬
lischen Renaissancezeit: im Mittelpunkt steht Shakespeare in dem Augeiiblick. wo
er sich mit der Umarbeitung des Hamlets trägt. Der wissenschaftliche Kern ist
die Hindeutung auf de» Zusammenhang, der zwischen diesem Werk u»d der Lehre
vo» de» sieben Hauptsiuiden besteht, die von der Summa, tluzologin des Thomas
von Aquino her die Psychologie des Mittelalters und seiner Künste beherrscht.
Der Leser wird von dieser lehrhaften Absicht der Novelle kaum etwas gewahr,
sonder» freut sich oh»c Niiterbrechnug der prächtigen Schilderungen hochgestimmte»,
Phantnsievollen Festlebens, dnrch das die höhere Gesellschaft der Elisabcthischen Zeit
die Alltäglichkeit überwand und jeder Art vou Heimat, Natur, Häuslichkeit und
Zusammensein ein Stück Paradies abzugewinnen suchte. Nur ein seiner Kenner
on>" Mcnschcnwese» und Geschichte konnte diese ebenso realistischen wie taktvollen
milder aus eine», entlegne» Außen- und Innenleben gebe». Die Novelle würde
unter den Werken Konrad Ferdinand Meyers eine Zierde sein.

Shakespeare ist des allgemeine» Interesses sichrer als die protestantischeinnhenmusik. Wenn trotzdem die erste Novelle mit der Beschreibung des Musik-
Amwnld noch mehr Freunde finden wird als „Die siebente Todsünde,"



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[0257] Maßgebliches und Unmaßgebliches .griechischer Zeit erzählend abzuhandeln und die dabei wichtigen Worte und Sprach- wendungcn "unterhaltsam einzuprägen, erschien uns so vorzüglich, daß wir Beckeru eine große Nachkommenschaft wünschten. Als sie aber Ende der siebziger Jahre mit ägyptischen, römischen, altchristlichen Romanen von Ebers und Genossen da war, gefiel sie uns nicht. Die Verfasser hatten mehr als Becker, sie hatten mit unzu¬ reichenden Kräften Poeten sein wollen; wer seine Zeit lieb hatte, klappte ihre dicken Bücher bald zu und seufzte: „Philister über dir!" Die literarische Kritik steht noch heute unter dem Übeln Eindruck dieser mißluugueu Versuche und will grund- sätzlich von Belehrung in dichterischer Form nicht viel wissen. Das geht wieder zu weit und widerspricht ausgemachten Interessen und Erfolgen. Der Gelehrte soll Phantasie, der Dichter soll^Wissen und Kenntnisse haben; die Kunst kann nicht bloß aus Kultur- und aus Zeitgeschichte wirksame und anschauliche Bilder geben, was in der Gegenwart ja Scheffels „Ekkehard" am schönsten zeigt, sie kann mich spezielle wissenschaftliche Fragen popularisieren. Wenn selbst gewagte Leistungen dieser Art. wie die Jules Verres, außerordentlich starker Teilnahme begegnen, so beweist das, daß die Menschheit die Verbindung von Gediegenheit und Anmut nach wie vor hoch hält, und es folgt daraus, daß die Arbeit auf dem allerdings äußerst schwierigen Doppelgebiet gefördert werden muß, soviel als möglich. Aus diesem letzter» Grunde wird hier auf zwei Novellen aufmerksam gemacht, die zu dem Vollendetsten gehören, was in unsrer Zeit aus dem Felde didaktischer Erzählung gereift ist. Es sind zwei Arbeiten von Rochus Freiherrn von Lilieu- cro»,*) überschrieben: „Wie man in Aniwald Musik macht" und „Die siebente Todsünde." Als Beiträge zur Kunstgeschichte beschränken sie sich nicht auf einen angenehmen Umguß beknuuter Tatsache», sondern sie haben beide durch Aufstellung neuer An¬ sichten und Ziele, durch den Nachweis unbenutzt gebliebner wichtiger Quellen be¬ deutende» wissenschaftlichen Wert. Die erste müssen alle kennen, die sich mit der Weiterentwicklung der musikalischen Liturgie der protestantischen Kirche beschäftige», ein der zweiten darf kein Shakespearcforschcr vorbeigehn. Die Fragen, die der Ver¬ fasser aus diesen Spezialgebieten hervorgezogen hat, eigne» sich für die sofortige Behandlung vor einer großen Öffentlichkeit, denn sie sind frei von strittigen Details. Aus diesen- Grunde hat der Verfasser die beiden Novellen vor einem Menschen- "leer in Zeitschriften veröffentlicht, wo sie, wie das zu gehn pflegt, die verdiente Beachtung nicht hinreichend gefunden haben. Die jetzige Buchform wird das be¬ stimmt wieder gut machen, weil wir an Geschichten, die als Kunstwerke das Lese- publiknm fesseln, uicht reich sind. Die zweite Novelle ist ein Bild aus der eng¬ lischen Renaissancezeit: im Mittelpunkt steht Shakespeare in dem Augeiiblick. wo er sich mit der Umarbeitung des Hamlets trägt. Der wissenschaftliche Kern ist die Hindeutung auf de» Zusammenhang, der zwischen diesem Werk u»d der Lehre vo» de» sieben Hauptsiuiden besteht, die von der Summa, tluzologin des Thomas von Aquino her die Psychologie des Mittelalters und seiner Künste beherrscht. Der Leser wird von dieser lehrhaften Absicht der Novelle kaum etwas gewahr, sonder» freut sich oh»c Niiterbrechnug der prächtigen Schilderungen hochgestimmte», Phantnsievollen Festlebens, dnrch das die höhere Gesellschaft der Elisabcthischen Zeit die Alltäglichkeit überwand und jeder Art vou Heimat, Natur, Häuslichkeit und Zusammensein ein Stück Paradies abzugewinnen suchte. Nur ein seiner Kenner on>" Mcnschcnwese» und Geschichte konnte diese ebenso realistischen wie taktvollen milder aus eine», entlegne» Außen- und Innenleben gebe». Die Novelle würde unter den Werken Konrad Ferdinand Meyers eine Zierde sein. Shakespeare ist des allgemeine» Interesses sichrer als die protestantischeinnhenmusik. Wenn trotzdem die erste Novelle mit der Beschreibung des Musik- Amwnld noch mehr Freunde finden wird als „Die siebente Todsünde," 5!^.^'^' D'Meter ^ Sumblot, 1903. renzboten in iggz g2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/257>, abgerufen am 24.11.2024.