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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Deutsche Rechtsaltertümer in unsrer heutigen deutschen Sprache

Bestandteilen zusammen zum einheitlichen neuen "bürgerlichen Recht" ver¬
schmolzen worden ist. Während die juristische Terminologie dem römischen
Pandektenrecht des Oorpns jnrl8 eine große Anzahl lateinisch-deutscher Fach¬
ausdrücke zu verdanken hat, die freilich jetzt im Bürgerlichen Gesetzbuche bis
ans einige wenige, auch bei den Laien längst eingelebte (wie etwa "Hypothek"
und "Testament") wieder beseitigt worden sind, kann man dagegen in der Rede¬
weise unsers Volkes fast gar keine nähern Beziehungen zu dem fremden Recht
aufweisen. Bei den wenigen Wendungen, die man darauf zurückgeführt hat,
steht außerdem die Ableitung nicht ganz fest, sodaß sie hier im ganzen über¬
gangen werden dürfen. Nur auf eine, in der Unterhaltung des täglichen Lebens
sehr oft vorkommende sonderbare Redensart sei hier hingewiesen, weil neuerdings
angesehene Sprachforscher ihren früher oft bestrittenen Zusammenhang mit den
Pandekten als zweifellos hingestellt haben. Jeder kennt die Umschreibung
"etwas aus dem Efef (F F) verstehen" für "über etwas ganz besonders
gründlich unterrichtet sein." Man hat sie herleiten wollen von der Abkürzung k. t'.
für das "tort.iK8imo" der (italienischen) Musik, oder gar von dein in neuern
Geschäftsreklamen üblich gewordnen ff. zur Bezeichnung "hoch" oder "extra"
feiner (oder "Prima"-) Waren ("Anstich von ff. Kulmbacher" bei den Wirten und
dergl. mehr). Dus allein Nichtige dürfte aber die Abstammung dieser Redens¬
art aus einem jetzt vergessenen juristischen Branche sein. Da nämlich für die
Pandekten auch das Wort "Digesten" als gleichbedeutend vorkommt (,,-1u8ti-
nimri Dig-pödu, 8v" ?Mal<z"ta.ez"), so pflegte dieser Teil des La-M8 jriri8 bei
den ältern Schriftstellern, namentlich den sogenannten Glvssatoren, abgekürzt
mit einem dnrchstrichnen v zitiert zu werden, das häufig einem doppelten ?
sehr ähnlich gesehen haben soll. Wer nun öfter solche Zitate aus den Digesten
machte und etwas aus ihnen zu beweisen vermochte, der galt für einen ganzen
Juristen, für einen gelehrten und wohl unterrichteten Main:. Deshalb pflegte
man später dann auch verallgemeinernd von jemand, der sich hervorragender
Gründlichkeit in irgend einer Sache befleißigte, zu sagen: "Der versteht seine
Sache ans dem F F."

Aus den allgemeinen Lehren des deutschen Privatrechts dürste vor
allem die Regelung der Frage nach der Rechts- und der Handlungsfähigkeit
des einzelne"? Menschen interessieren, womit sich denn auch gleich die ersten
Paragraphen unsers Bürgerlichen Gesetzbuchs beschäftigen. Während danach die
Rechtsfähigkeit schon ihren Anfang nimmt "mit der Vollendung der Geburt" --zu
deren Nachweise frühere Gesetze nicht selten das "Beschreien der vier Wände"
verlangten (s. z. B. Sachs. Lehnr. 20, Z 1) --, tritt die zur wirksamen Vornahme
von Rechtsgeschäften nötige Volljährigkeit heute bekanntlich erst mit der Voll¬
endung des einundzwanzigsten Lebensjahres ein. Für die Erreichung dieses
wichtige,? Zeitabschnitts bediente sich die ältere Rechtssprache der Wendung "zu
seinen Jahren kommen," der das sächsische Recht übrigens noch genauer
das Alter dessen, der nur erst "zu seinen Tagen" gekommen (zwischen 12 und
21 Jahren), als eine rechtlich bedeutsame Vorstufe gegenüber stellte. Jetzt sind
beide Ausdrücke aus den Gesetzbüchern verschwunden, die Volkssprache aber hat
den ersten für den allgemeinen Begriff des "Altwerdens" beibehalten, sodaß
man jetzt nnter einem Menschen, der "zu seinen Jahren gekommen" ist,
schlechthin eine gesetzte und verständige, ältere (schon "bejahrte") Person be-
lireift, ohne dabei gerade an ein genau bestimmtes Lebensalter zu denken.

Wer die Grenze der Minderjährigkeit noch nicht überschritten hat, der braucht
w der Regel auch heute noch einen "Vormund" (althd. lor-unnoto, ahd.
vnrnumt, on'mrinclsc^, vvrmünclv), der für ihn, den "Unmündigen" oder
"Mündel" (mnllllol, inunil>'!i>in. nuuinün^. Mündung), als dessen gesetzlicher
Vertreter Rechtshandlungen vornimmt. Dus Volk hat sich nun den Vormund
Ah den Mann ausgedeutet, der für seinen Schützling, besonders vor Gericht,
'/spricht und ihm gleichsam seinen Mund leiht" (Jakob Grimm) -- eine Ees-


Deutsche Rechtsaltertümer in unsrer heutigen deutschen Sprache

Bestandteilen zusammen zum einheitlichen neuen „bürgerlichen Recht" ver¬
schmolzen worden ist. Während die juristische Terminologie dem römischen
Pandektenrecht des Oorpns jnrl8 eine große Anzahl lateinisch-deutscher Fach¬
ausdrücke zu verdanken hat, die freilich jetzt im Bürgerlichen Gesetzbuche bis
ans einige wenige, auch bei den Laien längst eingelebte (wie etwa „Hypothek"
und „Testament") wieder beseitigt worden sind, kann man dagegen in der Rede¬
weise unsers Volkes fast gar keine nähern Beziehungen zu dem fremden Recht
aufweisen. Bei den wenigen Wendungen, die man darauf zurückgeführt hat,
steht außerdem die Ableitung nicht ganz fest, sodaß sie hier im ganzen über¬
gangen werden dürfen. Nur auf eine, in der Unterhaltung des täglichen Lebens
sehr oft vorkommende sonderbare Redensart sei hier hingewiesen, weil neuerdings
angesehene Sprachforscher ihren früher oft bestrittenen Zusammenhang mit den
Pandekten als zweifellos hingestellt haben. Jeder kennt die Umschreibung
„etwas aus dem Efef (F F) verstehen" für „über etwas ganz besonders
gründlich unterrichtet sein." Man hat sie herleiten wollen von der Abkürzung k. t'.
für das „tort.iK8imo" der (italienischen) Musik, oder gar von dein in neuern
Geschäftsreklamen üblich gewordnen ff. zur Bezeichnung „hoch" oder „extra"
feiner (oder „Prima"-) Waren („Anstich von ff. Kulmbacher" bei den Wirten und
dergl. mehr). Dus allein Nichtige dürfte aber die Abstammung dieser Redens¬
art aus einem jetzt vergessenen juristischen Branche sein. Da nämlich für die
Pandekten auch das Wort „Digesten" als gleichbedeutend vorkommt (,,-1u8ti-
nimri Dig-pödu, 8v» ?Mal<z«ta.ez"), so pflegte dieser Teil des La-M8 jriri8 bei
den ältern Schriftstellern, namentlich den sogenannten Glvssatoren, abgekürzt
mit einem dnrchstrichnen v zitiert zu werden, das häufig einem doppelten ?
sehr ähnlich gesehen haben soll. Wer nun öfter solche Zitate aus den Digesten
machte und etwas aus ihnen zu beweisen vermochte, der galt für einen ganzen
Juristen, für einen gelehrten und wohl unterrichteten Main:. Deshalb pflegte
man später dann auch verallgemeinernd von jemand, der sich hervorragender
Gründlichkeit in irgend einer Sache befleißigte, zu sagen: „Der versteht seine
Sache ans dem F F."

Aus den allgemeinen Lehren des deutschen Privatrechts dürste vor
allem die Regelung der Frage nach der Rechts- und der Handlungsfähigkeit
des einzelne»? Menschen interessieren, womit sich denn auch gleich die ersten
Paragraphen unsers Bürgerlichen Gesetzbuchs beschäftigen. Während danach die
Rechtsfähigkeit schon ihren Anfang nimmt „mit der Vollendung der Geburt" —zu
deren Nachweise frühere Gesetze nicht selten das „Beschreien der vier Wände"
verlangten (s. z. B. Sachs. Lehnr. 20, Z 1) —, tritt die zur wirksamen Vornahme
von Rechtsgeschäften nötige Volljährigkeit heute bekanntlich erst mit der Voll¬
endung des einundzwanzigsten Lebensjahres ein. Für die Erreichung dieses
wichtige,? Zeitabschnitts bediente sich die ältere Rechtssprache der Wendung „zu
seinen Jahren kommen," der das sächsische Recht übrigens noch genauer
das Alter dessen, der nur erst „zu seinen Tagen" gekommen (zwischen 12 und
21 Jahren), als eine rechtlich bedeutsame Vorstufe gegenüber stellte. Jetzt sind
beide Ausdrücke aus den Gesetzbüchern verschwunden, die Volkssprache aber hat
den ersten für den allgemeinen Begriff des „Altwerdens" beibehalten, sodaß
man jetzt nnter einem Menschen, der „zu seinen Jahren gekommen" ist,
schlechthin eine gesetzte und verständige, ältere (schon „bejahrte") Person be-
lireift, ohne dabei gerade an ein genau bestimmtes Lebensalter zu denken.

Wer die Grenze der Minderjährigkeit noch nicht überschritten hat, der braucht
w der Regel auch heute noch einen „Vormund" (althd. lor-unnoto, ahd.
vnrnumt, on'mrinclsc^, vvrmünclv), der für ihn, den „Unmündigen" oder
"Mündel" (mnllllol, inunil>'!i>in. nuuinün^. Mündung), als dessen gesetzlicher
Vertreter Rechtshandlungen vornimmt. Dus Volk hat sich nun den Vormund
Ah den Mann ausgedeutet, der für seinen Schützling, besonders vor Gericht,
'/spricht und ihm gleichsam seinen Mund leiht" (Jakob Grimm) — eine Ees-


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[0235] Deutsche Rechtsaltertümer in unsrer heutigen deutschen Sprache Bestandteilen zusammen zum einheitlichen neuen „bürgerlichen Recht" ver¬ schmolzen worden ist. Während die juristische Terminologie dem römischen Pandektenrecht des Oorpns jnrl8 eine große Anzahl lateinisch-deutscher Fach¬ ausdrücke zu verdanken hat, die freilich jetzt im Bürgerlichen Gesetzbuche bis ans einige wenige, auch bei den Laien längst eingelebte (wie etwa „Hypothek" und „Testament") wieder beseitigt worden sind, kann man dagegen in der Rede¬ weise unsers Volkes fast gar keine nähern Beziehungen zu dem fremden Recht aufweisen. Bei den wenigen Wendungen, die man darauf zurückgeführt hat, steht außerdem die Ableitung nicht ganz fest, sodaß sie hier im ganzen über¬ gangen werden dürfen. Nur auf eine, in der Unterhaltung des täglichen Lebens sehr oft vorkommende sonderbare Redensart sei hier hingewiesen, weil neuerdings angesehene Sprachforscher ihren früher oft bestrittenen Zusammenhang mit den Pandekten als zweifellos hingestellt haben. Jeder kennt die Umschreibung „etwas aus dem Efef (F F) verstehen" für „über etwas ganz besonders gründlich unterrichtet sein." Man hat sie herleiten wollen von der Abkürzung k. t'. für das „tort.iK8imo" der (italienischen) Musik, oder gar von dein in neuern Geschäftsreklamen üblich gewordnen ff. zur Bezeichnung „hoch" oder „extra" feiner (oder „Prima"-) Waren („Anstich von ff. Kulmbacher" bei den Wirten und dergl. mehr). Dus allein Nichtige dürfte aber die Abstammung dieser Redens¬ art aus einem jetzt vergessenen juristischen Branche sein. Da nämlich für die Pandekten auch das Wort „Digesten" als gleichbedeutend vorkommt (,,-1u8ti- nimri Dig-pödu, 8v» ?Mal<z«ta.ez"), so pflegte dieser Teil des La-M8 jriri8 bei den ältern Schriftstellern, namentlich den sogenannten Glvssatoren, abgekürzt mit einem dnrchstrichnen v zitiert zu werden, das häufig einem doppelten ? sehr ähnlich gesehen haben soll. Wer nun öfter solche Zitate aus den Digesten machte und etwas aus ihnen zu beweisen vermochte, der galt für einen ganzen Juristen, für einen gelehrten und wohl unterrichteten Main:. Deshalb pflegte man später dann auch verallgemeinernd von jemand, der sich hervorragender Gründlichkeit in irgend einer Sache befleißigte, zu sagen: „Der versteht seine Sache ans dem F F." Aus den allgemeinen Lehren des deutschen Privatrechts dürste vor allem die Regelung der Frage nach der Rechts- und der Handlungsfähigkeit des einzelne»? Menschen interessieren, womit sich denn auch gleich die ersten Paragraphen unsers Bürgerlichen Gesetzbuchs beschäftigen. Während danach die Rechtsfähigkeit schon ihren Anfang nimmt „mit der Vollendung der Geburt" —zu deren Nachweise frühere Gesetze nicht selten das „Beschreien der vier Wände" verlangten (s. z. B. Sachs. Lehnr. 20, Z 1) —, tritt die zur wirksamen Vornahme von Rechtsgeschäften nötige Volljährigkeit heute bekanntlich erst mit der Voll¬ endung des einundzwanzigsten Lebensjahres ein. Für die Erreichung dieses wichtige,? Zeitabschnitts bediente sich die ältere Rechtssprache der Wendung „zu seinen Jahren kommen," der das sächsische Recht übrigens noch genauer das Alter dessen, der nur erst „zu seinen Tagen" gekommen (zwischen 12 und 21 Jahren), als eine rechtlich bedeutsame Vorstufe gegenüber stellte. Jetzt sind beide Ausdrücke aus den Gesetzbüchern verschwunden, die Volkssprache aber hat den ersten für den allgemeinen Begriff des „Altwerdens" beibehalten, sodaß man jetzt nnter einem Menschen, der „zu seinen Jahren gekommen" ist, schlechthin eine gesetzte und verständige, ältere (schon „bejahrte") Person be- lireift, ohne dabei gerade an ein genau bestimmtes Lebensalter zu denken. Wer die Grenze der Minderjährigkeit noch nicht überschritten hat, der braucht w der Regel auch heute noch einen „Vormund" (althd. lor-unnoto, ahd. vnrnumt, on'mrinclsc^, vvrmünclv), der für ihn, den „Unmündigen" oder "Mündel" (mnllllol, inunil>'!i>in. nuuinün^. Mündung), als dessen gesetzlicher Vertreter Rechtshandlungen vornimmt. Dus Volk hat sich nun den Vormund Ah den Mann ausgedeutet, der für seinen Schützling, besonders vor Gericht, '/spricht und ihm gleichsam seinen Mund leiht" (Jakob Grimm) — eine Ees-

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/235>, abgerufen am 28.11.2024.