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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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acht "der vierzehn Tage später seinen Hufen erreichte, gar keine Rolle. Zeit
war früher überhaupt kein Gut, das die Menschheit besonders schätzte. Nur
wenig Tagereisen sind Danzig und Stettin, Hamburg und Bremen von hollän¬
dischen und englischen Häfen, Genua von den spanischen Häfen entfernt, und
heute, wo die Zeit ein immer kostbareres Gut geworden ist, wo wir im großen
internationalen Verkehr mit Stunden rechnen, vermögen Bremen und Hamburg
mit ihren Schnelldampfern nicht nur mit den günstiger liegenden Häfen Eng¬
lands und Frankreichs zu konkurrieren, ja sie vermögen diese sogar zu be¬
siegen. Wir lagen nicht weiter und nicht näher von der Neuen Welt ab als
Spanien und Frankreich, aber es fehlte uns die innere nationale Kraft, uns
an dem Wettkampf um den Besitz der Neuen Welt zu beteiligen.

So sind es denn die Weststaaten, Spanien und Portugal, denen zunächst
das Schicksal in ganz unglaublicher Weise gelächelt hatte, dann Frankreich und
Holland und schließlich England, die untereinander wettbewerbend auftreten.
Vom Ausgang des sechzehnten Jahrhunderts bis zum Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts, fast dreihundert Jahre, herrschte ein beständiger Kampf zwischen
diesen Staaten, und aus diesen, Kampfe geht schließlich ein Volk, England,
als Sieger hervor. Seine erste Großtat ist 1588 die Besiegung der spanischen
Armada. Das Deutsche Reich hatte damals keine Flotte, mit der es einen
solchen Seesieg hätte erringen können. Damit ist die Entscheidung zwischen
uns und England schon gegeben. Wir mußten von da ab hinter England
zurückstehn. Das siebzehnte Jahrhundert ist dann mit drei großen Kriegen
Englands gegen Holland erfüllt. Sie gruppieren sich gewissermaßen um die
englische Navigationsakte von 1651. In dieser war bestimmt: Alle Küsten¬
schiffahrt soll englischen Schiffen vorbehalten sein; alle außereuropäischen Waren
dürfen nach England wie nach englischen Kolonien nur auf englischen Schiffen
verfrachtet werden; europäische Waren dürfen mir auf Schiffen des Ursprungs¬
landes und in direkter Fahrt, sonst auf englischen Schiffen in England ein¬
geführt werden. Neben der Hebung der eignen Seeschiffahrt war der vor¬
nehmliche Zweck dieses Gesetzes, den Durchfuhr- und Zwischenhandel Hollands
zu schädigen. In diesen Kriegen gelang es der weit ausschauenden englischen
Diplomatie, Frankreich zu überlisten und es im letzten Kriege gegen Holland
als Bundesgenossen zu gewinnen. Der schließliche Sieg fiel England zu.
Holland wurde tief gedemütigt; es mußte die englische Oberherrschaft zur See
anerkennen, und vor jedem englischen Schiff mußte,: seine Schiffe vom spa¬
nischen Kap Finisterre bis nach Norwegen die Flagge streichen.

England erreichte das Ziel, seine einheimische Seemacht zu stärken. Von
1673 bis 1702 stieg die Tonnenzahl britischer Schiffe in britischen .Häfen von
25000 auf 326000, und die der fremden Schiffe fiel von 47000 auf 29000.
Dem Gedanken aber, von dem die britische Nation damals beseelt war, hat
Lord Hardwicke 1743 offen und frank Ausdruck verliehen: "Wenn unser Handel
zurückgeht, ist der Handel der Nation, die uns vom Markt auf dem Kontinent
ausschließt, zu vernichten. Wir müssen ihre Schiffe von der See vertreiben
und ihre Häfen blockieren."

Ein größerer und mächtigerer Gegner als Holland und Spanien war


Grenzboten IN 190!? 2
Vor Kampf ni» den Ivoltniarkt

acht »der vierzehn Tage später seinen Hufen erreichte, gar keine Rolle. Zeit
war früher überhaupt kein Gut, das die Menschheit besonders schätzte. Nur
wenig Tagereisen sind Danzig und Stettin, Hamburg und Bremen von hollän¬
dischen und englischen Häfen, Genua von den spanischen Häfen entfernt, und
heute, wo die Zeit ein immer kostbareres Gut geworden ist, wo wir im großen
internationalen Verkehr mit Stunden rechnen, vermögen Bremen und Hamburg
mit ihren Schnelldampfern nicht nur mit den günstiger liegenden Häfen Eng¬
lands und Frankreichs zu konkurrieren, ja sie vermögen diese sogar zu be¬
siegen. Wir lagen nicht weiter und nicht näher von der Neuen Welt ab als
Spanien und Frankreich, aber es fehlte uns die innere nationale Kraft, uns
an dem Wettkampf um den Besitz der Neuen Welt zu beteiligen.

So sind es denn die Weststaaten, Spanien und Portugal, denen zunächst
das Schicksal in ganz unglaublicher Weise gelächelt hatte, dann Frankreich und
Holland und schließlich England, die untereinander wettbewerbend auftreten.
Vom Ausgang des sechzehnten Jahrhunderts bis zum Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts, fast dreihundert Jahre, herrschte ein beständiger Kampf zwischen
diesen Staaten, und aus diesen, Kampfe geht schließlich ein Volk, England,
als Sieger hervor. Seine erste Großtat ist 1588 die Besiegung der spanischen
Armada. Das Deutsche Reich hatte damals keine Flotte, mit der es einen
solchen Seesieg hätte erringen können. Damit ist die Entscheidung zwischen
uns und England schon gegeben. Wir mußten von da ab hinter England
zurückstehn. Das siebzehnte Jahrhundert ist dann mit drei großen Kriegen
Englands gegen Holland erfüllt. Sie gruppieren sich gewissermaßen um die
englische Navigationsakte von 1651. In dieser war bestimmt: Alle Küsten¬
schiffahrt soll englischen Schiffen vorbehalten sein; alle außereuropäischen Waren
dürfen nach England wie nach englischen Kolonien nur auf englischen Schiffen
verfrachtet werden; europäische Waren dürfen mir auf Schiffen des Ursprungs¬
landes und in direkter Fahrt, sonst auf englischen Schiffen in England ein¬
geführt werden. Neben der Hebung der eignen Seeschiffahrt war der vor¬
nehmliche Zweck dieses Gesetzes, den Durchfuhr- und Zwischenhandel Hollands
zu schädigen. In diesen Kriegen gelang es der weit ausschauenden englischen
Diplomatie, Frankreich zu überlisten und es im letzten Kriege gegen Holland
als Bundesgenossen zu gewinnen. Der schließliche Sieg fiel England zu.
Holland wurde tief gedemütigt; es mußte die englische Oberherrschaft zur See
anerkennen, und vor jedem englischen Schiff mußte,: seine Schiffe vom spa¬
nischen Kap Finisterre bis nach Norwegen die Flagge streichen.

England erreichte das Ziel, seine einheimische Seemacht zu stärken. Von
1673 bis 1702 stieg die Tonnenzahl britischer Schiffe in britischen .Häfen von
25000 auf 326000, und die der fremden Schiffe fiel von 47000 auf 29000.
Dem Gedanken aber, von dem die britische Nation damals beseelt war, hat
Lord Hardwicke 1743 offen und frank Ausdruck verliehen: „Wenn unser Handel
zurückgeht, ist der Handel der Nation, die uns vom Markt auf dem Kontinent
ausschließt, zu vernichten. Wir müssen ihre Schiffe von der See vertreiben
und ihre Häfen blockieren."

Ein größerer und mächtigerer Gegner als Holland und Spanien war


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/17>, abgerufen am 25.11.2024.