Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.Der Marquis von Marigny auf der Welt! Seine Marotten sind ihm viel teurer! Weiß der Himmel, ich So sind die Männer alle. Ihr Vater ist auch nicht besser. Er ist imstande, Ein paar Wochen später -- es war im Juni -- erhielt das Mädchen eines Die gute Marguerite! Sie aHute nicht, daß nur eine Weißdornhecke sie von Und noch weniger ahnte sie, was in diesem Augenblick dort drüben vorging, tappte ^ sprachen beide Gatten so leise, als ob jede Bohnenblüte ein ver- zoten II igyz gg
Der Marquis von Marigny auf der Welt! Seine Marotten sind ihm viel teurer! Weiß der Himmel, ich So sind die Männer alle. Ihr Vater ist auch nicht besser. Er ist imstande, Ein paar Wochen später — es war im Juni — erhielt das Mädchen eines Die gute Marguerite! Sie aHute nicht, daß nur eine Weißdornhecke sie von Und noch weniger ahnte sie, was in diesem Augenblick dort drüben vorging, tappte ^ sprachen beide Gatten so leise, als ob jede Bohnenblüte ein ver- zoten II igyz gg
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0745" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241127"/> <fw type="header" place="top"> Der Marquis von Marigny</fw><lb/> <p xml:id="ID_3461" prev="#ID_3460"> auf der Welt! Seine Marotten sind ihm viel teurer! Weiß der Himmel, ich<lb/> h"be genug von den Männern! Es ist einer wie der andre. Denken Sie sich,<lb/> der meine hat darauf bestanden, daß ich meine Kammerjungfer entlassen mußte.<lb/> Und weshalb? Weil er sie dabei erwischte, als sie ein wenig in seinen Papieren<lb/> schniiffelte. Lächerlich! Als ob seine Geheimnisse so wichtig wären! Sie müssen<lb/> wissen, daß die Person unvergleichlich zu frisieren verstand. Sehen Sie mich ein¬<lb/> mal ein — mit dem Kopfe muß ich nun umherlaufen, bloß weil mein Mann die<lb/> alberne Befürchtung hegte, das Mädchen sei eine Spionin der Revolution. Und<lb/> ich Törin hatte geglaubt, mein Kopf sei ihm wertvoller als der seine.'</p><lb/> <p xml:id="ID_3462"> So sind die Männer alle. Ihr Vater ist auch nicht besser. Er ist imstande,<lb/> die einfachsten Regeln der Ritterlichkeit außer acht zu lassen, wenn es gilt, feinen<lb/> Willen durchzusetzen. Ja, meine Beste, ich habe bittre Erfahrungen machen müssen.<lb/> Und ich fürchte, es sind nicht die letzten gewesen. Ach, Marguerite, weshalb leben<lb/> wir nicht in einem Amnzonenflaate!</p><lb/> <p xml:id="ID_3463"> Ein paar Wochen später — es war im Juni — erhielt das Mädchen eines<lb/> ^ages von ihrer Freundin ein Billett, dnrch das diese die Mitteilung machte, sie<lb/> könne heute zur gewohnten Stunde nicht kommen, da sie durch die Kirschenernte<lb/> w ihrem eignen Garten voraussichtlich den ganzen Nachmittag in Anspruch ge¬<lb/> nommen werde. Marguerite wußte nicht recht, was sie zu dieser Nachricht sagen<lb/> jollte; sie hatte nie etwas davon gehört, daß Gramvnts einen Garten hätten oder<lb/> An mieten beabsichtigten, und vermochte sich mich kaum vorzustellen, daß die Baronin<lb/> nner su idyllische» Beschäftigung wie dem Kirschenernten Geschmack abzugewinnen<lb/> vermöchte. Sie las deu Brief zum zweiten und zum dritten mal, legte ihn dann<lb/> kopfschüttelnd beiseite und griff zum Stickrahmen, der ihr jetzt wieder ein lieber<lb/> Gesellschafter in einsamen Stunden geworden war. Jedoch die Arbeit ging ihr<lb/> Mte nicht recht von der Hand; mehr als einmal ertappte sie sich dabei, wie sie<lb/> anstatt auf deu Kauevas ius Weite schaute. Was mochte es mit dem Garten ihrer<lb/> »renndin für eine Bewandtnis haben? Sie entsann sich, daß Frau von Gramont ihr<lb/> ^e schöne Lage von Pfaffendorf gerühmt hatte und nichts so liebte, wie an warmen<lb/> ^ager mit der Rheinfähre hinüber und herüber zu fahren. Wenn sie also wirklichunen Garten geniietet hatte, so konnte es kaum wo anders als tu Pfaffeudorf sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_3464"> Die gute Marguerite! Sie aHute nicht, daß nur eine Weißdornhecke sie von<lb/> ^>n bescheidnen Buen Retiro trennte, das ihre Freundin vor kaum vierundzwanzig«runden für den Nest des Sommers an sich gebracht hatte!</p><lb/> <p xml:id="ID_3465"> Und noch weniger ahnte sie, was in diesem Augenblick dort drüben vorging,<lb/> list. ^ kleinen, von blühenden Feuerbohnen umrankten Lanbe war ein Tee-<lb/> I ) gedeckt, an dem sich die Baronin, sommerlich gekleidet und dank der Be-<lb/> vvN 1^" Jungfer auf das sorgfältigste frisiert, mit dem Eifer einer<lb/> mit " Hansfrau zu schaffen machte. Ein wenig abseits davon schürte ihr Gatte<lb/> ^" eigner Hand ein kleines Feuer, zugleich bemüht, einen kupfernen Kessel, der<lb/> nie langen Strick von einem Baumnste herabhing, in seiner pendelnden Be-<lb/> spmi"'? ""Kuhalten. Und zwischen der Laube und dem improvisierten Lagerfeuer<lb/> der , - s, Villeroi hin und her, mit dem Gesichtsausdruck eines Menschen,<lb/> hat ^"ö" er auf der Welt ist. und der das unbestimmte Gefühl<lb/> re?^""^ ^"o etwas tun, um sich nützlich zu machen und seine Gegenwart<lb/> tisch , - ^ mit seinen Bemühungen nicht viel Glück. Am Tee-<lb/> Lnnbe ? ^^"er schienen alle Arbeiten vergeben zu sein. Kam er in die<lb/> mir! s ^' H^' Villeroi, das Tassencmswischen überlassen Sie<lb/> Wane^ n / Beschäftigung für Herren, und erschien er bei dem pendelnden<lb/> Leise°. )1. '° hieß es: Lieber Freund, Sie werdeu sich die Schuhe ausengen.<lb/> ' , Sie meiner Fran Gesellschaft!</p><lb/> <p xml:id="ID_3466" next="#ID_3467"> tappte ^ sprachen beide Gatten so leise, als ob jede Bohnenblüte ein ver-<lb/> Bnror ^"^^ "^re, und wenn er selbst einmal den Mund auftat, so legte der<lb/> > oder die Baronin den Finner an die Lippen und sagte: Unis Himmels<lb/> Grenb-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> zoten II igyz gg</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0745]
Der Marquis von Marigny
auf der Welt! Seine Marotten sind ihm viel teurer! Weiß der Himmel, ich
h"be genug von den Männern! Es ist einer wie der andre. Denken Sie sich,
der meine hat darauf bestanden, daß ich meine Kammerjungfer entlassen mußte.
Und weshalb? Weil er sie dabei erwischte, als sie ein wenig in seinen Papieren
schniiffelte. Lächerlich! Als ob seine Geheimnisse so wichtig wären! Sie müssen
wissen, daß die Person unvergleichlich zu frisieren verstand. Sehen Sie mich ein¬
mal ein — mit dem Kopfe muß ich nun umherlaufen, bloß weil mein Mann die
alberne Befürchtung hegte, das Mädchen sei eine Spionin der Revolution. Und
ich Törin hatte geglaubt, mein Kopf sei ihm wertvoller als der seine.'
So sind die Männer alle. Ihr Vater ist auch nicht besser. Er ist imstande,
die einfachsten Regeln der Ritterlichkeit außer acht zu lassen, wenn es gilt, feinen
Willen durchzusetzen. Ja, meine Beste, ich habe bittre Erfahrungen machen müssen.
Und ich fürchte, es sind nicht die letzten gewesen. Ach, Marguerite, weshalb leben
wir nicht in einem Amnzonenflaate!
Ein paar Wochen später — es war im Juni — erhielt das Mädchen eines
^ages von ihrer Freundin ein Billett, dnrch das diese die Mitteilung machte, sie
könne heute zur gewohnten Stunde nicht kommen, da sie durch die Kirschenernte
w ihrem eignen Garten voraussichtlich den ganzen Nachmittag in Anspruch ge¬
nommen werde. Marguerite wußte nicht recht, was sie zu dieser Nachricht sagen
jollte; sie hatte nie etwas davon gehört, daß Gramvnts einen Garten hätten oder
An mieten beabsichtigten, und vermochte sich mich kaum vorzustellen, daß die Baronin
nner su idyllische» Beschäftigung wie dem Kirschenernten Geschmack abzugewinnen
vermöchte. Sie las deu Brief zum zweiten und zum dritten mal, legte ihn dann
kopfschüttelnd beiseite und griff zum Stickrahmen, der ihr jetzt wieder ein lieber
Gesellschafter in einsamen Stunden geworden war. Jedoch die Arbeit ging ihr
Mte nicht recht von der Hand; mehr als einmal ertappte sie sich dabei, wie sie
anstatt auf deu Kauevas ius Weite schaute. Was mochte es mit dem Garten ihrer
»renndin für eine Bewandtnis haben? Sie entsann sich, daß Frau von Gramont ihr
^e schöne Lage von Pfaffendorf gerühmt hatte und nichts so liebte, wie an warmen
^ager mit der Rheinfähre hinüber und herüber zu fahren. Wenn sie also wirklichunen Garten geniietet hatte, so konnte es kaum wo anders als tu Pfaffeudorf sein.
Die gute Marguerite! Sie aHute nicht, daß nur eine Weißdornhecke sie von
^>n bescheidnen Buen Retiro trennte, das ihre Freundin vor kaum vierundzwanzig«runden für den Nest des Sommers an sich gebracht hatte!
Und noch weniger ahnte sie, was in diesem Augenblick dort drüben vorging,
list. ^ kleinen, von blühenden Feuerbohnen umrankten Lanbe war ein Tee-
I ) gedeckt, an dem sich die Baronin, sommerlich gekleidet und dank der Be-
vvN 1^" Jungfer auf das sorgfältigste frisiert, mit dem Eifer einer
mit " Hansfrau zu schaffen machte. Ein wenig abseits davon schürte ihr Gatte
^" eigner Hand ein kleines Feuer, zugleich bemüht, einen kupfernen Kessel, der
nie langen Strick von einem Baumnste herabhing, in seiner pendelnden Be-
spmi"'? ""Kuhalten. Und zwischen der Laube und dem improvisierten Lagerfeuer
der , - s, Villeroi hin und her, mit dem Gesichtsausdruck eines Menschen,
hat ^"ö" er auf der Welt ist. und der das unbestimmte Gefühl
re?^""^ ^"o etwas tun, um sich nützlich zu machen und seine Gegenwart
tisch , - ^ mit seinen Bemühungen nicht viel Glück. Am Tee-
Lnnbe ? ^^"er schienen alle Arbeiten vergeben zu sein. Kam er in die
mir! s ^' H^' Villeroi, das Tassencmswischen überlassen Sie
Wane^ n / Beschäftigung für Herren, und erschien er bei dem pendelnden
Leise°. )1. '° hieß es: Lieber Freund, Sie werdeu sich die Schuhe ausengen.
' , Sie meiner Fran Gesellschaft!
tappte ^ sprachen beide Gatten so leise, als ob jede Bohnenblüte ein ver-
Bnror ^"^^ "^re, und wenn er selbst einmal den Mund auftat, so legte der
> oder die Baronin den Finner an die Lippen und sagte: Unis Himmels
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