Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Bilder von der Roter und der Pulsnitz

Schätze spenden, fällt es niemand mehr ein, Zcibeltitzer Kiesel zu schleifen. Aber
im achtzehnten Jahrhundert, wo die echten Edelsteine noch viel wertvoller waren,
und unter dem Einflüsse des Rokokogcschmacks auch der Bedarf, namentlich an
großen Stücken, unendlich viel größer war als heute, spielten anch die inländischen
Steine und die bunten Glasflüsse bei der Herstellung prunkenden Geschmeides
eine große Rolle. Die Zabeltitzer Kiesel insbesondre, auch "sächsische Diamanten"
genannt, waren berühmt, "weil sie ein so schönes Wasser haben"; ihre Fund¬
stelle war nicht eigentlich im Dorfe Zabeltitz, sondern in den Kiesgruben der
Strogaer Flur, an denen der von der Großenhain-Elsterwerdaer Straße links
abzweigende Weg nach Zabeltitz vorüberführt. Dieser Weg erweitert sich bei
den ersten Häusern des Dorfes auf dein Raume des ehemaligen Dorfangers
zu stattlicher Breite und leitet uns westwärts an der weißgetünchten Kirche
vorüber gerade auf eine große Mühle zu: links von ihr unter den hohen
Wipfeln uralter Bäume liegt das Schloß, das Ziel unsrer Wandrung. Wir
treten durch das Tor in den großen, wohlgepflegten Hof und sehen zunächst
rechts einen anmutigen Bau aus dem achtzehnten Jahrhundert, das sogenannte
Garteuschlvß, vor dessen gefüllig gegliederter Front die tiefen braunen Wasser
der Roter, mehrfach überbrückt, eilig dcchinfluten; etwas weiterhin aber liegt
zur Linken des Weges ein sehr ansehnlicher älterer Schloßbau aus dein sech¬
zehnten Jahrhundert: gewaltige Neuaissaneegiebel an den Schmalseiten und je
drei solcher Giebel an den Langseiten des Hnnses zeugen von der Wohlhaben¬
heit seines Erbauers, der hohe runde Turm, der dem mittelsten Giebel der
Langseite vorgebaut ist, deutet auf den ehemaligen Zweck der ganzen Anlage
als einer festen Wasserburg in der Nöderniedernng. Eine lateinische Inschrift
des Turmes erzählt uns von der Erneuerung des Schlosses und dem Leben
des jetzigen Besitzers, des Kammerherrn von Frage-Weltzien.

Hier stehn Nur ans einem durch seine geschichtlichen Erinnerungen über¬
aus interessanten Boden. Zwar die ältere Geschichte von Zabeltitz zeigt nur
die in dieser Gegend typischen Verhältnisse: im Jahre 1207 erscheint in einer
Urkunde der erste deutsche Herr des ursprünglich slawischen Dorfes Zabeltitz,
im vierzehnten Jahrhundert gehört es den Köckeritz, gegen Ende des Jahr¬
hunderts (1397) geht es an einen Zweig der großen Familie Pflug über, als
dessen letzter Sproß Nickel Pflug 1580 gestorben und in der von ihm erbauten
Kirche begraben ist. Danach kommt Zabeltitz durch Kauf in den Besitz der
Kurfürsten, und seitdem ist es bald enger bald loser mit den Schicksalen des
sächsischen kurfürstlichen Hanfes verknüpft geblieben.

Der volle Reiz des schönen Besitzes entfaltet sich erst, wenn man über
eine der hölzernen Brücken in den rechts vom Schlosse liegenden Park hinüber-
geht. Dahin öffnet sich auch die geräumige Terrasse des Gartenschlosses.
Dieser Park wurde einst sehr bewundert -- im Jahre 1766 hat ihn z. B.
Kaiser Joseph der Zweite besucht --, und auch jetzt noch ist er, namentlich
unter dem Eindrucke der regungslosen Stille, die ihn umgibt, geeignet, etwas
von der Stimmung der letzten Jahrzehnte des achtzehnten Jahrhunderts im
Menschen zu erwecken. Ich sah ihn zu der Zeit, wo sich in jeder Sekunde
eins der goldgelben Lindenblätter vom Zweige löste und lautlos zu den un¬
zähligen herabsank, die die feuchte Erde bedeckten. Lange stand ich allein auf
der Terrasse des Gartenschlosses und sah das reiche Lebe", das einst hier ge¬
blüht hatte, in flüchtigen Bildern, den fallenden Blättern gleich, an mir vorbei-
huschen. Da reitet der schwerfällige, eigensinnige Johann Georg der Erste in
der schlichtem Haartracht des Dreißigjährigen Krieges neben dem glänzenden
Johann Georg dem Zweiten und dem starkwilligcn Johann Georg dem Dritten,
dein sächsischen Mars, deren Allongeperücken schon majestätischer auf den
sammetnen Jagdrock herabfallen -- fie alle haben oft, nachdem sie im Schrnden-
walde Sauen und Hirsche gehetzt, hier gerastet und sichs im ältern Ban der


Bilder von der Roter und der Pulsnitz

Schätze spenden, fällt es niemand mehr ein, Zcibeltitzer Kiesel zu schleifen. Aber
im achtzehnten Jahrhundert, wo die echten Edelsteine noch viel wertvoller waren,
und unter dem Einflüsse des Rokokogcschmacks auch der Bedarf, namentlich an
großen Stücken, unendlich viel größer war als heute, spielten anch die inländischen
Steine und die bunten Glasflüsse bei der Herstellung prunkenden Geschmeides
eine große Rolle. Die Zabeltitzer Kiesel insbesondre, auch „sächsische Diamanten"
genannt, waren berühmt, „weil sie ein so schönes Wasser haben"; ihre Fund¬
stelle war nicht eigentlich im Dorfe Zabeltitz, sondern in den Kiesgruben der
Strogaer Flur, an denen der von der Großenhain-Elsterwerdaer Straße links
abzweigende Weg nach Zabeltitz vorüberführt. Dieser Weg erweitert sich bei
den ersten Häusern des Dorfes auf dein Raume des ehemaligen Dorfangers
zu stattlicher Breite und leitet uns westwärts an der weißgetünchten Kirche
vorüber gerade auf eine große Mühle zu: links von ihr unter den hohen
Wipfeln uralter Bäume liegt das Schloß, das Ziel unsrer Wandrung. Wir
treten durch das Tor in den großen, wohlgepflegten Hof und sehen zunächst
rechts einen anmutigen Bau aus dem achtzehnten Jahrhundert, das sogenannte
Garteuschlvß, vor dessen gefüllig gegliederter Front die tiefen braunen Wasser
der Roter, mehrfach überbrückt, eilig dcchinfluten; etwas weiterhin aber liegt
zur Linken des Weges ein sehr ansehnlicher älterer Schloßbau aus dein sech¬
zehnten Jahrhundert: gewaltige Neuaissaneegiebel an den Schmalseiten und je
drei solcher Giebel an den Langseiten des Hnnses zeugen von der Wohlhaben¬
heit seines Erbauers, der hohe runde Turm, der dem mittelsten Giebel der
Langseite vorgebaut ist, deutet auf den ehemaligen Zweck der ganzen Anlage
als einer festen Wasserburg in der Nöderniedernng. Eine lateinische Inschrift
des Turmes erzählt uns von der Erneuerung des Schlosses und dem Leben
des jetzigen Besitzers, des Kammerherrn von Frage-Weltzien.

Hier stehn Nur ans einem durch seine geschichtlichen Erinnerungen über¬
aus interessanten Boden. Zwar die ältere Geschichte von Zabeltitz zeigt nur
die in dieser Gegend typischen Verhältnisse: im Jahre 1207 erscheint in einer
Urkunde der erste deutsche Herr des ursprünglich slawischen Dorfes Zabeltitz,
im vierzehnten Jahrhundert gehört es den Köckeritz, gegen Ende des Jahr¬
hunderts (1397) geht es an einen Zweig der großen Familie Pflug über, als
dessen letzter Sproß Nickel Pflug 1580 gestorben und in der von ihm erbauten
Kirche begraben ist. Danach kommt Zabeltitz durch Kauf in den Besitz der
Kurfürsten, und seitdem ist es bald enger bald loser mit den Schicksalen des
sächsischen kurfürstlichen Hanfes verknüpft geblieben.

Der volle Reiz des schönen Besitzes entfaltet sich erst, wenn man über
eine der hölzernen Brücken in den rechts vom Schlosse liegenden Park hinüber-
geht. Dahin öffnet sich auch die geräumige Terrasse des Gartenschlosses.
Dieser Park wurde einst sehr bewundert — im Jahre 1766 hat ihn z. B.
Kaiser Joseph der Zweite besucht —, und auch jetzt noch ist er, namentlich
unter dem Eindrucke der regungslosen Stille, die ihn umgibt, geeignet, etwas
von der Stimmung der letzten Jahrzehnte des achtzehnten Jahrhunderts im
Menschen zu erwecken. Ich sah ihn zu der Zeit, wo sich in jeder Sekunde
eins der goldgelben Lindenblätter vom Zweige löste und lautlos zu den un¬
zähligen herabsank, die die feuchte Erde bedeckten. Lange stand ich allein auf
der Terrasse des Gartenschlosses und sah das reiche Lebe», das einst hier ge¬
blüht hatte, in flüchtigen Bildern, den fallenden Blättern gleich, an mir vorbei-
huschen. Da reitet der schwerfällige, eigensinnige Johann Georg der Erste in
der schlichtem Haartracht des Dreißigjährigen Krieges neben dem glänzenden
Johann Georg dem Zweiten und dem starkwilligcn Johann Georg dem Dritten,
dein sächsischen Mars, deren Allongeperücken schon majestätischer auf den
sammetnen Jagdrock herabfallen — fie alle haben oft, nachdem sie im Schrnden-
walde Sauen und Hirsche gehetzt, hier gerastet und sichs im ältern Ban der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0726" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241108"/>
          <fw type="header" place="top"> Bilder von der Roter und der Pulsnitz</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_3371" prev="#ID_3370"> Schätze spenden, fällt es niemand mehr ein, Zcibeltitzer Kiesel zu schleifen. Aber<lb/>
im achtzehnten Jahrhundert, wo die echten Edelsteine noch viel wertvoller waren,<lb/>
und unter dem Einflüsse des Rokokogcschmacks auch der Bedarf, namentlich an<lb/>
großen Stücken, unendlich viel größer war als heute, spielten anch die inländischen<lb/>
Steine und die bunten Glasflüsse bei der Herstellung prunkenden Geschmeides<lb/>
eine große Rolle. Die Zabeltitzer Kiesel insbesondre, auch &#x201E;sächsische Diamanten"<lb/>
genannt, waren berühmt, &#x201E;weil sie ein so schönes Wasser haben"; ihre Fund¬<lb/>
stelle war nicht eigentlich im Dorfe Zabeltitz, sondern in den Kiesgruben der<lb/>
Strogaer Flur, an denen der von der Großenhain-Elsterwerdaer Straße links<lb/>
abzweigende Weg nach Zabeltitz vorüberführt. Dieser Weg erweitert sich bei<lb/>
den ersten Häusern des Dorfes auf dein Raume des ehemaligen Dorfangers<lb/>
zu stattlicher Breite und leitet uns westwärts an der weißgetünchten Kirche<lb/>
vorüber gerade auf eine große Mühle zu: links von ihr unter den hohen<lb/>
Wipfeln uralter Bäume liegt das Schloß, das Ziel unsrer Wandrung. Wir<lb/>
treten durch das Tor in den großen, wohlgepflegten Hof und sehen zunächst<lb/>
rechts einen anmutigen Bau aus dem achtzehnten Jahrhundert, das sogenannte<lb/>
Garteuschlvß, vor dessen gefüllig gegliederter Front die tiefen braunen Wasser<lb/>
der Roter, mehrfach überbrückt, eilig dcchinfluten; etwas weiterhin aber liegt<lb/>
zur Linken des Weges ein sehr ansehnlicher älterer Schloßbau aus dein sech¬<lb/>
zehnten Jahrhundert: gewaltige Neuaissaneegiebel an den Schmalseiten und je<lb/>
drei solcher Giebel an den Langseiten des Hnnses zeugen von der Wohlhaben¬<lb/>
heit seines Erbauers, der hohe runde Turm, der dem mittelsten Giebel der<lb/>
Langseite vorgebaut ist, deutet auf den ehemaligen Zweck der ganzen Anlage<lb/>
als einer festen Wasserburg in der Nöderniedernng. Eine lateinische Inschrift<lb/>
des Turmes erzählt uns von der Erneuerung des Schlosses und dem Leben<lb/>
des jetzigen Besitzers, des Kammerherrn von Frage-Weltzien.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3372"> Hier stehn Nur ans einem durch seine geschichtlichen Erinnerungen über¬<lb/>
aus interessanten Boden. Zwar die ältere Geschichte von Zabeltitz zeigt nur<lb/>
die in dieser Gegend typischen Verhältnisse: im Jahre 1207 erscheint in einer<lb/>
Urkunde der erste deutsche Herr des ursprünglich slawischen Dorfes Zabeltitz,<lb/>
im vierzehnten Jahrhundert gehört es den Köckeritz, gegen Ende des Jahr¬<lb/>
hunderts (1397) geht es an einen Zweig der großen Familie Pflug über, als<lb/>
dessen letzter Sproß Nickel Pflug 1580 gestorben und in der von ihm erbauten<lb/>
Kirche begraben ist. Danach kommt Zabeltitz durch Kauf in den Besitz der<lb/>
Kurfürsten, und seitdem ist es bald enger bald loser mit den Schicksalen des<lb/>
sächsischen kurfürstlichen Hanfes verknüpft geblieben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3373" next="#ID_3374"> Der volle Reiz des schönen Besitzes entfaltet sich erst, wenn man über<lb/>
eine der hölzernen Brücken in den rechts vom Schlosse liegenden Park hinüber-<lb/>
geht. Dahin öffnet sich auch die geräumige Terrasse des Gartenschlosses.<lb/>
Dieser Park wurde einst sehr bewundert &#x2014; im Jahre 1766 hat ihn z. B.<lb/>
Kaiser Joseph der Zweite besucht &#x2014;, und auch jetzt noch ist er, namentlich<lb/>
unter dem Eindrucke der regungslosen Stille, die ihn umgibt, geeignet, etwas<lb/>
von der Stimmung der letzten Jahrzehnte des achtzehnten Jahrhunderts im<lb/>
Menschen zu erwecken. Ich sah ihn zu der Zeit, wo sich in jeder Sekunde<lb/>
eins der goldgelben Lindenblätter vom Zweige löste und lautlos zu den un¬<lb/>
zähligen herabsank, die die feuchte Erde bedeckten. Lange stand ich allein auf<lb/>
der Terrasse des Gartenschlosses und sah das reiche Lebe», das einst hier ge¬<lb/>
blüht hatte, in flüchtigen Bildern, den fallenden Blättern gleich, an mir vorbei-<lb/>
huschen. Da reitet der schwerfällige, eigensinnige Johann Georg der Erste in<lb/>
der schlichtem Haartracht des Dreißigjährigen Krieges neben dem glänzenden<lb/>
Johann Georg dem Zweiten und dem starkwilligcn Johann Georg dem Dritten,<lb/>
dein sächsischen Mars, deren Allongeperücken schon majestätischer auf den<lb/>
sammetnen Jagdrock herabfallen &#x2014; fie alle haben oft, nachdem sie im Schrnden-<lb/>
walde Sauen und Hirsche gehetzt, hier gerastet und sichs im ältern Ban der</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0726] Bilder von der Roter und der Pulsnitz Schätze spenden, fällt es niemand mehr ein, Zcibeltitzer Kiesel zu schleifen. Aber im achtzehnten Jahrhundert, wo die echten Edelsteine noch viel wertvoller waren, und unter dem Einflüsse des Rokokogcschmacks auch der Bedarf, namentlich an großen Stücken, unendlich viel größer war als heute, spielten anch die inländischen Steine und die bunten Glasflüsse bei der Herstellung prunkenden Geschmeides eine große Rolle. Die Zabeltitzer Kiesel insbesondre, auch „sächsische Diamanten" genannt, waren berühmt, „weil sie ein so schönes Wasser haben"; ihre Fund¬ stelle war nicht eigentlich im Dorfe Zabeltitz, sondern in den Kiesgruben der Strogaer Flur, an denen der von der Großenhain-Elsterwerdaer Straße links abzweigende Weg nach Zabeltitz vorüberführt. Dieser Weg erweitert sich bei den ersten Häusern des Dorfes auf dein Raume des ehemaligen Dorfangers zu stattlicher Breite und leitet uns westwärts an der weißgetünchten Kirche vorüber gerade auf eine große Mühle zu: links von ihr unter den hohen Wipfeln uralter Bäume liegt das Schloß, das Ziel unsrer Wandrung. Wir treten durch das Tor in den großen, wohlgepflegten Hof und sehen zunächst rechts einen anmutigen Bau aus dem achtzehnten Jahrhundert, das sogenannte Garteuschlvß, vor dessen gefüllig gegliederter Front die tiefen braunen Wasser der Roter, mehrfach überbrückt, eilig dcchinfluten; etwas weiterhin aber liegt zur Linken des Weges ein sehr ansehnlicher älterer Schloßbau aus dein sech¬ zehnten Jahrhundert: gewaltige Neuaissaneegiebel an den Schmalseiten und je drei solcher Giebel an den Langseiten des Hnnses zeugen von der Wohlhaben¬ heit seines Erbauers, der hohe runde Turm, der dem mittelsten Giebel der Langseite vorgebaut ist, deutet auf den ehemaligen Zweck der ganzen Anlage als einer festen Wasserburg in der Nöderniedernng. Eine lateinische Inschrift des Turmes erzählt uns von der Erneuerung des Schlosses und dem Leben des jetzigen Besitzers, des Kammerherrn von Frage-Weltzien. Hier stehn Nur ans einem durch seine geschichtlichen Erinnerungen über¬ aus interessanten Boden. Zwar die ältere Geschichte von Zabeltitz zeigt nur die in dieser Gegend typischen Verhältnisse: im Jahre 1207 erscheint in einer Urkunde der erste deutsche Herr des ursprünglich slawischen Dorfes Zabeltitz, im vierzehnten Jahrhundert gehört es den Köckeritz, gegen Ende des Jahr¬ hunderts (1397) geht es an einen Zweig der großen Familie Pflug über, als dessen letzter Sproß Nickel Pflug 1580 gestorben und in der von ihm erbauten Kirche begraben ist. Danach kommt Zabeltitz durch Kauf in den Besitz der Kurfürsten, und seitdem ist es bald enger bald loser mit den Schicksalen des sächsischen kurfürstlichen Hanfes verknüpft geblieben. Der volle Reiz des schönen Besitzes entfaltet sich erst, wenn man über eine der hölzernen Brücken in den rechts vom Schlosse liegenden Park hinüber- geht. Dahin öffnet sich auch die geräumige Terrasse des Gartenschlosses. Dieser Park wurde einst sehr bewundert — im Jahre 1766 hat ihn z. B. Kaiser Joseph der Zweite besucht —, und auch jetzt noch ist er, namentlich unter dem Eindrucke der regungslosen Stille, die ihn umgibt, geeignet, etwas von der Stimmung der letzten Jahrzehnte des achtzehnten Jahrhunderts im Menschen zu erwecken. Ich sah ihn zu der Zeit, wo sich in jeder Sekunde eins der goldgelben Lindenblätter vom Zweige löste und lautlos zu den un¬ zähligen herabsank, die die feuchte Erde bedeckten. Lange stand ich allein auf der Terrasse des Gartenschlosses und sah das reiche Lebe», das einst hier ge¬ blüht hatte, in flüchtigen Bildern, den fallenden Blättern gleich, an mir vorbei- huschen. Da reitet der schwerfällige, eigensinnige Johann Georg der Erste in der schlichtem Haartracht des Dreißigjährigen Krieges neben dem glänzenden Johann Georg dem Zweiten und dem starkwilligcn Johann Georg dem Dritten, dein sächsischen Mars, deren Allongeperücken schon majestätischer auf den sammetnen Jagdrock herabfallen — fie alle haben oft, nachdem sie im Schrnden- walde Sauen und Hirsche gehetzt, hier gerastet und sichs im ältern Ban der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/726
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/726>, abgerufen am 24.08.2024.