Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr.INnsjgMiches und Unniaßgebliches Marigny griff in die Tasche und händigte der Alten eine Münze ein. Er Von wem? fragte er, als die Wittib das Gemach wieder verlassen hatte. Von Villeroi. Und was schreibt er? Hier, Vater, lesen Sie selbst! Sie gab ihm den Brief und trat an das Dieser ließ sich auf einem Stuhle nieder, putzte erst sorgfältig das Licht und Meine Freundin! Soeben bin ich hier angekommen und war so glücklich, Henri von Villeroi. (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Der Kaiser im Vatikan. Wie man aus den ausführlichen Berichten italienischer INnsjgMiches und Unniaßgebliches Marigny griff in die Tasche und händigte der Alten eine Münze ein. Er Von wem? fragte er, als die Wittib das Gemach wieder verlassen hatte. Von Villeroi. Und was schreibt er? Hier, Vater, lesen Sie selbst! Sie gab ihm den Brief und trat an das Dieser ließ sich auf einem Stuhle nieder, putzte erst sorgfältig das Licht und Meine Freundin! Soeben bin ich hier angekommen und war so glücklich, Henri von Villeroi. (Fortsetzung folgt) Maßgebliches und Unmaßgebliches Der Kaiser im Vatikan. Wie man aus den ausführlichen Berichten italienischer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0491" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240873"/> <fw type="header" place="top"> INnsjgMiches und Unniaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_2436"> Marigny griff in die Tasche und händigte der Alten eine Münze ein. Er<lb/> sah nicht, wie seine Tochter mit einer ihr sanft fremden Hast das Siegel erbrach,<lb/> das Papier auseinanderfaltete und die Schrift überflog. Er sah auch nicht, wie<lb/> sich ihre Wnugen röteten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2437"> Von wem? fragte er, als die Wittib das Gemach wieder verlassen hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_2438"> Von Villeroi.</p><lb/> <p xml:id="ID_2439"> Und was schreibt er?</p><lb/> <p xml:id="ID_2440"> Hier, Vater, lesen Sie selbst! 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Schon die Pracht des kaiserlichen Auszugs von der<lb/> preußischen Gesandtschaft im Palazzo Odescalchi aus, die von dem bescheidnen Äus¬<lb/> seren König Eduards des Siebenten sehr abstach, war ungewöhnlich. „Ein neuer<lb/> ^art dxr Große schien vom päpstlichen Rom Besitz zu ergreifen." „Gerade dadurch<lb/> Wilhelm der Zweite gezeigt, welche tiefe Kenntnis er von der Stimmung im<lb/> ^atikan hat, der für diese außerordentlichen Kundgebungen sehr empfänglich ist."<lb/> »bei ist unsers Erachtens zweierlei noch besonders bemerkenswert. Der Kaiser<lb/> nicht nnr als Oberhaupt Deutschlands, sondern auch als Schirmherr aller<lb/> putschen Katholiken. Das zeigten eine große Schar rheinischer Pilger, die ihn<lb/> ^ putschen Bannern und Abzeichen vor der kleinen Kirche Santa Marta beim<lb/> deutschen Friedhofe (dem uralten Camposanto) an der Südseite der Peterskirche<lb/> nider den Klängen des „Heil dir im Siegerkranz" jubelnd begrüßten, und der<lb/> Empfang durch fünf reichsdeutsche zur Zeit in Rom anwesende Bischöfe im Vatikan,<lb/> °enen sich der Rektor der doch unter österreichischem Protektorat stehenden deutschen<lb/> ^"°ualstiftung Santa Maria dell' Anima angeschlossen hatte. Sodnnn markierte<lb/> °as Königreich Italien bei dieser Gelegenheit wieder sehr energisch, daß Rom seine<lb/> >i ^ obwohl der Kaiser im eignen Wagen fuhr, so bildete» doch<lb/> «s dem ganzen Weg italienische Truppen Spalier, und königliche Carabinieri be¬<lb/> reiteten den Zug bis an die Pforten des Vatikans. 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INnsjgMiches und Unniaßgebliches
Marigny griff in die Tasche und händigte der Alten eine Münze ein. Er
sah nicht, wie seine Tochter mit einer ihr sanft fremden Hast das Siegel erbrach,
das Papier auseinanderfaltete und die Schrift überflog. Er sah auch nicht, wie
sich ihre Wnugen röteten.
Von wem? fragte er, als die Wittib das Gemach wieder verlassen hatte.
Von Villeroi.
Und was schreibt er?
Hier, Vater, lesen Sie selbst! Sie gab ihm den Brief und trat an das
Fenster. Es war, als habe sie eine innere Erregung vor dein Vater verbergen
wollen.
Dieser ließ sich auf einem Stuhle nieder, putzte erst sorgfältig das Licht und
ins dann:
Meine Freundin! Soeben bin ich hier angekommen und war so glücklich,
im Gasthofe Ihre Adresse zu erfahren. Morgen früh werde ich mir die Freiheit
"ebenen, Ihnen und Ihrem Herrn Vater meine Aufwartung zu machen.
Henri von Villeroi.
(Fortsetzung folgt)
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Der Kaiser im Vatikan. Wie man aus den ausführlichen Berichten italienischer
glätter ersehen kann, hat der Besuch des Kaisers im Vatikan am Z. Mai in Rom
e» tiefsten Eindruck gemacht. Schon die Pracht des kaiserlichen Auszugs von der
preußischen Gesandtschaft im Palazzo Odescalchi aus, die von dem bescheidnen Äus¬
seren König Eduards des Siebenten sehr abstach, war ungewöhnlich. „Ein neuer
^art dxr Große schien vom päpstlichen Rom Besitz zu ergreifen." „Gerade dadurch
Wilhelm der Zweite gezeigt, welche tiefe Kenntnis er von der Stimmung im
^atikan hat, der für diese außerordentlichen Kundgebungen sehr empfänglich ist."
»bei ist unsers Erachtens zweierlei noch besonders bemerkenswert. Der Kaiser
nicht nnr als Oberhaupt Deutschlands, sondern auch als Schirmherr aller
putschen Katholiken. Das zeigten eine große Schar rheinischer Pilger, die ihn
^ putschen Bannern und Abzeichen vor der kleinen Kirche Santa Marta beim
deutschen Friedhofe (dem uralten Camposanto) an der Südseite der Peterskirche
nider den Klängen des „Heil dir im Siegerkranz" jubelnd begrüßten, und der
Empfang durch fünf reichsdeutsche zur Zeit in Rom anwesende Bischöfe im Vatikan,
°enen sich der Rektor der doch unter österreichischem Protektorat stehenden deutschen
^"°ualstiftung Santa Maria dell' Anima angeschlossen hatte. Sodnnn markierte
°as Königreich Italien bei dieser Gelegenheit wieder sehr energisch, daß Rom seine
>i ^ obwohl der Kaiser im eignen Wagen fuhr, so bildete» doch
«s dem ganzen Weg italienische Truppen Spalier, und königliche Carabinieri be¬
reiteten den Zug bis an die Pforten des Vatikans. So war gerade dieser Aufzug
»eignet, Rom und der Welt, besonders auch den deutschen Pilgern zu zeigen, daß
^"um einerseits sein Recht auf Rom unerschütterlich festhält, andrerseits dem Papste
,r Freiheit des Verkehrs auch mit auswärtigen Fürsten und Pilgern läßt,
val also die Gefangenschaft nichts ist als eine durchsichtige Fiktion. Indem ihm der
Datier eine neue Gelegenheit gab, diesen Beweis zu führe», hat er zugleich dem
ngvefreundeten Königreich Italien und dem Vatikan einen wahren Dienst erwiesen,
"'»n praktisch müssen sich beide eben doch vertrage».
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