die Bodenreform ist. Die Überschriften lauten: Weder Kapitalismus noch Kommu- nismus, die Bodenreform in den Städten, die Bodenreform und das Agrarproblem, die Bodenreform in Israel, die Bodenreform im alten Griechenland, die Boden- reformkämpfe in Rom und ihre Lehren, Henry George, die Hohenzollern und die Bodenreform. Was den ländlichen Grundbesitz anbetrifft, bemerken wir, daß wir zwar grundsätzlich nichts gegen die von Damaschke vorgeschlagne Reform des Hypo¬ thekenwesens einzuwenden haben, eine mäßige Verschuldung der Landgüter aber nicht nur für kein Unglück sondern für notwendig und natürlich halten; denn wo die überwiegende Mehrheit der Volksgenossen vom unmittelbaren Grundbesitz aus¬ geschlossen ist, da würde diese Mehrheit rettungslos dem Proletariat verfallen, wenn nicht einem Teil von ihr durch den Bodenkredit ein Mitbesitz vermittelt würde. Ob und in welchem Umfang die Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes in Deutschland das Maß übersteigt, läßt sich, wie Damaschke selbst zugesteht, bei der Mnngelhaftigkeit der amtlichen Statistik nicht sicher ermitteln; mit einer Wahr¬ scheinlichkeitsrechnung bringt er achtzehn Milliarden heraus. Mit seinem Programm kann man sich einverstanden erklären: "Der Grund und Boden, diese Grundlage aller nationalen Existenz, muß unter ein Recht gestellt werden, das seinen Gebrauch als Werk- und Wohnstätte befördert, und das jeden Mißbrauch mit ihm !^so viel wie möglich, wäre hier einzuschalten j ausschließt, und das die Wertsteigernngen, die er ohne die Arbeit des Einzelnen ssoll heißen des Besitzers^ erfährt, möglichst dem Volksganzen nutzbar macht." -- Alfred Klaar hat elf hübsche und anregende Betrachtungen zusammengestellt unter dem etwas seltsamen Titel der ersten: Wir "ut die Humanität. In diesen: ersten Aufsatze wird gesagt, das Scheitern vieler hochherziger Pläne sei von kurzsichtigen und engherzigen Philistern dazu ausge¬ beutet worden, die Erreichbarkeit der letzten Ziele überhaupt in Abrede zu stellen und alle, die sich für solche Ziele begeistern, als unpraktische Toren zu verspotten, ^ir gehören zu deu Philister", die die letzten Ziele nicht nur für unerreichbar, sondern für gar nicht vorhanden erklären; aber da wir edle Menschen, die ihr ^esellschaftsideal für ein letztes Ziel und für erreichbar halte", keineswegs als un¬ praktische Toren verspotten, so wird uns der Verfasser hoffentlich von dem Vor- vurf der Engherzigkeit freisprechen; die Kurzsichtigkeit gesteh" wir gern ein: wir ermögx,, ,Mök ^ sxhe", wie das Ende der Zeiten aussehen wird. Vom zweite" Aufsatz wird es heißen: Die Kinder, sie hören es gerne; er ist eine Philippika gegen as Prüfungs""wesen und gegen den Unsinn, daß man den Grad der Reife eines Schülers durch Fehlerzusamme"zähle" ermitteln zu können glaubt. An die Stelle letzt gebräuchlichen Folterwerkzeuge soll die "Erprobung" treten. Sehr gut ist dle Betrachtung: "Der Fnustschüler der Gegenwart." Es wird beschrieben, wie dein nicht bloß ein Mühlrad, sondern ein ganzes Fabrikräderwerk im Kopf herum¬ geht, und wie der heutige Student nicht, gleich dem vor dreihundert Jahren, durch nue einheitliche philosophisch-kirchliche Weltbetrachtung ins Fachstudium eingeführt Sö et^" vielmehr jede der zahlreichen Emzelwissenschnften der einheitlichen Welt- lsafsnng als einem noch i" weiter mehliger Ferne liegenden Ziele erst zustrebt. Daraus wird gefolgert, daß der Student, ehe er sein Fachstudium beginnt, wenigstens ourch eme encyklopädische Übersicht der Hauptwissensgebiete und ihres Zusammen¬ hangs ein wenig orientiert werden sollte. In einer Abhandlung über Nietzsche, . " Hauptergebnis mit unserm Urteil über den unglücklichen Mann übereinstimmt, wird die Anziehungskraft, die er auf junge Seelen ausübt, daraus erklärt, daß er ver einzige leidenschaftliche und temperamentvolle Ethiker unsrer Zeit sei, und daß ver Widerspruch zwischen der geltenden theoretischen Ethik und dem tatsächlichen verhalten der Mehrzahl alle ehrlichen Gemüter zwinge, sich "ach el"em Ausweg aus der unerträglichen Lage umzusehen. Wir erwähnen noch die letzte Betrach¬ tung, die unter der Überschrift: "Vorwärts und über alles hinaus!" das unsinnige Hasten und die aufreibende Konkurrenzhetze der Großstadt charakterisiert. "Es gilt sur einen Vorsprung, über alles hinaus zu sein, und so versucht man den dreisten
Grenzboten II 1903 89
die Bodenreform ist. Die Überschriften lauten: Weder Kapitalismus noch Kommu- nismus, die Bodenreform in den Städten, die Bodenreform und das Agrarproblem, die Bodenreform in Israel, die Bodenreform im alten Griechenland, die Boden- reformkämpfe in Rom und ihre Lehren, Henry George, die Hohenzollern und die Bodenreform. Was den ländlichen Grundbesitz anbetrifft, bemerken wir, daß wir zwar grundsätzlich nichts gegen die von Damaschke vorgeschlagne Reform des Hypo¬ thekenwesens einzuwenden haben, eine mäßige Verschuldung der Landgüter aber nicht nur für kein Unglück sondern für notwendig und natürlich halten; denn wo die überwiegende Mehrheit der Volksgenossen vom unmittelbaren Grundbesitz aus¬ geschlossen ist, da würde diese Mehrheit rettungslos dem Proletariat verfallen, wenn nicht einem Teil von ihr durch den Bodenkredit ein Mitbesitz vermittelt würde. Ob und in welchem Umfang die Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes in Deutschland das Maß übersteigt, läßt sich, wie Damaschke selbst zugesteht, bei der Mnngelhaftigkeit der amtlichen Statistik nicht sicher ermitteln; mit einer Wahr¬ scheinlichkeitsrechnung bringt er achtzehn Milliarden heraus. Mit seinem Programm kann man sich einverstanden erklären: „Der Grund und Boden, diese Grundlage aller nationalen Existenz, muß unter ein Recht gestellt werden, das seinen Gebrauch als Werk- und Wohnstätte befördert, und das jeden Mißbrauch mit ihm !^so viel wie möglich, wäre hier einzuschalten j ausschließt, und das die Wertsteigernngen, die er ohne die Arbeit des Einzelnen ssoll heißen des Besitzers^ erfährt, möglichst dem Volksganzen nutzbar macht." — Alfred Klaar hat elf hübsche und anregende Betrachtungen zusammengestellt unter dem etwas seltsamen Titel der ersten: Wir "ut die Humanität. In diesen: ersten Aufsatze wird gesagt, das Scheitern vieler hochherziger Pläne sei von kurzsichtigen und engherzigen Philistern dazu ausge¬ beutet worden, die Erreichbarkeit der letzten Ziele überhaupt in Abrede zu stellen und alle, die sich für solche Ziele begeistern, als unpraktische Toren zu verspotten, ^ir gehören zu deu Philister», die die letzten Ziele nicht nur für unerreichbar, sondern für gar nicht vorhanden erklären; aber da wir edle Menschen, die ihr ^esellschaftsideal für ein letztes Ziel und für erreichbar halte», keineswegs als un¬ praktische Toren verspotten, so wird uns der Verfasser hoffentlich von dem Vor- vurf der Engherzigkeit freisprechen; die Kurzsichtigkeit gesteh» wir gern ein: wir ermögx,, ,Mök ^ sxhe„, wie das Ende der Zeiten aussehen wird. Vom zweite» Aufsatz wird es heißen: Die Kinder, sie hören es gerne; er ist eine Philippika gegen as Prüfungs»»wesen und gegen den Unsinn, daß man den Grad der Reife eines Schülers durch Fehlerzusamme»zähle» ermitteln zu können glaubt. An die Stelle letzt gebräuchlichen Folterwerkzeuge soll die „Erprobung" treten. Sehr gut ist dle Betrachtung: „Der Fnustschüler der Gegenwart." Es wird beschrieben, wie dein nicht bloß ein Mühlrad, sondern ein ganzes Fabrikräderwerk im Kopf herum¬ geht, und wie der heutige Student nicht, gleich dem vor dreihundert Jahren, durch nue einheitliche philosophisch-kirchliche Weltbetrachtung ins Fachstudium eingeführt Sö et^" vielmehr jede der zahlreichen Emzelwissenschnften der einheitlichen Welt- lsafsnng als einem noch i» weiter mehliger Ferne liegenden Ziele erst zustrebt. Daraus wird gefolgert, daß der Student, ehe er sein Fachstudium beginnt, wenigstens ourch eme encyklopädische Übersicht der Hauptwissensgebiete und ihres Zusammen¬ hangs ein wenig orientiert werden sollte. In einer Abhandlung über Nietzsche, . " Hauptergebnis mit unserm Urteil über den unglücklichen Mann übereinstimmt, wird die Anziehungskraft, die er auf junge Seelen ausübt, daraus erklärt, daß er ver einzige leidenschaftliche und temperamentvolle Ethiker unsrer Zeit sei, und daß ver Widerspruch zwischen der geltenden theoretischen Ethik und dem tatsächlichen verhalten der Mehrzahl alle ehrlichen Gemüter zwinge, sich »ach el»em Ausweg aus der unerträglichen Lage umzusehen. Wir erwähnen noch die letzte Betrach¬ tung, die unter der Überschrift: „Vorwärts und über alles hinaus!" das unsinnige Hasten und die aufreibende Konkurrenzhetze der Großstadt charakterisiert. „Es gilt sur einen Vorsprung, über alles hinaus zu sein, und so versucht man den dreisten
Grenzboten II 1903 89
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[0305]
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nismus, die Bodenreform in den Städten, die Bodenreform und das Agrarproblem,
die Bodenreform in Israel, die Bodenreform im alten Griechenland, die Boden-
reformkämpfe in Rom und ihre Lehren, Henry George, die Hohenzollern und die
Bodenreform. Was den ländlichen Grundbesitz anbetrifft, bemerken wir, daß wir
zwar grundsätzlich nichts gegen die von Damaschke vorgeschlagne Reform des Hypo¬
thekenwesens einzuwenden haben, eine mäßige Verschuldung der Landgüter aber
nicht nur für kein Unglück sondern für notwendig und natürlich halten; denn wo
die überwiegende Mehrheit der Volksgenossen vom unmittelbaren Grundbesitz aus¬
geschlossen ist, da würde diese Mehrheit rettungslos dem Proletariat verfallen,
wenn nicht einem Teil von ihr durch den Bodenkredit ein Mitbesitz vermittelt
würde. Ob und in welchem Umfang die Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes
in Deutschland das Maß übersteigt, läßt sich, wie Damaschke selbst zugesteht, bei
der Mnngelhaftigkeit der amtlichen Statistik nicht sicher ermitteln; mit einer Wahr¬
scheinlichkeitsrechnung bringt er achtzehn Milliarden heraus. Mit seinem Programm
kann man sich einverstanden erklären: „Der Grund und Boden, diese Grundlage
aller nationalen Existenz, muß unter ein Recht gestellt werden, das seinen Gebrauch
als Werk- und Wohnstätte befördert, und das jeden Mißbrauch mit ihm !^so viel
wie möglich, wäre hier einzuschalten j ausschließt, und das die Wertsteigernngen, die
er ohne die Arbeit des Einzelnen ssoll heißen des Besitzers^ erfährt, möglichst dem
Volksganzen nutzbar macht." — Alfred Klaar hat elf hübsche und anregende
Betrachtungen zusammengestellt unter dem etwas seltsamen Titel der ersten: Wir
"ut die Humanität. In diesen: ersten Aufsatze wird gesagt, das Scheitern vieler
hochherziger Pläne sei von kurzsichtigen und engherzigen Philistern dazu ausge¬
beutet worden, die Erreichbarkeit der letzten Ziele überhaupt in Abrede zu stellen
und alle, die sich für solche Ziele begeistern, als unpraktische Toren zu verspotten,
^ir gehören zu deu Philister», die die letzten Ziele nicht nur für unerreichbar,
sondern für gar nicht vorhanden erklären; aber da wir edle Menschen, die ihr
^esellschaftsideal für ein letztes Ziel und für erreichbar halte», keineswegs als un¬
praktische Toren verspotten, so wird uns der Verfasser hoffentlich von dem Vor-
vurf der Engherzigkeit freisprechen; die Kurzsichtigkeit gesteh» wir gern ein: wir
ermögx,, ,Mök ^ sxhe„, wie das Ende der Zeiten aussehen wird. Vom zweite»
Aufsatz wird es heißen: Die Kinder, sie hören es gerne; er ist eine Philippika gegen
as Prüfungs»»wesen und gegen den Unsinn, daß man den Grad der Reife eines
Schülers durch Fehlerzusamme»zähle» ermitteln zu können glaubt. An die Stelle
letzt gebräuchlichen Folterwerkzeuge soll die „Erprobung" treten. Sehr gut ist
dle Betrachtung: „Der Fnustschüler der Gegenwart." Es wird beschrieben, wie
dein nicht bloß ein Mühlrad, sondern ein ganzes Fabrikräderwerk im Kopf herum¬
geht, und wie der heutige Student nicht, gleich dem vor dreihundert Jahren, durch
nue einheitliche philosophisch-kirchliche Weltbetrachtung ins Fachstudium eingeführt
Sö et^" vielmehr jede der zahlreichen Emzelwissenschnften der einheitlichen Welt-
lsafsnng als einem noch i» weiter mehliger Ferne liegenden Ziele erst zustrebt.
Daraus wird gefolgert, daß der Student, ehe er sein Fachstudium beginnt, wenigstens
ourch eme encyklopädische Übersicht der Hauptwissensgebiete und ihres Zusammen¬
hangs ein wenig orientiert werden sollte. In einer Abhandlung über Nietzsche,
. " Hauptergebnis mit unserm Urteil über den unglücklichen Mann übereinstimmt,
wird die Anziehungskraft, die er auf junge Seelen ausübt, daraus erklärt, daß er
ver einzige leidenschaftliche und temperamentvolle Ethiker unsrer Zeit sei, und daß
ver Widerspruch zwischen der geltenden theoretischen Ethik und dem tatsächlichen
verhalten der Mehrzahl alle ehrlichen Gemüter zwinge, sich »ach el»em Ausweg
aus der unerträglichen Lage umzusehen. Wir erwähnen noch die letzte Betrach¬
tung, die unter der Überschrift: „Vorwärts und über alles hinaus!" das unsinnige
Hasten und die aufreibende Konkurrenzhetze der Großstadt charakterisiert. „Es gilt
sur einen Vorsprung, über alles hinaus zu sein, und so versucht man den dreisten
Grenzboten II 1903 89
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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_240381/305>, abgerufen am 05.02.2025.
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